Heute
früh wachten wir ein wenig früher auf. Melanie jedenfalls. Ein
kleines Kreuzfahrtschiff hatte im nahen Hafen angelegt und der tief
brummende Schiffsmotor weckte Melanie und liess sie nicht wieder
einschlafen. So wurden die Fenster heute schon früh geöffnet –
doch unsere Berner Nachbarn waren auch heute schon wieder weg. Da
soll nochmals jemand sagen die seien langsam. Wir frühstückten noch
kurz ehe wir uns uns wieder auf Achse begaben.
Zuerst
ging es ein kleines Stück zurück. Gestern reichte es leider nicht
mehr um nach dem Trollstigen auch noch bei der Trollwand (Trollveg)
vorbeizufahren. Fussballspiel sei Dank. Doch nur gerade 8 Minuten
dauerte der Umweg heute und so nahmen wir diesen auf uns. Nach der
Trolltunga und dem Trollstigen sollte uns doch kein Troll-Ort
Norwegens in der Sammlung fehlen. Doch die Trollveg selbst war jetzt
nicht so richtig beeindruckend. Eine hohe und senkrechte Felswand,
von denen es hier in Norwegen so einige gibt. Diese Wand hier
mauserte sich schon in den Neunzigerjahren zum Mekka für Basejumper
– sechs Jahre später hat man es aufgrund zu vieler Todesfälle
dann verboten. Seit da springen die Verrückten im schweizerischen
Lauterbrunnen (wo unsere Reise ja startete) ins Leere und hoffen,
dass ein kleiner Schirm sie auffängt. Auch in Lauterbrunnen klappt
es lange nicht immer, ist jedoch noch immer erlaubt. Uns gefiel hier
an der Trollwand dafür ein riesiger Troll, welcher hier stand.
Ebenso eine englische Reiseleiterin, welche sich vor dem Troll von
einem Reiseteilnehmer inklusive ihrer hölzernen Nummerntafel
fotografieren liess. Als ein Reiseteilnehmer anmerkte, dass man auf
dem Foto gar nicht erkennt, wer nun wer ist, meinte sie nur, dass sie
mit der Nummerntafel auch prima auf Reiseteilnehmer einprügeln
könne. Auch als sie dann noch ein Foto von uns schoss, rissen die
Kommentare nicht ab. Eine längere Szene mit viel britischem Humor
folgte und liess uns lachend zurück.
Nun
ging es wieder nach Andelsnes zurück wo wir gleich noch ausnutzten,
dass nun die Läden geöffnet hatten. Doch weder im Technik- noch in
einem der beiden Sportläden wurden wir fündig nach dem Gesuchten
und zogen nun weiter nach Molde. Auf dem Weg stand wieder eine
Fährverbindung auf dem Plan und unser Wohnmobil kam wieder unter 6
Meter durch. Doch der Fahrradträger mit den Rädern sei ja auch noch
und darum mussten wir 6 – 7 Meter bezahlen. Wir merkten, dass es
einem auch mit einem Womo unter 6 Meter hier nur dann besser ergeht,
wenn man keinen Fahrradträger anbaut – und das sieht man wirklich
extrem selten.
Wir
rollten durch den Unterwassertunnel nach Molde und fanden auch gleich
einen Parkplatz bei einer Sehenswürdigkeit der Stadt. Das
Scandic-Hotel „Rica“ thronte gläsern am Meer und spiegelte in
seiner Fassade die weissen Spitzen der Berge, welche uns die letzten
Tage begleiteten. Neben dem modernen Hotel steht auch gleich das
ebenso modern erbaute Moldebad und das neue Fussballstadion der
Stadt. Wir wanderten immer weiter ins Zentrum der Stadt und plötzlich
stand da mitten in der kleinen verschlafenen Stadt mit ihren Gässchen
und kleinen Handwerksläden ein riesiger Wohnblock. Ein gigantischer
sogar. Der Wohnblock entpuppte sich als Kreuzfahrtschiff und dieses
lag im Hafen, welcher gleich an die Altstadt grenzt. Ganz imposant
wie dieses gigantische Stahlding hier praktisch im Quartier stand.
