Samstag, 7. Juli 2018

Weiter durch den Untergrund

Wie erwartet verbrachten wir eine ruhige Nacht hier auf dem Hügel bei der Festung. Ein zweites Womo gesellte sich spät Abends noch zu uns. Dessen Bewohner zogen jedoch gleich die Fenster zu und löschten die Lichter. Als wir uns morgens an den Frühstückstisch setzten waren sie auch schon wieder weg. Die haben anscheinend sogar den Besuch der genialen Festung ausgelassen.

Wir starteten mit der steilen Abfahrt von dem kleinen Hügel und fanden uns so wieder beim Flughafen von Trondheim. Von hier fuhren wir immer weiter in Richtung Norden. Es stand uns heute eine lange Fahrstrecke bevor und so waren wir auch nicht böse, dass die Sonne heute einmal von einer dicken Wolkendecke versteckt wurde. Die Stunden verstrichen bei der Fahrt durch die wilde Landschaft, welche immer noch ein wenig an die Schweiz erinnert. Einfach ohne Menschen, Häuser oder Autos. Wir verliessen bei Verdalsora sogar noch die Schulz-Route und machten einen Abstecher von 20 Minuten zu unserem ersten Ziel. Dort angekommen war schon Mittagszeit und wir genehmigten uns ein paar leckere Wasa mit Gauda.

Dann aber los. Zu diesem Abstecher, welcher in zwei Teile aufgeteilt war, verlockten uns wieder einmal zwei Geocaches, welche schon Zuhause unsere Aufmerksamkeit auf sich zogen. Der erste (coord.info/GCYH8K) führte uns zum Blockhuset. Ein Wachtposten des Festungswerkes, welches sich etwas mehr als 2 Kilometer weiter taleinwärts in Richtung Schweden befand. Auf dem Navi fanden wir keinen Weg, welcher zu diesem Wachtposten führt und machten uns auf eine abenteuerliche Reise gefasst. Direkt an der Strasse entdeckten wir aber einen Wegweiser und über ein paar Serpentinen führte uns ein gut ausgetretener Trampelpfad in die Höhe. Und plötzlich sahen wir den Posten vor uns. Ein Bunker aus Stahlbeton, umzingelt von etlichen Lagen Stacheldraht. Ein super Fotomotiv. „Schatz hast du mir schnell die Kamera?“ - „Ähm hast die nicht du?“. Ja irgendwie schleppten wir verschiedene Objektive, Filter und diverse Helferlein den Berg hoch – doch die Kamera blieb im Womo. Nun wir liessen uns die Laune dadurch nicht verderben und schlichen uns durch drei metallene Tore, übersät mit Stacheldraht, an den Eingang des Betonkolosses. Den Eingang bewachte eine feine Holztüre, welche sich ohne Probleme öffnen liess. Hinter ihr führte eine Treppe hinab ins Dunkel. Modernder Geruch stieg in unsere Nasen und am Ende der kurzen Treppe stiessen wir auf eine schwere Eisentür. Auch diese liess sich öffnen, wenn auch nur mit grösserem Kraftaufwand. Gespannt starrten wir ins dunkle Untergeschoss und waren überrascht als wir unsere Taschenlampen anknipsten. Eine komplette Küche bestehend aus verrostetem Ofen, Rauchabzug und einer Küchenzeile aus Holz standen noch komplett da. Auch Tisch und Bank war noch vorhanden. Fast schon ein wenig unheimlich. Ansonsten fand sich in dem Keller nur die Treppe nach oben. Sie sah stabil aus und so trauten wir uns in den oberen Stock.

