Freitag, 31. August 2018

Der breiteste Wasserfall Europas und eine bewachte Geisterstadt

Diese Nacht schaffte es seit langem einmal wieder ein Automobilist, mich aufzuwecken. Es war beinahe 02:30 Uhr, als ein Auto neben unser Womo fuhr. Obwohl der Fahrer ausstieg, liess er den Motor und die laute Musik laufen, ging auf das ToiToi-Klo und fuhr danach wieder weiter. Ich drehte mich um und freute mich, dass noch so viele Stunden Schlaf vor mir lagen. Kurz nach dem Erklingen des Weckers bemerkte ich wieder ein Auto, welches sich neben uns stellte. Die Schiebetüre liess ebenfalls ein Womo vermuten. Doch ein Blick aus dem Fenster brachte Klarheit. Es war die Polizei. Die beiden Polizisten betrachteten unser Wohnmobil, packten ihre Kaffeebecher und setzten sich auf eine Bank am See. Bei uns startete der Tag heute mit Arbeit, noch ehe das Frühstück auf dem Tisch stand. Der Blog wurde verfasst, Bilder bearbeitet und hier und da noch was erledigt. Erst dann gönnten wir uns das Frühstück und begrüssten auch Jasmin in den Tag.

Nachdem es gestern spät wurde, hatten wir ein wenig länger geschlafen und natürlich quatschten wir auch heute früh wieder lange. So war es schon nach 11 Uhr als wir losfuhren, was jedoch schon viel früher war als ja noch gestern. Unser erstes Ziel lag nur gerade ein paar Kilometer entfernt in Jurkalne. Wir besuchten eine Reifenwerkstatt, um uns nach neuen Reifen für Jakob zu erkunden. Leider waren keine Reifen in seiner Grösse an Lager und so zogen wir weiter. Um die Ecke hatten wir bei der Anfahrt eine Autowaschanlage entdeckt und so konnten wir endlich unser Wohnmobil in einen einigermassen sauberen Zustand versetzen. Wir putzten nicht stundenlang an unserem Zuhause herum aber trotzdem hatte ich wohl noch nie für 3 Euro so lange Auto gewaschen. Sauber ging es nun weiter und wir waren uns sicher, dass wir bald an der nächsten Schotterpiste stehen werden.

Zum berühmten Strand in Jurkalne führte dann zwar eine Sandpiste, was jedoch nicht annähernd so schlimm war wie die Schotterpisten. Es war schon Mittag und wir beschlossen uns in unserem Wohnmobil gleichzeitig den Regen vorbei ziehen zu lassen und zu Mittag zu essen. Der Regen liess wirklich nach als wir kurz später an die sandige Klippe des Strandes spazierten. Der Weg endete an einem, aus Holz nachgebauten, Bug eines Schiffes. Hoch über dem wundervollen Strand thronte dieses Holzkonstrukt und bot sich als Titanic-Fotokulisse an – das Holz an gewissen Stellen war schon abgenutzt. Wir betrachteten den Strand und schossen einige Fotos. Noch immer waren wir überrascht mit welch traumhaften Stränden Lettland aufwartet. Bei so schlechtem Wetter hatten wir aber nicht so Lust hier am Strand lange zu verweilen und machten uns auf die Weiterreise. 



Als nächstes wartete auf uns ein Wasserfall. Doch der Ventas Rumba ist nicht einfach ein Wasserfall. Nein. Es handelt sich dabei um den breitesten Wasserfall Europas. Doch auch hier dar man keinen Wasserfall im Stile des Rheinfalls oder so erwarten. Der breiteste Wasserfall Europas ist nämlich gerade mal 1,5 Meter hoch. Wir parkten also schon bald im schönen Dörfchen Kuldiga und spazierten durch die schönen Häuser und eine Parkanlage an den Wasserfall. Obwohl dieser nicht hoch war, schaffte es der Wasserfall und die gesamte Umgebung doch uns zu beeindrucken. Ein wirklich schöner Ort. Dies bemerkten wohl auch zwei Menschen, welche sich hier in der Gegend das Jawort gaben und gerade am Wasserfall mit Fotos beschäftigt waren. Bald verzogen sich die jedoch wieder und wir hatten den Wasserfall beinahe für uns alleine. Ein toller Ort, welcher mit einer schönen Aussicht und spezieller Stimmung sehr zu gefallen wusste. 






