Die letzte Nacht stellte doch
noch eine Premiere dar. Zum ersten Mal begaben wir uns im Trainer
eingemummelt in die Welt der Träume. Es war doch ein wenig frisch,
die Hoffnung ist ja aber da, dass es die letzte solche Nacht ist –
oder zumindest die Zweitletzte. Wir hoffen es.
Doch heute früh sah die Welt
schon wieder anders aus. Die Sonne drückte schon gegen die Wolken
und wärmte unser Womo, als wir uns aus dem Bett schälten. Da unser
Klo bereits schon länger rot blinkte und somit voll war, mussten wir
zuerst ein paar Meter an die Entsorgungsstelle fahren. Dort leerten
wir den Tank und machten uns nochmals auf eine kleine Fahrt bis an
den Rand der wunderschönen Insel Sommaroy. Dort gab es bei bester
Aussicht ein wunderbares Frühstück.
Gestärkt ging es also wieder in
Richtung Tromso. Wir verliessen die Insel mit ihren karibischen
Stränden und die Strasse folgte nun immer wieder einem anderen Arm
des Fjords. Bei einem wunderschönen Badeplatz legten wir einen
kleinen Halt ein und entdeckten ein junges Paar beim morgendlichen
schwimmen. Also zogen auch wir uns die Badebekleidung an und wagten
uns in das kalte Wasser. Für mich ist das morgens ja nicht wirklich
was und so blieb es bei mir bei der maximalen Wasserhöhe von Mitte
Oberschenkel. Melanie war auch heute die furchtlosere und so sah man
schon bald nur noch ihren Kopf. Im Womo wurde dann nur schnell
abgetrocknet und sofort weitergefahren.
Kaum losgefahren klingelte mein
Handy. Eine nette Dame des TCS rief an um noch die letzten Details
zur Panne zu klären. Der ETI Schutzbrief übernimmt das Hotel für
die Nacht vom Donnerstag auf Freitag nächster Woche in Tromso, da
wir unser Womo erst am Freitag aus der Werkstatt holen können. Dies
weil wir erst zu spät abends landen. Sämtliche Taxifahrten zwischen
Werkstatt, Flughafen, Hotel und wieder Werkstatt übernehmen sie
ebenfalls, genauso wie wahrscheinlich die 100 Franken Telefonkosten
zur Organisation der Reparatur. Was für eine positive Nachricht.
Nichteinmal um die Buchung des Hotels hatten wir uns zu kümmern.
Alles erledigt der TCS für uns. Ein genialer Service, der uns
wenigstens die Umstände um die Panne versüsste. Wir rätselten noch
was wir für ein Hotel bekommen werden. Doch als die SMS mit der
Buchungsbestätigung eintraf, waren wir wirklich überrascht – ihr
werdet sehen.
Der Himmel riss immer mehr auf
und so war die Fahrt über das Fjell heute ganz anders als sie es
noch gestern war. Gestern neblig, nass und mystisch. Heute sonnig,
freundlich und traumhaft. Kurz vor Tromso wagten wir dann noch einen
Abstecher auf die Insel Hakoy. Über eine schmale Brücke, auf
Holzstelzen gebaut, erreichten wir die kleine Insel und konnten ein
Brautpaar beim Fotoshooting am Ufer beobachten. Ein wunderschöner
Ort um solch spezielle und einmalige Fotos zu schiessen. Wir machten
uns aber noch ein kleines Stück weiter an einen geschichtlich
interessanten Ort. An den Koordinaten angekommen, wähnten wir uns
schon beinahe wieder am falschen Ort. Aber wir sind ja in Norwegen
und die schreiben das Zeug hier einfach nicht an. Also Womo geparkt
und mutig durch etwas wie einen privaten Vorgarten geschritten und
schon waren wir da. Ein Monument aus dickem Stahl erinnert hier an
die Tirpitz. Die Tirpitz war im zweiten Weltkrieg das grösste
eingesetzte Deutsche Kriegsschiff und wurde am 12. November 1944 von
Englischen Spezialbomben vor der Insel Hakoy versenkt. Der Stahl für
das Monument wurde aus dem Wrack des Kriegsschiffes geschnitten und
an dieser Stelle, wo man den Ort des Geschehens einsehen kann,
aufgestellt.
Nachdem wir wieder auf der
direkten Route waren, folgten wir dieser nun auch bis nach Tromso.
Wir unterquerten den Flughafen, von welchem aus morgen unsere
Expedition in noch nördlichere Gefilde startet und steuerten direkt
die nördlichste Universität der Welt an. Auf dem Weg zum Parkplatz,
welcher der Reiseführer uns anpries, durchfuhren wir beinahe den
ganzen Campus und konnten ihn begutachten. Wir stellten enorme
Parallelen zu der Uni Konstanz fest. Teils Gebäude sehen aus, als ob
sie von dort importiert wären. Doch das zu der Ferienzeit verlassene
Gelände war natürlich nicht unser eigentliches Ziel. Dieses fand
sich einen kleinen Fussmarsch entfernt. Bei schönstem Sonnenschein
machten wir uns also im T-Shirt auf den Weg zum nördlichsten
botanischen Garten der Welt. Man muss wissen, dass Tromso als sehr
sehr sehr nördliche „Grossstadt“ natürlich aus diversen
„nördlichste... der Welt besteht“ und auch sehr gerne damit
wirbt. Das letzte Stück des Weges führte uns so über den
(natürlich) nördlichsten Geologiepfad der Welt, auf welchem so
ziemlich jedes Gestein, was wir kennen ausgestellt war. Und natürlich
noch viele mehr. Stein ist Stein kann man hier nun wirklich nicht
sagen – doch dass es da so viele Unterschiede gibt hätten wir
niemals gedacht.
