Heute
früh öffnete ich die Augen und war prima ausgeschlafen. Ein Blick
auf mein Tolino zeigte eine Uhrzeit von 07:10, was bedeutete, dass 10
nach 8 war, wegen der Zeitverschiebung. Melanie erwachte auch ein
wenig, sah auf den bereits der Zeit angepassten Wecker und
verlautete, dass es 07:10 Uhr war. Hier in Finnland. Na toll. Wie hat
denn das Tolino die Zeit umgestellt? War ich das am Ende noch selbst?
Melanie döste also weiter und ich beschloss ein wenig zu lesen. Als
der Wecker um 08:00 Uhr klingelte und wir uns langsam aus dem Bett
bewegten, zeigte Melanies Handy kurz nach 9 Uhr. Also hatte das
Tolino eben doch recht und der Wecker hat sich irgendwie
zurückgestellt. Wir waren also ganz schön spät dran, genossen
unser Frühstück und verabschiedeten uns von dem schönen und
ruhigen Übernachtungsplatz.
Das
erste Ziel war Weihnachten. Vom Datum her ist Weihnachten sogar noch
so weit entfernt, dass noch nicht einmal Coop und Migros die Artikel
in den Regalen bereithalten. Doch in Rovaniemi ist das anders. Hier
wohnt Santa Claus, der Weihnachtsmann oder wie man ihn auch immer
nennen will. Hier ist das ganze Jahr Weihnachten und so verkommt an
diesem Ort die Tatsache, dass der Polarkreis genau durch dieses Dorf
verläuft, beinahe zur Nebensache. Wir parkten unser Wohnmobil und
begaben uns auf eine skurrile Reise. Eine sehr skurrile Reise.
Begleitet von Weihnachtsmusik, welche uns aus Lautsprechern an den
Strassenlaternen beschallte, wanderten wir durch ein Dorf aus schönen
Holzhütten. Das erste Gebäude versprach uns schon, dass hier Santa
wohnt und auch gerne in seinem Wohnzimmer für Fotos bereitstehen
würde. Nachdem wir uns durch die Japaner gekämpft hatten, welche
schon den Plastik-Weihnachtsmann am Eingang zum ausflippen fanden,
fanden wir uns in einem schönen „Museum“ wieder. Verschiedene
Weihnachtsbilder wurden hier traditionell veranschaulicht und das
sogar ohne Eintritt zu verlangen. Dann blickten wir durch einen
dunkeln Gang zu Santa. Da war doch tatsächlich der echte Santa und
fand die Zeit Fotos zu schiessen. Diese konnte man danach für
geschenkte 25 Euro im Shop erwerben. Melanie zerrte mich davon und
obwohl ich weinte und mich am Boden wälzte, durfte ich kein Foto mit
Santa machen.
Als
ich mich wieder gefangen hatte, machten wir uns auf die Weiterreise
durch das surreale Dorf und besuchten den Polarkreis und das Santa
Claus Postamt. Hier kommen alle Briefe der Welt zusammen, welche an
den Weihnachtsmann geschrieben werden. Ausser die Schweizer. Die
Schweiz hat ein eigenes Weihnachtsmann Postamt, bei welchem gesammelt
und geantwortet wird. Hier konnte man Briefe oder Pakete nach Hause
senden lassen. Mit dem sehr beliebten Santa Claus Postoffice
Poststempel. Man konnte sogar wählen, ob die Sendung
schnellstmöglich oder pünktlich zu Weihnachten beim Empfänger
ankommen soll. Versandkosten eines Briefes: Ab 8 Euro! Wir stürmten
wieder nach Draussen und spazierten durch das Dorf. Souvenirshop
reihte sich hier an Souvenirshop. Nur das kitschigste Zubehör für
Weihnachten konnte hier erworben werden. Santa-Figuren, Baumschmuck,
Tischschmuck und allerlei unnützes. Ab und an mischte sich noch ein
Arctic Circle Tshirt dazwischen – das war es dann aber auch. Mir
gefielen die Mitarbeiter am besten, welche sich in klischeehafte
Elfen-Kostüme zwängen mussten und somit natürlich den ganzen Tag
ungefragt als Fotomotiv hinhalten mussten. Dass sie nebenbei auch
noch das ganze Jahr zu Weihnachtsmusik in einem Shop arbeiten müssen,
in dem künstliches Weihnachtsaroma freigesetzt wird, weckte ein
wenig Mitleid in mir. Nachdem wir am anderen Ende des Dorfes auch
noch dem zweiten echten Santa keine 25 Euro bezahlen wollten (dieses
Mal ging es schon besser), machten wir uns wieder auf den Weg zum
Womo. Wir sahen noch die vielen kleinen Holzhäuschen, welche man
sich mieten kann. Wir wollen gar nicht erst wissen, was ein solches
Holzhäuschen wohl zur Weihnachtszeit kostet.
