Wie erwartet störte nichts
unsere Nachtruhe an diesem wundervollen Strandplatz. Wir sassen noch
lange draussen und bequatschten Dies und Das. Zum Abschluss des Tages
gönnten wir uns dann noch eine warme Dusche im Womo und kuschelten
uns danach unter die warme Decke. So muss so ein Abend sein. Heute
früh war dann auch wieder Brot im Haus – also im Womo – und wir
konnten mit Meersicht frühstücken. Das Wetter war auch heute wieder
sonnig und so starteten wir gut in den neuen Tag.
Wir lenkten unser Womo zu unserem
ersten Ziel in den Vilsandi Nationalpark. Aber wie schon in Finnland
haben es auch die Esten nicht wirklich mit geteerten Strassen abseits
der Hauptverkehrswege. So tuckerten wir die letzten 25 Minuten
unserer Reise wieder über Schotterpisten durch Wälder und über
weite Ebenen. Auch hier galt wieder: je schneller man fuhr, desto
weniger rüttelte es uns durch. Trotzdem beschleicht uns langsam die
Angst, dass irgendwann die Hängeschränke herunterfallen wenn wir
noch oft über solche Schotterpisten fahren. Wir erreichten aber nach
25 Minuten Fahrt durch die Pampa tatsächlich einen Parkplatz. Das
verwunderlichste daran war jedoch, dass sich hier tatsächlich eine
Fahrradverleihung befand und ein Verkäufer hier extrem neue und
schöne Fahrräder vermietete. Wir wollten jedoch lieber Wandern und
auch ansonsten hätten wir unsere eigenen Räder dabei gehabt.
Also schnürten wir auch heute
die Schuhe und zogen los. Fünf Kilometer pro Weg standen uns bevor.
Das Ziel: der Kiipsaare Leuchtturm. Die Sonne schien schon wieder
heftig vom Himmel und wir schwitzten ganz schön beim Überqueren der
Ebenen, welche sich immer wieder mit kleinen Birkenwäldchen
abwechselten. Der letzte Kilometer war dann aber nochmals richtig
anstrengend. Wir konnten auswählen: entweder am Strand wandern oder
in den Dünen auf dem Weg. An beiden Orten wartete jedoch lockerer
Sand und dieser machte das gehen richtig anstrengend. Umso erfreuter
waren wir dann, als wir am Leuchtturm ankamen. Dieser ist seit vielen
Jahren verlassen und steht mittlerweile schief einige Meter im Meer
draussen. Die Landzunge hier besteht komplett aus Sand und verliert
pro Jahr durchschnittlich einen Meter an Länge. So stand der
Leuchtturm einst am Strand und heute eben schon über 30 Meter weit
draussen im Meer. Ein paar Jahre noch, dann wird er wohl komplett
unterspült sein, kippen und in den Fluten verschwinden. Doch heute
stand er noch und wir konnten klar die Zeichen der Erosion in der
Umgebung entdecken. Wir schossen Fotos und machten uns noch auf den
Weg zum hier gelegten Geocache.
Dabei handelt es sich um einen
ganz alten Cache, ein ehemaliger Reverse-Cache. Seit 2004 wurden die
jedoch auf Waymarking verschoben oder, wie hier, als Mystery
gelistet. Nach heutiger Guideline wäre dies nicht zulässig doch der
Cache steht unter Bestandesschutz. Unsere Aufgabe war es den
nördlichsten Punkt der Landzunge zu erwandern und auszumessen. Die
erhaltenen Koordinaten mussten wir dann in den Log notieren und
fertig war der Mystery. Keine Dose, kein Logbuch. Doch so leicht
machte man uns die Aufgabe dann doch nicht. Leicht östlich vom
Leuchtturm ragte die letzte schmale Zunge nämlich über 200 Meter
weit ins Meer hinaus. Wieder auf Sand und durch hunderte von
aufgeregten Möwen schlugen wir uns die ganze Strecke durch. Doch es
lohnte sich wirklich. Die Aussicht auf das endlose Meer, ein Blick
zurück auf die tollen Dünen und das Gefühl ganz am Spitz einer
fünf Meter breiten Landzunge zu stehen. Der Rückweg zum Womo war
dann derselbe, was wir normalerweise nicht so mögen, weil es einfach
langweilig ist. Doch die Wanderung hierhin hatte sich trotzdem
definitiv gelohnt. Ein wunderschöner Platz und die ersten Menschen
entdeckten wir erst nach der Hälfte des Rückweges. Perfekt.