Doch mehr als die Steine
interessierten uns die Pflanzen. Der botanische Garten Tromso
beheimatet unzählige Pflanzen aus sämtlichen arktischen Regionen
der Welt. Und dabei ist der Garten wundervoll gestaltet. Von allen
botanischen Garten auf unserer Reise, war dieser der Einzige, welcher
uns schon nur durch die Gestaltung längere Zeit zu fesseln
vermochte. Überall führten kleine Wege durch die Felslandschaften,
welche über und über von Blumen und Sträuchern bewohnt wurden.
Sämtliche Pflanzen konnte man somit von nahem betrachten und wie in
einem Freizeitpark waren diese in Themenbereiche gegliedert, sortiert
nach Herkunft. Und als wir so durch den Garten schlenderten,
bemerkten wir ihn plötzlich. Den Frauenschuh. Endlich entdeckten wir
eine solche Orchidee. Nicht ganz in freier Natur aber immerhin halb.
Wir freuten uns sehr über diese Entdeckung, schossen Fotos und
betrachteten natürlich auch noch die anderen einheimischen
Orchideenarten. Wir befassten uns noch kurz mit der interessanten
Geschichte des botanischen Gartens, der auf dem Areal eines
ehemaligen Bauerngutes entstanden ist. Ein Teil wurde vom letzten
Besitzer damals an die Bildung vermacht, welche hier den Garten
erbaute. Den restlichen Teil des Hofes vermachte der Bauer nach
seinem Tode ebenfalls an das Bildungsministerium und auf diesem
Gebiet steht heute nun die Universität. Nur zwei kleine Gebäude
liess man zur Erinnerung stehen. Beide im botanischen Garten –
eines als Güterschuppen und eines als süsses, kleines Café.
Den Rückweg wählten wir durch
das Universitätsgelände und wanderten auf den kleinen Wegen
zwischen den hohen Gebäuden hindurch. Es war schon wieder warm
geworden und zu nachmittäglicher Stunde bekam auch ich Lust auf ein
kleines Bad. Im Reiseführer fand sich dazu nur unweit eine
Gelegenheit, welche wir nun ansteuerten. Doch genau an diesem schönen
Ort war alles abgeriegelt. Ein Musikfestival findet dieses Wochenende
hier am Ufer des Fjords statt. Also suchten wir weiter. Vorbei an der
Werkstatt erreichten wir das Hafengebiet. Es war Samstag und bald 16
Uhr. Das ist gut in Norwegen. Meistens bezahlt man die Parkplätze in
den Städten nur Montag bis Freitag 07:00 bis 20:00 Uhr und Samstags
07:00 bis 16:00 Uhr. Und siehe da: beim Polarmuseum war es sogar nur
bis 15 Uhr, weswegen sich schon die Wohnmobilfahrer am ausbreiten
waren. Wir stellten uns dazu und freuten uns über die gratis Park-
und Übernachtungsmöglichkeit. Vor dem Baden wollten wir noch einen
kleinen Spaziergang in die Stadt unternehmen. Nur gerade hier um die
Ecke. Wir kamen dabei (nicht ganz zufällig) an unserem Hotel für
nächste Woche vorbei und bestaunten den Neubau hier am Hafen.
Nebenbei betrachteten wir die vielen Menschen, welche hier alle in
den Gartenrestaurants sassen und sich vor allem Bier und kleine
Speisen gönnten. In einem Geschäft fand ich noch schöne Socken für
mich.
Kleiner Zwischentext: aber falls
ihr jemals plant nach Norwegen oder Spitzbergen zu fahren: nehmt
schöne Socken mit. Hier zieht man überall vor dem Betreten der
Räumlichkeiten die Schuhe aus. In Restaurants, Geschäften, Hotels
einfach überall. Nur unfreundliche Touristen wagen es hier im Norden
mit ihren Schuhen irgendwo einzutreten. Ausnahme sind natürlich
Geschäfte in den grossen Einkaufszentren.
Gut. Nun habe ich also neue
Socken entdeckt, damit ich in Spitzbergen nicht mit meinen Socken,
welche nicht nur wegen den Löchern an Käse erinnern, in die
Restaurants eintreten muss. Doch leider hatte Melanie die Geldbörse
im Womo gelassen. So gab es eine Extrarunde zum Womo und zurück und
bis wir erneut auf dem Rückweg zum Womo waren, begann es sogar noch
zu regnen. So wird das wohl nichts mehr mit vor dem Womo in der Wiese
rumsitzen. Doch dafür hatten wir auch keine Zeit. Nach einem
leckeren Chili-Con-Carne musste ja auch noch gepackt werden. Koffer
haben wir natürlich keinen dabei und so muss alles für die 5 Tage
Spitzbergen in eine kleine Reisetasche und einen Rucksack. Die kleine
Reisetasche werden wir dabei sogar als Reisegepäck aufgeben müssen,
da wir ansonsten ja gar kein Duschgel und Shampoo nach Spitzbergen
mitnehmen können – und das Zeug ist dort noch teurer als hier in
Norwegen.
Wir machen uns nun einen
gemütlichen Abend und freuen uns auf die kommenden Tage im hohen
hohen Norden. Und darauf, dass wenn wir zurückkommen (nach einer
tollen Hotelnacht in Tromso) unser Womo wieder völlig betriebsbereit
ist und wir die Weiterfahrt ungehindert geniessen können.
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