Samstag, 18. August 2018

Noch ein letzter Tag in St. Petersburg

Nach einem Abend mit viel Wellness konnten wir uns entspannt ins Bett legen und in das Reich der Träume schweben. Kein Wunder schliefen wir nach so einem Tag tief und fest, erwachten erst wieder als der Wecker klingelte. Dies war heute relativ früh, da wir auch an unserem letzten Tag viel vor hatten. Dazu stärkten wir uns an dem riesigen Frühstücksbuffet mit Croissants, Speck, Kartoffelpuffern, Müsli, Früchten und Kaffee. Nach dem Frühstück mussten wir leider schon wieder unsere Sachen zusammenpacken. Dieses luxuriöse Hotel werden wir wohl schon ein wenig vermissen. Doch wie immer freuten wir uns auch auf das was vor uns lag, als wir an der Reception auscheckten.

Kaum vor der Türe angekommen, hatten wir das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte. Es war so ruhig und praktisch kein Auto war unterwegs. Klar, es war Samstagmorgen. Doch wir befanden uns in St. Petersburg und nicht in Frauenfeld. Hier wird doch was los sein. Wir setzten unseren Weg ins Stadtzentrum fort und entdeckten bald einige Polizeiautos, welche die Strasse sperrten. Ebenso konnten wir Rauch entdecken und hörten laute Motorengeräusche. Was war denn hier los? Plötzlich rauschten zwei Supersportwagen über die nahe Brücke und blieben an einer Ampel stehen. Dort liessen sie die Motoren spielen ehe sie mit rauchenden Reifen davon schossen. War das nun wieder so ein Russen-Ding? Spielen hier die Reichen in der Stadt am Samstagmorgen ein wenig mit ihren Boliden? Das wäre voll klischeehaft und so erlebten wir Russland bisher überhaupt nicht. Und so auch hier nicht. Die Wagen stellten sich bald erneut an die gleiche Stelle, schossen erneut davon. Wir standen da schon weiter vorne und entdeckten, dass die Sportwagen von einem BMW mit riesiger Dachkamera und diversen Drohnen begleitet wurden. Zudem standen überall Leute mit Funkgeräten, Securitys und auch stapelweise Ersatzreifen standen bereit. Hier wurde also ein Film gedreht. Auch der Gehweg war dazu noch eine Viertelstunde gesperrt, welche wir auf einer Anhöhe mit Beobachten der Szenerie verbrachten. Plötzlich schien die Szene im Kasten und von Null auf Hundert war er wieder da. Der Verkehr. Der Stadtlärm. Auch wir konnten uns nun auf den Weg in die Stadt begeben.



Wir wollten an unserem letzten Tag einfach ein klein wenig durch die Stadt spazieren und das Flair dieser Stadt nochmals aufnehmen. Wir lasen im Internet damals so viel, dass man einen Guide braucht um durch die Stadt zu spazieren. Zu gefährlich sei es, zu chaotisch, zu schwierig. Keine Ahnung ob hier Propaganda betrieben wird oder ob man uns allen einfach teure Dienste andrehen möchte. Aber ein Guide in St. Petersburg ist so nötig wie in jeder anderen Grossstadt. Zu jedem Zeitpunkt fühlten wir uns sicher und die Stadt ist für diese Grösse kein wenig chaotisch. Gegen das Sprachproblem kamen wir mit Händen und Füssen an und wir brauchten im Gegensatz zu vielen Berichten auch keinen einzigen Rubel Bargeld. Mit VISA kamen wir gut durch die Stadt. Beim nächsten Mal würden wir vielleicht versuchen umgerechnet 20 Franken in Rubel mitzunehmen um an den Strassenständen ab und an was kleines zu Essen oder Trinken zu kaufen – diese akzeptieren nämlich keine Kreditkarten. Zudem fiel uns heute auf dem Rundgang, welcher uns auch durch Quartiere fern der Touristenroute führte, die Sauberkeit der Stadt auf, die nicht zuletzt den Einheimischen zu verdanken ist. Die Russen werfen jedes Papierchen in einen Mülleimer, von denen es wirklich viele hat. Kein Zigarettenstummel, kein Kaugummi, kein Müll – nichts wird hier an den Boden geworfen. Und das bisschen, das eben doch anfällt, wird schnell von Reinigungskräften aufgesammelt. Zum Abschluss wanderten wir nochmals dem Nevsky Prospect entlang, besuchten den einen oder anderen Laden und sogen nochmals die Stadtluft in uns auf.






