So
richtig früh kamen wir heute trotz Vorsatz nicht aus dem Bett. Bis
auf ein Womo waren auch schon alle Nachbarn weitergezogen. Doch so
eilig hatten wir es ja auch wieder nicht. Und so gab es ein
gemütliches Frühstück ehe wir Richtung Innenstadt von Alesund
fuhren. Diese war doch etwa 10 Minuten entfernt (inklusive verfahren)
und bot nicht gerade viele Parkplätze. Doch wir konnten einen
entdecken und lösten ein Ticket für nicht ganz eine Stunde. 10NOK
also knapp einen Franken kostete uns das, was völlig okay war. Somit
dauerte unsere Parkzeit bis 09:54 und die Läden öffneten alle um 10
Uhr. So kann man exzessivem Shopping auch vorbeugen. Wir entdeckten
dafür lieber die Stadt mit ihren vielen Häusern im Jugendstil. Es
war interessant wieder einmal Häuser zu sehen, welche nicht aus Holz
gebaut sind – so erfrischend anders. Doch das imposante war eine
Stadt zu betrachten, welche praktisch komplett im Jugendstil erbaut
wurde. Das sahen wir so wirklich noch nie und die Stadt gleicht sehr
einem Museum für diesen Häuserbaustil. So überzogen wir die
Parkdauer auch leicht und machten uns erst kurz nach 10 Uhr auf
unsere Weiterreise.
Wir
liessen Alesund hinter uns und brausten in den Norden. Das Ziel war
heute über den Trollstigen nach Andalsnes zu fahren. Keine weite
Strecke und auch eine mit nicht allzu vielen Sehenswürdigkeiten.
Eine ersten kleinen Halt machten wir jedoch schon nach kurzer Fahrt
bei den Skodje Bru. Zwei Brücken, welche aus Ziegeln und Naturstein
erbaut worden sind. Die Bauten vom Beginn des letzten Jahrhunderts
sind ebenfalls einmal etwas anderes. Kein Stahl, keine
Hängekonstruktion, kein Spannbeton. Wir schossen ein paar Fotos,
besuchten den Cache am Fusse der Brücke und fuhren weiter.
Ein
kleiner Halt um den Fjord zu betrachten wurde noch eingelegt. Dieser
dauerte jedoch nur kurz. Ein bisschen länger planten wir unseren
Halt bei der Gudbrandsjuvet. Eine tiefe Schlucht welche den relativ
grossen Fluss Gudbrand einfach verschwinden lässt. Der Ort sah im
Reiseführer so romantisch und natürlich aus. Und vor Ort: die
Reisebusse stauten sich schon 300 Meter vor dem Parkplatz. Da wussten
wir schon wieder was uns erwartet. Wir parkten unser Womo trotzdem
und begaben uns durch die Menschenmassen auf die Besucherstege. Diese
Stahlkonstruktionen erinnern stark an die Raubtiergänge mit denen im
Zirkus die Tiger in die Manege geleitet werden. Sie ziehen sich
mehrere Meter im Zick-Zack durch die Gegend. Geradeaus wäre es
schneller und kürzer gewesen – aber dann hätten all die Leute ja
gar keinen Platz gehabt. Erst ganz am Ende des Steges hingen ein paar
Kanzeln über der Schlucht. Und als wir endlich dort waren, waren
alle Menschen weg. Als ob die Tiger wirklich kommen würden, machten
sich alle auf den Rückweg und wir konnten in Ruhe Fotos schiessen
und ein paar Filme aufnehmen. Die Schlucht war wirklich sehr
imposant. Beeindruckend wie so viel Wasser sich mit grossem Getöse
durch einen so schmalen Felsspalt winden kann. Naturgewalt pur.