Nun
ging es aber in die Stadt Rovaniemi. Wir dachten immer, dass es sich
bei Rovaniemi um dieses Weihnachtsdorf handelt. Das stimmt nicht. Die
grosse Stadt wartete 10 Kilometer südlich des Weihnachtstrubels und
überraschte uns. Eine Autobahn fuhr in sie hinein, was schon ein
grosses Ding war. Über zwei Monate sahen wir keine Autobahn mehr und
waren darum sehr erfreut. Zudem bestand die Stadt aus richtigen
Häusern. Also so richtig gemauert, betoniert, 4 Stockwerke hoch und
mit vielen Wohnungen. Auch sowas hatten wir seit Oslo nicht mehr
gesehen. Was die Stadt aber vor allem bot war ein Power. Der
nordische Media Markt sollte sicherlich eine Auswahl an Handys für
mich bereithalten. Und so war es auch. Wir wurden sehr freundlich
bedient und nach einigem Hin und Her entschied ich mich für ein
Huawei P20 lite. Bei den günstigen UPC Abos ist kein Handy
„inbegriffen“ wie bei den teuren Swisscom-Abos und so war ich nun
selbst verantwortlich ein Handy zu kaufen. Ich entschied mich darum
gegen ein teures Model von Apple oder Samsung und für ein
günstigeres, welches jedoch genau dem Abbild des Flagschiffs iPhone
X entsprach. Ich googelte die Preise bei digitec.ch und bemerkte,
dass das Handy in der Schweiz und in Finnland genau gleich viel
kostete. Also bat ich den Verkäufer mir ein solches auszuhändigen.
Dabei gab es aber wieder ein Problem. Er habe nur noch zwei Stück.
Nummer 1 sei pink. Dies fiel natürlich weg. Und Nummer 2? Ja Nummer
2 war schon einmal geöffnet. Ein Kunde kaufte es, nahm es nach
Hause, bemerkte, dass es das Falsche war und tauschte es um. Es war
ein Mal eingeschaltet (Funktionskontrolle) und sogar die
Original-Folie war noch drauf. Für mich war das kein Problem. Als er
mir dann ungefragt auch noch 20% Preisnachlass versprach, waren wir
im Geschäft und ich glücklicher Besitzer eines neuen Smartphones.
Natürlich
musste jetzt Melanie ans Steuer, da ich mein neues Spielzeug
einrichten musste. Ich beliess es jedoch bei WhatsApp, LocusMap (fürs
Geocaching das weitaus beste App) und einigen Einstellungen. Die
Sonne brutzelte uns durch die Fenster und wir hatten eine richtig
lange Fahrtstrecke vor uns. Über drei Stunden entfernt lag unser
nächstes Ziel. Und drei Stunden in Finnland heisst, drei Stunden
durch den Wald. Nichts anderes als Bäume auf allen Seiten. Keine
Aussicht und nichts. Das Fahren hier ist wirklich viel langweiliger
als in Norwegen. Wir hielten hier und da an einem See oder Fluss,
aber mehr war hier nicht. So wird es auch kein Problem sein, bis zum
15. August in Helsinki zu sein, um den Abstecher nach St. Petersburg
zu unternehmen.
Wir
erreichten unser Ziel kurz nach 16 Uhr. Eine Kunstinstallation mit
dem Namen „Das schweigende Volk“ nahmen wir ins Visier und
bemerkten schon bei der Anfahrt, dass diese Installation grösser war
als wir uns das dachten. Ohne Eintritt bezahlen zu müssen, schauten
wir uns auf dem Feld um, dass aus hunderten Vogelscheuchen besteht.
Über zwei zusammengeschraubte Latten wurden hier verschiedenste
Kleidungsstücke gelegt und viele warteten sogar mit Details wie
Haarspangen, Halsketten, Handtaschen oder Sonnenbrillen auf. Wir
konnten uns frei bewegen und uns die Figuren ansehen, ohne dass uns
echte Leute dazwischen in die Quere kamen. Nachdem ich Melanie in der
Masse wieder gefunden hatte, machten wir uns aber bald schon auf die
Weiterfahrt.
In
Norwegen hatten wir immer unser Schulz-Reisebuch, welches uns an die
tollen Plätze zum Übernachten schickte. Davor verliessen wir uns
auf das App von ProMobil. Doch hier in Finnland taugte das absolut
nichts. Die erste Nacht in Finnland wies uns noch Schulz, die Zweite
war vor dem Hotel und letzte Nacht ein riesiger Zufalls- und
Glücksgriff von Melanie. Etwas Neues musste her. Und da kamen mir
die zwei Berner in den Sinn, welche zwei Mal neben uns übernachteten.
Sie erzählten was von der App „Park4Night“ und genau diese App
lud ich mir nun als dritte App auf mein Huawei. Ich öffnete die App
und war begeistert. Stellplätze, Campingplätze,
Entsorgungsstationen, Parkplätze und Plätze zum frei stehen
(Wildcampen) waren verzeichnet. Und dies in grosser Zahl. Ich
entdeckte einen gut klingenden Platz 30 Kilometer südlich der
Vogelscheuchen und diesen fuhren wir an. Eine Schotterstrasse führte
uns an einen See und wir staunten. Direkt am Wasser, ganz alleine,
mitten im Nirgendwo. Ein traumhafter Ort, welche uns die App als
erstes Ergebnis hier lieferte. Hier kochten wir und hier werden wir
sicherlich einen wundervollen Abend verbringen.
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