Mittwoch, 29. August 2018

Ein Strandtag in Lettland

Wundervoll nächtigten wir an diesem stillen Ort am Strand. Bis um 06:30 Uhr jemand mit einem Rasentrimmer, Laubbläser oder einer Kettensäge ans Werk ging. Wir wachten zwar auf, drehten uns aber wieder um und dösten weiter. Doch schon bald lockte uns das schöne Wetter an den Frühstückstisch. Nachdem wir den Start in den Tag gelegt hatten, machten wir uns zu Fuss auf den Weg an den Strand, von dem wir nur ein paar Meter entfernt geschlafen hatten. Es erwartete uns ein wirklich sehr schöner Sandstrand mit einigen Liegestühlen und einem Kiosk. Ein Ort an dem wir gut noch ein wenig hätten verweilen können. Doch auf unserem heutigen Programm stand ja schliesslich der schönste Strand von Lettland und man munkelt, dort den feinsten Sand Europas zu finden. 




Genau dorthin machten wir uns nun auf den Weg. Wir befanden uns noch immer in einem Randbezirk von Riga und das merkte man auch. Die Strassen waren wirklich schlecht und die Häuser hätten die Bezeichnung Ruinen besser verdient. Wir hielten immer weiter in Richtung Westen und durchquerten weite Wälder und Wiesenlandschaften. Die Strasse wurde zu einer Autobahn mit drei Spuren pro Fahrtrichtung. Und wieder staunten wir über Fahrradfahrer, welche gemütlich in die Pedalen traten oder Traktoren, welche teilweise sogar die mittlere Fahrspur benutzten. Die Autobahn endete dann aber an einer Art Mautstelle. Für die Gegend, welche wir nun besuchen wollten, musste ein Eintrittsgeld von zwei Euro bezahlt werden. Wir bezahlten am Automaten und begaben uns in das Gebiet. Ein erster Halt nutzten wir um zwei drei Dinge einzukaufen, welche ausgegangen waren, ehe wir durch ein kleines Dorf tuckerten, das gleich aussah wie die Randbezirke der Hauptstadt. Es folgte wieder viel Wald und Wiese. Nach einer Weile erschien ein Dorf. Wir waren gespannt wie es hier wohl aussehen mag und waren mehr als überrascht. Hier entdeckten wir, wo die Einwohner mit viel Geld sich also verstecken. Riesige Häuser, Villen, jede Einzelne davon umzäunt, gesichert und umgeben von einem wundervollen Garten. Ja beinahe schon ein Park. Vor dem Haus standen hier auch nicht die üblichen Rostlauben sondern Autos der Marken Audi, Mercedes und BMW. Eine total andere Welt, welche sich hier zeigte und sich Jurmala nannte. Kein Wunder befand sich auch in diesem Dorf dieser besonders schöne Strand.

Wir parkten unser Womo auf einem der vielen, kostenlosen, Parkplätzen. Schon alleine für das reichhaltige Angebot der Parkplätze lohnten sich die zwei Euro. Wir schnappten unsere Badetücher, zogen Badehose und Bikini an und machten uns auf den kurzen Weg an den Strand. Schon auf diesem kurzen Weg spürten wir den ausserordentlich feinen Sand unter unseren Fusssohlen. Der Sand war wirklich feiner als jeder Sand, den wir jemals an einem Strand antrafen. Das hätten wir hier in Lettland nun wirklich nicht erwartet. Trotz Lufttemperatur von 20°C und Wassertemperatur von 18°C konnte man die Besucher am Strand an zwei Händen abzählen. Dass es hier, am schönsten Strand des Landes, vor allem in den späten 90er-Jahren ganz anders aussah, entdeckten wir schon im Internet. 



Wir breiteten unser Badetuch aus und genossen die Sonne. Stundenlang lagen wir einfach so da, quatschten über Dieses und Jenes und lasen natürlich auf unseren Tolinos. Ich beendete ein spannendes Buch „Euer Traum war mein meine Hölle“. Eine Biografie einer jungen Dame welche in der Sekte „The Family“ (ehemals „The Children of God“) aufgewachsen war und nach vielen Jahren den Ausstieg aus der christlichen Sex-Sexte geschafft hatte. Ein empfehlenswertes wenn auch brutales Buch. Es war schon spät als wir dem Strand den Rücken kehrten und uns wieder in unser Womo begaben. Melanie betätigte sich auf dem Parkplatz wieder als Coiffeuse, und bearbeitete meine Haare, danach duschten wir, ehe wir uns auf die Weiterfahrt begaben.





