Dienstag, 17. Juli 2018

Ein Sommertag in Narvik

Mitternachtssonne ja oder nein? Diese Frage stellten wir uns gestern zwischen 23:00 und Mitternacht einige Male. Da war sie wie wieder hier, jedoch nur um kurz darauf wieder hinter der Wolke zu verschwinden. Doch war sie Mitternacht da? Wir würden sagen jein. Sie schien, jedoch nicht ganz direkt und ungehindert. So eine halbe Mitternachtssonne also – doch besser als nichts. Wir standen auf dem Damm und schauten uns das Schauspiel an, schossen Fotos und hatten Spass, dass es um Mitternacht so aussieht, wie bei uns kurz nach 21:00 Uhr. Das Problem kam erst danach. Wir stellten uns noch ein paar Meter weiter auf einen grösseren Parkplatz zu den anderen Wohnmobilen und wollten schlafen. Doch wenn man erst um halb eins nachts die Rollläden schliesst, wird das nichts mit baldigem Schlaf. Es war nach halb zwei als unsere Tolinos schlafen gingen und mit ihnen auch wir. 



Klar stellten wir den Wecker da heute nicht auf 07:30 Uhr, sondern erst später. Doch wir erwachten irgendwie schon vor dem Wecker. Wieso denn das nun wieder? Wir mussten nachdenken, ehe wir bemerkten, dass es derselbe Grund ist wie im Sommerurlaub: die Hitze. Die Sonne heizte unser Wohnmobil und liess uns schnell die Fenster öffnen. Strahlender Sonnenschein, blauer Himmel und warme Temperaturen warteten also auf uns und wir folgten dem Ruf.

Diesem Ruf folgten wir nach Osten und verliessen somit nun auch die Vesteralen. Eine wundervolle Insel, welche den Lofoten in nichts nachsteht und viel weniger von Touristen besucht ist. Damit ist hier die leichte Abneigung Wohnmobilen gegenüber, welche auf den Lofoten mittlerweile spürbar ist, nicht ganz so ausgeprägt. Hier kann man noch überall frei stehen und der Nachbar aus dem Haus nebenan kommt eher noch auf einen Schwatz vor die Tür, anstelle einem wegzuschicken. Wieder auf dem norwegischen Festland hielten wir den östlichen Kurs in Richtung Bjerkvik. Einen kleinen Abstecher gönnten wir uns, welcher uns an einen langen, weissen Sandstrand führte. Leider war gerade Ebbe und der Strand sah nicht so einladend aus wie gedacht. Das hinderte uns nicht daran ein klein wenig dort zu verweilen und einen Spaziergang am Strand zu unternehmen. Wir blätterten also so in unserem Reiseführer und bemerkten, dass unser nächstes Ziel wohl erst Narvik sein wird. Dies bedeutet zwar einen Abstecher von fast 40 Kilometern pro Weg in Richtung Süden, doch das wollten wir uns dann doch nicht entgehen lassen. Unser Reiseführer empfahl uns wärmstens den Besuch des Geysir von Narvik, welcher um 13:00 Uhr täglich ausbricht. Wir drückten die Koordinaten in unser Navi und die Ankunftszeit betrug 13:03. Nun aber nichts wie los. 



Nördlich von Narvik mussten wir noch einen Fjord-Arm umfahren. Nicht mehr viele werden wohl in diesen Genuss kommen, da man für die E8 gleich bei Narvik eine riesige Brücke über den Fjord baut. Die Baustelle und die Brücke sahen sehr imposant aus. Kaum hatten wir den Stadtrand erreicht, verfolgten wir schon einer Strasse, welche uns den Berg hinauf führte. Vorbei an der Talstation der Fjellheisbahn, immer weiter nach oben. Bis zu einem kleinen Kraftwerk. Dieses wurde in die Trinkwasserhauptleitung gebaut, welche die Stadt mit dem kostbaren Wasser versorgt. Das Kleinkraftwerk produziert pro Jahr so 10 Gigawatt Strom, womit es 500 Haushalte mit Strom versorgen kann. Dank wenig Verkehr zeigte die Uhr erst 12:55 Uhr und wir konnten sogar noch die wundervolle Aussicht über die Stadt geniessen, ehe pünktlich auf die Sekunde der Geysir ausbrach. Nein natürlich kein echter. Aus welchen Gründen auch immer lässt das Kraftwerk täglich um diese Zeit, das Wasser aus einem Rohr an der Aussenfassade des Gebäudes schiessen. Mit 44 Bar Druck erreicht die Fontäne eine Höhe von 75 Metern. Wenn man da nicht aufpasst, wird man schnell einmal nass hier. Wir nutzten den feinen Wassernebel der 10 minütigen Vorstellung, zu einer Abkühlung ehe wir hier mit Blick über die Stadt zu Mittag assen. 





