Mittwoch, 8. August 2018

Es weihnachtet sehr

Heute früh öffnete ich die Augen und war prima ausgeschlafen. Ein Blick auf mein Tolino zeigte eine Uhrzeit von 07:10, was bedeutete, dass 10 nach 8 war, wegen der Zeitverschiebung. Melanie erwachte auch ein wenig, sah auf den bereits der Zeit angepassten Wecker und verlautete, dass es 07:10 Uhr war. Hier in Finnland. Na toll. Wie hat denn das Tolino die Zeit umgestellt? War ich das am Ende noch selbst? Melanie döste also weiter und ich beschloss ein wenig zu lesen. Als der Wecker um 08:00 Uhr klingelte und wir uns langsam aus dem Bett bewegten, zeigte Melanies Handy kurz nach 9 Uhr. Also hatte das Tolino eben doch recht und der Wecker hat sich irgendwie zurückgestellt. Wir waren also ganz schön spät dran, genossen unser Frühstück und verabschiedeten uns von dem schönen und ruhigen Übernachtungsplatz.

Das erste Ziel war Weihnachten. Vom Datum her ist Weihnachten sogar noch so weit entfernt, dass noch nicht einmal Coop und Migros die Artikel in den Regalen bereithalten. Doch in Rovaniemi ist das anders. Hier wohnt Santa Claus, der Weihnachtsmann oder wie man ihn auch immer nennen will. Hier ist das ganze Jahr Weihnachten und so verkommt an diesem Ort die Tatsache, dass der Polarkreis genau durch dieses Dorf verläuft, beinahe zur Nebensache. Wir parkten unser Wohnmobil und begaben uns auf eine skurrile Reise. Eine sehr skurrile Reise. Begleitet von Weihnachtsmusik, welche uns aus Lautsprechern an den Strassenlaternen beschallte, wanderten wir durch ein Dorf aus schönen Holzhütten. Das erste Gebäude versprach uns schon, dass hier Santa wohnt und auch gerne in seinem Wohnzimmer für Fotos bereitstehen würde. Nachdem wir uns durch die Japaner gekämpft hatten, welche schon den Plastik-Weihnachtsmann am Eingang zum ausflippen fanden, fanden wir uns in einem schönen „Museum“ wieder. Verschiedene Weihnachtsbilder wurden hier traditionell veranschaulicht und das sogar ohne Eintritt zu verlangen. Dann blickten wir durch einen dunkeln Gang zu Santa. Da war doch tatsächlich der echte Santa und fand die Zeit Fotos zu schiessen. Diese konnte man danach für geschenkte 25 Euro im Shop erwerben. Melanie zerrte mich davon und obwohl ich weinte und mich am Boden wälzte, durfte ich kein Foto mit Santa machen.

Als ich mich wieder gefangen hatte, machten wir uns auf die Weiterreise durch das surreale Dorf und besuchten den Polarkreis und das Santa Claus Postamt. Hier kommen alle Briefe der Welt zusammen, welche an den Weihnachtsmann geschrieben werden. Ausser die Schweizer. Die Schweiz hat ein eigenes Weihnachtsmann Postamt, bei welchem gesammelt und geantwortet wird. Hier konnte man Briefe oder Pakete nach Hause senden lassen. Mit dem sehr beliebten Santa Claus Postoffice Poststempel. Man konnte sogar wählen, ob die Sendung schnellstmöglich oder pünktlich zu Weihnachten beim Empfänger ankommen soll. Versandkosten eines Briefes: Ab 8 Euro! Wir stürmten wieder nach Draussen und spazierten durch das Dorf. Souvenirshop reihte sich hier an Souvenirshop. Nur das kitschigste Zubehör für Weihnachten konnte hier erworben werden. Santa-Figuren, Baumschmuck, Tischschmuck und allerlei unnützes. Ab und an mischte sich noch ein Arctic Circle Tshirt dazwischen – das war es dann aber auch. Mir gefielen die Mitarbeiter am besten, welche sich in klischeehafte Elfen-Kostüme zwängen mussten und somit natürlich den ganzen Tag ungefragt als Fotomotiv hinhalten mussten. Dass sie nebenbei auch noch das ganze Jahr zu Weihnachtsmusik in einem Shop arbeiten müssen, in dem künstliches Weihnachtsaroma freigesetzt wird, weckte ein wenig Mitleid in mir. Nachdem wir am anderen Ende des Dorfes auch noch dem zweiten echten Santa keine 25 Euro bezahlen wollten (dieses Mal ging es schon besser), machten wir uns wieder auf den Weg zum Womo. Wir sahen noch die vielen kleinen Holzhäuschen, welche man sich mieten kann. Wir wollen gar nicht erst wissen, was ein solches Holzhäuschen wohl zur Weihnachtszeit kostet. 