Spezielle Stimmung erwarteten wir nach einem kurzen Einkaufs-Halt auch an unserem nächsten Stopp. Skrunda 1 heisst die Geisterstadt, welche mitten in Lettland am zerfallen ist. Ehemals ein sowjetischer Armeestützpunkt ist es heute ein Paradies für Leute, welche sich gerne LostPlaces ansehen. Doch schon als wir den Ort im Google-Maps suchten, tauchten komische Rezensionen auf. Einige davon behaupteten, Skrunda 1 werde wiederbelebt und sei von der Armee abgeriegelt worden. Irgendwie konnten, oder wollten, wir das nicht glauben und fuhren trotzdem hin. An der Hauptstrasse war dann auch nur eine alte, geschlossene Schranke und ein Fahrverbotsschild. Das war ja noch ganz üblich. Wir parkten unsere Mobile und wanderten los. Schon nach kurzer Marschzeit erblickten wir die ersten Häuser der Stadt, welche nach wie vor ruhig und zerfallen vor uns lag. Bei näherem Hinsehen entdeckten wir aber schon bald einen neuen Baucontainer sowie einige Gegenstände, die wie ein moderner Fremdkörper in der Umgebung lagen. Wir wanderten noch ein wenig weiter und schossen Fotos. Wir stoppten erst, als ein Schild uns das Begehen des Geländes eindeutig verbot. Von diesem Schild aus konnten wir auch ganz klar zwei Menschen entdecken, welche im Baucontainer sassen. Uniformiert. Wir überlegten lange, ob wir jetzt einfach umkehren sollten oder ob wir die Beiden anquatschen möchten. 



Wir entschieden uns für Zweiteres und liessen die „Betreten verboten“-Schilder links liegen. Wir waren schon fast am Container angekommen als natürlich einer der beiden Uniformierten uns entdeckte und aus seinem Häuschen auf uns zukam. Der Mann im Tarnanzug sprach perfektes Englisch und erklärte uns sehr sehr freundlich, dass im Internet leider falsche Informationen zu finden sei und dies nun eine militärische Einrichtung sei. Natürlich baten wir nett darum, ein paar Fotos im Innern der Anlage schiessen zu dürfen, was er jedoch freundlich ablehnte. Dies erwarteten wir ja auch so. Was wir nicht erwarteten war, dass uns der uniformierte Soldat erlaubte von dem Eingang aus Fotos der Stadt zu schiessen. Hier im Osten ist das Fotografieren von öffentlichen oder vor allem militärischer Bauten normalerweise keine gute Idee. Darum waren wir echt überrascht, verabschiedeten uns von dem Soldat und stellten uns vor den Eingang. Ich hob die Fotokamera und drückte ein erstes Mal ab. Da knallte es plötzlich. Der zweite Soldat sprang wie von der Tarantel gestochen hoch und polterte wie wild von innen an seine Glasscheibe und schrie mehrmals „NO FOTO!“. Der Typ rastete wirklich komplett aus und konnte erst durch seinen freundlichen Kollegen beruhigt werden, der danach jedoch wieder nach draussen kam und uns mitteilte, es wäre wohl doch nicht erlaubt hier Fotos zu schiessen. So machten wir uns wieder vom Gelände und lachten noch eine Weile über den zweiten Soldaten, der einem Herzinfarkt nahe war.




Es regnete noch immer und wir beschlossen, dass wir uns noch auf den Weg zurück an die Küste begeben. So fuhren wir eine Stunde durch den Regen ehe wir, nach einer Schotterpiste, einen wundervollen Strand erreichten. Ein französisches Wohnmobil war gerade auch angekommen und die beiden erzählten uns, dass auch sie den Platz aus der Park4Night App hätten. Gerade als wir den Strand erreichten, riss die Wolkendecke auf und die Sonne schien auf unsere Womos. Wir erkundeten freudig den Strand, ehe uns der Hunger zurück zum Womo trieb. Wir assen draussen und quatschten wieder über dies und das. 




Nach dem Essen nahm ich mir jedoch vor, mich um E-Banking und Blog zu kümmern. So riss ich mich von den beiden Mädels los und setzte mich ins Womo. Ich kam noch nicht einmal dazu den Laptop einzuschalten als ein weisser VW T5 mit grünem Streifen auf den Platz fuhr. Schon wieder die Polizei, dachte ich mir, ehe ich das deutsche Kennzeichen erblickte. Halt Stopp! Ein VW T5 vom deutschen Zoll? Das kann doch nicht... das wird doch nicht... Ich rannte aus dem Womo und zu dem T5 und doch... es war Jonas. Jetzt muss sich sogar der aufmerksame Leser gut zurückerinnern. Wir schrieben den 31. Juni als wir Jonas an einem abgelegenen Leuchtturm inmitten Norwegens trafen. Er war einer der dreien, mit denen wir damals am Lagerfeuer bis 2 Uhr in der Früh Marshmallows grillten und Bier tranken. Genau 2 Monate war das nun her. Und so wie wir uns damals mitten im Nirgendwo trafen, so trafen wir uns auch heute wieder an einem Ort, welcher kaum einer je besucht. Wir waren alle völlig baff, dass dieser Zufall nun wirklich eingetroffen war. Natürlich waren alle Pendenzen schnell beiseite geschoben und Jonas setzte sich mit seinem Stuhl zu uns. Wir hatten uns viel zu erzählen, was zwischen unserer Begegnung alles so los war, da er ja dieselbe Route fuhr wie wir. Es wurde wieder ein langer Abend und als wir wieder weit nach Mitternacht im Bett lagen, mussten wir noch immer lachen, dass wir wirklich Jonas wiedergetroffen hatten.