Der Grösse des Dampfers entsprechend war auch das Menschenaufkommen
in der Innenstadt bei den Sehenswürdigkeiten und den Läden. Es wäre
sicherlich spannend hier auf einer Bank die Ruhe zu geniessen bevor
so ein Luxusdampfer anlegt und dann zu warten wie die Stadt sich
immer mehr füllt. Die Rosenstadt Norwegens ist ein grosser Posten in
der Geschichte Norwegens. 1916 brannten bei einem der grössten
Stadtbrände weit über 100 Häuser völlig nieder. Die Stadt wurde
wieder aufgebaut und dies so schön wie keine andere Norwegische
Stadt (behaupteten die Einheimischen). Die Stadt war so schön, dass
sich 1940 sogar der König Norwegens in ihr niederliess. Dies war
jedoch ein erneuter Untergang der Stadt, da die Deutschen den König
zur Kapitulation zwingen wollten. Kurzerhand wurde also Molde erneut
in Schutt und Asche gelegt. Der König konnte nur tatenlos zusehen –
überlebte das Bombardement jedoch unverletzt.
Wir
verliessen die interessante und schöne Stadt wieder und verzichteten
auf einen Besuch von Varden. Der Aussichtspunkt bietet einen Blick
über die Stadt. Das hatten wir erst vor Kurzem über die
Jugendstilstadt Alesund. Wir machten uns lieber auf den Weg die
Atlantikstrasse zu besuchen. Doch Halt! Da entdeckten wir noch etwas
in unserem Reiseführer. Die Trollkirke. Irgendwie erinnerte ich mich
noch daran, dass ich das Buch Zuhause schon einmal gelesen hatte und
dieser Ort Vorfreude in mir auslöste. Zudem stellte der Ort ja nur
die logische Weiterführung der Trollbesichtigungen hier in Norwegen
dar.
Wir
fanden uns also schon bald auf dem sehr gut gefüllten Parkplatz der
Trollkirche wieder und hatten so gar keine Lust darauf was nun folgen
würde. Eine Wanderung. Anderthalb Stunden (je Weg), über 3
Kilometer und diverse Höhenmeter. Schon wieder wandern also. Naja –
da hilft kein Schimpfen und kein Fluchen. Wanderschuhe geschnürt,
Rucksack gepackt und ab ging der Marsch. Die grosse Kamera blieb im
Womo zurück, denn wir wollten sie in der Kirche nicht zerkratzen und
die Kirche schien sowieso zu klein um Fotos schiessen zu können. Nur
die GoPro für die Filmaufnahmen wurde mitgeführt auf den Weg, der
erst flach durch ein kleines Moor führte. Doch schon bald im
Tannenwald stieg der Trampelpfad steil an und durch eine Art
ausgetrocknetes Bachbett mussten wir uns jeden Höhenmeter schwer
erarbeiten. Kaum war die Baumgrenze erreicht wurde das Gelände noch
steiler und die Sonne brannte ungehindert auf uns hinab. Die glatten
Felsplatten unter unseren Füssen sorgten dafür, dass wir auch von
unten gut durchgebraten wurden. Wir hatten ein beachtliches Tempo und
fanden uns nach einer knappen Stunde vor dem Eingang der Kirche
wieder.
