Eine
ruhige Nacht war es auf der Insel Vardoy, welche in einen nebligen
Morgen überging. Die Motivation war nicht gross, aus dem Bett zu
krabbeln und wir blieben länger liegen als auch schon. Während dem
Frühstück bemerkten wir, dass es immerhin trocken und mit 14°C
noch einigermassen warm war. Es hätte uns also schlimmer treffen
können. Wir entschlossen uns auf der Insel noch den einen oder
anderen Halt einzulegen, ehe wir sie wieder in Richtung Festland
verliessen. Erst besuchten wir die Festung Vardohus, welche die Tore
jedoch erst um 10 Uhr öffnete. So lange warteten wir nicht und
begnügten uns mit einem Blick von Aussen. Die sternförmig
angeordnete Festung wirkte fast ein wenig fehl am Platz in diesem
Dorf. Fein säuberlich geputzt und frisch gestrichen wirkte sie wie
ein Neubau. Der Rest des Dorfes ähnelt leider eher einem grossen
LostPlace. Zwischen den renovierten Häusern und Gebäuden gesellten
sich immer wieder verlassene Häuser, vom Zerfall bedroht und mit
total zugemülltem Umschwung. Wirklich sehr schade für so ein
schönes Dorf. Doch das neu erbaute, riesige Gebäude in der
Dorfmitte mit Kino, Hallenbad und Kulturzentrum lässt erahnen, dass
man hier wieder vorwärts marschieren möchte. Wäre der schönen
Insel wirklich zu wünschen, denn was wir ansonsten hier sahen war
wirklich schön.
Durch
die Röhre fuhren wir wieder auf das norwegische Festland und liessen
den Abstecher nach Hamningberg bleiben. Die vielen Kilometer auf
schlechter Strasse versprachen „lediglich“ eine wunderbare
Landschaft, welche jedoch im Nebel sicherlich nicht so schön wäre
wie bei Sonnenschein. Kirkenes war also wieder unsere Fahrtrichtung.
Wir fuhren wieder 130 Kilometer dieselbe Strasse wie schon gestern
auf dem Hinweg. Doch gestern liessen wir gezielt einige
Sehenswürdigkeiten aus, damit wir heute auch ein wenig Pause vom
Fahren hatten. Halt Nummer eins hätte dabei der Domen werden sollen.
Ein Aussichtsberg mit atemberaubender Weitsicht über die Insel
Vardoy und das Umland. Doch auch hier: Nebel pur. So lohnte sich das
nicht und wir fuhren weiter.
Als
nächstes Stand ein Vogelfelsen auf dem Programm. Diesen hätten wir
fast lieber gestrichen als den Aussichtsberg. Die vielen Vögel am
Fels mit ihren Nestern kennen wir mittlerweile und zudem handelt es
sich bei diesem Vogelfelsen um einen der Dreizehenmöwe (der
„normalen“ Möwe wie wir sie kennen) was wiederum nicht so
spektakulär schien. Doch bei schlechtem Wetter ist so eine kurze
Wanderung unter der Nebelgrenze am Meer gar nicht so verkehrt. So
parkten wir auf der nassen Wiese, hofften diese ohne Hilfe von Klaus
wieder verlassen zu können. Regenjacke an, Kamera um den Hals und
los, immer dem lauten Rufen der Möwen nach. Nach etwa zehn Minuten
kamen wir am Vogelfelsen an und waren sprachlos. So eine Menge an
brütenden Möwen hätten wir nicht erwartet. Die Wand war weiss und
der Himmel flimmerte von den vielen Möwen, welche sich im An- oder
Abflug befanden. Der Geräuschpegel war so hoch, dass wir uns nur
noch schreiend verstanden und darum lieber schweigend die Infotafel
studierten. Die Dreizehenmöwe, welche eigentlich auf offenem Meer
lebt, kommt nur zum Brüten an Land und besetzt dort gerne ganze
Felsen oder Gebäude. Hier vor Ort waren es momentan 20'000 Paare an
dem 100 Meter langen Felsen. Nach dem Brüten verschwinden diese
wieder und reisen über das Meer bis nach Kanada, wenden dort und
kommen nächstes Jahr wieder zum Brüten. Wir waren fasziniert von
den Möwen, besonders als ein Raubvogel den Felsen überflog und sich
ein riesiger Bereich wie eine Lawine aus Schnee von dem Felsen löste.
