Freitag, 3. August 2018

Durch den Nebel nach Bugoynes

Eine ruhige Nacht war es auf der Insel Vardoy, welche in einen nebligen Morgen überging. Die Motivation war nicht gross, aus dem Bett zu krabbeln und wir blieben länger liegen als auch schon. Während dem Frühstück bemerkten wir, dass es immerhin trocken und mit 14°C noch einigermassen warm war. Es hätte uns also schlimmer treffen können. Wir entschlossen uns auf der Insel noch den einen oder anderen Halt einzulegen, ehe wir sie wieder in Richtung Festland verliessen. Erst besuchten wir die Festung Vardohus, welche die Tore jedoch erst um 10 Uhr öffnete. So lange warteten wir nicht und begnügten uns mit einem Blick von Aussen. Die sternförmig angeordnete Festung wirkte fast ein wenig fehl am Platz in diesem Dorf. Fein säuberlich geputzt und frisch gestrichen wirkte sie wie ein Neubau. Der Rest des Dorfes ähnelt leider eher einem grossen LostPlace. Zwischen den renovierten Häusern und Gebäuden gesellten sich immer wieder verlassene Häuser, vom Zerfall bedroht und mit total zugemülltem Umschwung. Wirklich sehr schade für so ein schönes Dorf. Doch das neu erbaute, riesige Gebäude in der Dorfmitte mit Kino, Hallenbad und Kulturzentrum lässt erahnen, dass man hier wieder vorwärts marschieren möchte. Wäre der schönen Insel wirklich zu wünschen, denn was wir ansonsten hier sahen war wirklich schön. 





Durch die Röhre fuhren wir wieder auf das norwegische Festland und liessen den Abstecher nach Hamningberg bleiben. Die vielen Kilometer auf schlechter Strasse versprachen „lediglich“ eine wunderbare Landschaft, welche jedoch im Nebel sicherlich nicht so schön wäre wie bei Sonnenschein. Kirkenes war also wieder unsere Fahrtrichtung. Wir fuhren wieder 130 Kilometer dieselbe Strasse wie schon gestern auf dem Hinweg. Doch gestern liessen wir gezielt einige Sehenswürdigkeiten aus, damit wir heute auch ein wenig Pause vom Fahren hatten. Halt Nummer eins hätte dabei der Domen werden sollen. Ein Aussichtsberg mit atemberaubender Weitsicht über die Insel Vardoy und das Umland. Doch auch hier: Nebel pur. So lohnte sich das nicht und wir fuhren weiter.

Als nächstes Stand ein Vogelfelsen auf dem Programm. Diesen hätten wir fast lieber gestrichen als den Aussichtsberg. Die vielen Vögel am Fels mit ihren Nestern kennen wir mittlerweile und zudem handelt es sich bei diesem Vogelfelsen um einen der Dreizehenmöwe (der „normalen“ Möwe wie wir sie kennen) was wiederum nicht so spektakulär schien. Doch bei schlechtem Wetter ist so eine kurze Wanderung unter der Nebelgrenze am Meer gar nicht so verkehrt. So parkten wir auf der nassen Wiese, hofften diese ohne Hilfe von Klaus wieder verlassen zu können. Regenjacke an, Kamera um den Hals und los, immer dem lauten Rufen der Möwen nach. Nach etwa zehn Minuten kamen wir am Vogelfelsen an und waren sprachlos. So eine Menge an brütenden Möwen hätten wir nicht erwartet. Die Wand war weiss und der Himmel flimmerte von den vielen Möwen, welche sich im An- oder Abflug befanden. Der Geräuschpegel war so hoch, dass wir uns nur noch schreiend verstanden und darum lieber schweigend die Infotafel studierten. Die Dreizehenmöwe, welche eigentlich auf offenem Meer lebt, kommt nur zum Brüten an Land und besetzt dort gerne ganze Felsen oder Gebäude. Hier vor Ort waren es momentan 20'000 Paare an dem 100 Meter langen Felsen. Nach dem Brüten verschwinden diese wieder und reisen über das Meer bis nach Kanada, wenden dort und kommen nächstes Jahr wieder zum Brüten. Wir waren fasziniert von den Möwen, besonders als ein Raubvogel den Felsen überflog und sich ein riesiger Bereich wie eine Lawine aus Schnee von dem Felsen löste. Wir standen ganz alleine da – mit 40'000 Möwen und staunten ob diesem atemberaubenden Schauspiel. 





