Montag, 27. August 2018

Von Estland nach Lettland

Viel besser sah das Wetter heute früh aus, als wir aus dem Fenster blickten. Kein Wölkchen am Himmel. Doch es war kalt geworden. Wir hatten es im Womo ja noch gut. Doch die polnische Familie, welche gestern noch um 23:00 Uhr im Dunkeln ihr Zelt aufbaute, war sicherlich ganz schön durchgefroren. Als wir gestern Abend noch diverse Dokus auf YouTube genossen, wuselten sie wie wild auf der Wiese herum. Dasselbe taten sie nun auch wieder. Wir frühstückten gemütlich, packten unser Zeug zusammen und machten uns auf den Weg zum Wasserhahn. Der selbsternannte Platzwart schien noch zu schlafen und so konnten wir ungestört Wasser tanken. Nun ging es in Richtung Lettland. Beinahe...

Zuerst wollten wir noch bei den beiden Schweizern unsere Kontaktdaten hinterlassen. Wer weiss, vielleicht besuchen sie ja doch auch einmal die Ostschweiz, nachdem sie den Rest der Welt gesehen haben. Wir erspähten schon von Weitem, dass die beiden schon wach waren und wussten gleich worauf dies hinauslaufen wird. Wir freuten uns natürlich die Beiden nochmals zu sehen und wieder hatten wir sehr interessante Gespräche. Dazwischen erwischten wir noch zwei Deutsche, welche gerade den TB an unserem Womo fotografierten (so ein Geocacher-Ding) und auch mit diesen Beiden quatschten wir noch eine Weile, ehe sie sich auf die Wanderung auf dem Biberpfad begaben. Als sie eine Stunde später zurückkehrten, waren wir noch immer mit Kurt und Michèle am plappern und erst als es kurz nach 11 Uhr zu regnen begann, schafften wir es uns von den Beiden zu trennen. Bevor wir davon brausten luden sie uns noch ein paar Reiseberichte der USA und die vom Norden 2018 auf einen USB-Stick. Auch sie schreiben Berichte – jedoch nicht online. Nur für sich und per Mail an Freunde und Familie. So sind wir für den nächsten Regentag nun wieder ausgerüstet. Es war schon spät doch wir bereuten das überhaupt nicht. Wir haben ja Zeit und die Gespräche mit diesen Zwei waren wirklich so interessant. Solche Begegnungen macht das Reisen eben auch aus.

Es war schon Mittag als wir am nächsten Supermarkt südlich des Nationalparks stoppten um unser Pfand zurück zu holen und ein paar Kleinigkeiten einzukaufen. In Lettland sollte es noch günstiger sein – doch ob wir da einen Supermarkt noch vor dem nächsten Halt finden würden wussten wir nicht. Das mit dem Pfand ist in Estland nicht ganz so leicht. Die Automaten um die Pfandflaschen zurückzugeben sind meist an der Rückseite vom Gebäude und man muss diese erst finden. Hier standen wir nun in einem riesigen Einkaufszentrum. Doch auch in diesem: kein Automat. Also umrundeten wir das Gebäude und fanden auf der Rückseite ein separates Häuschen für die Rückgabe. Ein langer Spaziergang war das und er wurde mit einer verschlossenen Türe belohnt. Mitarbeiter Nummer 1 sprach nur Russisch und auch Mitarbeiter 2 bis 4 waren dem Englischen nicht mächtig. Aber mit Händen und Füssen ging alles und man brachte den Schlüssel und sperrte das Häuschen auf. Ob wir um 12:30 Uhr wirklich die Ersten waren, welche hier Flaschen zurückbrachten? Wir konnten im Anschluss jedenfalls gut einkaufen und machten uns noch gleich auf dem Parkplatz ans Mittagessen.

Die weitere Fahrt führte uns schon bald über die Grenze nach Lettland. Gespannt überquerten wir diese mittlerweile praktisch unsichtbare Grenze zwischen den beiden EU-Ländern. Estland überraschte uns wirklich. Ein Land, welches (wohl dank vielen EU-Geldern) voll im Aufschwung ist, alles modernisiert und sehr ordentlich und freundlich wirkt. Jederzeit fühlten wir uns sicher und übernachteten immer „wild“. Die Hauptstadt war ein Augenschmaus und auch in der Natur fanden sich viele Highlights. So hätten wir uns das nicht vorgestellt und waren wirklich sehr positiv angetan von Estland. Der südliche Nachbar Lettland empfing uns schon kurz nach der Grenze mit dem Meer und einem wunderschönen Sandstrand. Sofort steuerten wir den ersten Parkplatz an und spazierten an den Strand. Wow! Solch feinen Sand wie an diesem Strand muss man erst finden. Wir haben das an den tollsten Stränden noch nicht erlebt. Das Meer war wild und kalt und wir mussten weiter. So gab es leider kein Bad für uns. In dieser Hinsicht liessen wir uns seit dem Eismeerbad ein wenig lumpen. 




Schon bald erreichten wir danach aber den nächsten Nationalpark. Der Gaujo Nationalpark liegt zwischen Estland und Riga und bietet viele schöne Wanderungen in unberührter Natur. So versprach man es jedenfalls. Schon bald standen wir an einer schönen Kirche umgeben von Wald und starteten auf eine ausgedehnte Tour. Es war jedoch schon 16:00 Uhr und wir wussten schon, dass wir wohl auch hier ein wenig abkürzen werden. Der erste Teil führte über eine Fahrspur durch einen Wald, welcher geradezu in der Schweiz stehen könnte. Erst nachdem wir eine Lichtung mit alten Häusern passierten, änderte sich dies. Über schönste Trampelpfade wanderten wir nun fortan durch die Wälder. Wir entdeckten Sandhöhlen, Quellen und Geocaches und absolvierten manche Steigung und sogar wieder eine unendlich scheinende Treppe. 10,7 Kilometer standen auch heute wieder auf dem Navi, als wir am Womo ankamen. Eine wirklich tolle Wanderung auf welcher wir einem einzigen Wanderer (mit einem wunderschönen Husky) begegneten. Ansonsten konnten wir die Natur in Ruhe geniessen und störten diese Ruhe nur mit unserem eigenen Gequatsche. 









Das Womo erkannten wir am Parkplatz übrigens ganz gut wieder. Seit der regennassen Schotterpiste beim Verlassen des Nationalparks in Estland heute früh, haben wir eine neue Speziallackierung. Oben ist das Womo gewohnt in Anthrazit lackiert ehe es nach unten die Farbe wie ein Chamäleon zu hellgrau/braun wechselt. Ganz speziell auch, dass es oben mit Hochglanzlackierung aufwartet, während es unten komplett in Matt gehalten ist. Eine Waschanlage sahen wir jedoch auch die vier Autostunden bei der Hinfahrt nicht und so bleibt uns diese Lackierung eben noch ein wenig erhalten.





Es war schon 20:00 Uhr als wir an unserem Übernachtungsplatz ankamen. Wieder stehen wir vor dem Besucherzentrum eines Nationalparks. Dieses Mal einfach auf Teer anstelle von Rasen, in Lettland und nicht in Estland und alleine – ohne holländischen Platzwart, ohne zeltende Polen und ohne weitgereiste Schweizer. 

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