Donnerstag, 30. August 2018

Weiter geht es zu Dritt durch Lettland

Es war eine so wundervoll ruhige Nacht an unserem Platz am Meer, sodass wir erholt und ausgeschlafen morgens am Frühstückstisch sassen. Ich musste noch den Blogeintrag vom Vorabend nachholen und war so nach dem Frühstück ein wenig beschäftigt und es war schon kurz nach 10 Uhr als ich mich das erste Mal aus dem Wohnmobil wagte. Ich wurde mit einem freundlichen „Guten Morgen“ von unserer Nachbarin Jasmin begrüsst. Sie und Jakob, ihr Wohnmobil, waren also unsere Nachbarn, welche sich den Platz in derselben App ausgesucht hatten. Auch Melanie gesellte sich zu uns und wir verfielen in ein langes Gespräch. Wir bemerkten, dass Jasmin genau die selbe Route hinter und vor sich hatte. In der Vergangenheit war Jasmin immer so ungefähr eine Woche vor uns und es war witzig miteinander zu reden. Auch sonst war es sehr spannend die junge Frau kennenzulernen. Wir quatschten noch eine kleine Weile, wobei die Weile so lange war, dass wir dazwischen sogar zu Mittag gegessen haben. Es war 15:00 Uhr (!!!) als wir uns endlich von dem Platz am Meer losrissen. Mit Jasmin und Jakob zusammen. Ja das war nun ein wirklich langer Small Talk. Doch an so einem schönen Ort und mit solchen Personen ist das eine super Sache. Reisen ist nicht immer nur die schönen Orte zu sehen, sondern auch mal die spannenden Personen kennenzulernen.

Nun waren wir also mit Jasmin und Jakob unterwegs und beschlossen, zusammen bis zum Kap Kolka zu reisen. Unterwegs dorthin machten wir noch einen kleinen Halt an einer Sanddüne, welche zu einer Sehenswürdigkeit der Region gehören sollte.Die Düne war jedoch mitten im Wald, grasüberwachsen und nur an einer kleinen Stelle als Düne erkennbar. Das war nicht wirklich interessant, doch den kleinen Rundgang machten wir trotzdem. Auf der Fahrt zum Kap Kolka klingelte dann noch das Telefon und ich telefonierte freudig mit meiner Mutter Zuhause. So verging auch diese Fahrt wie im Flug und wir standen schon bald an der Kirche von Kolka. Diese betrachteten wir und waren beeindruckt, wie schön diese verarbeitet war und mit wie vielen einzelnen, kleinen Steine das Bauwerk geschmückt war. 




Danach erreichten wir mit dem Kap Kolka endlich die nördliche Spitze im westlichen Lettland. Auf einem ersten Parkplatz wollte man uns 3 Euro für den Parkplatz abknüpfen. Überraschenderweise gab es aber nur ein paar Meter weiter einen kostenlosen Parkplatz. Von dort musste man zwar ein bisschen weiter laufen, doch der Weg führte direkt am Strand entlang. So ein Strandspaziergang war doch super und wenn man dann auch noch Geld spart – super. Am Kap angekommen war dann der Kamera-Akku leer, was verwunderlich war, da der erst gerade geladen wurde. So gab es zwar keine Fotos aber wir fanden immerhin einen Cache, welcher an den ersten Geocache in Lettland erinnerte, welchem an diesem Ort sogar ein Gedenkstein mit Tafel gewidmet wurde. Wir fühlten uns fast wie an die Original Stash Tribute Plaque in den USA zurückversetzt, als wir vor dem Stein standen und den virtuellen Cache lösten. Nachdem wir den Sandstrand genossen hatten, verliessen wir das schöne Kap wieder und begaben uns zu unseren Womos. 






