Samstag, 21. Juli 2018

Von Someroy wieder zurück nach Tromso

Die letzte Nacht stellte doch noch eine Premiere dar. Zum ersten Mal begaben wir uns im Trainer eingemummelt in die Welt der Träume. Es war doch ein wenig frisch, die Hoffnung ist ja aber da, dass es die letzte solche Nacht ist – oder zumindest die Zweitletzte. Wir hoffen es.

Doch heute früh sah die Welt schon wieder anders aus. Die Sonne drückte schon gegen die Wolken und wärmte unser Womo, als wir uns aus dem Bett schälten. Da unser Klo bereits schon länger rot blinkte und somit voll war, mussten wir zuerst ein paar Meter an die Entsorgungsstelle fahren. Dort leerten wir den Tank und machten uns nochmals auf eine kleine Fahrt bis an den Rand der wunderschönen Insel Sommaroy. Dort gab es bei bester Aussicht ein wunderbares Frühstück. 





Gestärkt ging es also wieder in Richtung Tromso. Wir verliessen die Insel mit ihren karibischen Stränden und die Strasse folgte nun immer wieder einem anderen Arm des Fjords. Bei einem wunderschönen Badeplatz legten wir einen kleinen Halt ein und entdeckten ein junges Paar beim morgendlichen schwimmen. Also zogen auch wir uns die Badebekleidung an und wagten uns in das kalte Wasser. Für mich ist das morgens ja nicht wirklich was und so blieb es bei mir bei der maximalen Wasserhöhe von Mitte Oberschenkel. Melanie war auch heute die furchtlosere und so sah man schon bald nur noch ihren Kopf. Im Womo wurde dann nur schnell abgetrocknet und sofort weitergefahren. 



Kaum losgefahren klingelte mein Handy. Eine nette Dame des TCS rief an um noch die letzten Details zur Panne zu klären. Der ETI Schutzbrief übernimmt das Hotel für die Nacht vom Donnerstag auf Freitag nächster Woche in Tromso, da wir unser Womo erst am Freitag aus der Werkstatt holen können. Dies weil wir erst zu spät abends landen. Sämtliche Taxifahrten zwischen Werkstatt, Flughafen, Hotel und wieder Werkstatt übernehmen sie ebenfalls, genauso wie wahrscheinlich die 100 Franken Telefonkosten zur Organisation der Reparatur. Was für eine positive Nachricht. Nichteinmal um die Buchung des Hotels hatten wir uns zu kümmern. Alles erledigt der TCS für uns. Ein genialer Service, der uns wenigstens die Umstände um die Panne versüsste. Wir rätselten noch was wir für ein Hotel bekommen werden. Doch als die SMS mit der Buchungsbestätigung eintraf, waren wir wirklich überrascht – ihr werdet sehen.

Der Himmel riss immer mehr auf und so war die Fahrt über das Fjell heute ganz anders als sie es noch gestern war. Gestern neblig, nass und mystisch. Heute sonnig, freundlich und traumhaft. Kurz vor Tromso wagten wir dann noch einen Abstecher auf die Insel Hakoy. Über eine schmale Brücke, auf Holzstelzen gebaut, erreichten wir die kleine Insel und konnten ein Brautpaar beim Fotoshooting am Ufer beobachten. Ein wunderschöner Ort um solch spezielle und einmalige Fotos zu schiessen. Wir machten uns aber noch ein kleines Stück weiter an einen geschichtlich interessanten Ort. An den Koordinaten angekommen, wähnten wir uns schon beinahe wieder am falschen Ort. Aber wir sind ja in Norwegen und die schreiben das Zeug hier einfach nicht an. Also Womo geparkt und mutig durch etwas wie einen privaten Vorgarten geschritten und schon waren wir da. Ein Monument aus dickem Stahl erinnert hier an die Tirpitz. Die Tirpitz war im zweiten Weltkrieg das grösste eingesetzte Deutsche Kriegsschiff und wurde am 12. November 1944 von Englischen Spezialbomben vor der Insel Hakoy versenkt. Der Stahl für das Monument wurde aus dem Wrack des Kriegsschiffes geschnitten und an dieser Stelle, wo man den Ort des Geschehens einsehen kann, aufgestellt. 



Nachdem wir wieder auf der direkten Route waren, folgten wir dieser nun auch bis nach Tromso. Wir unterquerten den Flughafen, von welchem aus morgen unsere Expedition in noch nördlichere Gefilde startet und steuerten direkt die nördlichste Universität der Welt an. Auf dem Weg zum Parkplatz, welcher der Reiseführer uns anpries, durchfuhren wir beinahe den ganzen Campus und konnten ihn begutachten. Wir stellten enorme Parallelen zu der Uni Konstanz fest. Teils Gebäude sehen aus, als ob sie von dort importiert wären. Doch das zu der Ferienzeit verlassene Gelände war natürlich nicht unser eigentliches Ziel. Dieses fand sich einen kleinen Fussmarsch entfernt. Bei schönstem Sonnenschein machten wir uns also im T-Shirt auf den Weg zum nördlichsten botanischen Garten der Welt. Man muss wissen, dass Tromso als sehr sehr sehr nördliche „Grossstadt“ natürlich aus diversen „nördlichste... der Welt besteht“ und auch sehr gerne damit wirbt. Das letzte Stück des Weges führte uns so über den (natürlich) nördlichsten Geologiepfad der Welt, auf welchem so ziemlich jedes Gestein, was wir kennen ausgestellt war. Und natürlich noch viele mehr. Stein ist Stein kann man hier nun wirklich nicht sagen – doch dass es da so viele Unterschiede gibt hätten wir niemals gedacht.

