Erwartungsgemäss störte uns die
ganze Nacht niemand auf unserem Platz im Nationalpark. Nur der Wecker
spielte frühmorgens wieder Spielverderber und klingelte uns aus dem
Schlaf. Unser Womo (und somit auch wir) stand ja schon auf dem
Startpunkt der Wanderung, welche wir uns heute zum warmlaufen
ausgesucht hatten.
So starteten wir auf die 4,6
Kilometer lange Runde, welche uns vom Parkplatz aus in nördlicher
Richtung in den Nationalpark Lahemaa führte. Eine Ebene, mit
hochstämmigen Föhren bewachsen, begleitete uns die ersten Meter.
Danach ging es einen kleinen Hang hinab und der Wald wechselte mit
einem Schlag. Dicht und grün war er nun, liess beinahe keinen Weg
zu. Über grosse Strecken wanderten wir wieder über die altbekannten
Stege und dies obwohl hier kein Moor oder Sumpf auszumachen war. Hier
im Nationalpark leben auch einige Bären und so mussten wir immer
wachsam sein, was sich denn nun hier hinter der nächsten Kurve
verbirgt. Wer weiss wo sich Meister Petz versteckt. Nach etwas über
40 Minuten erklommen wir an anderer Stelle wieder den Hang. Genauso
schnell wie auf dem Hinweg änderte sich nun die Natur wieder zum
Föhrenwald. Sehr spannend. Etwas mehr als eine Stunde dauerte die
kleine aber durchaus schöne Runde und wir waren jetzt eingelaufen
für die grosse Runde.
Wir bewegten das Womo dazu ein
paar Kilometer weiter und parkten es am Rande des wunderschönen
Dorfes Käsmu. Viele wunderschöne Häuser versüssten uns hier den
Weg durch die elend lange Dreissigerzone mit seinen hohen
Verlangsamungshügeln. Am Parkplatz angekommen, strichen wir uns ein
paar Brote, packten den Rucksack und starteten auf den Käsmu
Matkerada Trail. 15 Kilometer misst dieser und führt vor allem an
der speziellen Küste entlang. Wir wussten schon von Beginn an, dass
wir die Runde wohl ein klein wenig abkürzen werden und waren froh,
auf unserem Navi dazu ausreichend eingezeichnete Wege zu entdecken.
Wir wollten aber zuerst einmal schauen wie wir voran kamen. Schon
bald bemerkten wir, dass die Wege hier sehr gut waren und ein gutes
Tempo ermöglichten. Doch immer wieder mussten wir uns die tolle
Küste ansehen. Traumhafte Sandstrände, endloses Meer und überall
dazwischen lagen kleine Findlinge, welche der Gletscher hier vor
vielen Jahren liegen liess (und nie mehr aufräumte). Als wir an
einer grossen Föhre dann eine überdimensionale Schaukel entdeckten,
war ein längerer Zwischenhalt vorprogrammiert. „Giiiireizli“
rief Melanie erquickt und setzte sich gleich auf das Holzbrett. Auf
der grossen Schaukel musste man aber angeschoben werden und so hatten
beide ihren Spass. Wir tauschten die Rollen aber doch noch und so
verging einige Zeit ehe wir den Weg entlang der Küste fortsetzten.
Schon bald erreichten wir den nördlichsten Zipfel der Landzunge und
damit auch einen kleinen LostPlace. Wir konnten leider nicht in
Erfahrung bringen, wozu die Gebäude hier einst dienten. Doch viel
ist nicht mehr von ihnen übrig geblieben.