Am Womo angekommen erinnerten wir
uns aber wieder daran, dass wir wieder 25 Minuten Holperpiste vor uns
hatten. Auf dem Rückweg erwischten wir aber irgendwie einen anderen
Weg und reduzierten das Geholpere immerhin auf 15 Minuten. Dafür
verabschiedete sich die Sonne langsam und aus den Wolken kam auch ab
und an ein Tropfen oder zwei. Eigentlich wollten wir nach der
Wanderung in Richtung Kurssaare fahren. Doch irgendwie schien es uns
dafür zu früh und wir suchten uns einen Ort, um noch ein wenig Zeit
zu verbringen. Von Freitag 13:00 Uhr bis Sonntag 22:00 Uhr kostet die
Fähre von der Insel runter 50% Zuschlag und da wir die letzte
normalpreisige Fähre sowieso nicht erwischen konnten, konnten wir ja
auch noch ein wenig auf der Insel bleiben. Ich entdeckte ein paar
Caches ganz im Süden der Insel und wir beschlossen uns dorthin zu
fahren. Der Plan ging voll auf, bis uns ein Schild warnte, dass bald
wieder Schluss war mit geteerter Strasse. Wieder über eine halbe
Stunde Schotter. Bitte nicht. Wir fuhren einen kleinen Umweg und
konnten es immerhin auf knapp über 10 Minuten Schotter reduzieren.
Danach führte uns wieder eine geteerte Strasse bis nach Sääre, dem
Südkapp der Insel.
Hier erwartete uns eine Serie an
Geocaches, welche uns in alte Bunker der Sowjetunion führten. Auch
hier war es keine Runde, sondern derselbe Weg hin und zurück. Wir
entschlossen uns zuerst bis ganz zum Schluss zu wandern und dann auf
dem Rückweg die Geocaches zu besuchen. Wir starteten bei einem
kleinen verlassenen Dorf, indem nur noch Ziegen und Schafe die Häuser
bevölkerten. Die Ziegen begrüssten uns, während die Schafe sofort
das Weite suchten. Wir suchten die ersten zwei Geocaches in den
interessanten Bunkern. Bei einem Bunker hatte der Owner sogar am
Eingang eine Karte des Bunkers mit Kreide an die Wand gemalt und ein
rotes Kreuz markierte den Ort des Schatzes. Die Bunker waren nicht so
riesig wie zum Beispiel jene in Belgien. Aber doch konnte man sie
begehen und jeweils ein paar Räume entdecken. Ausser nacktem Beton
und einigen russischen Schriftzeichen war jedoch nichts mehr in den
Räumen vorhanden. Auch die drei weiteren Bunker auf dem Rückweg
waren spannend zu entdecken, kurz vor der Ankunft am Womo setzte
jedoch wieder Regen ein und wir waren froh, am Womo zu sein. Doch ein
Besuch am Leuchtturm des Südkapps musste dann doch noch sein und wir
wanderten die paar Meter zum imposanten Turm. Unsere Beine und Füsse
waren müde und so ersparten wir uns die vielen Treppenstufen nach
oben, machten kehrt und setzten uns ins lauschige Womo.