Wir standen ganz alleine da – mit 40'000 Möwen und staunten ob
diesem atemberaubenden Schauspiel.
Weiter
ging es nochmals zu dem Anlegemast der Zeppeline „Norway“ und
„Italia“. Jedoch heute nur um unser Klo an der brandneuen
Entsorgungsstation zu leeren. Im weiteren Verlauf folgten wir der E75
bis wir in Varangerbotn wieder auf unsere E6 trafen. Dieser folgten
wir nun ostwärts und wir unterbrachen die Fahrt nur für ein
Mittagessen auf einem Picknickplatz. Bald stand nämlich schon wieder
ein Abstecher an. Einen auf den wir uns besonders freuten.
Es
dauerte nicht mehr so lange ehe wir am Ortsschild von Bugoynes
standen. Dieser Ort hatte für uns immer etwas mystisches an sich.
Immer wenn das Thema bei einem Gespräch mit Thomas und Iris auf
Norwegen gelenkt wurde, kam Bugoynes in der Geschichte vor. Das
Stadtbild und die Wanderung zum Vogelfelsen. Wenn wir jemals
auswandern, dann nach Bugoynes – das hörten wir viel. Und nun
standen wir wirklich hier am Ortsschild und blickten von den Felsen
auf dieses wunderschöne kleine Dorf am weissen Sandstrand. Was uns
neben dem schönen Dorf auffiel, war das türkise Wohnmobil, welches
sich die kleine Steigung hinauf kämpfte. Die beiden jungen Mädels
von den Trollen und dem Womo-Nordkapp waren auch hier zugegen. Schon
beim Womo-Nordkapp erfuhren wir, dass wir nach demselben Reiseführer
fahren und so werden wir die Beiden vielleicht noch öfters sehen.
Nachdem
wir Fotos geschossen hatten, machten wir uns auf den Weg in das Dorf.
Hier siedelten sich vor allem Finnen an, welche fliehen mussten als
ein Teil ihrer Heimat an Russland fiel. So erinnert hier der Baustil
auch eher an Finnland, die meisten Einwohner reden finnisch und der
kostenpflichtige Womo-Stellplatz besitzt natürlich eine eigene
Sauna. Dies wiederum zieht natürlich vor allem finnische
Wohnmobilreisende an. Wir durchfuhren das sehr schöne Dorf und
parkten am Hafen gegenüber einer Königskrabben-Firma. Hier mästet
man die gefangenen Königskrabben, welche bis zu 10 Kilogramm schwer
werden können und mit einer Spannweite von 1,80 Metern sozusagen
grösser sind als ich. Gemästet werden die Tiere dann lebendig zum
Endkonsumenten – meist reiche Chinesen – gesendet um dort im Topf
zu landen. Da sich die Tiere invasiv vermehren und schon bis zu den
Lofoten vorgedrungen sind, müssen sie dringend abgefischt werden.
Die Krabben waren hier nämlich nicht heimisch, sondern nur aus
Versehen von Forschern in die Barentssee gesetzt worden. Wir
beschäftigten uns derweil mit der Wanderung zum Vogelfelsen, welche
unsere Freunde schon zwei Mal unter die Füsse nahmen und fanden bald
schon die benötigten Informationen. Am Startpunkt angekommen jedoch
die Ernüchterung: dichtester Nebel. Eine insgesamt vierstündige
Wanderung durch Nebel war uns dann aber doch zu langweilig, sieht man
ja von der Landschaft gar nichts.
Zurück
am Hafen beschlossen wir einen Rundgang durch das Dorf zu machen. Wir
entdeckten die kleinen Läden, die Post, ein Bistro und den
Dorfladen. Bei dem Rundgang begannen wir unsere beiden Freunde zu
verstehen. Wenn man jemals an den A* der Welt ziehen möchte, dann
würde man hier sicherlich eine wundervoll idyllische Wahl treffen.
Wir trafen die Entscheidung der Wanderung nochmals eine Chance zu
geben. Jedoch erst morgen. Den Rest des Abends verbrachten wir mit
lesen im Womo, Nachtessen und dem Schreiben der Tagebücher. Wir
hoffen auf besseres Wetter morgen und wenn es mit dem Vogelfelsen
nicht klappt dann waren wir doch immerhin in dem Bugoynes, von
welchem wir schon so viel hörten.
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