Freitag, 24. August 2018

Unterwegs auf der Insel Saaremaa

Wie erwartet störte nichts unsere Nachtruhe an diesem wundervollen Strandplatz. Wir sassen noch lange draussen und bequatschten Dies und Das. Zum Abschluss des Tages gönnten wir uns dann noch eine warme Dusche im Womo und kuschelten uns danach unter die warme Decke. So muss so ein Abend sein. Heute früh war dann auch wieder Brot im Haus – also im Womo – und wir konnten mit Meersicht frühstücken. Das Wetter war auch heute wieder sonnig und so starteten wir gut in den neuen Tag.

Wir lenkten unser Womo zu unserem ersten Ziel in den Vilsandi Nationalpark. Aber wie schon in Finnland haben es auch die Esten nicht wirklich mit geteerten Strassen abseits der Hauptverkehrswege. So tuckerten wir die letzten 25 Minuten unserer Reise wieder über Schotterpisten durch Wälder und über weite Ebenen. Auch hier galt wieder: je schneller man fuhr, desto weniger rüttelte es uns durch. Trotzdem beschleicht uns langsam die Angst, dass irgendwann die Hängeschränke herunterfallen wenn wir noch oft über solche Schotterpisten fahren. Wir erreichten aber nach 25 Minuten Fahrt durch die Pampa tatsächlich einen Parkplatz. Das verwunderlichste daran war jedoch, dass sich hier tatsächlich eine Fahrradverleihung befand und ein Verkäufer hier extrem neue und schöne Fahrräder vermietete. Wir wollten jedoch lieber Wandern und auch ansonsten hätten wir unsere eigenen Räder dabei gehabt.

Also schnürten wir auch heute die Schuhe und zogen los. Fünf Kilometer pro Weg standen uns bevor. Das Ziel: der Kiipsaare Leuchtturm. Die Sonne schien schon wieder heftig vom Himmel und wir schwitzten ganz schön beim Überqueren der Ebenen, welche sich immer wieder mit kleinen Birkenwäldchen abwechselten. Der letzte Kilometer war dann aber nochmals richtig anstrengend. Wir konnten auswählen: entweder am Strand wandern oder in den Dünen auf dem Weg. An beiden Orten wartete jedoch lockerer Sand und dieser machte das gehen richtig anstrengend. Umso erfreuter waren wir dann, als wir am Leuchtturm ankamen. Dieser ist seit vielen Jahren verlassen und steht mittlerweile schief einige Meter im Meer draussen. Die Landzunge hier besteht komplett aus Sand und verliert pro Jahr durchschnittlich einen Meter an Länge. So stand der Leuchtturm einst am Strand und heute eben schon über 30 Meter weit draussen im Meer. Ein paar Jahre noch, dann wird er wohl komplett unterspült sein, kippen und in den Fluten verschwinden. Doch heute stand er noch und wir konnten klar die Zeichen der Erosion in der Umgebung entdecken. Wir schossen Fotos und machten uns noch auf den Weg zum hier gelegten Geocache. 




Dabei handelt es sich um einen ganz alten Cache, ein ehemaliger Reverse-Cache. Seit 2004 wurden die jedoch auf Waymarking verschoben oder, wie hier, als Mystery gelistet. Nach heutiger Guideline wäre dies nicht zulässig doch der Cache steht unter Bestandesschutz. Unsere Aufgabe war es den nördlichsten Punkt der Landzunge zu erwandern und auszumessen. Die erhaltenen Koordinaten mussten wir dann in den Log notieren und fertig war der Mystery. Keine Dose, kein Logbuch. Doch so leicht machte man uns die Aufgabe dann doch nicht. Leicht östlich vom Leuchtturm ragte die letzte schmale Zunge nämlich über 200 Meter weit ins Meer hinaus. Wieder auf Sand und durch hunderte von aufgeregten Möwen schlugen wir uns die ganze Strecke durch. Doch es lohnte sich wirklich. Die Aussicht auf das endlose Meer, ein Blick zurück auf die tollen Dünen und das Gefühl ganz am Spitz einer fünf Meter breiten Landzunge zu stehen. Der Rückweg zum Womo war dann derselbe, was wir normalerweise nicht so mögen, weil es einfach langweilig ist. Doch die Wanderung hierhin hatte sich trotzdem definitiv gelohnt. Ein wunderschöner Platz und die ersten Menschen entdeckten wir erst nach der Hälfte des Rückweges. Perfekt. 





Am Womo angekommen erinnerten wir uns aber wieder daran, dass wir wieder 25 Minuten Holperpiste vor uns hatten. Auf dem Rückweg erwischten wir aber irgendwie einen anderen Weg und reduzierten das Geholpere immerhin auf 15 Minuten. Dafür verabschiedete sich die Sonne langsam und aus den Wolken kam auch ab und an ein Tropfen oder zwei. Eigentlich wollten wir nach der Wanderung in Richtung Kurssaare fahren. Doch irgendwie schien es uns dafür zu früh und wir suchten uns einen Ort, um noch ein wenig Zeit zu verbringen. Von Freitag 13:00 Uhr bis Sonntag 22:00 Uhr kostet die Fähre von der Insel runter 50% Zuschlag und da wir die letzte normalpreisige Fähre sowieso nicht erwischen konnten, konnten wir ja auch noch ein wenig auf der Insel bleiben. Ich entdeckte ein paar Caches ganz im Süden der Insel und wir beschlossen uns dorthin zu fahren. Der Plan ging voll auf, bis uns ein Schild warnte, dass bald wieder Schluss war mit geteerter Strasse. Wieder über eine halbe Stunde Schotter. Bitte nicht. Wir fuhren einen kleinen Umweg und konnten es immerhin auf knapp über 10 Minuten Schotter reduzieren. Danach führte uns wieder eine geteerte Strasse bis nach Sääre, dem Südkapp der Insel.

Hier erwartete uns eine Serie an Geocaches, welche uns in alte Bunker der Sowjetunion führten. Auch hier war es keine Runde, sondern derselbe Weg hin und zurück. Wir entschlossen uns zuerst bis ganz zum Schluss zu wandern und dann auf dem Rückweg die Geocaches zu besuchen. Wir starteten bei einem kleinen verlassenen Dorf, indem nur noch Ziegen und Schafe die Häuser bevölkerten. Die Ziegen begrüssten uns, während die Schafe sofort das Weite suchten. Wir suchten die ersten zwei Geocaches in den interessanten Bunkern. Bei einem Bunker hatte der Owner sogar am Eingang eine Karte des Bunkers mit Kreide an die Wand gemalt und ein rotes Kreuz markierte den Ort des Schatzes. Die Bunker waren nicht so riesig wie zum Beispiel jene in Belgien. Aber doch konnte man sie begehen und jeweils ein paar Räume entdecken. Ausser nacktem Beton und einigen russischen Schriftzeichen war jedoch nichts mehr in den Räumen vorhanden. Auch die drei weiteren Bunker auf dem Rückweg waren spannend zu entdecken, kurz vor der Ankunft am Womo setzte jedoch wieder Regen ein und wir waren froh, am Womo zu sein. Doch ein Besuch am Leuchtturm des Südkapps musste dann doch noch sein und wir wanderten die paar Meter zum imposanten Turm. Unsere Beine und Füsse waren müde und so ersparten wir uns die vielen Treppenstufen nach oben, machten kehrt und setzten uns ins lauschige Womo. 





