Freitag, 10. August 2018

Im heissen Süden Finnlands angekommen

Ruhig liegt das Biathlon-Stadion von Kontiolathi im Sommer hier. So konnten wir eine ruhige Nacht verbringen und dank dem gratis Strom wachte auch unser Womo mit vollen Akkus auf. Die Steckdosen, welche man im Norden von Norwegen, Schweden und Finnland findet, dienen im Winter dazu, die Standheizungen der Fahrzeuge mit Strom zu versorgen. Und im Winter hat es hier sicherlich auch viel mehr Autos. Spannend war es so ein Stadion und auch so eine Rennstrecke einmal im Sommer zu sehen. Wer weiss – vielleicht können wir uns ja einmal ein Biathlon in diesem Stadion von Zuhause aus verfolgen. Die Sonne schien schon zünftig vom Himmel, als wir unsere Kabel im Womo verstauten und uns auf den Weg machten.

Auch unser heutiges Ziel lag schon wieder über drei Stunden entfernt im Süden. Jedes Mal, wenn wir momentan das Navi bedienen, ändert der Breitengrad. Waren wir in Spitzbergen noch bei 78°, am Nordkapp noch bei 73°, so sind wir nun nur noch bei 61°. So schnell geht es. Sind wir erst einmal bei 47° angelangt, dann sind wir wieder Zuhause. Doch daran wollten wir nicht denken und fuhren weiter südwärts. In der Hälfte der Fahrstrecke, entdeckte ich ein braunes Schild am Strassenrand, welchem ich eigenmächtig folgte. Der Vorteil solcher Schilder in Finnland ist, dass die Entfernung des Abstechers an den angezeigten Ort immer ersichtlich ist. Hier waren es 600 Meter und für eine kleine Pause schien das genau richtig. Es erwartete uns ein sehr gut erhaltener finnischer Hof mit einer alten orthodoxen Kirche. Die Kirche war wirklich wunderschön und durch die Sonne duftete das dunkle Holz heimelig nach Harz. Das Innere war leider verschlossen und so blieb uns nur die Aussenansicht. Ein Blick auf die Locus-Karte zeigte uns, dass nur ein kurzer Multicache an diesem Ort versteckt war. Dieser entführte uns zuerst zu einer Freiluftbühne, bei der das Bühnenbild schon auf die nächste Vorstellung wartete. Weiter ging es dann in den Wald. Die Schilder am Waldlehrpfad waren leider nur auf finnisch, die Antworten zum Finden des Caches konnten wir jedoch trotzdem sammeln und die Dose auch punktgenau am Ende der Runde finden. Ein interessanter und vergessener Pfad durch den Wald, den wir hier fanden. Viel mehr Leute als die wenigen Geocacher scheinen ihn jedoch nicht mehr zu begehen. 





Bevor wir weiterzogen, wurde auf dem Parkplatz noch am Listing zu unserem GIFF-Event im November gefeilt. Es war schliesslich 10 Uhr und somit hatten auch die Server in der USA den Datumssprung auf den 10. August geschafft, womit es nur noch drei Monate bis zum Event wären und das Listing veröffentlicht werden kann. Das Listing war also eingereicht und wurde noch ein letztes Mal gelesen. Früher nutzten wir noch Doodle für die Anmeldung, was man nun aber nicht mehr darf, da Doodle Werbung schaltet, die Groundspeak nicht in den Kram passt. Also wurde eine Ersatzlösung aus der Schweiz (wo Doodle übrigens auch herkommt) gefunden. Erst jetzt bei der letzten Kontrolle entdeckten wir den fatalen Zusatz: Dieser Service wird auf Ende August 2018 eingestellt. Na super. Also musste alles wieder schnell geändert werden und so war beinahe wieder eine Stunde um, bis das Listing erneut eingereicht wurde. 

Weiter ging die Reise nun also Richtung Süden. Doch auch die zweite Hälfte der Fahrt, unterteilte ich in zwei Hälften, indem ich einem braunen Schild folgte. Was einem dabei erwartet, weiss man nie. Hier in Finnland ist das Meiste nur finnisch angezeigt und wenn eine andere Sprache auf den Schildern Platz hatte, dann hat man sich für Russisch entschieden. Die Grenze lag ja auch nur etwa 30 Kilometer von der E6 entfernt, auf der wir uns gerade befanden. Wer sich übrigens wundert, warum wir hier noch weniger Ortsangaben in den Blog stellen als schon in Norwegen, dem sei der Name des Aussichtsturmes verraten, den wir nun am Ende des kurzen Abstechers entdeckten. Der Pien-Rautjärven Luontokohteet Pohjanranta war nicht hoch. Doch trotzdem konnten wir von seiner kleinen Plattform aus wunderschön in die Ferne blicken. Hier fand 2015 der Finnische Vogelbeobachtungs-Event statt, bei dem an einem Tag über 100 verschiedene Vogelarten beobachtet werden konnten. Doch für so eine Aktion war es uns heute zu heiss. Wir schossen Fotos und verzogen uns schnell wieder im klimatisierten Womo. 