Ein Ziel stand auch heute noch auf unserem Plan. Südlich von Kolka erwartete uns ein ganz spezieller Lost Place. Mitten im Wald sollte sich hier eine Abhöranlage der ehemaligen Sowjetunion befinden, mit deren Hilfe man früher Europa überwacht hatte. Das Gelände beherbergt heute ein kleines Museum und so waren wir uns nicht sicher wie weit wir hier kommen würden. Nach einer Fahrt über Betonplattenstrassen und eine holprige Schotterpiste kamen wir dann auch prompt an einem Zaun an. Wir konnten uns der riesigen Schüssel auf etwa 50 Meter nähern und Fotos schiessen. Doch irgendwie machte das Ding ganz eigenartige Geräusche. Irgendwas war da los. Obwohl das Museum bereits geschlossen war und kein Mensch weit und breit zu sehen war, gab die Anlage Laute von sich, dass eindeutig anzunehmen war, dass es sich hierbei nicht um einen Lost Place handelte. Irgendwas macht diese Anlage mitten im Wald auch heute noch. Und irgendwie war das unheimlich. Wir waren uns ziemlich schnell einig: schlafen würden wir hier nicht. 




Wir machten uns also auf den Rückweg und dieser führte uns wieder durch eine verlassene Kleinstadt, bei welcher wir dafür noch einen Halt machten. Schon als wir an diesem Ort mitten im Nirgendwo ankamen, bemerkten wir, dass wir hier nicht alleine waren. Rauch drang aus einem Kamin eines alten Bauwagens, welcher mitten in der Stadt stand. Es gibt also wirklich noch Menschen, welche hier in dieser verlassenen Einöde wohnen müssen. Wir wanderten trotzdem durch die verlassenen Gebäude, welche jedoch komplett leergeräumt waren. Wir vermuten, dass die Häuser gar nie bewohnt waren und dass es sich dabei wohl eher um Bauruinen handelt. Den Städteplanern ist wohl der Zerfall der Sowjetunion in die Quere gekommen. Wir grüssten den Bewohner des Bauwagens lieb mit einem lettischen „Guten Abend“ was jedoch nicht erwidert wurde und auch der Blick verhiess eher, dass wir uns wohl vom Acker machen sollten. Dies taten wir dann auch und fuhren zu unserem Übernachtungsplatz. 






Es war schon 21:00 Uhr als wir dort zu dritt am Picknicktisch sassen und uns Nudeln mit Sauce schmecken liessen. Wir quatschten wieder viel und so war es schon weit nach Mitternacht als sich unsere Köpfe aufs Kopfkissen legten. Ein spannender Tag ging zu Ende, an dem wir noch viel erlebten, für das, dass wir erst um 15:00 Uhr vom Platz fuhren.


Mittwoch, 29. August 2018

Ein Strandtag in Lettland

Wundervoll nächtigten wir an diesem stillen Ort am Strand. Bis um 06:30 Uhr jemand mit einem Rasentrimmer, Laubbläser oder einer Kettensäge ans Werk ging. Wir wachten zwar auf, drehten uns aber wieder um und dösten weiter. Doch schon bald lockte uns das schöne Wetter an den Frühstückstisch. Nachdem wir den Start in den Tag gelegt hatten, machten wir uns zu Fuss auf den Weg an den Strand, von dem wir nur ein paar Meter entfernt geschlafen hatten. Es erwartete uns ein wirklich sehr schöner Sandstrand mit einigen Liegestühlen und einem Kiosk. Ein Ort an dem wir gut noch ein wenig hätten verweilen können. Doch auf unserem heutigen Programm stand ja schliesslich der schönste Strand von Lettland und man munkelt, dort den feinsten Sand Europas zu finden. 




Genau dorthin machten wir uns nun auf den Weg. Wir befanden uns noch immer in einem Randbezirk von Riga und das merkte man auch. Die Strassen waren wirklich schlecht und die Häuser hätten die Bezeichnung Ruinen besser verdient. Wir hielten immer weiter in Richtung Westen und durchquerten weite Wälder und Wiesenlandschaften. Die Strasse wurde zu einer Autobahn mit drei Spuren pro Fahrtrichtung. Und wieder staunten wir über Fahrradfahrer, welche gemütlich in die Pedalen traten oder Traktoren, welche teilweise sogar die mittlere Fahrspur benutzten. Die Autobahn endete dann aber an einer Art Mautstelle. Für die Gegend, welche wir nun besuchen wollten, musste ein Eintrittsgeld von zwei Euro bezahlt werden. Wir bezahlten am Automaten und begaben uns in das Gebiet. Ein erster Halt nutzten wir um zwei drei Dinge einzukaufen, welche ausgegangen waren, ehe wir durch ein kleines Dorf tuckerten, das gleich aussah wie die Randbezirke der Hauptstadt. Es folgte wieder viel Wald und Wiese. Nach einer Weile erschien ein Dorf. Wir waren gespannt wie es hier wohl aussehen mag und waren mehr als überrascht. Hier entdeckten wir, wo die Einwohner mit viel Geld sich also verstecken. Riesige Häuser, Villen, jede Einzelne davon umzäunt, gesichert und umgeben von einem wundervollen Garten. Ja beinahe schon ein Park. Vor dem Haus standen hier auch nicht die üblichen Rostlauben sondern Autos der Marken Audi, Mercedes und BMW. Eine total andere Welt, welche sich hier zeigte und sich Jurmala nannte. Kein Wunder befand sich auch in diesem Dorf dieser besonders schöne Strand.