Weiter ging es nochmals zu dem Anlegemast der Zeppeline „Norway“ und „Italia“. Jedoch heute nur um unser Klo an der brandneuen Entsorgungsstation zu leeren. Im weiteren Verlauf folgten wir der E75 bis wir in Varangerbotn wieder auf unsere E6 trafen. Dieser folgten wir nun ostwärts und wir unterbrachen die Fahrt nur für ein Mittagessen auf einem Picknickplatz. Bald stand nämlich schon wieder ein Abstecher an. Einen auf den wir uns besonders freuten.

Es dauerte nicht mehr so lange ehe wir am Ortsschild von Bugoynes standen. Dieser Ort hatte für uns immer etwas mystisches an sich. Immer wenn das Thema bei einem Gespräch mit Thomas und Iris auf Norwegen gelenkt wurde, kam Bugoynes in der Geschichte vor. Das Stadtbild und die Wanderung zum Vogelfelsen. Wenn wir jemals auswandern, dann nach Bugoynes – das hörten wir viel. Und nun standen wir wirklich hier am Ortsschild und blickten von den Felsen auf dieses wunderschöne kleine Dorf am weissen Sandstrand. Was uns neben dem schönen Dorf auffiel, war das türkise Wohnmobil, welches sich die kleine Steigung hinauf kämpfte. Die beiden jungen Mädels von den Trollen und dem Womo-Nordkapp waren auch hier zugegen. Schon beim Womo-Nordkapp erfuhren wir, dass wir nach demselben Reiseführer fahren und so werden wir die Beiden vielleicht noch öfters sehen.

Nachdem wir Fotos geschossen hatten, machten wir uns auf den Weg in das Dorf. Hier siedelten sich vor allem Finnen an, welche fliehen mussten als ein Teil ihrer Heimat an Russland fiel. So erinnert hier der Baustil auch eher an Finnland, die meisten Einwohner reden finnisch und der kostenpflichtige Womo-Stellplatz besitzt natürlich eine eigene Sauna. Dies wiederum zieht natürlich vor allem finnische Wohnmobilreisende an. Wir durchfuhren das sehr schöne Dorf und parkten am Hafen gegenüber einer Königskrabben-Firma. Hier mästet man die gefangenen Königskrabben, welche bis zu 10 Kilogramm schwer werden können und mit einer Spannweite von 1,80 Metern sozusagen grösser sind als ich. Gemästet werden die Tiere dann lebendig zum Endkonsumenten – meist reiche Chinesen – gesendet um dort im Topf zu landen. Da sich die Tiere invasiv vermehren und schon bis zu den Lofoten vorgedrungen sind, müssen sie dringend abgefischt werden. Die Krabben waren hier nämlich nicht heimisch, sondern nur aus Versehen von Forschern in die Barentssee gesetzt worden. Wir beschäftigten uns derweil mit der Wanderung zum Vogelfelsen, welche unsere Freunde schon zwei Mal unter die Füsse nahmen und fanden bald schon die benötigten Informationen. Am Startpunkt angekommen jedoch die Ernüchterung: dichtester Nebel. Eine insgesamt vierstündige Wanderung durch Nebel war uns dann aber doch zu langweilig, sieht man ja von der Landschaft gar nichts. 

Zurück am Hafen beschlossen wir einen Rundgang durch das Dorf zu machen. Wir entdeckten die kleinen Läden, die Post, ein Bistro und den Dorfladen. Bei dem Rundgang begannen wir unsere beiden Freunde zu verstehen. Wenn man jemals an den A* der Welt ziehen möchte, dann würde man hier sicherlich eine wundervoll idyllische Wahl treffen. Wir trafen die Entscheidung der Wanderung nochmals eine Chance zu geben. Jedoch erst morgen. Den Rest des Abends verbrachten wir mit lesen im Womo, Nachtessen und dem Schreiben der Tagebücher. Wir hoffen auf besseres Wetter morgen und wenn es mit dem Vogelfelsen nicht klappt dann waren wir doch immerhin in dem Bugoynes, von welchem wir schon so viel hörten. 







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