Zum Schluss der Serie wurde uns
jedoch noch ein Bonus versprochen, welchen wir uns ausrechneten. Die
erhaltenen Koordinaten zeigten jedoch beinahe vier Kilometer entfernt
in ein Waldstück. Das erschien uns komisch. Doch wir fuhren mit dem
Womo in die Nähe und entdeckten einen Parkplatz und einen alten
Fahrweg in den Wald. Wir stellten das Womo ab und folgten dem
Fahrweg, welcher sich jedoch eher von den Koordinaten entfernte. Wir
wollten schon beinahe umdrehen, da wir den Glauben daran aufgaben,
hier etwas zu finden. Der Optimismus war von Anfang an nicht sehr
gross und ich liess sogar die Kamera im Womo zurück. Noch eine
letzte Kurve und da war nichts. Hohes Gras. Wald. Und war das ein
kleiner Pfad? Wir schauten uns die Sache genauer an und da führte
wirklich ein feiner Pfad in den Wald, welcher jedoch erst kürzlich
benutzt wurde. Ist da doch ein Cache versteckt? Erst als wir wenige
Meter davor standen, entdeckten wir ein Gebäude. 15 mal 15 Meter und
vierstöckig. Also gross. Sehr gross. Und mitten im Wald und somit
von nirgends zu erkennen. Nachts sicherlich ein brutal grusliger Ort
– was für ein stimmiges Finale für einen Nachtcache. Doch auch im
Hellen brauchte es ein wenig Überwindung das Haus zu betreten. Der
einzige Hinweis war, dass der Cache sich in der Wand befände. Wir
suchten alles ab und natürlich befanden wir uns im vierten und
obersten Stockwerk als wir die Dose entdeckten. Was für ein genialer
und krasser Ort. Mitten im Wald. Wir entdeckten erst nach dem Loggen,
dass in den Wänden lauter Namen eingeritzt waren, was uns sehr
ungewöhnlich erschien an diesem Ort, den ja echt niemand einfach so
findet. Bald entdeckten wir jedoch, dass unter den Namen Daten aus
den 70ern und 80ern standen. So alt waren die Inschriften also schon.
Damals schienen noch mehr Menschen diesen Ort zu kennen – heute
kommen hier wohl nur noch Geocacher her. Im ganzen Haus lag auch kein
Müll, was ebenfalls ein Indiz war. Nun ärgerten wir uns ganz schön,
dass die Kamera im Auto war: Doch immerhin hatten wir unsere Handys
dabei und konnten damit noch ein paar Fotos schiessen.
Zurück am Womo machten wir uns
gleich auf den Weg nach Kurssaare, wo wir Wasser füllten und am
Hafen parkten um unser Nachtessen zu geniessen. Von 23.00 Uhr bis
06:00 Uhr will man hier jedoch keine Womos sehen. Zudem regnete es
mittlerweile immer mehr. So wurde die Stadtbesichtigung heute
ausnahmsweise motorisiert ausgeführt und wir betrachteten die
Hochzeits-Stadt Estlands durch die Womoscheiben. Kein Wunder fahren
hier alle zum Heiraten hin. Lauter schöne Hotels, traumhafte
Restaurants direkt am See und das schöne Schloss inmitten der Stadt.
Eine perfekte Kulisse für ein Hochzeitsfest – aber keine Angst
liebe Leute. Für unsere Hochzeit müsst ihr dann nicht nach Estland
fahren.
Nur eine halbe Stunde weiter
erwartete uns dann unser Schlafplatz. Nach kurzen
Schotter-Abschnitten und teilweise sintflutartigen Regenfällen
erreichten wir diesen kurz vor 20.30 Uhr – also sehr spät. Ein
Womo stand auch schon da, liess jedoch noch Platz für ein Zweites.
Und wieder entdeckten wir dank der App einen Platz, welcher besser
nicht sein könnte. Auf einer ebenen Wiese, direkt am Meer mit
Wasseranschluss und kostenlosem Stromanschluss. Für Gratis wieder
ein wundervoller Platz. So macht das Spass und unser Womo kann mal
seine Batterien wieder so richtig füllen. Auch hier erwarten wir
wieder eine ruhige Nacht und wenn es morgen noch immer regnet haben
wir es sicherlich nicht eilig von hier weg zu kommen.
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