Wir parkten unser Womo auf einem der vielen, kostenlosen, Parkplätzen. Schon alleine für das reichhaltige Angebot der Parkplätze lohnten sich die zwei Euro. Wir schnappten unsere Badetücher, zogen Badehose und Bikini an und machten uns auf den kurzen Weg an den Strand. Schon auf diesem kurzen Weg spürten wir den ausserordentlich feinen Sand unter unseren Fusssohlen. Der Sand war wirklich feiner als jeder Sand, den wir jemals an einem Strand antrafen. Das hätten wir hier in Lettland nun wirklich nicht erwartet. Trotz Lufttemperatur von 20°C und Wassertemperatur von 18°C konnte man die Besucher am Strand an zwei Händen abzählen. Dass es hier, am schönsten Strand des Landes, vor allem in den späten 90er-Jahren ganz anders aussah, entdeckten wir schon im Internet. 



Wir breiteten unser Badetuch aus und genossen die Sonne. Stundenlang lagen wir einfach so da, quatschten über Dieses und Jenes und lasen natürlich auf unseren Tolinos. Ich beendete ein spannendes Buch „Euer Traum war mein meine Hölle“. Eine Biografie einer jungen Dame welche in der Sekte „The Family“ (ehemals „The Children of God“) aufgewachsen war und nach vielen Jahren den Ausstieg aus der christlichen Sex-Sexte geschafft hatte. Ein empfehlenswertes wenn auch brutales Buch. Es war schon spät als wir dem Strand den Rücken kehrten und uns wieder in unser Womo begaben. Melanie betätigte sich auf dem Parkplatz wieder als Coiffeuse, und bearbeitete meine Haare, danach duschten wir, ehe wir uns auf die Weiterfahrt begaben.





Zum ersten Mal in Lettland leuchtete unsere rote LED am Klo, was bedeutete, dass wir eine Entsorgung aufzusuchen hätten. Dies versuchten wir, bemerkten jedoch, dass das hier in Lettland gar nicht so einfach ist. In Norwegen standen in jedem dritten Dorf Entsorgungsstellen. Diese gibt es hier in Lettland natürlich nicht. Doch auch die WC- Anlagen an jeglichen Wanderparkplätzen, welche uns in Finnland und Estland die Leerung erleichterten, waren hier nicht vorhanden. So dachten wir uns, dass wir eben bei Campingplätzen anklopfen, welche ja wohl eine Entsorgung besitzen. Doch ohne eine Übernachtung zu buchen, wollte uns kein Campingplatz unser Klo leeren lassen. Auch nicht gegen ein kleines Entgelt. Eine angefahrene Tankstelle mit aussenliegendem Klo brachte dasselbe Ergebnis. Wohin also nun? Wir beschlossen einfach unser Programm weiter zu verfolgen und wie sagt man so schön: kommt Zeit, kommt Rat.

Wir setzten unsere Fahrt also in südlicher Richtung fort und standen schon bald an einer speziellen Eisenbahnbrücke. Die als „Bridge to Nowhere“ bekanntgewordene Brücke verbindet Luft mit Luft und das war auch nie anders. 1940 plante man eine Eisenbahnstrecke durch diese Region. Die Brückenbaugesellschaft war schnell und begann sofort damit die Brücke zu erstellen, beendete diesen Bau nach einem halben Jahr und wartete nun auf die Geleise. Doch die Firma, welche die Strecke bauen sollte war nicht so schnell. Als der zweite Weltkrieg in Europa tobte, war an einen Weiterbau nicht zu denken und nach dem Weltkrieg fehlte der Sowjetunion das Geld um dieses Projekt weiter zu verfolgen. Und so steht die Brücke noch heute hier und führt einfach ins Niemandsland. Ein echt interessanter Lost-Place, welchen wir im abendlichen Sonnenschein ausgiebig betrachteten und fotografierten. 




Das nächste Ziel befand sich nicht weit entfernt. Doch wiedereinmal führe der Weg über eine staubige Schotterpiste. Zum Glück hatten wir auch heute noch keine Autowaschanlage gefunden. In dem eher armen Land scheint man sein Auto wohl nicht in solch öffentlichen Boxen zu reinigen. Unser Womo wurde jedenfalls noch staubiger, ehe wir den Dolls Garden in Sabile erreichten. Dieser Garten inmitten des Dorfes wurde über die Jahre immer wieder mit Puppen verziert, die alltäglichen Arbeiten nachgehen. Wir schauten uns amüsiert in dem Garten um, fanden viele Kinder, Menschen bei der Hausarbeit, viel alten Hausrat und sogar ein Brautpaar. Nachdem die Fotos geschossen waren spazierten wir wieder zum Womo zurück und entdeckten ein Schild, welches ein WC anpries.