Doch mehr als die Steine interessierten uns die Pflanzen. Der botanische Garten Tromso beheimatet unzählige Pflanzen aus sämtlichen arktischen Regionen der Welt. Und dabei ist der Garten wundervoll gestaltet. Von allen botanischen Garten auf unserer Reise, war dieser der Einzige, welcher uns schon nur durch die Gestaltung längere Zeit zu fesseln vermochte. Überall führten kleine Wege durch die Felslandschaften, welche über und über von Blumen und Sträuchern bewohnt wurden. Sämtliche Pflanzen konnte man somit von nahem betrachten und wie in einem Freizeitpark waren diese in Themenbereiche gegliedert, sortiert nach Herkunft. Und als wir so durch den Garten schlenderten, bemerkten wir ihn plötzlich. Den Frauenschuh. Endlich entdeckten wir eine solche Orchidee. Nicht ganz in freier Natur aber immerhin halb. Wir freuten uns sehr über diese Entdeckung, schossen Fotos und betrachteten natürlich auch noch die anderen einheimischen Orchideenarten. Wir befassten uns noch kurz mit der interessanten Geschichte des botanischen Gartens, der auf dem Areal eines ehemaligen Bauerngutes entstanden ist. Ein Teil wurde vom letzten Besitzer damals an die Bildung vermacht, welche hier den Garten erbaute. Den restlichen Teil des Hofes vermachte der Bauer nach seinem Tode ebenfalls an das Bildungsministerium und auf diesem Gebiet steht heute nun die Universität. Nur zwei kleine Gebäude liess man zur Erinnerung stehen. Beide im botanischen Garten – eines als Güterschuppen und eines als süsses, kleines Café.







Den Rückweg wählten wir durch das Universitätsgelände und wanderten auf den kleinen Wegen zwischen den hohen Gebäuden hindurch. Es war schon wieder warm geworden und zu nachmittäglicher Stunde bekam auch ich Lust auf ein kleines Bad. Im Reiseführer fand sich dazu nur unweit eine Gelegenheit, welche wir nun ansteuerten. Doch genau an diesem schönen Ort war alles abgeriegelt. Ein Musikfestival findet dieses Wochenende hier am Ufer des Fjords statt. Also suchten wir weiter. Vorbei an der Werkstatt erreichten wir das Hafengebiet. Es war Samstag und bald 16 Uhr. Das ist gut in Norwegen. Meistens bezahlt man die Parkplätze in den Städten nur Montag bis Freitag 07:00 bis 20:00 Uhr und Samstags 07:00 bis 16:00 Uhr. Und siehe da: beim Polarmuseum war es sogar nur bis 15 Uhr, weswegen sich schon die Wohnmobilfahrer am ausbreiten waren. Wir stellten uns dazu und freuten uns über die gratis Park- und Übernachtungsmöglichkeit. Vor dem Baden wollten wir noch einen kleinen Spaziergang in die Stadt unternehmen. Nur gerade hier um die Ecke. Wir kamen dabei (nicht ganz zufällig) an unserem Hotel für nächste Woche vorbei und bestaunten den Neubau hier am Hafen. Nebenbei betrachteten wir die vielen Menschen, welche hier alle in den Gartenrestaurants sassen und sich vor allem Bier und kleine Speisen gönnten. In einem Geschäft fand ich noch schöne Socken für mich.

Kleiner Zwischentext: aber falls ihr jemals plant nach Norwegen oder Spitzbergen zu fahren: nehmt schöne Socken mit. Hier zieht man überall vor dem Betreten der Räumlichkeiten die Schuhe aus. In Restaurants, Geschäften, Hotels einfach überall. Nur unfreundliche Touristen wagen es hier im Norden mit ihren Schuhen irgendwo einzutreten. Ausnahme sind natürlich Geschäfte in den grossen Einkaufszentren.

Gut. Nun habe ich also neue Socken entdeckt, damit ich in Spitzbergen nicht mit meinen Socken, welche nicht nur wegen den Löchern an Käse erinnern, in die Restaurants eintreten muss. Doch leider hatte Melanie die Geldbörse im Womo gelassen. So gab es eine Extrarunde zum Womo und zurück und bis wir erneut auf dem Rückweg zum Womo waren, begann es sogar noch zu regnen. So wird das wohl nichts mehr mit vor dem Womo in der Wiese rumsitzen. Doch dafür hatten wir auch keine Zeit. Nach einem leckeren Chili-Con-Carne musste ja auch noch gepackt werden. Koffer haben wir natürlich keinen dabei und so muss alles für die 5 Tage Spitzbergen in eine kleine Reisetasche und einen Rucksack. Die kleine Reisetasche werden wir dabei sogar als Reisegepäck aufgeben müssen, da wir ansonsten ja gar kein Duschgel und Shampoo nach Spitzbergen mitnehmen können – und das Zeug ist dort noch teurer als hier in Norwegen.

Wir machen uns nun einen gemütlichen Abend und freuen uns auf die kommenden Tage im hohen hohen Norden. Und darauf, dass wenn wir zurückkommen (nach einer tollen Hotelnacht in Tromso) unser Womo wieder völlig betriebsbereit ist und wir die Weiterfahrt ungehindert geniessen können. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen