Mittwoch, 4. Juli 2018

Trollveg, Trollkirke und die Atlantikstrasse (ohne Trolle)

Heute früh wachten wir ein wenig früher auf. Melanie jedenfalls. Ein kleines Kreuzfahrtschiff hatte im nahen Hafen angelegt und der tief brummende Schiffsmotor weckte Melanie und liess sie nicht wieder einschlafen. So wurden die Fenster heute schon früh geöffnet – doch unsere Berner Nachbarn waren auch heute schon wieder weg. Da soll nochmals jemand sagen die seien langsam. Wir frühstückten noch kurz ehe wir uns uns wieder auf Achse begaben.

Zuerst ging es ein kleines Stück zurück. Gestern reichte es leider nicht mehr um nach dem Trollstigen auch noch bei der Trollwand (Trollveg) vorbeizufahren. Fussballspiel sei Dank. Doch nur gerade 8 Minuten dauerte der Umweg heute und so nahmen wir diesen auf uns. Nach der Trolltunga und dem Trollstigen sollte uns doch kein Troll-Ort Norwegens in der Sammlung fehlen. Doch die Trollveg selbst war jetzt nicht so richtig beeindruckend. Eine hohe und senkrechte Felswand, von denen es hier in Norwegen so einige gibt. Diese Wand hier mauserte sich schon in den Neunzigerjahren zum Mekka für Basejumper – sechs Jahre später hat man es aufgrund zu vieler Todesfälle dann verboten. Seit da springen die Verrückten im schweizerischen Lauterbrunnen (wo unsere Reise ja startete) ins Leere und hoffen, dass ein kleiner Schirm sie auffängt. Auch in Lauterbrunnen klappt es lange nicht immer, ist jedoch noch immer erlaubt. Uns gefiel hier an der Trollwand dafür ein riesiger Troll, welcher hier stand. Ebenso eine englische Reiseleiterin, welche sich vor dem Troll von einem Reiseteilnehmer inklusive ihrer hölzernen Nummerntafel fotografieren liess. Als ein Reiseteilnehmer anmerkte, dass man auf dem Foto gar nicht erkennt, wer nun wer ist, meinte sie nur, dass sie mit der Nummerntafel auch prima auf Reiseteilnehmer einprügeln könne. Auch als sie dann noch ein Foto von uns schoss, rissen die Kommentare nicht ab. Eine längere Szene mit viel britischem Humor folgte und liess uns lachend zurück. 




Nun ging es wieder nach Andelsnes zurück wo wir gleich noch ausnutzten, dass nun die Läden geöffnet hatten. Doch weder im Technik- noch in einem der beiden Sportläden wurden wir fündig nach dem Gesuchten und zogen nun weiter nach Molde. Auf dem Weg stand wieder eine Fährverbindung auf dem Plan und unser Wohnmobil kam wieder unter 6 Meter durch. Doch der Fahrradträger mit den Rädern sei ja auch noch und darum mussten wir 6 – 7 Meter bezahlen. Wir merkten, dass es einem auch mit einem Womo unter 6 Meter hier nur dann besser ergeht, wenn man keinen Fahrradträger anbaut – und das sieht man wirklich extrem selten.

Wir rollten durch den Unterwassertunnel nach Molde und fanden auch gleich einen Parkplatz bei einer Sehenswürdigkeit der Stadt. Das Scandic-Hotel „Rica“ thronte gläsern am Meer und spiegelte in seiner Fassade die weissen Spitzen der Berge, welche uns die letzten Tage begleiteten. Neben dem modernen Hotel steht auch gleich das ebenso modern erbaute Moldebad und das neue Fussballstadion der Stadt. Wir wanderten immer weiter ins Zentrum der Stadt und plötzlich stand da mitten in der kleinen verschlafenen Stadt mit ihren Gässchen und kleinen Handwerksläden ein riesiger Wohnblock. Ein gigantischer sogar. Der Wohnblock entpuppte sich als Kreuzfahrtschiff und dieses lag im Hafen, welcher gleich an die Altstadt grenzt. Ganz imposant wie dieses gigantische Stahlding hier praktisch im Quartier stand. Der Grösse des Dampfers entsprechend war auch das Menschenaufkommen in der Innenstadt bei den Sehenswürdigkeiten und den Läden. Es wäre sicherlich spannend hier auf einer Bank die Ruhe zu geniessen bevor so ein Luxusdampfer anlegt und dann zu warten wie die Stadt sich immer mehr füllt. Die Rosenstadt Norwegens ist ein grosser Posten in der Geschichte Norwegens. 1916 brannten bei einem der grössten Stadtbrände weit über 100 Häuser völlig nieder. Die Stadt wurde wieder aufgebaut und dies so schön wie keine andere Norwegische Stadt (behaupteten die Einheimischen). Die Stadt war so schön, dass sich 1940 sogar der König Norwegens in ihr niederliess. Dies war jedoch ein erneuter Untergang der Stadt, da die Deutschen den König zur Kapitulation zwingen wollten. Kurzerhand wurde also Molde erneut in Schutt und Asche gelegt. Der König konnte nur tatenlos zusehen – überlebte das Bombardement jedoch unverletzt.








Wir verliessen die interessante und schöne Stadt wieder und verzichteten auf einen Besuch von Varden. Der Aussichtspunkt bietet einen Blick über die Stadt. Das hatten wir erst vor Kurzem über die Jugendstilstadt Alesund. Wir machten uns lieber auf den Weg die Atlantikstrasse zu besuchen. Doch Halt! Da entdeckten wir noch etwas in unserem Reiseführer. Die Trollkirke. Irgendwie erinnerte ich mich noch daran, dass ich das Buch Zuhause schon einmal gelesen hatte und dieser Ort Vorfreude in mir auslöste. Zudem stellte der Ort ja nur die logische Weiterführung der Trollbesichtigungen hier in Norwegen dar.