Die öffentlichen Toiletten in Lettland sind generell immer kostenpflichtig und es sitzt von 08:00 Uhr bis 18:00 Uhr eine Person im Häuschen davor und kassiert die 25 Cent ein. Wie sich das in teilweise abgelegensten Gebiete rentiert erschliesst sich uns nicht, zeigt jedoch wie froh die Menschen hier über jeden Cent sind. Da es schon weit nach 18:00 Uhr war, machten wir uns gar keine Hoffnung, schauten jedoch trotzdem kurz nach. Wir entdeckten ein ToiToi, welches offen da stand. So konnten wir also doch noch unsere Toilette ordnungsgemäss entsorgen und beruhigt weiterfahren. 30 Minuten weiter sollte unser Übernachtungsplatz an einem See warten. Der Platz war hell erleuchtet und präsentierte drei Basketballplätze, einen Fussballplatz, diverse Beach-Volleyballfelder und andere Sporteinrichtungen. Klar war da natürlich Abends einiges los und die lokale Jugend trieb ihren Sport, was ja sehr löblich ist. Wir fuhren also nochmals eine halbe Stunde weiter durch mittlerweile schwarze Dunkelheit. Das Navi lotste uns durch einen engen Waldweg direkt ans Meer, wo schon ein deutsches Wohnmobil sein Lager aufgeschlagen hatte. Der Platz reichte jedoch gut noch für uns. Wir stiegen sofort aus dem Wohnmobil und genossen das traumhafte Schauspiel. Ein grosser, tiefer, roter Mond erhellte die Umgebung und spiegelte sich in dem Meer, das mit rauschenden Wellen an den Sandstrand prallte. Über uns ein wundervoller Sternenhimmel. Ein traumhafter Platz. Es war jedoch schon beinahe 22:00 Uhr und so fielen wir schon bald müde ins Bett. Mit den tosenden Wellen als Geräuschkulisse liess es sich gut einschlafen. 


Dienstag, 28. August 2018

Vom Gauja Nationalpark in die Hauptstadt Riga

Heute früh stand, nach dem üblichen Frühstück, der Besuch der Latvia Natural Paths an. Dieser spezielle Teil des Nationalparks bot schon immer schöne Wälder. Früher konnte man diese auf einem 7 Kilometer langen Rundweg bequem auf geteerten Strassen erkunden. Man warf dazu am Eingang ein paar Euros in Münzen ein, die Schranke hob sich und man tuckerte durch den Nationalpark. Klingt vielleicht speziell, ist in den USA jedoch ganz normal. Hier in Lettland stoppte man dies jedoch und die Teerstrasse ist mittlerweile nur noch für Mitarbeiter zugänglich. Der Rest soll wandern und das ist auch gut so. Eintritt kostet das Betreten der Natural Paths jedoch auch zu Fuss. 3.60 Euro pro Person entrichteten wir am Eingang. Dieser Eintritt ist für die neue Nutzung des Parkabschnittes vorgesehen. Im Park werden seit einigen Jahren nämlich Tiere, welche aus sehr schlechter Tierhaltung oder brutaler Gefangenschaft befreit wurden oder nach schweren Verletzungen aufgepeppelt und nicht mehr ausgewildert werden konnten, gehalten. Es ist also so wie ein Tierpark, mit Tieren, welche in der Natur nicht mehr zurechtgekommen wären. Wir waren gespannt und schlenderten durch den Wald. Es verging eine ganze Weile ehe wir bei den Eulen und Kauzen vor den Gehegen standen. Die nachtaktiven Tiere waren vor allem mit Schlafen beschäftigt und wir zogen weiter zu den Kleintieren. Süsse Eichhörnchen und ein wunderschöner Marder erwarteten uns hier. Diese Zeitgenossen mussten aber auch hier in sehr kleinen Käfigen ausharren. Erst zum Schluss entdeckten wir, eine Erweiterung nach hinten, welche jedoch aufgrund gerade stattfindender Arbeiten temporär geschlossen waren. 