Wieder waren wir überrascht. Der Bunker war auch im oberen Stock noch mit der originalen Einrichtung versehen. Ein Dutzend harte Holzpritschen erzählten die Geschichten von kühlen Nächten und eine Menge Tische und Bänke stand herum. Doch was uns viel mehr überraschte war die restliche Einrichtung. Als ob wir eine Ferienwohnung betreten hätten wurden wir begrüsst und der Bunker wartete mit allerlei Luxus auf. Ein Regal bot Gulasch, Chilli con Carne und Ravioli in Konserven. Eine grosse Plastikbox bot Gewürze, Zucker, Kaffee, Tee, Becher, Servietten, Besteck, Trockengebäck, Suppentüten und Rechaudkerzen. Auch Kochutensilien waren vorhanden, mit der Bitte nur im Freien an der Kochstelle hinter dem Haus zu kochen. Wasser und Feuerholz waren vorhanden – nur der Ofen war defekt, wie uns ein angebrachter Zettel warnte. Zwei Bedingungen zur Benutzung der vielen tollen Dinge gab es: die Putzutensilien waren auch zu gebrauchen (Spülmittel, Schwämme, Lumpen und Besen) und der entstandene Abfall sei selbst mitzunehmen und zu entsorgen. Keine Ahnung wer diesen Bunker so wohnlich und gastfreundlich einrichtete – bekannt scheint es jedenfalls nicht zu sein. Da uns die Kamera fehlte machten wir viele Videos, welche wir jedoch hier aufgrund der grossen Datenmenge leider nicht online stellen können – sogar fürs WLAN sind die 4K-Aufnahmen zu gross. Für ein paar Fotos mit dem Handy reichte es aber noch. Völlig zufrieden verliessen wir das Blokhuset und machten uns an den Abstieg.






Das Womo und die Kamera warteten schon auf uns als wir wieder im Tal angekommen waren. Doch lange dauerte die nächste Fahrt nicht. Wir wollten uns natürlich nun auch noch die Festung begutachten, welcher das Blokhuset als Vorhut diente. Die Hauptfestung besteht aus zwei Teilen, einem nördlichen und einem südlichen Teil, welche wesentlich touristischer angepriesen werden als das Blokhuset. Für beide muss man jedoch sein Auto stehen lassen und einen Kilometer durch den Wald wandern. Auch hier wieder ein guter Trampelpfad, welcher an gewissen Stellen von Stegen um Felsen und Brücken ergänzt wurde. Diese machten jedoch einen wirklich schlechten Eindruck. Die Stege waren ungesichert, die Hängebrücken defekt und verrostet mit morschen Böden. Wir schafften es jedoch über sämtliche Wegstrecken und standen schon bald vor einem metallenen Container, welcher mitten im Wald abgestellt war. Die Türe liess sich öffnen und ein fast noch betriebsfähiges Notstromaggregat kam zum Vorschein. Wow – alles noch vorhanden. Sogar die technischen Unterlagen wie Betriebsanleitung, Schemas, Wartungstabellen waren noch in einem Ordner vorhanden. Voller Erwartungen machten wir uns noch knapp hundert Meter weiter zur Festung und betraten diese. Typisch touristisch war auch diese wieder beleuchtet. Teilweise auf jeden Fall. Defekte Leuchtmittel scheinen hier nicht ersetzt zu werden. Die Kabel dazu wurden einfach irgendwie durch die dunkeln Gänge gezogen und die Klemmverbindungen lagen offen herum. Ab und an informierte ein Schild, was hier einmal gewesen war. Komisch bunte Fähnchen und rot weisse Ketten sperrten diverse Örtlichkeiten ab. Stühle und Tische standen wirr herum. LostPlace oder touristische Festung – es hatte von beidem Etwas, aber doch nichts richtiges. Irgendwie völlig komisch. Es war spannend in der alten Festung herumzuwandern und die Geschützstellungen und diversen Räume zu entdecken und fotografieren. Doch so richtiges Feeling kam irgendwie nicht auf. Es schien hier eher wie eine riesige Abstellkammer eines Bastlers und Messies. Schade um den tollen Ort, den man hier scheinbar verkümmern lässt ohne ihm wenigstens den Charme eines LostPlaces zu geben. Immerhin den Cache (coord.info/GCY4E6) fanden wir auf Anhieb. 









So machten wir uns voller Hoffnung auf den kurzen Weg bergab und über den Fluss, welchen wir auf einer noch kriminelleren Brücke als die bisherigen überquerten. Die durchgerosteten Eisenstäbe der Bodenkonstruktion wippten im Takt mit unseren Schritten. Als wir die ewig scheinende Treppe zur Festung Süd dann endlich erreichten, war diese versperrt. Ein am Boden liegendes Schild zeigte uns die Eintrittspreise. Erst dachten wir, dass dieser Teil hier wohl besser in Schuss wäre weil es ja Eintritt kostet. Aber da die Türe an einem Samstag in den Schulferien um 14:30 geschlossen war, denken wir nicht dass hier noch irgendwas läuft. Den Rückweg zum Womo absolvierten wir jedoch am Rande der Hauptstrasse. Dies schien uns an diesem Ort hier sicherer zu sein.

