Mittwoch, 22. August 2018

Lahemaa Nationalpark und die Wasserfälle von Estland

Erwartungsgemäss störte uns die ganze Nacht niemand auf unserem Platz im Nationalpark. Nur der Wecker spielte frühmorgens wieder Spielverderber und klingelte uns aus dem Schlaf. Unser Womo (und somit auch wir) stand ja schon auf dem Startpunkt der Wanderung, welche wir uns heute zum warmlaufen ausgesucht hatten.

So starteten wir auf die 4,6 Kilometer lange Runde, welche uns vom Parkplatz aus in nördlicher Richtung in den Nationalpark Lahemaa führte. Eine Ebene, mit hochstämmigen Föhren bewachsen, begleitete uns die ersten Meter. Danach ging es einen kleinen Hang hinab und der Wald wechselte mit einem Schlag. Dicht und grün war er nun, liess beinahe keinen Weg zu. Über grosse Strecken wanderten wir wieder über die altbekannten Stege und dies obwohl hier kein Moor oder Sumpf auszumachen war. Hier im Nationalpark leben auch einige Bären und so mussten wir immer wachsam sein, was sich denn nun hier hinter der nächsten Kurve verbirgt. Wer weiss wo sich Meister Petz versteckt. Nach etwas über 40 Minuten erklommen wir an anderer Stelle wieder den Hang. Genauso schnell wie auf dem Hinweg änderte sich nun die Natur wieder zum Föhrenwald. Sehr spannend. Etwas mehr als eine Stunde dauerte die kleine aber durchaus schöne Runde und wir waren jetzt eingelaufen für die grosse Runde. 




Wir bewegten das Womo dazu ein paar Kilometer weiter und parkten es am Rande des wunderschönen Dorfes Käsmu. Viele wunderschöne Häuser versüssten uns hier den Weg durch die elend lange Dreissigerzone mit seinen hohen Verlangsamungshügeln. Am Parkplatz angekommen, strichen wir uns ein paar Brote, packten den Rucksack und starteten auf den Käsmu Matkerada Trail. 15 Kilometer misst dieser und führt vor allem an der speziellen Küste entlang. Wir wussten schon von Beginn an, dass wir die Runde wohl ein klein wenig abkürzen werden und waren froh, auf unserem Navi dazu ausreichend eingezeichnete Wege zu entdecken. Wir wollten aber zuerst einmal schauen wie wir voran kamen. Schon bald bemerkten wir, dass die Wege hier sehr gut waren und ein gutes Tempo ermöglichten. Doch immer wieder mussten wir uns die tolle Küste ansehen. Traumhafte Sandstrände, endloses Meer und überall dazwischen lagen kleine Findlinge, welche der Gletscher hier vor vielen Jahren liegen liess (und nie mehr aufräumte). Als wir an einer grossen Föhre dann eine überdimensionale Schaukel entdeckten, war ein längerer Zwischenhalt vorprogrammiert. „Giiiireizli“ rief Melanie erquickt und setzte sich gleich auf das Holzbrett. Auf der grossen Schaukel musste man aber angeschoben werden und so hatten beide ihren Spass. Wir tauschten die Rollen aber doch noch und so verging einige Zeit ehe wir den Weg entlang der Küste fortsetzten. Schon bald erreichten wir den nördlichsten Zipfel der Landzunge und damit auch einen kleinen LostPlace. Wir konnten leider nicht in Erfahrung bringen, wozu die Gebäude hier einst dienten. Doch viel ist nicht mehr von ihnen übrig geblieben.