Weiter ging es bei den Braunbären. Diese schliefen noch tief und fest und wir entschlossen uns später wiederzukommen. Im nächsten Gehege entdeckten wir bei genauerem Hinsehen jedoch drei wunderschöne Luchse. Wir beide lieben die wunderschöne Waldkatze. Zum knuddeln sahen die Drei aus und wir mussten ganz doll an unsere Katze Zuhause denken. Wir freuen uns schon wieder sehr auf unseren Charlie. Auch die Wildschweine im nächsten Gehege vermochten zu unterhalten. Vater, Mutter und vier Junge, vermochten die morgendliche Ruhe mit ihren Lauten zu durchbrechen. Wir bestaunten immer weiter abwechslungsweise Tiere und die schöne Natur. Wir bekamen sogar die Chance., die Natur von einem Aussichtsturm zu beobachten und fanden uns bald über den Baumwipfeln wieder. Nachdem wir uns mit zwei süssen Füchsen eine Weile beschäftigten, standen wir lange auf einem Steg, welcher durch das Gehege der Elche führte. So viele Monate im Norden und uns war nur ein einziger Elch begegnet. So durfte das nicht enden und nach dem einen Elch in Freiheit hätten wir jetzt auch diesen im Gehege mitgezählt. Aber auch nach langem Warten wollte sich einfach keiner dieser Riesen zeigen. Kein Elch in Sicht. Das Gehege war aber auch riesig und die Tiere bekamen viel Platz sich zu verstecken. So war es übrigens auch bei den anderen Gehegen. Bevor wir den Park verliessen schauten wir nochmals bei den Bären vorbei, welche mittlerweile im Sand an der Sonne lagen und sich die Sonne auf den Pelz strahlen liessen. Mit dieser Begegnung machten wir uns auf den Weg zurück zum Womo, wo wir pünktlich zum Mittagessen eintrafen. 










Nach dem Mittagessen wussten wir nicht genau wie weiter. Eigentlich wollten wir noch einen Bunker besichtigen, der hier im Nationalpark stand. Dabei handelte es sich um einen Sowjetischen Geheimbunker, welcher seine Klassifizierung erst vor ein paar Jahren verlor und noch immer original eingerichtet ist. Leider mussten wir jedoch bemerken, dass dieser nur immer Sonntags geöffnet ist. Wir entschlossen uns dann spontan, nach Riga zu fahren.

Die Hauptstadt erreichten wir etwas mehr als eine Stunde später. Das Erreichen der Stadt war jedoch gar nicht so leicht. Im Gegensatz zu Estland ist Lettland definitiv noch nicht so weit mit der Modernisierung und dem Aufbau. Die Autobahnen sind in einem schlechteren Zustand als manche finnische oder norwegische Schotterpiste. Mit 120 km/h fällt einem der Aufbau auseinander, mit weniger als 120 km/h ist man jedoch der Bremspflock und somit Ursprung gefährlicher Fahrmanöver der anderen Verkehrsteilnehmer. So oder so galt auf der Strasse heute mal wieder das Motto „de schneller isch de gschwinder“ und erst als ich mich am Stadtrand der Fahrweise der Einheimischen langsam anpasste, kamen wir besser voran. Die Fahrweise mag aggressiv und chaotisch wirken. Doch passt man sich dem erst einmal an, merkt man, dass die anderen Verkehrsteilnehmer sehr zuvorkommend sind und der Verkehr erstaunlich fliessend funktioniert. Das ändert jedoch nichts am Zustand des Untergrundes, welcher auch in der Stadt nicht immer besser war. Wir durchfuhren natürlich auf dem Weg ins Zentrum auch die Randgebiete der Stadt. Man sah hier hautnah, wie alles zerfällt und man konnte die Armut der Menschen auf den Strassen durch die Fensterscheiben spüren. Komische Gestalten in abgetragener und schmutziger Kleidung sah man hier überall. Die Häuser waren einst sehr modern und prunkvoll mit vielen Verzierungen. Heute fehlen teils Türen, was mit einem Brett und zwei Scharnieren eilig repariert wurde.

Wir erreichten schon bald das Zentrum. Natürlich war hier wieder alles aufgeräumt und sauber. Mit unserer Womo-App fanden wir auch schnell einen super Parkplatz. 10 Gehminuten von der Altstadt entfernt, mit grossen Parkfeldern und vor allem Gratis. Wir entdeckten den Van von einem französischen Paar, welches wir schon im Nationalpark in Estland antrafen. Wir parkten unser Womo mit gutem Gefühl und machten uns auf den Weg in die Innenstadt.

