Mittwoch, 15. August 2018

Der Weg zu Prinzessin Anastasia

Wie erwartet verbrachten wir eine ruhige Nacht auf unserem Waldparkplatz im Nationalpark. Die zwei Damen, welche sich mit ihrem Auto in der Nacht neben uns stellten waren heute früh auch schon wieder wach und lüfteten ihr Auto, hängten die Bettdecke über die Türen. Wir lagen auch heute schon wieder bis neun Uhr im Bett herum und wussten,dass wir dies die nächsten Tage ändern müssen.

Nach dem Frühstück verliessen wir den Nationalpark über die Schotterpiste, über welche wir schon hergefahren waren. Die wellige Piste konnte uns nichts anhaben, lernten wir doch, dass je schneller man über die Wellen fährt, desto weniger rüttelt es im Womo. Also auf finnischen Schotterpisten immer Vollgas. Nur wenige Minuten dauerte es ehe wir unser nächstes Ziel erreichten. Dabei handelte es sich „nur“ um den nächsten Wanderparkplatz. Denn um nicht zu früh in Helsinki zu sein, mussten wir uns noch ein wenig beschäftigen. Und was bietet sich da besseres an, als nochmals durch einen finnischen Wald zu wandern. Wohl das letzte Mal auf der Reise.

Gesagt, getan. Wir spannten die Wanderschuhe an unsere Füsse und machten uns auf den Weg. Der ausgesuchte Wanderweg war wieder einer, welcher im Winter als Langlaufloipe dient. Doch dieses mal war der Weg breit gekiest. Das ist einfach nicht so unseres. Wir wandern lieber abseits auf verschlungenen Pfaden. Und so suchte ich uns eben eine neue Route auf unserem GPS-Gerät. Diese führte dann teilweise fast ein wenig zu sehr durch den Dschungel, doch wir entdeckten lauschige Plätze an einsamen Seen. Genau so lieben wir das. Der Wald sieht oftmals aus wie Zuhause. Aber niemals schafft man es in der Schweiz so viele Stunden im Wald zu wandern ohne einem Menschen zu begegnen. Nach über einer Stunde begegneten uns aber plötzlich drei Hunde. Aus dem Nichts tauchten die drei auf und zwei stürmten laut bellend auf uns zu. Bellende Hunde beissen nicht dachten wir uns und begrüssten die Hunde freundlich. Damit hatten die wohl nicht gerechnet und sie schauten baff zu ihrem Besitzer. Dieser entschuldigte sich vielmals für den Vorfall, rechnete er wohl auch nicht mit anderen Menschen hier so fernab jeglicher Zivilisation. Melanie hatte mit anderen Tieren wesentlich mehr Probleme. Ein Deodorant oder eine Creme lockte zuhauf Getier an, welches sich auf ihr niederliess und vor allem in die Haare krabbelte. Die Tiere sahen aus wie eine Kreuzung aus einer Spinne, einer Zecke und einer Fliege. Ich zupfte die Tierchen fleissig aus Melanies Haaren, die immer genervter von den kleinen Plagegeistern war. Schlussendlich schafften wir es doch wieder auf über neun Kilometer, auf welchen wir von vier gesuchten Geocaches immerhin zwei fanden.




Zurück im Womo ging es an die Vorbereitungen für die nächsten Tage. Die Geocaches von St. Petersburg mussten offline heruntergeladen werden, da dort auch unser UPC-Abo kein gratis Internet bietet, die Fähre von Helsinki nach Tallinn wurde auf Montag gebucht und natürlich musste gepackt werden. So viel brauchen wir aber mittlerweile für drei Tage nicht mehr. Unglaublich. Früher schleppten wir für drei Tage London zwei riesige Koffer mit. Ist man einmal vier Monate unterwegs, lernt man schnell, dass es mit wesentlich weniger geht. Dass es nicht pro Tag drei Outfits braucht. Und so war auch schnell alles in eine kleine Reisetasche und unseren Rucksack gepackt. Nun mussten wir uns schon fast ein wenig beeilen und so fuhren wir schon bald los, mit dem Ziel Helsinki.

Nach einer knappen dreiviertel Stunde Fahrt erreichten wir den Camping Rastila. Hier wird unser Womo die nächsten Tage verbringen, solange wir in St. Petersburg verweilen. Der einfachste Stellplatz kostet hier 17 Euro pro 24 Stunden, was uns eigentlich sehr fair erschien. So steht das Womo 24 Stunden bewacht und umzäunt am Stadtrand von Helsinki und wir können ohne Sorge nach St. Petersburg reisen. Ich hatte bei der Buchung beim Camping schon angegeben, dass wir nach St. Petersburg fahren und man kannte das alles schon bestens dort. So wurde heute gefragt wann wir mit der Fähre ablegen und wann zurückkehren, sodass wir nur den Stellplatz und keine Personen bezahlen mussten. Am Empfang wurde uns auch mitgeteilt, mit welcher U-Bahn und mit welchem Tram wir an welches Hafenterminal fahren müssen. Vorgedruckte Infoblätter lagen auch schon bereit. Ein wirklich super Service vom überaus freundlichen Personal. Wir parkten unser heissgeliebtes Womo und machen uns gleich auf den Weg in die Stadt.

Mit der U-Bahn waren wir schnell in der Stadt Helsinki. Wir entschlossen uns, noch ein wenig einzukaufen, da das Essen auf dem Schiff teuer zu sein schien. Wir kauften also Sandwiches und machten uns zu Fuss auf die letzten Meter zum Fähranleger West. Wir sahen unser Schiff, die Princess Anastasia, schon von weitem und waren gespannt. Die Bewertungen des Schiffes reichen von „Super“ bis „Katastrophe“. Man muss dazu aber sagen: es ist eine Fähre. Viele Leute erwarten scheinbar ein luxuriöses Kreuzfahrtschiff und vergessen dies. Dass das Schiff unter russischer Flagge steht und von Italienern geführt wird, liess uns jedoch schon ein wenig Chaos erwarten. Der Check-In lief jedoch sehr zügig und wirklich überaus freundlich ab. Die Dame erklärte uns wirklich alles und wir fühlten uns bereit, zum ersten Mal in unserem Leben so ein grosses Schiff, 1700 Personen finden hier Platz, zu betreten. Am Eingang stand schon die halbe Besatzung Spalier, begrüsste uns und half uns, unsere Koje zu finden. Einen Aufzug und einen endlosen Korridor später erreichten wir diese auch. Ein paar wenige Quadratmeter, ein Kajütenbett, ein kleines Bad. Mehr war da nicht. Aber alles war sauber und in bester Ordnung. Dem Schiff war das Alter anzusehen, aber für uns reichte dies wirklich gut aus.

Nachdem wir kurz das Zimmer einrichteten, machten wir einen Rundgang über das Schiff. Wir entdeckten den Duty-Free-Shop und die vielen Restaurants, ehe wir aufs Oberdeck traten. Das ganze Schiff machte einen sehr gepflegten und ordentlichen Eindruck. Keine Ahnung was die Leute hier zu motzen haben. Auf dem Oberdeck gönnte ich mir ein Bier und schrieb diesen Eintrag. Wir lauschen hier noch ein wenig der Musik ehe wir den Abend wohl mit lesen verbringen werden ehe wir uns bei Zeiten schlafen legen. Morgen geht es früh los. Ich kann es noch gar nicht glauben, dass wir morgen wirklich in Russland aufwachen.




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