Von hier an war der Weg plötzlich
viel schlechter ausgetreten und markiert. Es war auch kein Mensch
mehr unterwegs. Es schien als ob die Meisten noch mehr abkürzen und
nach Erreichen der Landspitze kehrt machen. Der schnellste Weg zurück
wäre es. Doch wir verfolgten den Weg weiter an der anderen
Küstenseite entlang. Von einem Strandabschnitt zum Nächsten
wandelte sich der Strand plötzlich um 180 Grad. Aus Sandstrand wurde
grober Steinstrand. Doch auch dies hatte seinen Reiz und wir genossen
die tolle Aussicht. Es war schon nach 12 Uhr als wir uns an den
Strand setzten und unsere Brote zu uns nahmen. Der Wind blies
einigermassen frisch und so war dieser Halt dann sogar noch kürzer
als der zum Schaukeln. Von hier an nahmen wir nun den direkten Weg
zum Womo, welcher uns durch den schönen Wald und vorbei an vielen
Findlingen führte. Am Parkplatz angekommen war dieser total
überfüllt und ich war froh, dass ich unser Womo da noch raus
brachte und wieder durch das schöne Dorf steuern konnte.
Das nächste Ziel lag nur ein
klein wenig ausserhalb des Nationalparks. Durch zufälliges Nachsehen
bemerkten wir nämlich, dass dort am Rande eines Dorfes ein Cache
noch auf seinen Erstfinder (den FTF) wartet. Davon wollten wir den
Cache erlösen und parkten unser Womo kurz später 60 Meter neben dem
Nullpunkt. Schnell waren die 60 Meter zurückgelegt und auch zügig
war die Dose gefunden. Und siehe da: obwohl gestern schon
veröffentlicht, reichte es heute noch zum FTF und somit haben wir
unseren zehnten FTF-Länderpunkt ergattert. Das finden die
Nicht-Cacher (Muggels) nun nicht so spektakulär – wir beide jedoch
schon. Wir statteten dem Einkaufsladen im Dorf noch einen Besuch ab
und deckten uns mit Essen und Bier ein. Es war schon weit nach 10 Uhr
und noch weit vor 22 Uhr und so schaffte es das Bier heute auch auf
die andere Seite der Kasse. Der Laden erinnerte uns irgendwie an die
Schweiz – alles war noch gross mit „Konsum“ beschriftet. Die
Türe trug jedoch schon das uns bestens bekannte „Coop“-Logo.
Weiter zog es uns zum grössten
Wasserfall Estlands. Der Jägala-Wasserfall führte wegen der
Trockenperiode extrem wenig Wasser uns schien deshalb erst nicht so
spektakulär wie auf den vielen Fotos. Doch dafür bot sich ein
anderes tolles Erlebnis. Man konnte trockenes Fusses der Fallkante
entlang wandern und den grössten Wasserfall des Landes aus
ungewohnter Perspektive betrachten und fotografieren. Dies machte
viel Spass und wir standen die ganze Zeit alleine an dem tollen
Wasserfall. Als wir auf dem Rückweg waren erreichte gerade ein
Reisebus den Wasserfall und wir waren froh weiterreisen zu können.
Die weitere Reise führte wieder
an Tallinn vorbei. Zum Glück vorbei und nicht hindurch. Wir
wunderten uns aber auch heute noch über Kreuzungen und kreuzende
Fahrradwege auf der Autobahn und freuten uns wie gut dies hier auch
bei Tempo 110 klappt. Das nächste Ziel war wieder ein Wasserfall.
Fast schon wie in Norwegen hier. Wasserfall um Wasserfall. Und
tatsächlich erinnerte der Keila Wasserfall sehr an den Jägala. Auch
hier war der Wasserstand sehr tief und nicht so viel Wasser fand den
Weg über die Kante. Der kleine Park und die schönen Brücken waren
aber auch einen Ausflug wert und wir genossen die Umgebung ehe wir
weiterfuhren.
Unser heutiges Ziel lag nur acht
Fahrminuten entfernt und so standen wir schon bald mit unserem Womo
unter Kiefern an einem Sandstrand. Der Grill wurde angeworfen und wir
grillten uns das sehr leckere Fleisch und die Maiskolben. Nachdem wir
in Finnland nicht so wirklich tolles Fleisch fanden, war das Fleisch
hier in Estland wieder ein wahrer Traum. Und vom Grill sowieso. Nun
werden wir hier noch einen gemütlichen Abend verbringen und die
warmen Temperaturen geniessen.
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