Mitternachtssonne ja oder nein?
Diese Frage stellten wir uns gestern zwischen 23:00 und Mitternacht
einige Male. Da war sie wie wieder hier, jedoch nur um kurz darauf
wieder hinter der Wolke zu verschwinden. Doch war sie Mitternacht da?
Wir würden sagen jein. Sie schien, jedoch nicht ganz direkt und
ungehindert. So eine halbe Mitternachtssonne also – doch besser als
nichts. Wir standen auf dem Damm und schauten uns das Schauspiel an,
schossen Fotos und hatten Spass, dass es um Mitternacht so aussieht,
wie bei uns kurz nach 21:00 Uhr. Das Problem kam erst danach. Wir
stellten uns noch ein paar Meter weiter auf einen grösseren
Parkplatz zu den anderen Wohnmobilen und wollten schlafen. Doch wenn
man erst um halb eins nachts die Rollläden schliesst, wird das
nichts mit baldigem Schlaf. Es war nach halb zwei als unsere Tolinos
schlafen gingen und mit ihnen auch wir.
Klar stellten wir den Wecker da
heute nicht auf 07:30 Uhr, sondern erst später. Doch wir erwachten
irgendwie schon vor dem Wecker. Wieso denn das nun wieder? Wir
mussten nachdenken, ehe wir bemerkten, dass es derselbe Grund ist wie
im Sommerurlaub: die Hitze. Die Sonne heizte unser Wohnmobil und
liess uns schnell die Fenster öffnen. Strahlender Sonnenschein,
blauer Himmel und warme Temperaturen warteten also auf uns und wir
folgten dem Ruf.
Diesem Ruf folgten wir nach Osten
und verliessen somit nun auch die Vesteralen. Eine wundervolle Insel,
welche den Lofoten in nichts nachsteht und viel weniger von Touristen
besucht ist. Damit ist hier die leichte Abneigung Wohnmobilen
gegenüber, welche auf den Lofoten mittlerweile spürbar ist, nicht
ganz so ausgeprägt. Hier kann man noch überall frei stehen und der
Nachbar aus dem Haus nebenan kommt eher noch auf einen Schwatz vor
die Tür, anstelle einem wegzuschicken. Wieder auf dem norwegischen
Festland hielten wir den östlichen Kurs in Richtung Bjerkvik. Einen
kleinen Abstecher gönnten wir uns, welcher uns an einen langen,
weissen Sandstrand führte. Leider war gerade Ebbe und der Strand sah
nicht so einladend aus wie gedacht. Das hinderte uns nicht daran ein
klein wenig dort zu verweilen und einen Spaziergang am Strand zu
unternehmen. Wir blätterten also so in unserem Reiseführer und
bemerkten, dass unser nächstes Ziel wohl erst Narvik sein wird. Dies
bedeutet zwar einen Abstecher von fast 40 Kilometern pro Weg in
Richtung Süden, doch das wollten wir uns dann doch nicht entgehen
lassen. Unser Reiseführer empfahl uns wärmstens den Besuch des
Geysir von Narvik, welcher um 13:00 Uhr täglich ausbricht. Wir
drückten die Koordinaten in unser Navi und die Ankunftszeit betrug
13:03. Nun aber nichts wie los.
Nördlich von Narvik mussten wir
noch einen Fjord-Arm umfahren. Nicht mehr viele werden wohl in diesen
Genuss kommen, da man für die E8 gleich bei Narvik eine riesige
Brücke über den Fjord baut. Die Baustelle und die Brücke sahen
sehr imposant aus. Kaum hatten wir den Stadtrand erreicht, verfolgten
wir schon einer Strasse, welche uns den Berg hinauf führte. Vorbei
an der Talstation der Fjellheisbahn, immer weiter nach oben. Bis zu
einem kleinen Kraftwerk. Dieses wurde in die Trinkwasserhauptleitung
gebaut, welche die Stadt mit dem kostbaren Wasser versorgt. Das
Kleinkraftwerk produziert pro Jahr so 10 Gigawatt Strom, womit es 500
Haushalte mit Strom versorgen kann. Dank wenig Verkehr zeigte die Uhr
erst 12:55 Uhr und wir konnten sogar noch die wundervolle Aussicht
über die Stadt geniessen, ehe pünktlich auf die Sekunde der Geysir
ausbrach. Nein natürlich kein echter. Aus welchen Gründen auch
immer lässt das Kraftwerk täglich um diese Zeit, das Wasser aus
einem Rohr an der Aussenfassade des Gebäudes schiessen. Mit 44 Bar
Druck erreicht die Fontäne eine Höhe von 75 Metern. Wenn man da
nicht aufpasst, wird man schnell einmal nass hier. Wir nutzten den
feinen Wassernebel der 10 minütigen Vorstellung, zu einer Abkühlung
ehe wir hier mit Blick über die Stadt zu Mittag assen.