Die
nächsten Reisebusse fuhren schon auf den Parkplatz und wir wussten,
dass wir nun wieder hier weg müssen. Weiter ging es in Richtung
Trollstigen, über Strassen welche immer schmäler wurden. Die
Fahrzeugauswahl schränkte sich langsam immer mehr ein. Reisebusse,
Wohnmobile und wenn einmal ein normaler PKW der Weg kreuzte, prangte
ein Aufkleber von Avis, Hertz, Budget und wie sie auch alle heissen
am Heck. 5 Kilometer vor dem Ziel entschlossen wir uns einen
gemütlichen Picknickplatz anzufahren und unser Mittagessen zu uns zu
nehmen. Es gab Naturejogurt mit Nektarinen und unseren gesammelten
Heidelbeeren von gestern. Ein gesunder Traum.
Als
die Wolken dann auch noch beiseite traten und der Sonne Platz
machten, zogen wir weiter. Nicht mehr weit war es nach oben bis zur
wohl berühmtesten Serpentinenstrasse Europas. Dem Trollstigsvei oder
einfach Trollstigen. Wie erwartet standen hier oben nicht bloss ein
oder zwei Fahrzeuge auf dem Parkplatz. Diverse Reisebusse, PKWs und
vor allem Wohnmobile parkten dicht an dicht und die Menschentraube
drängte sich über einen Steg zum Aussichtspunkt. Auch wir parkten
unser Womo und machten es den Touristen gleich. Wir schoben uns an
dem Besucherzentrum vorbei – ein riesiger Betonbau, welchen man
hier in den schönen Bergfluss gepflanzt hat. Auch der rostige
Stahlsteg ragte wie ein Fremdkörper aus der Landschaft, führte uns
jedoch zu einem der schönsten Aussichtspunkte, welchen wir je
besuchen durften. Die Sicht in das vor uns liegende Tal war der
Knüller. Und blickte man hinab, sah man den Trollstigen in seiner
vollen Länge. Diverse enge Serpentinen und 10% Gefälle machte den
Fahrern der grossen Fahrzeuge das Leben schwer. Es war eine Freude
die teilweise überforderten Fahrer bei ihren Manövern zu
beobachten. Besonders wenn zwei Reisebusse auf dieser Strasse
aufeinander treffen wird es lustig. Plötzlich beobachteten wir sogar
zwei Personen, welche sich mit dem Slalomboard (so eine Art
Skateboard) die Strasse hinunterstürzten. Und das in einem Tempo,
dass sie alle Autos überholten. Krass anzusehen war das. So
verbrachten wir hier doch einige Minuten, genossen die Aussicht und
die Unterhaltung unter uns.
Dann
war es jedoch an uns die Leute zu unterhalten. Wer mich kennt weiss:
nichts lieber als Bergstrassen. Auch mit dem Womo. Also wartete ich
bis niemand vor mir war und steuerte dann unser Womo vom Parkplatz
auf die Strasse. Leider drängte sich doch noch so ein winziger
Elektro-Nissan vor uns, welcher natürlich in unglaublich langsamen
Tempo die Passstrasse befuhr. Ein Reisecar aus Holland war jedoch mit
unserem Entgegenkommen so überfordert, dass ich unser Womo eine
grosse Strecke zurücksetzte, sogar um eine Serpentine herum. Danach
war die Strasse vor uns frei und wir konnten die Abfahrt so richtig
geniessen. Ich auf jeden Fall. Und Melanie hat sich auch schon fester
an den Griff oberhalb der Türe geklammert. Viel zu schnell waren
wir unten, doch die Uhr zeigte trotzdem schon 15 Uhr als wir in
Andalsnes auf den Stellplatz rollten. Wir mussten uns nun beeilen, da
in einer Stunde ja schon das Achtelfinale startete. Und wir mussten
ja noch eine Bar oder so finden.
Wir
beschlossen uns wieder einmal normale Kleidung anzuziehen. Normal
heisst: keine Wanderschuhe, keine Wanderhosen und keine bereits
benutzten Pullover. In meiner sauberen Jeans, meinem angenehmen
Pullover und den sauberen Turnschuhen kam ich mir schon fast vor wie
in einer Verkleidung. Doch so enterten wir das Städtchen und fanden
neben ein paar Restaurants und einem fensterlosen Kebapstand gar
nichts. Wir suchten uns also ein offenes WLAN um dort zu streamen.