 


Zum Schluss der Serie wurde uns jedoch noch ein Bonus versprochen, welchen wir uns ausrechneten. Die erhaltenen Koordinaten zeigten jedoch beinahe vier Kilometer entfernt in ein Waldstück. Das erschien uns komisch. Doch wir fuhren mit dem Womo in die Nähe und entdeckten einen Parkplatz und einen alten Fahrweg in den Wald. Wir stellten das Womo ab und folgten dem Fahrweg, welcher sich jedoch eher von den Koordinaten entfernte. Wir wollten schon beinahe umdrehen, da wir den Glauben daran aufgaben, hier etwas zu finden. Der Optimismus war von Anfang an nicht sehr gross und ich liess sogar die Kamera im Womo zurück. Noch eine letzte Kurve und da war nichts. Hohes Gras. Wald. Und war das ein kleiner Pfad? Wir schauten uns die Sache genauer an und da führte wirklich ein feiner Pfad in den Wald, welcher jedoch erst kürzlich benutzt wurde. Ist da doch ein Cache versteckt? Erst als wir wenige Meter davor standen, entdeckten wir ein Gebäude. 15 mal 15 Meter und vierstöckig. Also gross. Sehr gross. Und mitten im Wald und somit von nirgends zu erkennen. Nachts sicherlich ein brutal grusliger Ort – was für ein stimmiges Finale für einen Nachtcache. Doch auch im Hellen brauchte es ein wenig Überwindung das Haus zu betreten. Der einzige Hinweis war, dass der Cache sich in der Wand befände. Wir suchten alles ab und natürlich befanden wir uns im vierten und obersten Stockwerk als wir die Dose entdeckten. Was für ein genialer und krasser Ort. Mitten im Wald. Wir entdeckten erst nach dem Loggen, dass in den Wänden lauter Namen eingeritzt waren, was uns sehr ungewöhnlich erschien an diesem Ort, den ja echt niemand einfach so findet. Bald entdeckten wir jedoch, dass unter den Namen Daten aus den 70ern und 80ern standen. So alt waren die Inschriften also schon. Damals schienen noch mehr Menschen diesen Ort zu kennen – heute kommen hier wohl nur noch Geocacher her. Im ganzen Haus lag auch kein Müll, was ebenfalls ein Indiz war. Nun ärgerten wir uns ganz schön, dass die Kamera im Auto war: Doch immerhin hatten wir unsere Handys dabei und konnten damit noch ein paar Fotos schiessen.






Zurück am Womo machten wir uns gleich auf den Weg nach Kurssaare, wo wir Wasser füllten und am Hafen parkten um unser Nachtessen zu geniessen. Von 23.00 Uhr bis 06:00 Uhr will man hier jedoch keine Womos sehen. Zudem regnete es mittlerweile immer mehr. So wurde die Stadtbesichtigung heute ausnahmsweise motorisiert ausgeführt und wir betrachteten die Hochzeits-Stadt Estlands durch die Womoscheiben. Kein Wunder fahren hier alle zum Heiraten hin. Lauter schöne Hotels, traumhafte Restaurants direkt am See und das schöne Schloss inmitten der Stadt. Eine perfekte Kulisse für ein Hochzeitsfest – aber keine Angst liebe Leute. Für unsere Hochzeit müsst ihr dann nicht nach Estland fahren.

Nur eine halbe Stunde weiter erwartete uns dann unser Schlafplatz. Nach kurzen Schotter-Abschnitten und teilweise sintflutartigen Regenfällen erreichten wir diesen kurz vor 20.30 Uhr – also sehr spät. Ein Womo stand auch schon da, liess jedoch noch Platz für ein Zweites. Und wieder entdeckten wir dank der App einen Platz, welcher besser nicht sein könnte. Auf einer ebenen Wiese, direkt am Meer mit Wasseranschluss und kostenlosem Stromanschluss. Für Gratis wieder ein wundervoller Platz. So macht das Spass und unser Womo kann mal seine Batterien wieder so richtig füllen. Auch hier erwarten wir wieder eine ruhige Nacht und wenn es morgen noch immer regnet haben wir es sicherlich nicht eilig von hier weg zu kommen. 


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