Nun war aber die Erzverladestadt
Narvik an der Reihe. Wo Erz verladen wird gibt es auch Minen? Wieder
ein Jein. Hier wird tatsächlich Erz aus einer Mine verladen. Diese
befindet sich jedoch beinahe 300 Kilometer entfernt in Schweden. Die
Mine von Kiruna ist aber dann auch nicht irgend eine Mine, sondern
die Grösste der Welt. Und sie wächst noch immer. Die Stadt Kiruna
befindet sich deshalb momentan gerade im Umzug. 19'000 Einwohner
werden mitsamt allen Gebäuden, Einrichtungen und allem umgesiedelt.
Man stelle sich den Aufschrei in der Schweiz vor, würde man
Frauenfeld komplett umsiedeln. Hier wo die Mine der grösste
Arbeitgeber ist, stellten sich nur sehr wenige gegen die
Vergrösserung der Mine, dessen Erz mit dem Zug, der Ofotban nach
Narvik gebracht und mit Schiffen in die Welt versandt wird. Diese
Bahn wollten wir heute für einen kleinen Wanderausflug benutzen und
uns die tolle Bahnlinie ins Fjell ansehen. Aber die Wanderung würde
2,5 Stunden dauern und der Zug für den Rückweg fährt erst über 5
Stunden später. Das war uns zu viel Zeit zum Rumsitzen und wer uns
kennt, weiss, dass wir das nicht mögen. Dafür machten wir nun
einfach ein wenig die Stadt unsicher. Das Womo konnten wir gratis
parken und uns zu Fuss auf den Weg in die sehr gepflegte Stadt
begeben. Hier gefiel es uns wirklich sehr. Eine saubere, freundliche
und sehr ausgeräumte Stadt. Die Plätze schienen alle neu angelegt,
die Gebäude eben erst fertiggestellt. Das Erz scheint auch hier die
Kassen zu füllen. Besonders freuten uns hier aufgestellte
Trinkbrunnen, welche bei der heutigen Hitze erfreulich kaltes Wasser
von sich gaben. Wasser das schon durch die Turbine des
Kleinkraftwerks geflossen war.
Die Hitze war nun aber wirklich
langsam zu viel. Das Thermometer des Autos vermeldete nach dem Parken
37°C, welches sich nach der Abfahrt jedoch relativierte, jedoch
nicht unter 28°C fiel. Nun musste wieder ein Badeplatz her.
Schnellstens! Und schon am Stadtrand von Narvik entdeckten wir diesen
und warfen uns in Badebekleidung. Natürlich waren wir nicht die
Einzigen, welche heute schwitzten und um Abkühlung bettelten. Die
Liegewiese war gut gefüllt mit allerlei Leuten. Die Jugend
versammelte sich natürlich hier um den heissen Ferientag am
kühlenden Fjord zu verbringen. Aber auch viele andere Einwohner
schienen Ferien zu haben oder gerade nicht zu arbeiten. Kein Wunder –
die Wochenarbeitszeit in Norwegen beträgt im Sommer 28 Stunden (im
Winter 37,5 Stunden). Die Stimmung war auch hier wieder wunderbar
friedlich. Abwechselnd kümmerte sich eine Gruppe Jugendlicher um die
musikalische Beschallung (in anständiger Lautstärke), Leute
grillten und Kinder hetzten Bällen über die Wiese und zwischen den
liegenden Gästen hindurch. Hier in Norwegen scheint die Toleranz
anderer Leute gegenüber ein wenig grösser zu sein als wir das von
Zuhause kennen. Wir stürzten uns natürlich auch ins Wasser, lasen
auf unseren Tolinos und gönnten uns noch unsere Kannelbollen, welche
wir uns zuvor noch bei Spar kauften. Falls ihr jemals nach Norwegen
fahrt: die müsst ihr unbedingt essen. Eine Art
Zimt-Nuss-Blätterteig-Schnecke. Super Lecker!
So verbrachten wir also unseren
Nachmittag mit ein wenig Sommerurlaubsfeeling. Man weiss nie ob das
nächste Mal erst wieder 2019 sein wird. Erst nach 17 Uhr machten wir
uns auf die Weiterfahrt in den Norden. Morgen wollen wir in Bardufoss
sein, wo sich die Womo-Garage befindet, welche vom Hersteller unserer
Heizung als „Servicepartner“ angegeben wird. Ein Anruf dort
bestätigte uns letzte Woche ja schon, dass sie wenigstens ein
Diagnosegerät besitzen. Heizen müssen wir momentan ja wirklich
nicht – doch warmes Wasser fehlt noch immer. Wir fuhren also noch
ein paar Kilometer in diese Richtung bis zu einem Übernachtungsplatz,
welcher unser Reiseführer uns empfahl. Und siehe da: im Gegensatz zu
den Womos am teuren Camping ein paar Kilometer zuvor, standen wir
hier mit einer traumhaften Aussicht über einen Arm des Fjords.
Leicht erhöht mit viel Grün und ebenen Plätzen. Das Hotel, welchem
diese Plätze einst als Parkplatz diente, ist verlassen und so stören
wir hier niemanden. Auch unsere Nachbarn nicht, ein Norweger und ein
Berner Womo, sowie eine Jurassierin in ihrem Auto. Wir packten sofort
die Stühle aus, heizten den Grill ein, öffneten ein Bier – und
schnell war 22:00 Uhr. Doch die Sonne liess uns das auch heute
vergessen.
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