Tief
stand der Nebel als heute früh der Wecker klingelte. Genau wie das
Wetter kamen auch wir nicht auf Touren und faulenzten noch eine Weile
im Bett herum. Das zahlte sich heute ausnahmsweise jedoch sogar aus.
Denn als wir noch beim Frühstück sassen, verzog sich der Nebel
immer mehr. Das freute uns natürlich sehr und wir machten uns auf
den Weg zum Fussballplatz, der den Start für die Wanderung nach
Ranvika markierte.
Dort
angekommen packten wir unsere sieben Sachen, schnürten die
Wanderschuhe und sagten dem Womo auf Wiedersehen. Zwei Stunden pro
Weg veranschlagten die Guides im Dorf für ihre Touren und so machten
wir uns auf etwa anderthalb Stunden gefasst. Die Strecke schien mit
knapp fünf Kilometern gar nicht so weit. Doch wir bemerkten schon
bald, dass wir einen kleinen Bergpass zu bezwingen hatten. Der
Trampelpfad führte uns leicht, aber stetig, bergan. Zu gross
geratene Steinmännchen wiesen uns den Weg und wir fragten uns lange,
wer sich die Mühe macht, solch grosse Steinhaufen zur Wegmarkierung
zu bauen. Nach gut 30 Minuten Anstieg erkannten wir, dass die
Steinhaufen früher als Fundamente für die Holzmasten der
Stromleitung nach Ranvika dienten. Einzelne Masten standen hier auf
der „Passhöhe“ noch, an einem hing ein Briefkasten mit dem
obligaten Gipfelbuch. Doch das ehemalige Fischerdorf Ranvika lag ja
am Meer und so stand uns ein langer und steiler Abstieg bevor. Wir
waren schon beinahe in dem kleinen Dorf angekommen, als uns plötzlich
ein grosses Rentier den Weg versperrte. Es bewegte sich nicht vom
Fleck. Das war gut um Fotos zu schiessen, jedoch schlecht um ins Dorf
zu gelangen. Das Tier hatte keine Angst vor uns, was wir umgekehrt
nun nicht mehr sagen konnten. Durchdringend starrte uns das Rentier
an, als wir in einem Bogen um das majestätische Tier herumwanderten.
Nun
waren wir endlich in Ranvika angekommen. Ein altes Fischerdorf,
direkt an einer wunderschönen Steinbucht. Das Dorf war lange
verlassen doch mittlerweile wurden einige der kleinen Häuschen
renoviert und werden wieder genutzt, immerhin als Wochenendhäuschen.
Es sieht jedoch danach aus, dass diese Bewohner die Bucht per Boot
bereisen und nicht erwandern. Die zweite Attraktion von Ranvika sah
dafür wesentlich verlassener aus. Am Vogelfelsen konnten wir keinen
einzigen Vorgel entdecken. Auch der übliche Vogelkot schien schon
sehr verblichen und Nester dieser Brutsaison waren ebenfalls keine
auszumachen. So schätzen wir, dass der Vogelfelsen schon länger
nicht mehr von den Vögeln besucht wurde. Was uns dafür faszinierte
war das Konzert der Rolling Stones am Strand. Nein nicht Mick Jagger
und seine Jungs – rollende Steine. Der steil abfallende Strand
bestand komplett aus kleinen, rundgeschliffenen Steinen. Durchmesser
vielleicht fünf bis zehn Zentimeter. Bei jeder Welle wurden die
Steine ein wenig den Strand hoch gespült und kullerten danach wieder
hinunter. Ein sehr spezielles und unbeschreibliches Geräusch. Wie
viele rollende Steine eben. Dies gefiel uns so sehr, dass wir uns auf
einen grossen Stein am Strand setzten und uns eine Nektarine und
einen Keks gönnten. Abschliessend wollten wir noch etwas hier an
diesem speziellen Ort belassen, was es hier unverständlicherweise
noch nicht gab. Einen Geocache. Ein kleiner PETling reist mit uns
mit, seitdem wir ihn am Bingo-Event der Zürcher Oberländer erspielt
hatten. Nun war seine Zeit gekommen in die Freiheit entlassen zu
werden. Mit bester Aussicht auf Ranvika. Mal sehen ob die
Norwegischen Reviewer ihn veröffentlichen werden. Touristencaches
sind hier in Norwegen sehr häufig und funktionieren darum auch
bestens.