Von hier an war der Weg plötzlich viel schlechter ausgetreten und markiert. Es war auch kein Mensch mehr unterwegs. Es schien als ob die Meisten noch mehr abkürzen und nach Erreichen der Landspitze kehrt machen. Der schnellste Weg zurück wäre es. Doch wir verfolgten den Weg weiter an der anderen Küstenseite entlang. Von einem Strandabschnitt zum Nächsten wandelte sich der Strand plötzlich um 180 Grad. Aus Sandstrand wurde grober Steinstrand. Doch auch dies hatte seinen Reiz und wir genossen die tolle Aussicht. Es war schon nach 12 Uhr als wir uns an den Strand setzten und unsere Brote zu uns nahmen. Der Wind blies einigermassen frisch und so war dieser Halt dann sogar noch kürzer als der zum Schaukeln. Von hier an nahmen wir nun den direkten Weg zum Womo, welcher uns durch den schönen Wald und vorbei an vielen Findlingen führte. Am Parkplatz angekommen war dieser total überfüllt und ich war froh, dass ich unser Womo da noch raus brachte und wieder durch das schöne Dorf steuern konnte. 




Das nächste Ziel lag nur ein klein wenig ausserhalb des Nationalparks. Durch zufälliges Nachsehen bemerkten wir nämlich, dass dort am Rande eines Dorfes ein Cache noch auf seinen Erstfinder (den FTF) wartet. Davon wollten wir den Cache erlösen und parkten unser Womo kurz später 60 Meter neben dem Nullpunkt. Schnell waren die 60 Meter zurückgelegt und auch zügig war die Dose gefunden. Und siehe da: obwohl gestern schon veröffentlicht, reichte es heute noch zum FTF und somit haben wir unseren zehnten FTF-Länderpunkt ergattert. Das finden die Nicht-Cacher (Muggels) nun nicht so spektakulär – wir beide jedoch schon. Wir statteten dem Einkaufsladen im Dorf noch einen Besuch ab und deckten uns mit Essen und Bier ein. Es war schon weit nach 10 Uhr und noch weit vor 22 Uhr und so schaffte es das Bier heute auch auf die andere Seite der Kasse. Der Laden erinnerte uns irgendwie an die Schweiz – alles war noch gross mit „Konsum“ beschriftet. Die Türe trug jedoch schon das uns bestens bekannte „Coop“-Logo.

Weiter zog es uns zum grössten Wasserfall Estlands. Der Jägala-Wasserfall führte wegen der Trockenperiode extrem wenig Wasser uns schien deshalb erst nicht so spektakulär wie auf den vielen Fotos. Doch dafür bot sich ein anderes tolles Erlebnis. Man konnte trockenes Fusses der Fallkante entlang wandern und den grössten Wasserfall des Landes aus ungewohnter Perspektive betrachten und fotografieren. Dies machte viel Spass und wir standen die ganze Zeit alleine an dem tollen Wasserfall. Als wir auf dem Rückweg waren erreichte gerade ein Reisebus den Wasserfall und wir waren froh weiterreisen zu können. 




Die weitere Reise führte wieder an Tallinn vorbei. Zum Glück vorbei und nicht hindurch. Wir wunderten uns aber auch heute noch über Kreuzungen und kreuzende Fahrradwege auf der Autobahn und freuten uns wie gut dies hier auch bei Tempo 110 klappt. Das nächste Ziel war wieder ein Wasserfall. Fast schon wie in Norwegen hier. Wasserfall um Wasserfall. Und tatsächlich erinnerte der Keila Wasserfall sehr an den Jägala. Auch hier war der Wasserstand sehr tief und nicht so viel Wasser fand den Weg über die Kante. Der kleine Park und die schönen Brücken waren aber auch einen Ausflug wert und wir genossen die Umgebung ehe wir weiterfuhren. 




Unser heutiges Ziel lag nur acht Fahrminuten entfernt und so standen wir schon bald mit unserem Womo unter Kiefern an einem Sandstrand. Der Grill wurde angeworfen und wir grillten uns das sehr leckere Fleisch und die Maiskolben. Nachdem wir in Finnland nicht so wirklich tolles Fleisch fanden, war das Fleisch hier in Estland wieder ein wahrer Traum. Und vom Grill sowieso. Nun werden wir hier noch einen gemütlichen Abend verbringen und die warmen Temperaturen geniessen. 

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