Bald schon mussten wir diese wunderschöne Stadt wieder verlassen. Doch zuvor hatten wir noch einen ganz kurzen Termin neben dem Hotel erhascht. Nachdem das in Tromso mit dem Tattoo nicht geklappt hatte, fanden wir einen Künstler hier in St. Petersburg, welcher heute kurz Zeit hatte um uns ein Andenken unter unsere Haut zu stechen. Ich tätowierte mir einen Spruch, welchen ich schon seit Jahren an mich bringen wollte, während Melanie sich für eine sehr schöne Erinnerung an diesen speziellen Trip entschied. Man könnte hier nun Pistolengeschichten von russischen Hinterhöfen und einem versoffenen Tätowierer erzählen, welcher mehr Vodka als Tinte verbrauchte. Doch auch das war überhaupt nicht so. Ein sehr ordentliches Studio, optisch eine Mischung aus Coiffeursalon und Arztpraxis, nutzte Anatoliy als seine Werkstätte. Heute war zudem noch eine nette junge Dame am Empfang hier, deren Mutter Englischlehrerin war und die deshalb sehr gut englisch sprach. Das half ungemein, da Anatoliy kein Wort verstand, von dem was wir ihm sagten. Wir fühlten uns in dem Studio wirklich wohl, alles war auch hier sehr sauber und auch mit dem Ergebnis waren wir sehr zufrieden, als wir das Studio verliessen. Mein Tattoo sieht noch ein wenig deplatziert aus, da die Umgebung, wie schon länger geplant, im Herbst in der Schweiz gestochen wird. Melanies Tattoo bleibt so und ist wunderschön und weiblich fein.

Da sassen wir nun wieder in der Lobby unseres Hotels. Der Zeitplan ging perfekt auf und auch die anderen Reisenden, welche wir schon von dem Hinweg kannten, hatten sich zur Abreise eingefunden. Die Visumfrei-Regel wird hier wohl öfters angewendet. Nach einem Coke Zero und einem frischgepressten Orangensaft traf auch schon der Shuttlebus ein, welcher uns wieder zum Hafen brachte. In gemächlichem Tempo fuhren wir ein letztes Mal durch die Stadt, in das ältere, baufällige, aber ebenfalls sehr saubere Hafengebiet. Der Check- in klappte auch hier wieder bestens und nach einer längeren Zollkontrolle durften wir Russland wieder verlassen. Ein riesiges Abenteuer in eine Stadt, welche für mich zu den absoluten Lieblingsstädten gehört. Und auch Russland hat mich sehr von sich und seinen freundlichen Menschen überzeugt und so denken wir beide, dass wir nicht zum letzten Mal hier waren.

Wir betraten nun also wieder die Princess Anastasia und suchten gleich unsere Kabine auf. Nummer 5200 – die erste am Gang. Der grosse Vorteil ist, dass man nicht immer so weit laufen muss und nicht so lange hat um die richtige Kabine zu suchen in dem riesigen Labyrinth. Dafür läuft einfach jeder an dem Zimmer mit seiner hellhörigen Türe vorbei. Doch das war uns egal. Das Zimmer war wieder gleich vom Aufbau her, mit einem Kajütenbett und einem kleinen Bad. Sauber und gemütlich. Doch in der Innenkabine wollten wir nicht den Abend verbringen und wir begaben uns auf die oberen Etagen. Dort fanden wir noch freie Sitzplätze mit Blick auf den Hafen und das Meer. Wir setzten uns und lasen in unseren Tolinos. Erst als das Schiff ablegte, öffneten die Restaurants an Bord und wir begaben uns ins Mia Napoli, wo wir ebenfalls einen Fensterplatz erhielten. Wir verspeisten je eine sehr leckere Pizza und ich gönnte mir noch ein Lapin Kulta Bier, während die Stadt St. Petersburg immer mehr aus unserem Blickfeld verschwand. Wir sassen noch am Tisch und quatschten, bis es dunkel wurde. Dann wechselten wir in unsere Kajüte und widmeten uns wieder den geschriebenen Geschichten bis unsere Auge müde waren. Wir gönnten ihnen die Entspannung, schlossen sie und machten uns schlafend auf den Weg nach Helsinki. 

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