Zuerst besuchten wir das berühmte Schwarzhäupterhaus und den davor befindlichen besonderen Ort. Hier fand vor vielen Jahren eine Weltpremiere statt. Zum ersten Mal wurde ein geschmückter Weihnachtsbaum in der Öffentlichkeit aufgestellt. Wie wir wissen, verbreitete sich der Brauch mittlerweile um die ganze Welt. Weiter führte unser Weg zum Zentralmarkt, von dem wir wussten, dass er bald schliessen würde. Wir schlenderten durch die Aussenstände und liessen uns von dem Angebot an Gemüse, Früchten und Beeren erschlagen. Vor allem die Beeren taten es uns an. Für zwei Euro erstanden wir uns eine riesige Schale an Brombeeren. Auch die anderen Beeren kosteten hier in grossen Mengen nur ein paar Euro. So frisch und lecker. Schade, dass man sich Zuhause in der Schweiz Beeren weder im Laden noch auf dem Markt noch irgendwie leisten kann. Für uns sind die immer zu teuer. Im hinteren Teil des Marktes warteten noch die vielen Blumenläden auf Kundschaft. Wir entdeckten die schönsten Sträusse und Gestecke hier. Auch davon waren wir wirklich begeistert. Da der Markt jedoch früh schliesst, stürmten wir noch schnell in die Hallen. Die Halle 1 war eine wirklich riesige Halle, gefüllt mit Ständen, welche ausschliesslich Fleisch verkauften. Eine riesig grosse Metzgerei sozusagen. Das Fleisch sah wirklich sehr gut aus, die Hygiene wurde in der Halle wirklich gross geschrieben und trotzdem entdeckten wir Kilopreise, welche schon fast an ein Verschenken grenzen. So ging es auch in der zweiten Halle weiter. Nur war es hier Käse, Gewürze, Gemüse und Früchte welche zum Kauf angeboten wurden. An so einem Ort könnte man stundenlang einkaufen. Doch leider war unser Womo zu weit weg und wir wollten das Essen nicht mit uns mitschleppen. Zudem haben wir nur einen vollen Kühlschrank zu bieten.







Also wanderten wir in die Innenstadt. Auf dem Weg dorthin legten wir noch einen kleinen Halt in einem schönen japanischen Teehaus ein. Wir beide in einem Teehaus? Ja natürlich ging es uns nicht um den dort ausgeschenkten Tee. Wir stellten uns an den Tresen und fragten die Angestellte freundlich: „Can we try Mandarin?“ und diese überreichte uns ohne einen Kommentar eine Plastikdose. Ein Geocache. So kann man auch zu seinem Fund kommen und das ganz ohne lange Suche. Wir trugen uns im Logbuch ein und spazierten weiter. Die Altstadt von Riga empfing uns mit vielen tollen Gebäuden und schönen Plätzen. Überall hatten Restaurants ihre Tische auf den Plätzen aufgestellt und warben mit den feinsten Speisen. Zum shoppen entdeckten wir dagegen nicht wirklich viel. Ich schaffte es immerhin noch mit ein Cap (so eine Schirmmütze) zu kaufen, was mir in der Schweiz immer sehr Mühe bereitet und ich Ewigkeiten umherirre ehe ich eine passende finde. Ansonsten begutachteten wir die Plätze, Grünflächen und historischen Gebäude der Stadt. Das machte natürlich hunger und da wir von so vielen Restaurants umgeben waren, liessen wir uns von einem verleiten. TGIF (Thanks God it's Friday) preiste zwar etwas, was wir schon lange nicht mehr erlebten, erhielt jedoch unseren Zuschlag. Bei einem leckeren, einheimischen Bier und einem Apfel Cidre entschieden wir uns für einen Jack-Daniels Burger. Schon bald später erschien ein Teller mit einem riesigen Burger und wir hatten beide Mühe, dieses grandios leckere Ding komplett aufzuessen. Der Burger war aber zu lecker um nur einen Krümel übrig zu lassen.






Mit vollen Bäuchen ging es also wieder in die Gassen und Strassen von Riga. Wir beschlossen die restliche Innenstadt zu erkunden. Diese gefiel uns wirklich sehr. Ganz anders als Tallinn oder auch die anderen Städte auf unserer Route, herrschte hier ein beinahe italienisches Flair. So viele Restaurants in denen überall Leute sassen und trotzdem waren die Strassen gut gefüllt, aber nicht überfüllt, mit Menschen. Nur zum Einkaufen gab es hier nicht wirklich viel. So kam es, dass wir schon bald an einem Beachvolleyball-Turnier hängen blieben, das auf einem der vielen Plätze stattfand. Wir schauten uns dort drei Sätze, fieberten mit und klatschten bei den teilweise genialen Ballwechseln. Es war schon sehr dunkel und spät als wir uns von dem Ballspiel verabschiedet hatten und uns durch die Altstadt auf den Weg zum Womo begaben. Dort angekommen beschlossen wir jedoch, nicht hier mitten in der Stadt frei zu übernachten und noch ein wenig ausserhalb zu fahren. Eine halbe Stunde später rollten wir auf einen ruhigen Parkplatz in der Nähe eines Strandes, parkten unser Womo und legten uns gleich schlafen und träumten von der tollen Altstadt von Riga, welche wir für einen Besuch sehr empfehlen können.