Nun ging es aber in die Stadt Rovaniemi. Wir dachten immer, dass es sich bei Rovaniemi um dieses Weihnachtsdorf handelt. Das stimmt nicht. Die grosse Stadt wartete 10 Kilometer südlich des Weihnachtstrubels und überraschte uns. Eine Autobahn fuhr in sie hinein, was schon ein grosses Ding war. Über zwei Monate sahen wir keine Autobahn mehr und waren darum sehr erfreut. Zudem bestand die Stadt aus richtigen Häusern. Also so richtig gemauert, betoniert, 4 Stockwerke hoch und mit vielen Wohnungen. Auch sowas hatten wir seit Oslo nicht mehr gesehen. Was die Stadt aber vor allem bot war ein Power. Der nordische Media Markt sollte sicherlich eine Auswahl an Handys für mich bereithalten. Und so war es auch. Wir wurden sehr freundlich bedient und nach einigem Hin und Her entschied ich mich für ein Huawei P20 lite. Bei den günstigen UPC Abos ist kein Handy „inbegriffen“ wie bei den teuren Swisscom-Abos und so war ich nun selbst verantwortlich ein Handy zu kaufen. Ich entschied mich darum gegen ein teures Model von Apple oder Samsung und für ein günstigeres, welches jedoch genau dem Abbild des Flagschiffs iPhone X entsprach. Ich googelte die Preise bei digitec.ch und bemerkte, dass das Handy in der Schweiz und in Finnland genau gleich viel kostete. Also bat ich den Verkäufer mir ein solches auszuhändigen. Dabei gab es aber wieder ein Problem. Er habe nur noch zwei Stück. Nummer 1 sei pink. Dies fiel natürlich weg. Und Nummer 2? Ja Nummer 2 war schon einmal geöffnet. Ein Kunde kaufte es, nahm es nach Hause, bemerkte, dass es das Falsche war und tauschte es um. Es war ein Mal eingeschaltet (Funktionskontrolle) und sogar die Original-Folie war noch drauf. Für mich war das kein Problem. Als er mir dann ungefragt auch noch 20% Preisnachlass versprach, waren wir im Geschäft und ich glücklicher Besitzer eines neuen Smartphones.

Natürlich musste jetzt Melanie ans Steuer, da ich mein neues Spielzeug einrichten musste. Ich beliess es jedoch bei WhatsApp, LocusMap (fürs Geocaching das weitaus beste App) und einigen Einstellungen. Die Sonne brutzelte uns durch die Fenster und wir hatten eine richtig lange Fahrtstrecke vor uns. Über drei Stunden entfernt lag unser nächstes Ziel. Und drei Stunden in Finnland heisst, drei Stunden durch den Wald. Nichts anderes als Bäume auf allen Seiten. Keine Aussicht und nichts. Das Fahren hier ist wirklich viel langweiliger als in Norwegen. Wir hielten hier und da an einem See oder Fluss, aber mehr war hier nicht. So wird es auch kein Problem sein, bis zum 15. August in Helsinki zu sein, um den Abstecher nach St. Petersburg zu unternehmen.

Wir erreichten unser Ziel kurz nach 16 Uhr. Eine Kunstinstallation mit dem Namen „Das schweigende Volk“ nahmen wir ins Visier und bemerkten schon bei der Anfahrt, dass diese Installation grösser war als wir uns das dachten. Ohne Eintritt bezahlen zu müssen, schauten wir uns auf dem Feld um, dass aus hunderten Vogelscheuchen besteht. Über zwei zusammengeschraubte Latten wurden hier verschiedenste Kleidungsstücke gelegt und viele warteten sogar mit Details wie Haarspangen, Halsketten, Handtaschen oder Sonnenbrillen auf. Wir konnten uns frei bewegen und uns die Figuren ansehen, ohne dass uns echte Leute dazwischen in die Quere kamen. Nachdem ich Melanie in der Masse wieder gefunden hatte, machten wir uns aber bald schon auf die Weiterfahrt. 





In Norwegen hatten wir immer unser Schulz-Reisebuch, welches uns an die tollen Plätze zum Übernachten schickte. Davor verliessen wir uns auf das App von ProMobil. Doch hier in Finnland taugte das absolut nichts. Die erste Nacht in Finnland wies uns noch Schulz, die Zweite war vor dem Hotel und letzte Nacht ein riesiger Zufalls- und Glücksgriff von Melanie. Etwas Neues musste her. Und da kamen mir die zwei Berner in den Sinn, welche zwei Mal neben uns übernachteten. Sie erzählten was von der App „Park4Night“ und genau diese App lud ich mir nun als dritte App auf mein Huawei. Ich öffnete die App und war begeistert. Stellplätze, Campingplätze, Entsorgungsstationen, Parkplätze und Plätze zum frei stehen (Wildcampen) waren verzeichnet. Und dies in grosser Zahl. Ich entdeckte einen gut klingenden Platz 30 Kilometer südlich der Vogelscheuchen und diesen fuhren wir an. Eine Schotterstrasse führte uns an einen See und wir staunten. Direkt am Wasser, ganz alleine, mitten im Nirgendwo. Ein traumhafter Ort, welche uns die App als erstes Ergebnis hier lieferte. Hier kochten wir und hier werden wir sicherlich einen wundervollen Abend verbringen. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen