Ruhig
liegt das Biathlon-Stadion von Kontiolathi im Sommer hier. So konnten
wir eine ruhige Nacht verbringen und dank dem gratis Strom wachte
auch unser Womo mit vollen Akkus auf. Die Steckdosen, welche man im
Norden von Norwegen, Schweden und Finnland findet, dienen im Winter
dazu, die Standheizungen der Fahrzeuge mit Strom zu versorgen. Und im
Winter hat es hier sicherlich auch viel mehr Autos. Spannend war es
so ein Stadion und auch so eine Rennstrecke einmal im Sommer zu
sehen. Wer weiss – vielleicht können wir uns ja einmal ein
Biathlon in diesem Stadion von Zuhause aus verfolgen. Die Sonne
schien schon zünftig vom Himmel, als wir unsere Kabel im Womo
verstauten und uns auf den Weg machten.
Auch
unser heutiges Ziel lag schon wieder über drei Stunden entfernt im
Süden. Jedes Mal, wenn wir momentan das Navi bedienen, ändert der
Breitengrad. Waren wir in Spitzbergen noch bei 78°, am Nordkapp noch
bei 73°, so sind wir nun nur noch bei 61°. So schnell geht es. Sind
wir erst einmal bei 47° angelangt, dann sind wir wieder Zuhause.
Doch daran wollten wir nicht denken und fuhren weiter südwärts. In
der Hälfte der Fahrstrecke, entdeckte ich ein braunes Schild am
Strassenrand, welchem ich eigenmächtig folgte. Der Vorteil solcher
Schilder in Finnland ist, dass die Entfernung des Abstechers an den
angezeigten Ort immer ersichtlich ist. Hier waren es 600 Meter und
für eine kleine Pause schien das genau richtig. Es erwartete uns ein
sehr gut erhaltener finnischer Hof mit einer alten orthodoxen Kirche.
Die Kirche war wirklich wunderschön und durch die Sonne duftete das
dunkle Holz heimelig nach Harz. Das Innere war leider verschlossen
und so blieb uns nur die Aussenansicht. Ein Blick auf die Locus-Karte
zeigte uns, dass nur ein kurzer Multicache an diesem Ort versteckt
war. Dieser entführte uns zuerst zu einer Freiluftbühne, bei der
das Bühnenbild schon auf die nächste Vorstellung wartete. Weiter
ging es dann in den Wald. Die Schilder am Waldlehrpfad waren leider
nur auf finnisch, die Antworten zum Finden des Caches konnten wir
jedoch trotzdem sammeln und die Dose auch punktgenau am Ende der
Runde finden. Ein interessanter und vergessener Pfad durch den Wald,
den wir hier fanden. Viel mehr Leute als die wenigen Geocacher
scheinen ihn jedoch nicht mehr zu begehen.
Bevor
wir weiterzogen, wurde auf dem Parkplatz noch am Listing zu unserem
GIFF-Event im November gefeilt. Es war schliesslich 10 Uhr und somit
hatten auch die Server in der USA den Datumssprung auf den 10. August
geschafft, womit es nur noch drei Monate bis zum Event wären und das
Listing veröffentlicht werden kann. Das Listing war also eingereicht
und wurde noch ein letztes Mal gelesen. Früher nutzten wir noch
Doodle für die Anmeldung, was man nun aber nicht mehr darf, da
Doodle Werbung schaltet, die Groundspeak nicht in den Kram passt.
Also wurde eine Ersatzlösung aus der Schweiz (wo Doodle übrigens
auch herkommt) gefunden. Erst jetzt bei der letzten Kontrolle
entdeckten wir den fatalen Zusatz: Dieser Service wird auf Ende
August 2018 eingestellt. Na super. Also musste alles wieder schnell
geändert werden und so war beinahe wieder eine Stunde um, bis das
Listing erneut eingereicht wurde.
Weiter
ging die Reise nun also Richtung Süden. Doch auch die zweite Hälfte
der Fahrt, unterteilte ich in zwei Hälften, indem ich einem braunen
Schild folgte. Was einem dabei erwartet, weiss man nie. Hier in
Finnland ist das Meiste nur finnisch angezeigt und wenn eine andere
Sprache auf den Schildern Platz hatte, dann hat man sich für
Russisch entschieden. Die Grenze lag ja auch nur etwa 30 Kilometer
von der E6 entfernt, auf der wir uns gerade befanden. Wer sich
übrigens wundert, warum wir hier noch weniger Ortsangaben in den
Blog stellen als schon in Norwegen, dem sei der Name des
Aussichtsturmes verraten, den wir nun am Ende des kurzen Abstechers
entdeckten. Der Pien-Rautjärven Luontokohteet Pohjanranta war nicht
hoch. Doch trotzdem konnten wir von seiner kleinen Plattform aus
wunderschön in die Ferne blicken. Hier fand 2015 der Finnische
Vogelbeobachtungs-Event statt, bei dem an einem Tag über 100
verschiedene Vogelarten beobachtet werden konnten. Doch für so eine
Aktion war es uns heute zu heiss. Wir schossen Fotos und verzogen uns
schnell wieder im klimatisierten Womo.
Nun
konnte ich die Strecke nicht immer halbieren und einen Halt machen.
So wären wir ja nie am Ziel. So ignorierte ich das eine oder andere
braune Schild, bis wir auf den Parkplatz unseres Zieles rollten. Der
Veijo Rönkönnen Skulpturgarten, wurde vom gleichnamigen Künstler
zwischen 1964 und seinem Tod im 2010 erschaffen. Hunderte Skulpturen
sammelten sich über die Jahre in dem kleinen Wald mit Atelier an der
E6 an. Sehr zur Freude von Melanie starteten wir an einem Feld voller
nackter Männer. Die Skulpturen befanden sich dabei in allen nur
erdenklichen Posen. Unsere Yoga-Lehrerin Carmen hätte ihre wahre
Freude an dem herabschauenden Hund, dem starren Krieger oder dem
verwurzelten Baum gehabt. Der Rundgang führte uns weiter zu
Skulpturen, die im Gegensatz zu den Yoga-Männern ein Gesicht hatten.
Während die Menschen in Beton nur relativ grob und ohne Einzelheiten
dargestellt waren, befanden sich in ihren Mündern etwas was wirklich
wie echte Zähne aussah. In den Augenhöhlen warteten täuschend
echte Glasaugen. Zusammen mit den Fratzen, welche einige Damen und
Herren schnitten, gab es eine relativ gruselige Kombination. Doch
weiter ging es mit Kindern. Schon viel friedlicher. Turnende Kinder
bei Übungen wie im Turnverein – nur komplett nackt. Wir verliessen
das FKK-Areal und wanderten nun den angezogenen Nonnen und Priestern
entlang (obwohl der Priester einem nackten Knaben hinterherrannte)
bis zu wunderbaren Skulpturen, welche auch als Blumentopf hinhielten.
Am meisten Zeit verbrachten wir jedoch bei vier üppig behängten
Johannisbeersträuchern. Wir zupften einige Beeren ab, bis unsere
Zungen belegt und unsere Mägen voll waren. Noch einen Blick auf die
nackten Männer und wir zogen davon.
Ich
entdeckte in der neuen Stellplatz-App einen Platz in der Natur ganz
nahe von dem Skulpturgarten. Dieser lag am Fluss und sollte auch mit
tollen Wanderungen flussabwärts aufwarten, sowie mit einem
Badeplatz. Wir parkten zehn Minuten später unser Womo am Parkplatz,
packten den Rucksack, zogen uns leichte Kleider an und wanderten los.
Im Wald und am stehenden Fluss entlang waren die Temperaturen
einigermassen auszuhalten. So spazierten wir flott flussabwärts und
waren überrascht, als wir nach 15 Minuten schon am Wendepunkt den
Fluss überquerten. Wir besuchten kurz den Badeplatz, welcher aber
voller Wasserpflanzen war und deshalb auch von uns gemieden wurde. So
waren wir schon bald wieder am Womo. Doch es war noch zu früh und
vor allem zu heiss um sich jetzt hinzupflanzen. Also wurde schnell
der nächste Stellplatz am Wasser gesucht.
Mit
dem neuen App kein Problem und wir fanden 38 Kilometer entfernt einen
Platz direkt am See. Einsam und mit Badeplatz. Das einzige Problem
war diesen zu erreichen. Er lag zwar an einer Teerstrasse, welche
aber einen riesigen Bogen von unserem Standort zum Stellplatz zog.
Als zweite Option gab es eine Schotterpiste, welche relativ direkt
führte. Wir entschieden uns für die Schotterpiste und wurden mit
einer wunderschönen Fahrt belohnt. Viele viele Kilometer stoben wir
über Schotter durch den einsamen Wald. Über 30 Minuten lang nur
wir, die Piste und der Wald. Traumhaft. Doch auf den letzten drei
Kilometern mussten wir für die Abkürzung bezahlen. Der Regen spülte
kleine Wellen in den Schotter und mehr als Schritttempo lag nicht
mehr drin. Auch so wurde der Hausrat schon ordentlich
durchgeschüttelt. Belohnt wurden wir dann aber mit einem wunderbaren
Stellplatz direkt am See. Ganz so einsam war es dann doch nicht,
zumal schon ein schwedisches Paar ihr Womo hier installiert hatte.
Wie gesagt waren es Schweden und keine Norweger, was bedeutet, dass
wir sehr schnell ins Gespräch kamen und eine ganze Weile quatschten,
ehe wir endlich ins erfrischende Wasser sprangen. Trotz einer
Wassertemperatur von 24°C wirkte dieses erfrischend. Wir waren wohl
endgültig in der Hitzeglocke angekommen, welche sich seit Monaten
über Mitteleuropa legt. Wir legten uns noch ein wenig an die Sonne
und beschlossen, den Tag morgen hier am See zu verbringen, wenn das
Wetter so bleibt wie es heute war. Bis zu unserer Fähre nach St.
Petersburg haben wir noch fünf Tage Zeit und es trennen uns nur noch
etwa 4 Stunden von der finnischen Hauptstadt. Also liegt ein
Faulenzer-Tag gut drin.
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