SRF und 20Minuten etc. funktionieren ja aus rechtlichen Gründen im
Ausland nicht. Aber TV2 Norge hat sich die Rechte der Übertragung
für Norwegen gesichert und diesen Sender können wir streamen. Ja
wir sind informiert. Nur leider überträgt TV2 dieses Spiel nicht.
Nur die Spiele um 20:00 werden übertragen – was soll denn das
bitte? Und so begann das Spiel wieder von vorne. Zurück zum Womo
stressen, zu Rema 1000 fahren, uns ins WLAN einloggen und merken,
dass Schweizer Seiten gesperrt sind und andere Streamingangebote
nicht vorhanden waren. Die FIFA duldet wohl kein vorbeisehen an den
offiziellen Kanälen. Als letzten Versuch schauten wir uns auf
Facebook um, um zu sehen ob jemand dort das Spiel streamt –
chancenlos. Da kam uns eine Idee. Whatsapp Videotelefonie. Wir hatten
ja WLAN. Und an wen wendet sich ein erwachsener Mann wenn er nicht
mehr weiter weiss und Hilfe braucht? Genau: an seine Mami. So wurde
kurzerhand meine liebe Frau Mutter wieder vom Sofa hochgescheucht und
in unseren Plan eingeweiht. Das Spiel war schon angepfiffen als die
gute Frau aus einem Stuhl, diversen CD Hüllen und einem Schuhlöffel
uns einen Kameraturm vor ihrem Fernseher baute. Dass dieser ihr
selbst die Sicht vom Sofa zum Fernseher versperrte, merkte sie leider
erst wieder als sie sich setzte. Aber sie hat ja zum Glück ein
riesiges Sofa und konnte sich ein wenig umsetzen. Ja auch wenn alles
den Bach runter geht – auf seine Mutter kann man sich eben immer
verlassen.
So
sassen wir also in unserem Womo auf dem Parkplatz von Rema 1000.
Dieses war nicht gerade am besten Ort geparkt, jedoch an dem Ort wo
das beste WLAN vorhanden war. Der Akku meines Handys war dann auch
ziemlich genau nach 45 Minuten am Ende. Wir hofften, dass dies nicht
auch auf unsere Nationalspieler zutraf. So wurde nach der Pause
Melanies Handy zum Glühen gebracht. Doch es half alles nichts. Wie
schon im Hockey scheiterten wir auch im Fussball an den Schweden.
(Beim
Foto der Konstruktion auf unserer Seite bitte auch das Nutellaglas
der Halterung genau beachten)
Es
graute uns schon vor der Rückkehr auf den Stellplatz. Schweden sind
hier in Norwegen nämlich keine Seltenheit. Wir verabschiedeten uns
dankbar von unserer Übertragungsdame am anderen Ende der Leitung und
fuhren trotzdem zum Stellplatz. Unauffällig parkten wir uns in die
Ecke und kochten Nachtessen. Typisch Schweizerisch gab es ein Hörnli
mit Ghackets, welches mit Norwegischem Hackfleisch ein wenig anders,
aber trotzdem lecker, schmeckte. Nun ist es noch früh am Abend –
gut für mein spannendes Buch. Wir werden wohl noch in die
Kristallkugel schauen (oder in den Reiseführer) um zu sehen, was die
nächsten Tage so auf uns zukommt.
Und
während wir das so taten, fuhr wieder ein weisser VW T5 auf den
Platz. Passiert öfters hier. Doch es waren Landsleute. Berner. Doch
nicht irgendwelche Berner – nein unsere Nachbarn von letzter Nacht
stellten ihr Zuhause doch wirklich gleich wieder neben unseres. Was
für ein Zufall. Wir lachten uns entgegen und trafen uns auf einen
kleinen Schwatz vor unseren Womos. Dieser dauerte heute ein wenig
länger und wir waren überrascht, dass schon beinahe 22 Uhr war, als
wir uns von den Beiden verabschiedeten. Es ist immer wieder toll auf
diese Art Leute kennenzulernen und sich ein wenig zu unterhalten.
Jemand sagte einmal, Reisen ist nicht nur die Länder welche man
besucht, sondern auch die Menschen, die man trifft. Keine Ahnung wer
es war – doch recht hatte er.
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