Beim
Rückweg mussten wir erst wieder am Rentier vorbei. Doch das Vieh
hatte doch wirklich Verstärkung geholt und nun standen drei
grossgewachsene Männchen dort. Wir leiteten wiederum eine Umleitung
ein und wurden von den Rentieren lachend beobachtet, wie wir im
steilsten Gelände herumirrten und einen Weg suchten. Wir fanden ihn
jedoch und machten uns danach an den restlichen Aufstieg. Schwül und
drückend war es geworden und wir waren durchnässt, als wir die
Passhöhe erreichte. Einen kleinen Abstieg später hatten wir die
zehn Kilometer Weg geschafft – in zwei Stunden und fünf Minuten.
Also der Hälfte der Zeit. Eine wirklich wunderschöne Wanderung,
welche wir (wie so ziemlich die ganze Reise) unseren beiden
daheimgebliebenen Freunden verdanken.
Nun
war es aber an der Zeit dem schönen Dorf Bugoynes den Rücken zu
kehren und auf der E6 weiter gegen Osten zu rollen. Ein erster
kleiner Halt legten wir auf dem Parkplatz des Skoltefoss ein. Da sich
gerade ein Reisecar ebenfalls am Parkplatz breit machte und seine
Leute in die Wildnis entliess, machten wir uns erst ans Mittagessen.
Danach hatten wir den Wasserfall, oder eher die grosse Kaskade, ganz
alleine für uns. Doch die beste Aussicht, die von der Brücke, blieb
uns leider versperrt. Anscheinend ist der Fussweg dort
einsturzgefährdet. Anders konnten wir uns die übermässige Nutzung
von dem weiss roten Flatterband nicht erklären.
Wir
folgten der E6 nun noch bis an ihr Ende. Die historische Stadt
Kirkenes. Keine norwegische Stadt bekam im zweiten Weltkrieg so viel
ab wie Kirkenes. Über 300 Mal wurde die Stadt von den Sowjets
bombardiert, welche die Deutschen am Marsch gegen Murmansk hindern
wollten. Die Menschen fanden grösstenteils Schutz in den Gängen der
Erzminen, welche unter der Stadt und im Umland verliefen. Doch ihre
Stadt war komplett dem Erdboden gleichgemacht als im Herbst 1944 die
Rote Armee die Deutschen aus der Stadt und aus der Finnmark vertrieb.
Die Nähe zu Russland war dann auch zu spüren, als wir in die Stadt
einfuhren. In der Finnmark sind sämtliche Schilder meist
dreisprachig (Norwegisch, Nordnorwegisch, Finnisch) doch hier kam nun
auch noch Russisch dazu. Wir erledigten noch unseren letzten Einkauf
bei Rema 1000 am Stadtrand und machten uns dann zur
Stadtbesichtigung. Dieses Vorhaben liessen wir dann aber gleich
bleiben, als wir bemerkten, dass in Kirkenes heute wohl Stadtfest
war. Die Parkplätze überfüllt mit Autos und die Strassen mit
Menschen. Dicht an Dicht drängten sie sich durch die Stände der
Stadt.
Wir
besuchten noch kurz die Shell-Tankstelle und waren glücklich, dass
man dort mit Bargeld bezahlen konnte. So konnten wir noch unsere
letzten 90 Franken an Bargeld loswerden. Das ist hier in Norwegen gar
nicht so einfach. Wir raten jedem der einmal nach Norwegen fährt:
keinesfalls Bargeld mitnehmen. An vielen Orten wie Tankstellen,
Parkautomaten und kleinen Geschäften kann man nicht mit Bargeld
bezahlen und überall wo man kann, ist es nicht so gerngesehen. Und
ja: wir fanden in 2 Monaten Norwegen wirklich KEINE Parkuhr, welche
man mit Münzen hätte füttern können. Norwegen scheint mir das
erste Land, welches das Bargeld schon beinahe abgeschafft hat.
