Samstag, 28. Juli 2018

Zwischen Tromso und Alta

Eine ruhige Nacht mitten in der Natur lag hinter uns als heute früh der Wecker klingelte. Nachts wurde ich nur einmal geweckt – durch ein anderes Klingeln. Die Schafe der Gegend schienen gegen 2 Uhr früh einen Spaziergang zu machen, welcher an unserem Womo vorbeiführte. Auch dies eine Auswirkung dessen, dass es hier einfach 24 Stunden am Tag sonnig ist. Die Tiere sind praktisch durchgehend auf den Beinen. Aber lieber die süssen Schafe als die komischen Möwen.

Wir gönnten uns mal wieder ein Womo-Frühstück - welches aus Nutellabrot und einem Naturjoghurt mit selbst zusammengestelltem Müsli besteht – um gestärkt auf eine der Wanderungen zu starten, welche am Infoschild angeschlagen waren. Wir entschieden uns gegen die Mine (hatten wir in Spitzbergen genügend) und das Brückenbauwerk (zu weit weg) und steuerten eine Schlucht an. Die Infotafel bewarb sie sogar als tiefste Schlucht Nordeuropas. Wir waren jedenfalls gespannt.

Nach etwas mehr als 10 Minuten erreichten wir das Freiluftmuseum Ankerlia. Hier standen einst die Gebäude in welchen das Erz aus den umliegenden Kupferminen gesammelt und verarbeitet wurde. Mehr als ein paar Mauerresten und verrostete Metallteile waren aber nicht mehr übrig. Alles weit verstreut, wie ein Lost-Place eben. Was daran ein Freiluftmuseum sein sollte, fanden wir nicht heraus. Wir steuerten den nächsten Wegweiser an, um uns über den weiteren Verlauf der Route zu informieren als uns plötzlich zwei Knopfaugen anstarrten. Ein kleiner, süsser Hund schaute erwartungsvoll zu uns hinauf. Zu sehen war aber kein Mensch. Auch keine Rufe waren zu hören. Wir kannten den Kleinen jedoch und wussten, dass er den Tschechen gehört, welche ihr Womo ebenfalls auf dem Parkplatz stehen hatten. Wir warteten 10 Minuten doch es kam niemand. Wir konnten den Kleinen ja jetzt nicht einfach alleine hier zurücklassen. Also machten wir uns mit ihm auf den Rückweg. Er nahm sofort die Witterung auf und fand den Weg eigentlich alleine. Immer sprang er quirlig voraus und an jeder Kreuzung wählte er, die Nase tief am Boden, den richtigen Weg. Doch er schaute auch immer zurück. Blieben wir stehen kam er sofort zu uns zurück. Er kannte also den richtigen Weg, war aber einfach zu ängstlich ihn alleine zu gehen. Kurz vor dem Parkplatz kam uns dann auch die völlig aufgelöste Tschechin entgegen und weinte vor Freude, als sie ihren geliebten „Trip“ wieder in die Arme schliessen konnte. Ihr Mann war spazieren und der Kleine erschrak und lief davon. Nach erfolgloser Suche holte ihr Mann am Parkplatz Hilfe bei der restlichen Familie – aber diese erübrigte sich nun zum Glück. Die Dame hat sich hundert Mal bei uns bedankt und mit Trip den Rückweg angetreten.




Wir wagten danach einen zweiten Versuch die Schlucht zu erreichen. Nach der Kreuzung, an welcher wir Trip antrafen, hatten wir nur noch einen kurzen Weg zum Eingang der Schlucht. Doch dort war der Weg einfach zu Ende. Ein kleines Schild wies die Schlucht als Sorbmegorsa-Canyon aus und ein Picknicktisch wartete auf Besucher. Mehr nicht. Wir begaben uns also über den einzig möglichen Weg in die Schlucht: das Bachbett. Dieses war beinahe ausgetrocknet und teilweise floss das Wasser sogar tief unter den vielen Steinen und unter unseren Füssen hindurch. Man sah keinen Tropfen des Baches, hörte ihn jedoch in der Tiefe rauschen. Wir wanderten über eine halbe Stunde in die immer enger werdende Schlucht. Hier war es heute immerhin nicht so heiss. Der Schatten und ein leichtes Lüftchen machten die Wanderung angenehm. Die grossen Steinblöcke erschwerten sie jedoch. Nachdem wir an einem schönen Platz eine kleine Pause einlegten, machten wir uns auf den Rückweg. 



Am Parkplatz angekommen wurden wir gleich von Trips Familie abgefangen. Man bedankte sich erneut bei uns und reichte uns eine sehr spezielle tschechische Schokolade. Eine ganze Tafel Schokolade – so etwas hatte ich schon seit Monaten nicht mehr im Kühlschrank. Die Freude bei mir war dementsprechend gross. Wir kamen mit den Tschechen ins Gespräch und bemerkten, dass sie die selbe Reise wie wir unternehmen – einfach in die andere Richtung. Sie starteten in Tschechien und bahnten sich ihren Weg durch die baltischen Staaten und Finnland bis zum Nordkapp und zu diesem Parkplatz. Die ganze Reise wurde akribisch genau auf der Rückseite ihres Wohnmobiles nachgeführt – genial! Solch eine Karte hatten wir noch nicht gesehen. Wir bemerkten dann, dass wir auf unserem Weg ebenfalls durch Tschechien reisen werden. Die Familie holte darauf sofort Zettel und Schreiber und beschrieb das Papier mit Mailadresse, Adresse und Handynummer. Wir wären in ihrer Familie jederzeit herzlich willkommen und könnten bei ihnen Wohnen. Auch wenn wir einmal nach Prag reisen und nicht mit dem Womo unterwegs seien – ihre Türe stände immer für uns offen. So herzlich. Wir freuten uns wirklich sehr über diese berührende Geste der Familie und hoffen, sie wirklich kurz in Tschechien besuchen zu können.

