Sonntag, 8. Juli 2018

Endlich in Nord-Norwegen

Ganz alleine standen wir gestern Abend auf unserem Parkplatz am Wasserfall. Bis etwa um 22:30 ein weiteres Womo auf den Platz fuhr. Um gerade zu stehen haben wir uns ein wenig breit gemacht und so stieg ich aus um den beiden Deutschen anzubieten, ein wenig zur Seite zu fahren. Doch sie lehnten ab. Sie wollten nur kurz den Wasserfall betrachten und danach weiter. Um 22:30? Tja... wenn man nur zwei Wochen Urlaub hat und Norwegen entdecken will, muss man die lange Helligkeit eben ausnutzen. Denn Licht war auch gestern wieder vorhanden als ob 16 Uhr wäre. Also falls sich jemand jetzt dazu angestachelt fühlt dieses wundervolle Land zu besuchen: wir können euch jetzt schon sagen, dass alles unter zwei Monate keine Option ist. Einen Monat würde vielleicht knapp für den Süden reichen. Wir sind bisher über einen Monat in Norwegen und noch immer nicht in Nord-Norwegen angelangt. Hier an dieser Stelle des Textes auf jeden Fall noch nicht.

Wir nächtigten also mit dem Rauschen des Wasserfalls im Rücken und hatten einen tiefen Schlaf. Als wir morgens unter der Bettdecke hervor krabbelten war aber ungewöhnlich kalt in unseren vier Wänden. Hatten wir vergessen die Heizung anzumachen? Ein Blick auf das Bedienfeld sagte, dass der Schalter zwar auf „ON“ steht, die Heizung jedoch eine Fehlermeldung anzeigt. Wir hatten gleich ein wenig Bammel, dass wir hier in Norwegen noch jemanden brauchen, der uns unsere Heizung repariert. Ein Blick im Internet beruhigte uns nur bedingt. Es handelt sich um den Fehler „Dieselkraftstoff nicht ausreichend“. Den Tank hatten wir gestern gefüllt und 80 Liter hatte die Heizung sicherlich nicht verheizt. Erst beim Anlassen des Motors bemerkten wir durch ein Pfeifen, dass sich die Batterie ebenfalls zu tief entladen hatte. Wir waren gespannt, ob es da einen Zusammenhang geben könnte. Eigentlich machten wir gestern viele lange Strecken und die Batterie sollte dadurch voll geladen sein.

Es half alles nichts und wir starteten knappe 100 Meter vor der Haustüre unsere erste Entdeckungstour des Tages. Der Wasserfall war gross, jedoch tief in einer Art Klamm und somit fast nicht sichtbar. Man sah aber der Umgebung an, dass der Wasserstand sehr tief war. Kein Wunder. Haben wir doch seit Wochen keinen wirklichen Regen mehr erlebt hier in Norwegen. Trotzdem war es ein schöner Ort hier und frühmorgens noch total ohne irgendwelche Besucher.



Wir zogen also weiter und legten gleich eine beträchtliche Fahrstrecke hin. Sicherlich gut für unsere Batterie. Am ersten Halt wurde dies auch überprüft und mit 12,8 und 12,9 Volt waren sowohl Fahrzeug- wie auch Aufbaubatterie in einem sehr guten Bereich – und siehe da: auch die Heizung liess sich wieder einschalten – ohne Fehlermeldung. Hoffen wir, dass dies so bleibt. Wir waren also an unserem nächsten Halt angekommen. Wieder ein Wasserfall. Mit diesem mündet der Tommeras in einen kleinen See. Baden soll hier wundervoll sein, besonders in einem kleinen Nebenarm, welcher sogar mit einer natürlichen Rutsche aufwarten sollte. Einfach in den Fluss setzen, sich durch die ausgeschliffenen Schären treiben lassen und zum Schluss in den See schweben. Etwas für die Mutigen. Momentan eher etwas für die Wahnsinnigen. Durch den niedrigen Wasserstand würde man sich hier wohl an den Schären höchstens grün und blau schlagen. Doch wir spazierten über die Schären zum grossen Wasserfall und beobachteten die Fischer, welche heute morgen als Einzige den Weg hier raus gefunden hatten. 