Weiter
ging es nun aber zu unserem letzten Highlight in Norwegen. Über die
885 gelangt man in südlicher Richtung ab Kirkenes in den letzten
Schniepel von Norwegen. Nur wenige Kilometer breit ist der Abschnitt,
welcher sich zwischen Russland und Finnland gedrückt hat. Und ganz
am Ende findet man deshalb ein spezielles Dreiländereck. Doch auch
halbem Wege stand zuerst noch ein Besuch am Höhe 96 an. Kling
grammatikalisch inkorrekt, doch Höhe 96 ist ein Wachturm der
Norweger, von welchem aus man die Russen stets im Blick hatte. Bis in
die Russische Industriestadt Nikel kann man hier bei gutem Wetter
blicken. Im heutigen Nebel wäre die Aussicht jedoch nicht so toll,
So sparten wir uns den Eintritt und betrachteten den Wachtturm nur
von unten, zumal dieser auch nicht so spektakulär war wie gedacht.
Der
Reiseführer verriet uns, dass noch 50 Kilometer Teerstrasse und 20
Kilometer Schotterpiste vor uns lagen. Danach noch anderthalb Stunden
Fussmarsch durch sumpfiges Gebiet und dann wären wir am
Dreiländereck. Hier in der Grenzzone wiesen uns immer wieder
Schilder auf das Verhalten an der Russischen Grenze hin. Ein
illegaler Grenzübertritt hat auch heute noch Konsequenzen und man
muss sich immer an die Wanderwege halten. Fotografieren an der Grenze
oder sogar das reden oder gestikulieren mit Menschen auf der anderen
Seite der Grenze sind strengstens verboten. Auf der Anfahrt hatten
wir sogar einmal 8 Kilometer, auf welchen es sogar verboten war mit
dem Auto anzuhalten. Doch wir hatten mehr mit der Qualität der
Strasse zu kämpfen, als mit der Grenze zu Russland. Durch die
absolut verlassene Gegend führte eine Teerstrasse, welche die
Bezeichnung Strasse wirklich nicht verdiente. Auf weiten Abschnitten
war eine Geschwindigkeit von 20km/h unmöglich zu überschreiten.
Löcher, Hügel, Wellen – das Womo krächzte und stöhnte. Melanie
meinte schon ziemlich bald, dass wir doch besser wenden sollen. Hätte
ich Mal besser auf meine Verlobte gehört. Denn als die Teerstrasse
geschafft war, entpuppte sich die Schotterpiste ebenfalls als nicht
wirklich das gelbe vom Ei. Schotterpisten sind hier in Norwegen ja
normal und fast alltäglich. Staubig führen sie durch die
Landschaft, sind jedoch gut und meist mit so 50km/h zu befahren. Hier
kamen wir auf dem ersten Kilometer nicht über Schritttempo hinaus.
Wer rechnen kann weiss, dass man so für 20 Kilometer dann gerne mal
zwei Stunden benötigt. Oder sicher eine Stunde. Das wollten wir
jedoch weder uns noch dem Womo antun und nach einem Kilometer
wendeten wir bereits wieder. Ich war wütend, diesen Weg umsonst
gemacht zu haben und enttäuscht unser letztes Highlight, das
Dreiländereck, begraben zu müssen. Und dann waren ja die 50
Kilometer Teer-Irgendwas zurück. Schlussendlich fanden wir kurz vor
dem Höhe 96 unseren Schlafplatz. 100 Kilometer und 3 Stunden waren
wir unterwegs und waren trotzdem nicht im Dreiländereck. Trotz der
schönen Natur, welche wir auf der Fahr entdeckten, war das ein
Schuss in den Ofen.
Doch
der Übernachtungsort, welcher Melanie uns aussuchte, lag direkt am
See. Also so richtig direkt. Die Aussicht aus dem Fenster über den
See ist wunderschön und schon ein kleiner Vorgeschmack auf Finnland.
Zudem kochte uns Melanie ein wirklich leckeres Nachtessen und so
hatte sie es geschafft, dass der Tag doch noch ein schönes Ende
nahm.
He cool 😃 Chume rasch in norde go FTF mache 😂
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