Kurz später waren wir schon zurück auf der Route, welche der Reiseführer für uns bereithielt. Es dauerte nicht lange, ehe wir den Norwegischen Pilgerort Nummer Eins erreicht hatten. Stiklestad heisst der Ort, welcher jeder Norweger in seinem Leben einmal besucht haben muss. Im Jahre 1030 starb hier König Olav Harraldsson in einer grossen Schlacht. Er versuchte den störrischen Teil des Volkes zum Christentum zu bekehren und verlor diesen Krieg. Kurz nach seinem Tod wurde der König heilig gesprochen und seither ist der heilige St. Olav die zentrale Figur in der Norwegischen Kirche. Zu diesem Zwecke wurde hier ein riesiges Zentrum erbaut, welches auch ein Freilichttheater bietet, in welchem seit 40 Jahren jährlich das Stück zum Tode St. Olavs aufgeführt wird. Als Angehörige eines anderen Staates ist dieser Ort dann hier auch nicht sonderlich spannend und wir machten uns schnell auf die Weiterreise. So hatten wir mehr Zeit für den nächsten Teil. 




Dieser führte uns ein Stück nördlicher in die Botanik. Ein kleines Wandergebiet oberhalb Snasa wird als Orchideen-Wandergebiet beworben. In unserem Reiseführer jedenfalls. Vor Ort war nicht einmal ein Parkplatz in Sicht. Schilder oder so? Fehlanzeige. Trotzdem wollten wir uns die Chance nicht nehmen lassen hier wild wachsende Orchideen zu finden. Sogar der eher seltene Frauenschuh soll man hier mit viel Glück finden. Wir wanderten um die 15 Minuten an diversen Blumen vorbei, welche aber alle keine Verwandten der Orchidee waren. Wir dachten schon am falschen Ort zu sein, als wir eine schöne Blume entdeckten, deren Zeichnung uns eindeutig verriet, aus dem Bunde der Orchideen zu stammen. Geflecktes Knabenkraut ist der Name der tollen Blume, welche von nun an immer öfters am Wegesrand zu finden war. Doch konnten wir auch einen Frauenschuh finden? Wir verraten es euch erst am Ende des heutigen Eintrages. 





Nun war es schon nach 17 Uhr und der Pflichttermin des Tages war noch nicht wahrgenommen. Was für ein Glück, befand sich nur ein paar Minuten entfernt ein Badeplatz. Diesen steuerten wir an, beschlossen aber zuerst zu kochen. Nach einem leckeren Abendessen war es dann aber soweit und wir stürzten uns in den See. Zur Abwechslung einmal wieder Süsswasser und wir erhofften uns vom Binnengewässer auch eine wärmere Temperatur. Weit gefehlt – der See war kalt wie schon lange kein Fjord mehr. So war es ein kurzer Spass im Wasser. Wir erhofften uns hier am Badeplatz schlafen zu können. Der Parkplatz wäre zwar ideal gewesen aber durch umliegende Häuser kam man sich ein wenig vor wie mitten im Dorf.

So fuhren wir noch eine halbe Stunde weiter zum Wanderparkplatzes eines Wasserfalles. Diesen werden wir uns aber wohl erst morgen früh ansehen. Wir haben uns nach dem Baden so schön eingeknuddelt und wollen nicht mehr nach draussen. In diesem Sinne: einen schönen Abend und gute Nacht.

Ach ja... das mit dem Frauenschuh war noch. Wir trafen sogar zwei verschiedene Arten des Frauenschuhs an. Die erste Art war leider schon verblüht. Da hat man endlich einmal das Glück einen Frauenschuh in der Wildnis zu entdecken und dann ist man zu spät. Doch den anderen Frauenschuh konnten wir in voller Farbe und bester Blüte entdecken. Wir hielten diesen Fund natürlich fotografisch fest und ihr dürft euch nun daran erfreuen. Viel Spass. 









Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen