Nach einem Abend mit viel
Wellness konnten wir uns entspannt ins Bett legen und in das Reich
der Träume schweben. Kein Wunder schliefen wir nach so einem Tag
tief und fest, erwachten erst wieder als der Wecker klingelte. Dies
war heute relativ früh, da wir auch an unserem letzten Tag viel vor
hatten. Dazu stärkten wir uns an dem riesigen Frühstücksbuffet mit
Croissants, Speck, Kartoffelpuffern, Müsli, Früchten und Kaffee.
Nach dem Frühstück mussten wir leider schon wieder unsere Sachen
zusammenpacken. Dieses luxuriöse Hotel werden wir wohl schon ein
wenig vermissen. Doch wie immer freuten wir uns auch auf das was vor
uns lag, als wir an der Reception auscheckten.
Kaum vor der Türe angekommen,
hatten wir das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte. Es war so
ruhig und praktisch kein Auto war unterwegs. Klar, es war
Samstagmorgen. Doch wir befanden uns in St. Petersburg und nicht in
Frauenfeld. Hier wird doch was los sein. Wir setzten unseren Weg ins
Stadtzentrum fort und entdeckten bald einige Polizeiautos, welche die
Strasse sperrten. Ebenso konnten wir Rauch entdecken und hörten
laute Motorengeräusche. Was war denn hier los? Plötzlich rauschten
zwei Supersportwagen über die nahe Brücke und blieben an einer
Ampel stehen. Dort liessen sie die Motoren spielen ehe sie mit
rauchenden Reifen davon schossen. War das nun wieder so ein
Russen-Ding? Spielen hier die Reichen in der Stadt am Samstagmorgen
ein wenig mit ihren Boliden? Das wäre voll klischeehaft und so
erlebten wir Russland bisher überhaupt nicht. Und so auch hier
nicht. Die Wagen stellten sich bald erneut an die gleiche Stelle,
schossen erneut davon. Wir standen da schon weiter vorne und
entdeckten, dass die Sportwagen von einem BMW mit riesiger Dachkamera
und diversen Drohnen begleitet wurden. Zudem standen überall Leute
mit Funkgeräten, Securitys und auch stapelweise Ersatzreifen standen
bereit. Hier wurde also ein Film gedreht. Auch der Gehweg war dazu
noch eine Viertelstunde gesperrt, welche wir auf einer Anhöhe mit
Beobachten der Szenerie verbrachten. Plötzlich schien die Szene im
Kasten und von Null auf Hundert war er wieder da. Der Verkehr. Der
Stadtlärm. Auch wir konnten uns nun auf den Weg in die Stadt
begeben.
Wir wollten an unserem letzten
Tag einfach ein klein wenig durch die Stadt spazieren und das Flair
dieser Stadt nochmals aufnehmen. Wir lasen im Internet damals so
viel, dass man einen Guide braucht um durch die Stadt zu spazieren.
Zu gefährlich sei es, zu chaotisch, zu schwierig. Keine Ahnung ob
hier Propaganda betrieben wird oder ob man uns allen einfach teure
Dienste andrehen möchte. Aber ein Guide in St. Petersburg ist so
nötig wie in jeder anderen Grossstadt. Zu jedem Zeitpunkt fühlten
wir uns sicher und die Stadt ist für diese Grösse kein wenig
chaotisch. Gegen das Sprachproblem kamen wir mit Händen und Füssen
an und wir brauchten im Gegensatz zu vielen Berichten auch keinen
einzigen Rubel Bargeld. Mit VISA kamen wir gut durch die Stadt. Beim
nächsten Mal würden wir vielleicht versuchen umgerechnet 20 Franken
in Rubel mitzunehmen um an den Strassenständen ab und an was kleines
zu Essen oder Trinken zu kaufen – diese akzeptieren nämlich keine
Kreditkarten. Zudem fiel uns heute auf dem Rundgang, welcher uns auch
durch Quartiere fern der Touristenroute führte, die Sauberkeit der
Stadt auf, die nicht zuletzt den Einheimischen zu verdanken ist. Die
Russen werfen jedes Papierchen in einen Mülleimer, von denen es
wirklich viele hat. Kein Zigarettenstummel, kein Kaugummi, kein Müll
– nichts wird hier an den Boden geworfen. Und das bisschen, das
eben doch anfällt, wird schnell von Reinigungskräften aufgesammelt.