Während die Familie den Tag weiterhin in dem schönen Tal genoss, machten wir uns auf die Weiterfahrt, denn es war auch schon wieder Mittag. Wir fuhren weiter auf der E6 nordwärts ehe wir eine Stunde später kurz vor Storslett einen Essenshalt an einem schönen Hafen einlegten. Die Hitze drückte schon wieder ins Wohnmobil und so war schnell klar: wir müssen wieder einen Badeplatz aufsuchen. Und nachdem wir uns fürs Wochenende mit Lebensmitteln versorgten, taten wir dies auch.

Wir fanden unseren Badeplatz auf einem kleinen Abstecher in Steinsvik. Ein wunderschöner Sandstrand erwartete uns dort. Doch an einem Samstag und bei den Temperaturen sah es dort aus als wären wir gerade in Ibiza angekommen. Autos benutzten jeden Quadratmeter und die Strasse wurde dadurch teilweise fast unpassierbar eng. Wir mussten unser Womo relativ weit vom Strand entfernt parken – wollten aber unbedingt auch hier ans Wasser. Wir wanderten also in Badebekleidung an den Fjord und bemerkten, dass hier am Wasser gar nicht mehr so heiss war. Trotzdem wagten wir uns ins Wasser in dem alle planschten und tobten – ebenfalls wie in Ibiza. Dann aber der Schock: das Wasser war eiskalt. Keine Ahnung was wir am 70. Breitengrad erwarteten – aber die Leute hier schienen das Wasser so zu geniessen wie wir jeweils im Italien-Urlaub. Doch wir konnten das hier oben definitiv nicht. Es war ein kurzer Besuch im Wasser. Aber wir waren komplett drin. Nachdem wir ein wenig gelesen hatten, ging es dann auch auf die Weiterfahrt. 




Diese führte uns eine lange Strecke der E6 entlang. Nur zwei kurze Halte gab es auf der Strecke. Ein Mal um Wasser nachzufüllen und ein Mal um den traumhaften Blick von einem Fjell über den Fjord schwenken zu lassen. Wenn sich die Strasse nicht gerade über ein Fjell schlängelte, dann verfolgte sie den Langfjord. In unseren Augen einer der schönsten Fjorde, welche wir hier in Norwegen bisher sehen durften. Die Stimmung, um bei diesem Wetter eine solche Strasse befahren zu können, war einfach perfekt. So verging die Zeit auch schnell und als wir bei unserem nächsten Ziel nahe Bognelv ankamen war auch schon wieder Zeit um Nachtessen zu kochen.

Im Gegensatz zu den anderen Tagen hatten wir heute nach dem Nachtessen noch einiges vor. Für den ersten Punkt konnten wir das Womo stehen lassen. Wir folgten dem Schild, wessen Zeichnung man als See oder Hot-Pot hätte missverstehen können. Dank Reiseführer wussten wir jedoch schon vor dem 15 minütigen Fussmarsch, dass uns oben am Berg eine Quelle erwarten wird. Bubbel'n nennen die Norweger diese Art des Quelltopfs oder der Karstquelle. Der Weg zur Quelle war steil und mit diversen Seilen versehen. Bei den Temperaturen war es auch wirklich eine anstrengende Angelegenheit. Doch die wundervolle und vor allem grosse Quelle überraschte und entschädigte uns. Das Wasser aus der Quelle teilte sich gleich nach dem Topf und ein Bach führte über einen Wasserfall direkt ins Tal, während der andere sich gemütlich durch das Birkenwäldchen nach unten schlängelte. Auch wir machten uns auf den Abstieg, nachdem wir den Cache an der Quelle einfach nicht finden konnten. 





Wieder beim Womo starteten wir dieses und steuerten es noch 30 Minuten weiter in den Norden. Hier möchten wir heute nochmals einen Versuch zur Mitternachtssonne starten. Letztes Mal um Mitternacht schien sie ja zwar auch, aber doch ein klein wenig durch Wolken verdeckt. Heute hat es weit uns breit keine Wolken und die Sicht in Richtung Norden ist von dem jetzigen Standort völlig frei. Wir werden sehen. Die letzte Chance wird sich uns dann am Nordkapp bieten, welches wir in den nächsten zwei Tagen wohl auch erreichen werden. Diesen Übernachtungsplatz hatten wir dann aber gut erreicht, nachdem wir mehrmals unsere Fahrt verlangsamen mussten. Ganze Herden von Rentieren spazieren hier auf den Strassen umher und sind teilweise echt schlecht sichtbar. Einige tragen einen GPS-Peilsender. Man hätte ihnen besser gleich auch noch eine Leuchtweste angezogen.


 

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