Zwischen Grong und Harran entschlossen wir uns zu einem kleinen Abstecher, welcher uns mit wenig Umweg zu zwei interessanten Orten bringen sollte. Zum Einen war dies der Grongstadfossen, welcher über mehrere kleine Wasserfälle über 70 Meter zu Tale stürzt. Den Fall sieht man sich dabei von einer kleinen Erhöhung an der gegenüberliegenden Talseite an. Der Fels, über den das Wasser schiesst, markiert hier ein Loch im sonst dichten Wald und sticht daher schön aus seiner Umgebung. Auch hier machte sich der fehlende Regen bemerkbar. Im Vergleich zu den Bildern im Reiseführer war es hier doch einiges weniger an Wasser, welches in die Tiefe drang. Schön anzusehen war der Grongstadfossen aber auch so. 



Der zweite Teil des Abstechers führte uns zur Hammerbru (nicht zu verwechseln mit dem Hamburger Stadtteil Hammerbrook). Eine gedeckte Holzbrücke im Nirgendwo. Aber nicht irgend eine gedeckte Holzbrücke. Nein, mit 30 Metern Länge ohne eine Stütze dazwischen gehört sie zu den Längsten der Welt. So spektakulär wie sich das anhört, war die Brücke dann aber nicht. Eine Holzbrücke wie so viele Andere auch, im Norwegischen Stil und eben einfach ein wenig länger, wobei 30 Meter jetzt optisch nicht so eine „WOOOW“-Distanz ist. Trotzdem war sie schön anzusehen und wartete mit einem Cache auf. 



Wir fuhren wieder eine grössere Distanz, ehe uns der Hunger zu einem Halt zwang. Wir parkten an einem Fluss und machten uns genüsslich über unser Mittagessen her. Eine halbe Stunde telefonierte ich danach noch mit Raphael, einem sehr guten Freund, welcher uns im Sommer in Finnland vielleicht noch über den Weg laufen wird, wenn er von Stockholm ans Nordkapp reist. Danach ging es wieder eifrig weiter.

Lange freuten wir uns auf den Moment, welcher uns nun kurz bevorstand. Die Ankunft in Nord-Norwegen. Ein kleiner Meilenstein auf unserer langen Reise ans nördliche Ende Europas. Die Einreise in diesen nördlichen Teil Norwegens kann man dann auch nicht verpassen. Nur eine einzige Strasse führt über norwegisches Gebiet in den Norden, ist das Land hier doch nur wenige Kilometer breit. Und über diese Strasse hat man dann auch eine riesige Willkommenstafel, ja ein Willkommensbogen, gehängt. Natürlich ist dieser ein beliebtes Fotomotiv, welchem auch wir nicht widerstehen konnten. Melanie stellte sich zwei Mal auf die leere Strasse – ein mal für den Blog und ein mal damit ich sie mit der Sofortbildkamera ablichten konnte. So standen wir noch einen Moment an diesem Parkplatz, schwenkten das kleine Foto in der Luft und suchten einen Cache. Eilig fuhren wir dann aber in diesen „Norden“ und erwarteten keine grosse Veränderung von jetzt auf gleich. 



Somit waren wir sehr überrascht, als schon wenige Kilometer nach der „Grenze“ die Landschaft eine komplett andere war als zuvor. Hier war der Norden zu spüren. Fertig war die Landschaft welche uns in den letzten Tagen wieder mehr an Schweden oder den Süden Norwegens erinnerte. Hier waren die Fichten dünner, brauner und weniger dicht gesät. Die ganze Landschaft wirkte wilder. Wie man sich das im Norden eben so vorstellt. Immer wieder eindrücklich wie schnell sich das in Norwegen ändern kann. Schon bald machten wir unseren ersten Abstecher um uns ein kleines Bad zu gönnen. Dies wollen wir auch im Norden so beibehalten. So lange es eben geht. Wir fuhren einen Badeplatz an, welcher mit süssen kleinen Hütten aufwartete.




Der See war an diesem Ort jedoch ein wenig zu weit entfernt und wir stellten uns ein bisschen um. Nur ein paar hundert Meter weiter waren wir alleine und konnten mit wenigen Schritten an das Ufer des glasklaren Sees treten. Dieser war nicht so kalt wie andere Gewässer vor ihm und wir tollten relativ lange im Wasser herum. Draussen war es plötzlich wohlig warm geworden – oder fühlte sich zumindest so an – als wir uns auf die Weiterfahrt begaben. 



Diese endete schon bald auf dem Parkplatz des Laksfoss. Hier brühte ich mir gemütlich einen Kaffee und legte mir ein paar Kekse zurecht. Melanie freute sich über ihren Apfel. So waren wir beinahe glücklich als wir uns zum Wasserfall begaben. Aber eben nur beinahe. Denn die Pause zuerst einzulegen war auf zwei Gründen ungeschickt. Grund 1: nun regnete es. Grund 2: ein Reisebus voller Italiener lud gerade seinen Inhalt auf dem Parkplatz aus und dieser strömte nun über die nassen Felsen die wenigen Meter zum Wasserfall. So mussten wir eben mit der Menschenmasse mitmachen und uns langsam zum Fall bewegen. Dieser Wasserfall löste bei uns beiden genau den gleichen Gedanken aus. Einmal sehen ob es euch genauso geht:



Also als wir den Wasserfall betrachteten, fühlten wir uns als ob wir vor einer kleinen Version des Rheinfalles stehen. Mit den kleinen Felsen in der Mitte und einfach allgemein fühlte sich der Ort für uns beide so an. Der Laksfoss war wirklich ein toller Ort und auch wenn man den Rheinfall kennt einen Besuch wert.

Der nächste Halt sollte dann aber auch der Letzte für heute sein. Unser Platz für die Nacht. Diesen fanden wir in der Nähe einer kleinen Grotte, welche wir morgen früh besuchen möchten. Der Parkplatz war am Ende einer holprigen Schotterpiste, auf welcher unser Womo knapp noch voran kam. Der Platz war gut belegt, liess jedoch eine ebene Lücke für unser Womo frei. Ideal. Doch fürs Nachtessen war es noch zu früh und bei dem Regen wollten wir auch nicht zur Grotte. Da muss man sich zu beschäftigen wissen und mich packte plötzlich das Handwerker-Fieber. Dies muss man ausnutzen und ich holte sofort meine Werkzeugtasche. Seit einer Weile klemmen einige Küchenschubladen und dieses Problem verstärkte sich in dieser Woche massiv. Melanie flucht täglich mehrere Male laut im Womo herum (wer sie kennt weiss genau wie gut sie das kann) und dem wollte ich nun ein Ende setzen. Als ich endlich herausfand wie die Schubladen entfernt werden können, entdeckte ich lauter lose Schrauben und eine Seitenschiene war sogar komplett abgefallen. Auch der Schliessmechanismus, welcher schon länger nicht mehr funktioniert, kam mir beim auseinanderbauen entgegen. Das wird eine grössere Baustelle. Das merkte ich sofort. Und so wurde geschraubt, ausprobiert, angepasst und gefeilt – bis die Türen sich nach einiger Zeit besser öffnen und schliessen liessen als am ersten Tage. Auch die anderen Schubladen wurden bei der Gelegenheit alle revidiert und so öffnet und schliesst sich hier alles wieder lautlos (wegen den Flüchen) und Melanie ist überglücklich.



Wie ein echter Handwerker gönnte ich mir darauf ein Bier und liess mich bekochen. So muss das sein. Die Autos auf dem Parkplatz gehörten zudem einer Gruppe, welche sich mit zwei Führern tiefer in die Grotte wagten und waren plötzlich alle verschwunden. So stehen wir wieder ganz alleine hier im Grünen und geniessen den Abend.


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