Wir fanden uns also schon bald auf dem sehr gut gefüllten Parkplatz der Trollkirche wieder und hatten so gar keine Lust darauf was nun folgen würde. Eine Wanderung. Anderthalb Stunden (je Weg), über 3 Kilometer und diverse Höhenmeter. Schon wieder wandern also. Naja – da hilft kein Schimpfen und kein Fluchen. Wanderschuhe geschnürt, Rucksack gepackt und ab ging der Marsch. Die grosse Kamera blieb im Womo zurück, denn wir wollten sie in der Kirche nicht zerkratzen und die Kirche schien sowieso zu klein um Fotos schiessen zu können. Nur die GoPro für die Filmaufnahmen wurde mitgeführt auf den Weg, der erst flach durch ein kleines Moor führte. Doch schon bald im Tannenwald stieg der Trampelpfad steil an und durch eine Art ausgetrocknetes Bachbett mussten wir uns jeden Höhenmeter schwer erarbeiten. Kaum war die Baumgrenze erreicht wurde das Gelände noch steiler und die Sonne brannte ungehindert auf uns hinab. Die glatten Felsplatten unter unseren Füssen sorgten dafür, dass wir auch von unten gut durchgebraten wurden. Wir hatten ein beachtliches Tempo und fanden uns nach einer knappen Stunde vor dem Eingang der Kirche wieder.

Natürlich handelt es sich bei der Trollkirke nicht um eine richtige Kirche. Es handelt sich um eine Höhle. Wir zogen schnell warme Kleidung an, knipsten unsere Stirnleuchten an und verschwanden in dem gemütlich grossen Schlund der Höhle. Wir folgten immer schön dem Bächlein, welches aus der Höhle fliesst und auch für deren Entstehung verantwortlich war. Dieses kleine Bächlein schwemmte über die Jahre den weichen Kalkstein aus dem marmorhaltigen Felsen und hinterliess eine Höhle welche mal weit und hoch ist und einem manchmal tief geduckt kriechen lässt. Nach einiger Zeit erreichten wir dann das Ende (oder den Beginn?) der Höhle. Der Ort an dem das Wasser in die Höhle eintritt. Hier ist es keine Quelle sondern ein mehr als spektakulärer Wasserfall, welcher hier von weit oben mit einem Lichtkegel in die dunkle Tiefe fällt. Das klare Wasser sammelt sich zu einem kleinen See, ehe es nach draussen strömt. Ein wundervoller Ort. Mitten in der Natur, nicht touristisch und einfach nur überwältigend. Steht man hier fühlt man sich frei, unbeschwert und einfach nur wunderbar. Ein Ort welcher Ruhe ausstrahlt. Wir fühlten uns an einer unserer Mallorca Highlights, den Besuch der Senora Na Mitjana, zurückerinnert. Ein Traum.





Wir verliessen den Hauptteil der Kirche wieder und machten uns am Tageslicht auf den weiteren Weg nach oben. Hier wurde mit einer Leiter und diversen Stahlseilen ein weiterer Zugang in einen Schlund oberhalb des Wasserfalls gelegt. Auch hier findet man sich in einem riesigen Raum wieder, in welchen das Wasser von oben in einer Rinne eintritt. Der Marmor ist hier glatt poliert und teilweise leuchtend blau. Ebenfalls ein wunderbarer Ort. Wir verliessen auch diesen Ort nach oben, um dort noch einen schönen Bergsee mit zugehörigem Geocache zu besuchen. Dies war ein kleiner Abstecher und wir machten uns schon bald an den Abstieg. Da schien ein winziger Fleck im Tal zu sein, welcher sich nach gut 40 Minuten jedoch zum Glück wirklich als unser Womo herausstellte.

Wir tätigten noch einen Anruf in die Schweiz. Einer der seltenen Telefonate nutzten wir um Melanies Schwester zum Geburtstag zu gratulieren und ein wenig zu plaudern ehe wir weiter in den Norden fuhren.

Nun war sie aber hier. Endlich. Die Atlantikstrasse. Einer der berühmtesten und meist fotografiertesten Streckenabschnitte Norwegens lag vor unserem Wohnmobil. Die Strasse windet sich hier mittels Brücken und Dämmen über diverse kleine Inseln und Scheren. Wir hatten bestes Wetter und mussten so keine Angst haben von den vielen Brücken gewindet zu werden oder dass eine hohe Welle uns mitreist. Im Radio lief „My Favourite Game“ von den Cardigans – der richtige Soundtrack um so eine Strasse zu befahren. Auch hier wieder Freiheit und Wildnis pur. Selten fühlt man sich beim Befahren einer Strasse so mit dem Meer verbunden. Wie über Wellen gleitet man über die Piste. Doch wir waren nicht alleine. Womos überall. Dieser Teil der Strecke in den Norden wird wohl von JEDEM Womofahrer befahren und auch andere komische Fahrzeuge konnten hier auf der Durchreise angetroffen werden. Wir machten einen kurzen Spaziergang, schossen einige Fotos und machten uns dann auf den Weg in den Norden. Überall hatten es sich die Wohnmobile in riesigen Rudeln gemütlich für die Nacht gemacht. Doch in solch grossen Verbänden wollten wir hier nicht stehen und suchten einen alten Hafenkai eine Viertelstunde nördlicher auf. Hier stehen wir direkt am Meer, mit einer schönen Aussicht, welche wir uns nur mit einem einzigen anderen Womo teilen müssen. Gegessen haben wir schon und nun werden wir uns noch zum kleinen Sandstrand hier begeben um gegen 21 Uhr noch unseren täglichen Badetermin wahrzunehmen. 







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