Zum Abschluss wanderten wir nochmals dem Nevsky Prospect entlang,
besuchten den einen oder anderen Laden und sogen nochmals die
Stadtluft in uns auf.
Bald schon mussten wir diese
wunderschöne Stadt wieder verlassen. Doch zuvor hatten wir noch
einen ganz kurzen Termin neben dem Hotel erhascht. Nachdem das in
Tromso mit dem Tattoo nicht geklappt hatte, fanden wir einen Künstler
hier in St. Petersburg, welcher heute kurz Zeit hatte um uns ein
Andenken unter unsere Haut zu stechen. Ich tätowierte mir einen
Spruch, welchen ich schon seit Jahren an mich bringen wollte, während
Melanie sich für eine sehr schöne Erinnerung an diesen speziellen
Trip entschied. Man könnte hier nun Pistolengeschichten von
russischen Hinterhöfen und einem versoffenen Tätowierer erzählen,
welcher mehr Vodka als Tinte verbrauchte. Doch auch das war überhaupt
nicht so. Ein sehr ordentliches Studio, optisch eine Mischung aus
Coiffeursalon und Arztpraxis, nutzte Anatoliy als seine Werkstätte.
Heute war zudem noch eine nette junge Dame am Empfang hier, deren
Mutter Englischlehrerin war und die deshalb sehr gut englisch sprach.
Das half ungemein, da Anatoliy kein Wort verstand, von dem was wir
ihm sagten. Wir fühlten uns in dem Studio wirklich wohl, alles war
auch hier sehr sauber und auch mit dem Ergebnis waren wir sehr
zufrieden, als wir das Studio verliessen. Mein Tattoo sieht noch ein
wenig deplatziert aus, da die Umgebung, wie schon länger geplant, im
Herbst in der Schweiz gestochen wird. Melanies Tattoo bleibt so und
ist wunderschön und weiblich fein.
Da sassen wir nun wieder in der
Lobby unseres Hotels. Der Zeitplan ging perfekt auf und auch die
anderen Reisenden, welche wir schon von dem Hinweg kannten, hatten
sich zur Abreise eingefunden. Die Visumfrei-Regel wird hier wohl
öfters angewendet. Nach einem Coke Zero und einem frischgepressten
Orangensaft traf auch schon der Shuttlebus ein, welcher uns wieder
zum Hafen brachte. In gemächlichem Tempo fuhren wir ein letztes Mal
durch die Stadt, in das ältere, baufällige, aber ebenfalls sehr
saubere Hafengebiet. Der Check- in klappte auch hier wieder bestens
und nach einer längeren Zollkontrolle durften wir Russland wieder
verlassen. Ein riesiges Abenteuer in eine Stadt, welche für mich zu
den absoluten Lieblingsstädten gehört. Und auch Russland hat mich
sehr von sich und seinen freundlichen Menschen überzeugt und so
denken wir beide, dass wir nicht zum letzten Mal hier waren.
Wir betraten nun also wieder die
Princess Anastasia und suchten gleich unsere Kabine auf. Nummer 5200
– die erste am Gang. Der grosse Vorteil ist, dass man nicht immer
so weit laufen muss und nicht so lange hat um die richtige Kabine zu
suchen in dem riesigen Labyrinth. Dafür läuft einfach jeder an dem
Zimmer mit seiner hellhörigen Türe vorbei. Doch das war uns egal.
Das Zimmer war wieder gleich vom Aufbau her, mit einem Kajütenbett
und einem kleinen Bad. Sauber und gemütlich. Doch in der Innenkabine
wollten wir nicht den Abend verbringen und wir begaben uns auf die
oberen Etagen. Dort fanden wir noch freie Sitzplätze mit Blick auf
den Hafen und das Meer. Wir setzten uns und lasen in unseren Tolinos.
Erst als das Schiff ablegte, öffneten die Restaurants an Bord und
wir begaben uns ins Mia Napoli, wo wir ebenfalls einen Fensterplatz
erhielten. Wir verspeisten je eine sehr leckere Pizza und ich gönnte
mir noch ein Lapin Kulta Bier, während die Stadt St. Petersburg
immer mehr aus unserem Blickfeld verschwand. Wir sassen noch am Tisch
und quatschten, bis es dunkel wurde. Dann wechselten wir in unsere
Kajüte und widmeten uns wieder den geschriebenen Geschichten bis
unsere Auge müde waren. Wir gönnten ihnen die Entspannung,
schlossen sie und machten uns schlafend auf den Weg nach Helsinki.
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