Nun konnte ich die Strecke nicht immer halbieren und einen Halt machen. So wären wir ja nie am Ziel. So ignorierte ich das eine oder andere braune Schild, bis wir auf den Parkplatz unseres Zieles rollten. Der Veijo Rönkönnen Skulpturgarten, wurde vom gleichnamigen Künstler zwischen 1964 und seinem Tod im 2010 erschaffen. Hunderte Skulpturen sammelten sich über die Jahre in dem kleinen Wald mit Atelier an der E6 an. Sehr zur Freude von Melanie starteten wir an einem Feld voller nackter Männer. Die Skulpturen befanden sich dabei in allen nur erdenklichen Posen. Unsere Yoga-Lehrerin Carmen hätte ihre wahre Freude an dem herabschauenden Hund, dem starren Krieger oder dem verwurzelten Baum gehabt. Der Rundgang führte uns weiter zu Skulpturen, die im Gegensatz zu den Yoga-Männern ein Gesicht hatten. Während die Menschen in Beton nur relativ grob und ohne Einzelheiten dargestellt waren, befanden sich in ihren Mündern etwas was wirklich wie echte Zähne aussah. In den Augenhöhlen warteten täuschend echte Glasaugen. Zusammen mit den Fratzen, welche einige Damen und Herren schnitten, gab es eine relativ gruselige Kombination. Doch weiter ging es mit Kindern. Schon viel friedlicher. Turnende Kinder bei Übungen wie im Turnverein – nur komplett nackt. Wir verliessen das FKK-Areal und wanderten nun den angezogenen Nonnen und Priestern entlang (obwohl der Priester einem nackten Knaben hinterherrannte) bis zu wunderbaren Skulpturen, welche auch als Blumentopf hinhielten. Am meisten Zeit verbrachten wir jedoch bei vier üppig behängten Johannisbeersträuchern. Wir zupften einige Beeren ab, bis unsere Zungen belegt und unsere Mägen voll waren. Noch einen Blick auf die nackten Männer und wir zogen davon. 








Ich entdeckte in der neuen Stellplatz-App einen Platz in der Natur ganz nahe von dem Skulpturgarten. Dieser lag am Fluss und sollte auch mit tollen Wanderungen flussabwärts aufwarten, sowie mit einem Badeplatz. Wir parkten zehn Minuten später unser Womo am Parkplatz, packten den Rucksack, zogen uns leichte Kleider an und wanderten los. Im Wald und am stehenden Fluss entlang waren die Temperaturen einigermassen auszuhalten. So spazierten wir flott flussabwärts und waren überrascht, als wir nach 15 Minuten schon am Wendepunkt den Fluss überquerten. Wir besuchten kurz den Badeplatz, welcher aber voller Wasserpflanzen war und deshalb auch von uns gemieden wurde. So waren wir schon bald wieder am Womo. Doch es war noch zu früh und vor allem zu heiss um sich jetzt hinzupflanzen. Also wurde schnell der nächste Stellplatz am Wasser gesucht.

Mit dem neuen App kein Problem und wir fanden 38 Kilometer entfernt einen Platz direkt am See. Einsam und mit Badeplatz. Das einzige Problem war diesen zu erreichen. Er lag zwar an einer Teerstrasse, welche aber einen riesigen Bogen von unserem Standort zum Stellplatz zog. Als zweite Option gab es eine Schotterpiste, welche relativ direkt führte. Wir entschieden uns für die Schotterpiste und wurden mit einer wunderschönen Fahrt belohnt. Viele viele Kilometer stoben wir über Schotter durch den einsamen Wald. Über 30 Minuten lang nur wir, die Piste und der Wald. Traumhaft. Doch auf den letzten drei Kilometern mussten wir für die Abkürzung bezahlen. Der Regen spülte kleine Wellen in den Schotter und mehr als Schritttempo lag nicht mehr drin. Auch so wurde der Hausrat schon ordentlich durchgeschüttelt. Belohnt wurden wir dann aber mit einem wunderbaren Stellplatz direkt am See. Ganz so einsam war es dann doch nicht, zumal schon ein schwedisches Paar ihr Womo hier installiert hatte. Wie gesagt waren es Schweden und keine Norweger, was bedeutet, dass wir sehr schnell ins Gespräch kamen und eine ganze Weile quatschten, ehe wir endlich ins erfrischende Wasser sprangen. Trotz einer Wassertemperatur von 24°C wirkte dieses erfrischend. Wir waren wohl endgültig in der Hitzeglocke angekommen, welche sich seit Monaten über Mitteleuropa legt. Wir legten uns noch ein wenig an die Sonne und beschlossen, den Tag morgen hier am See zu verbringen, wenn das Wetter so bleibt wie es heute war. Bis zu unserer Fähre nach St. Petersburg haben wir noch fünf Tage Zeit und es trennen uns nur noch etwa 4 Stunden von der finnischen Hauptstadt. Also liegt ein Faulenzer-Tag gut drin. 






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