Nun war aber die Erzverladestadt Narvik an der Reihe. Wo Erz verladen wird gibt es auch Minen? Wieder ein Jein. Hier wird tatsächlich Erz aus einer Mine verladen. Diese befindet sich jedoch beinahe 300 Kilometer entfernt in Schweden. Die Mine von Kiruna ist aber dann auch nicht irgend eine Mine, sondern die Grösste der Welt. Und sie wächst noch immer. Die Stadt Kiruna befindet sich deshalb momentan gerade im Umzug. 19'000 Einwohner werden mitsamt allen Gebäuden, Einrichtungen und allem umgesiedelt. Man stelle sich den Aufschrei in der Schweiz vor, würde man Frauenfeld komplett umsiedeln. Hier wo die Mine der grösste Arbeitgeber ist, stellten sich nur sehr wenige gegen die Vergrösserung der Mine, dessen Erz mit dem Zug, der Ofotban nach Narvik gebracht und mit Schiffen in die Welt versandt wird. Diese Bahn wollten wir heute für einen kleinen Wanderausflug benutzen und uns die tolle Bahnlinie ins Fjell ansehen. Aber die Wanderung würde 2,5 Stunden dauern und der Zug für den Rückweg fährt erst über 5 Stunden später. Das war uns zu viel Zeit zum Rumsitzen und wer uns kennt, weiss, dass wir das nicht mögen. Dafür machten wir nun einfach ein wenig die Stadt unsicher. Das Womo konnten wir gratis parken und uns zu Fuss auf den Weg in die sehr gepflegte Stadt begeben. Hier gefiel es uns wirklich sehr. Eine saubere, freundliche und sehr ausgeräumte Stadt. Die Plätze schienen alle neu angelegt, die Gebäude eben erst fertiggestellt. Das Erz scheint auch hier die Kassen zu füllen. Besonders freuten uns hier aufgestellte Trinkbrunnen, welche bei der heutigen Hitze erfreulich kaltes Wasser von sich gaben. Wasser das schon durch die Turbine des Kleinkraftwerks geflossen war. 






Die Hitze war nun aber wirklich langsam zu viel. Das Thermometer des Autos vermeldete nach dem Parken 37°C, welches sich nach der Abfahrt jedoch relativierte, jedoch nicht unter 28°C fiel. Nun musste wieder ein Badeplatz her. Schnellstens! Und schon am Stadtrand von Narvik entdeckten wir diesen und warfen uns in Badebekleidung. Natürlich waren wir nicht die Einzigen, welche heute schwitzten und um Abkühlung bettelten. Die Liegewiese war gut gefüllt mit allerlei Leuten. Die Jugend versammelte sich natürlich hier um den heissen Ferientag am kühlenden Fjord zu verbringen. Aber auch viele andere Einwohner schienen Ferien zu haben oder gerade nicht zu arbeiten. Kein Wunder – die Wochenarbeitszeit in Norwegen beträgt im Sommer 28 Stunden (im Winter 37,5 Stunden). Die Stimmung war auch hier wieder wunderbar friedlich. Abwechselnd kümmerte sich eine Gruppe Jugendlicher um die musikalische Beschallung (in anständiger Lautstärke), Leute grillten und Kinder hetzten Bällen über die Wiese und zwischen den liegenden Gästen hindurch. Hier in Norwegen scheint die Toleranz anderer Leute gegenüber ein wenig grösser zu sein als wir das von Zuhause kennen. Wir stürzten uns natürlich auch ins Wasser, lasen auf unseren Tolinos und gönnten uns noch unsere Kannelbollen, welche wir uns zuvor noch bei Spar kauften. Falls ihr jemals nach Norwegen fahrt: die müsst ihr unbedingt essen. Eine Art Zimt-Nuss-Blätterteig-Schnecke. Super Lecker!

So verbrachten wir also unseren Nachmittag mit ein wenig Sommerurlaubsfeeling. Man weiss nie ob das nächste Mal erst wieder 2019 sein wird. Erst nach 17 Uhr machten wir uns auf die Weiterfahrt in den Norden. Morgen wollen wir in Bardufoss sein, wo sich die Womo-Garage befindet, welche vom Hersteller unserer Heizung als „Servicepartner“ angegeben wird. Ein Anruf dort bestätigte uns letzte Woche ja schon, dass sie wenigstens ein Diagnosegerät besitzen. Heizen müssen wir momentan ja wirklich nicht – doch warmes Wasser fehlt noch immer. Wir fuhren also noch ein paar Kilometer in diese Richtung bis zu einem Übernachtungsplatz, welcher unser Reiseführer uns empfahl. Und siehe da: im Gegensatz zu den Womos am teuren Camping ein paar Kilometer zuvor, standen wir hier mit einer traumhaften Aussicht über einen Arm des Fjords. Leicht erhöht mit viel Grün und ebenen Plätzen. Das Hotel, welchem diese Plätze einst als Parkplatz diente, ist verlassen und so stören wir hier niemanden. Auch unsere Nachbarn nicht, ein Norweger und ein Berner Womo, sowie eine Jurassierin in ihrem Auto. Wir packten sofort die Stühle aus, heizten den Grill ein, öffneten ein Bier – und schnell war 22:00 Uhr. Doch die Sonne liess uns das auch heute vergessen. 


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