Natürlich
handelt es sich bei der Trollkirke nicht um eine richtige Kirche. Es
handelt sich um eine Höhle. Wir zogen schnell warme Kleidung an,
knipsten unsere Stirnleuchten an und verschwanden in dem gemütlich
grossen Schlund der Höhle. Wir folgten immer schön dem Bächlein,
welches aus der Höhle fliesst und auch für deren Entstehung
verantwortlich war. Dieses kleine Bächlein schwemmte über die Jahre
den weichen Kalkstein aus dem marmorhaltigen Felsen und hinterliess
eine Höhle welche mal weit und hoch ist und einem manchmal tief
geduckt kriechen lässt. Nach einiger Zeit erreichten wir dann das
Ende (oder den Beginn?) der Höhle. Der Ort an dem das Wasser in die
Höhle eintritt. Hier ist es keine Quelle sondern ein mehr als
spektakulärer Wasserfall, welcher hier von weit oben mit einem
Lichtkegel in die dunkle Tiefe fällt. Das klare Wasser sammelt sich
zu einem kleinen See, ehe es nach draussen strömt. Ein wundervoller
Ort. Mitten in der Natur, nicht touristisch und einfach nur
überwältigend. Steht man hier fühlt man sich frei, unbeschwert und
einfach nur wunderbar. Ein Ort welcher Ruhe ausstrahlt. Wir fühlten
uns an einer unserer Mallorca Highlights, den Besuch der Senora Na
Mitjana, zurückerinnert. Ein Traum.
Wir
verliessen den Hauptteil der Kirche wieder und machten uns am
Tageslicht auf den weiteren Weg nach oben. Hier wurde mit einer
Leiter und diversen Stahlseilen ein weiterer Zugang in einen Schlund
oberhalb des Wasserfalls gelegt. Auch hier findet man sich in einem
riesigen Raum wieder, in welchen das Wasser von oben in einer Rinne
eintritt. Der Marmor ist hier glatt poliert und teilweise leuchtend
blau. Ebenfalls ein wunderbarer Ort. Wir verliessen auch diesen Ort
nach oben, um dort noch einen schönen Bergsee mit zugehörigem
Geocache zu besuchen. Dies war ein kleiner Abstecher und wir machten
uns schon bald an den Abstieg. Da schien ein winziger Fleck im Tal zu
sein, welcher sich nach gut 40 Minuten jedoch zum Glück wirklich als
unser Womo herausstellte.
Wir
tätigten noch einen Anruf in die Schweiz. Einer der seltenen
Telefonate nutzten wir um Melanies Schwester zum Geburtstag zu
gratulieren und ein wenig zu plaudern ehe wir weiter in den Norden
fuhren.
Nun
war sie aber hier. Endlich. Die Atlantikstrasse. Einer der
berühmtesten und meist fotografiertesten Streckenabschnitte
Norwegens lag vor unserem Wohnmobil. Die Strasse windet sich hier
mittels Brücken und Dämmen über diverse kleine Inseln und Scheren.
Wir hatten bestes Wetter und mussten so keine Angst haben von den
vielen Brücken gewindet zu werden oder dass eine hohe Welle uns
mitreist. Im Radio lief „My Favourite Game“ von den Cardigans –
der richtige Soundtrack um so eine Strasse zu befahren. Auch hier
wieder Freiheit und Wildnis pur. Selten fühlt man sich beim Befahren
einer Strasse so mit dem Meer verbunden. Wie über Wellen gleitet man
über die Piste. Doch wir waren nicht alleine. Womos überall. Dieser
Teil der Strecke in den Norden wird wohl von JEDEM Womofahrer
befahren und auch andere komische Fahrzeuge konnten hier auf der
Durchreise angetroffen werden. Wir machten einen kurzen Spaziergang,
schossen einige Fotos und machten uns dann auf den Weg in den Norden.
Überall hatten es sich die Wohnmobile in riesigen Rudeln gemütlich
für die Nacht gemacht. Doch in solch grossen Verbänden wollten wir
hier nicht stehen und suchten einen alten Hafenkai eine Viertelstunde
nördlicher auf. Hier stehen wir direkt am Meer, mit einer schönen
Aussicht, welche wir uns nur mit einem einzigen anderen Womo teilen
müssen. Gegessen haben wir schon und nun werden wir uns noch zum
kleinen Sandstrand hier begeben um gegen 21 Uhr noch unseren
täglichen Badetermin wahrzunehmen.
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