Zum ersten Mal in Lettland leuchtete unsere rote LED am Klo, was bedeutete, dass wir eine Entsorgung aufzusuchen hätten. Dies versuchten wir, bemerkten jedoch, dass das hier in Lettland gar nicht so einfach ist. In Norwegen standen in jedem dritten Dorf Entsorgungsstellen. Diese gibt es hier in Lettland natürlich nicht. Doch auch die WC- Anlagen an jeglichen Wanderparkplätzen, welche uns in Finnland und Estland die Leerung erleichterten, waren hier nicht vorhanden. So dachten wir uns, dass wir eben bei Campingplätzen anklopfen, welche ja wohl eine Entsorgung besitzen. Doch ohne eine Übernachtung zu buchen, wollte uns kein Campingplatz unser Klo leeren lassen. Auch nicht gegen ein kleines Entgelt. Eine angefahrene Tankstelle mit aussenliegendem Klo brachte dasselbe Ergebnis. Wohin also nun? Wir beschlossen einfach unser Programm weiter zu verfolgen und wie sagt man so schön: kommt Zeit, kommt Rat.

Wir setzten unsere Fahrt also in südlicher Richtung fort und standen schon bald an einer speziellen Eisenbahnbrücke. Die als „Bridge to Nowhere“ bekanntgewordene Brücke verbindet Luft mit Luft und das war auch nie anders. 1940 plante man eine Eisenbahnstrecke durch diese Region. Die Brückenbaugesellschaft war schnell und begann sofort damit die Brücke zu erstellen, beendete diesen Bau nach einem halben Jahr und wartete nun auf die Geleise. Doch die Firma, welche die Strecke bauen sollte war nicht so schnell. Als der zweite Weltkrieg in Europa tobte, war an einen Weiterbau nicht zu denken und nach dem Weltkrieg fehlte der Sowjetunion das Geld um dieses Projekt weiter zu verfolgen. Und so steht die Brücke noch heute hier und führt einfach ins Niemandsland. Ein echt interessanter Lost-Place, welchen wir im abendlichen Sonnenschein ausgiebig betrachteten und fotografierten. 




Das nächste Ziel befand sich nicht weit entfernt. Doch wiedereinmal führe der Weg über eine staubige Schotterpiste. Zum Glück hatten wir auch heute noch keine Autowaschanlage gefunden. In dem eher armen Land scheint man sein Auto wohl nicht in solch öffentlichen Boxen zu reinigen. Unser Womo wurde jedenfalls noch staubiger, ehe wir den Dolls Garden in Sabile erreichten. Dieser Garten inmitten des Dorfes wurde über die Jahre immer wieder mit Puppen verziert, die alltäglichen Arbeiten nachgehen. Wir schauten uns amüsiert in dem Garten um, fanden viele Kinder, Menschen bei der Hausarbeit, viel alten Hausrat und sogar ein Brautpaar. Nachdem die Fotos geschossen waren spazierten wir wieder zum Womo zurück und entdeckten ein Schild, welches ein WC anpries.




Die öffentlichen Toiletten in Lettland sind generell immer kostenpflichtig und es sitzt von 08:00 Uhr bis 18:00 Uhr eine Person im Häuschen davor und kassiert die 25 Cent ein. Wie sich das in teilweise abgelegensten Gebiete rentiert erschliesst sich uns nicht, zeigt jedoch wie froh die Menschen hier über jeden Cent sind. Da es schon weit nach 18:00 Uhr war, machten wir uns gar keine Hoffnung, schauten jedoch trotzdem kurz nach. Wir entdeckten ein ToiToi, welches offen da stand. So konnten wir also doch noch unsere Toilette ordnungsgemäss entsorgen und beruhigt weiterfahren. 30 Minuten weiter sollte unser Übernachtungsplatz an einem See warten. Der Platz war hell erleuchtet und präsentierte drei Basketballplätze, einen Fussballplatz, diverse Beach-Volleyballfelder und andere Sporteinrichtungen. Klar war da natürlich Abends einiges los und die lokale Jugend trieb ihren Sport, was ja sehr löblich ist. Wir fuhren also nochmals eine halbe Stunde weiter durch mittlerweile schwarze Dunkelheit. Das Navi lotste uns durch einen engen Waldweg direkt ans Meer, wo schon ein deutsches Wohnmobil sein Lager aufgeschlagen hatte. Der Platz reichte jedoch gut noch für uns. Wir stiegen sofort aus dem Wohnmobil und genossen das traumhafte Schauspiel. Ein grosser, tiefer, roter Mond erhellte die Umgebung und spiegelte sich in dem Meer, das mit rauschenden Wellen an den Sandstrand prallte. Über uns ein wundervoller Sternenhimmel. Ein traumhafter Platz. Es war jedoch schon beinahe 22:00 Uhr und so fielen wir schon bald müde ins Bett. Mit den tosenden Wellen als Geräuschkulisse liess es sich gut einschlafen. 


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