Viel besser sah das Wetter heute
früh aus, als wir aus dem Fenster blickten. Kein Wölkchen am
Himmel. Doch es war kalt geworden. Wir hatten es im Womo ja noch gut.
Doch die polnische Familie, welche gestern noch um 23:00 Uhr im
Dunkeln ihr Zelt aufbaute, war sicherlich ganz schön durchgefroren.
Als wir gestern Abend noch diverse Dokus auf YouTube genossen,
wuselten sie wie wild auf der Wiese herum. Dasselbe taten sie nun
auch wieder. Wir frühstückten gemütlich, packten unser Zeug
zusammen und machten uns auf den Weg zum Wasserhahn. Der
selbsternannte Platzwart schien noch zu schlafen und so konnten wir
ungestört Wasser tanken. Nun ging es in Richtung Lettland.
Beinahe...
Zuerst wollten wir noch bei den
beiden Schweizern unsere Kontaktdaten hinterlassen. Wer weiss,
vielleicht besuchen sie ja doch auch einmal die Ostschweiz, nachdem
sie den Rest der Welt gesehen haben. Wir erspähten schon von Weitem,
dass die beiden schon wach waren und wussten gleich worauf dies
hinauslaufen wird. Wir freuten uns natürlich die Beiden nochmals zu
sehen und wieder hatten wir sehr interessante Gespräche. Dazwischen
erwischten wir noch zwei Deutsche, welche gerade den TB an unserem
Womo fotografierten (so ein Geocacher-Ding) und auch mit diesen
Beiden quatschten wir noch eine Weile, ehe sie sich auf die Wanderung
auf dem Biberpfad begaben. Als sie eine Stunde später zurückkehrten,
waren wir noch immer mit Kurt und Michèle am plappern und erst als
es kurz nach 11 Uhr zu regnen begann, schafften wir es uns von den
Beiden zu trennen. Bevor wir davon brausten luden sie uns noch ein
paar Reiseberichte der USA und die vom Norden 2018 auf einen
USB-Stick. Auch sie schreiben Berichte – jedoch nicht online. Nur
für sich und per Mail an Freunde und Familie. So sind wir für den
nächsten Regentag nun wieder ausgerüstet. Es war schon spät doch
wir bereuten das überhaupt nicht. Wir haben ja Zeit und die
Gespräche mit diesen Zwei waren wirklich so interessant. Solche
Begegnungen macht das Reisen eben auch aus.
Es war schon Mittag als wir am
nächsten Supermarkt südlich des Nationalparks stoppten um unser
Pfand zurück zu holen und ein paar Kleinigkeiten einzukaufen. In
Lettland sollte es noch günstiger sein – doch ob wir da einen
Supermarkt noch vor dem nächsten Halt finden würden wussten wir
nicht. Das mit dem Pfand ist in Estland nicht ganz so leicht. Die
Automaten um die Pfandflaschen zurückzugeben sind meist an der
Rückseite vom Gebäude und man muss diese erst finden. Hier standen
wir nun in einem riesigen Einkaufszentrum. Doch auch in diesem: kein
Automat. Also umrundeten wir das Gebäude und fanden auf der
Rückseite ein separates Häuschen für die Rückgabe. Ein langer
Spaziergang war das und er wurde mit einer verschlossenen Türe
belohnt. Mitarbeiter Nummer 1 sprach nur Russisch und auch
Mitarbeiter 2 bis 4 waren dem Englischen nicht mächtig. Aber mit
Händen und Füssen ging alles und man brachte den Schlüssel und
sperrte das Häuschen auf. Ob wir um 12:30 Uhr wirklich die Ersten
waren, welche hier Flaschen zurückbrachten? Wir konnten im Anschluss
jedenfalls gut einkaufen und machten uns noch gleich auf dem
Parkplatz ans Mittagessen.
Die weitere Fahrt führte uns
schon bald über die Grenze nach Lettland. Gespannt überquerten wir
diese mittlerweile praktisch unsichtbare Grenze zwischen den beiden
EU-Ländern. Estland überraschte uns wirklich. Ein Land, welches
(wohl dank vielen EU-Geldern) voll im Aufschwung ist, alles
modernisiert und sehr ordentlich und freundlich wirkt. Jederzeit
fühlten wir uns sicher und übernachteten immer „wild“. Die
Hauptstadt war ein Augenschmaus und auch in der Natur fanden sich
viele Highlights. So hätten wir uns das nicht vorgestellt und waren
wirklich sehr positiv angetan von Estland. Der südliche Nachbar
Lettland empfing uns schon kurz nach der Grenze mit dem Meer und
einem wunderschönen Sandstrand. Sofort steuerten wir den ersten
Parkplatz an und spazierten an den Strand. Wow! Solch feinen Sand wie
an diesem Strand muss man erst finden. Wir haben das an den tollsten
Stränden noch nicht erlebt. Das Meer war wild und kalt und wir
mussten weiter. So gab es leider kein Bad für uns. In dieser
Hinsicht liessen wir uns seit dem Eismeerbad ein wenig lumpen.
Schon bald erreichten wir danach
aber den nächsten Nationalpark. Der Gaujo Nationalpark liegt
zwischen Estland und Riga und bietet viele schöne Wanderungen in
unberührter Natur. So versprach man es jedenfalls. Schon bald
standen wir an einer schönen Kirche umgeben von Wald und starteten
auf eine ausgedehnte Tour. Es war jedoch schon 16:00 Uhr und wir
wussten schon, dass wir wohl auch hier ein wenig abkürzen werden.
Der erste Teil führte über eine Fahrspur durch einen Wald, welcher
geradezu in der Schweiz stehen könnte. Erst nachdem wir eine
Lichtung mit alten Häusern passierten, änderte sich dies. Über
schönste Trampelpfade wanderten wir nun fortan durch die Wälder.
Wir entdeckten Sandhöhlen, Quellen und Geocaches und absolvierten
manche Steigung und sogar wieder eine unendlich scheinende Treppe.
10,7 Kilometer standen auch heute wieder auf dem Navi, als wir am
Womo ankamen. Eine wirklich tolle Wanderung auf welcher wir einem
einzigen Wanderer (mit einem wunderschönen Husky) begegneten.
Ansonsten konnten wir die Natur in Ruhe geniessen und störten diese
Ruhe nur mit unserem eigenen Gequatsche.
Das Womo erkannten wir am
Parkplatz übrigens ganz gut wieder. Seit der regennassen
Schotterpiste beim Verlassen des Nationalparks in Estland heute früh,
haben wir eine neue Speziallackierung. Oben ist das Womo gewohnt in
Anthrazit lackiert ehe es nach unten die Farbe wie ein Chamäleon zu
hellgrau/braun wechselt. Ganz speziell auch, dass es oben mit
Hochglanzlackierung aufwartet, während es unten komplett in Matt
gehalten ist. Eine Waschanlage sahen wir jedoch auch die vier
Autostunden bei der Hinfahrt nicht und so bleibt uns diese Lackierung
eben noch ein wenig erhalten.
Es war schon 20:00 Uhr als wir an
unserem Übernachtungsplatz ankamen. Wieder stehen wir vor dem
Besucherzentrum eines Nationalparks. Dieses Mal einfach auf Teer
anstelle von Rasen, in Lettland und nicht in Estland und alleine –
ohne holländischen Platzwart, ohne zeltende Polen und ohne
weitgereiste Schweizer.
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