Dienstag, 10. Juli 2018

Marmorslottta und schon fast am Polarkreis

Da half alles Hoffen nichts – die Nacht war kalt. Unter der Decke kein Problem, da war es lauschig warm. Doch im Womo war es alles andere als das. Die Frontscheibe war sogar leicht gefroren. Auch das Fehlen von warmem Wasser machte das Ganze nicht so angenehm.

So nahmen wir erst unser Frühstück ein und warteten ehe unsere Hausgarage erreichbar war. Natürlich konnten auch die über Telefon keine Diagnose stellen und uns auch nicht gross weiterhelfen. Sie empfahlen uns eine nahe Wohnmobilwerkstatt zu suchen. Fast alle Womo seien mit Truma-Heizungen unterwegs und so sollte sich jede Womo-Werkstatt damit auskennen. Wir entdeckten eine in Mo i Rana, 30 Minuten von hier. Wir verabschiedeten uns von den Nachbarn, welche uns mit vielen Tipps versorgten und rollten talwärts. In Mo i Rana angekommen dann aber die Ernüchterung. Man habe nur einen einzigen Mechaniker und der habe Unfall. Dieser erscheine diese Woche sicherlich nicht mehr. Na toll. Man empfahl uns eine Werkstatt in der nächsten Stadt im Norden. Fahrzeit: 4 Stunden. Da wäre die Truma-Vertragswerkstatt in Mosyoen näher. Aber eben wieder zurück in südlicher Richtung. Wir entschlossen uns, dort anzurufen. Frühster Termin sei morgen nach der Mittagspause. Aber auch dann wohl nur vielleicht, eher jedoch Donnerstag. Hm. Zwei Tage jetzt hier doof rumstehen? Irgendwie hatten wir da auch keinen grossen Bock darauf. Also die Werkstatt im Norden angerufen – geht niemand ran. Stundenlang nicht. Dafür erreichten wir jemanden beim Truma Servicecenter in München. Jedoch nur die Telefondame. Ein Techniker werde uns zurückrufen. Dies war gegen 10 Uhr.

Der Himmel heute war blau, komplett Wolkenlos und das Thermometer zeigte über 20°C an. Kein Tag um hier nur so zu sitzen. Die eigentlich geplante Gletscherwanderung zum Svartisen verwarfen wir schon vor dem Heizungsproblem. Über 10 Kilometer pro Weg über Stock und Stein. Das war uns dann doch zu weit, zumal wir am Nigardsbreen schon einen tollen Gletscher gesichteten hatten. Ein kleiner Geheimtipp unserer Nachbarn juckte uns dafür in den Fingern. Und so machten wir uns auf den Weg zur Marmorslottet.

Wie von den Deutschen gestern schon bemerkt war die Hauptstrasse zur Marmorslottet gesperrt. Eine Umleitung war signalisiert führte jedoch über 12 Kilometer durch die wildeste Landschaft. Alles auf Schotterweg. Die Schrauben in der Küche kann ich so wohl alle wieder nachziehen. Doch wir erreichten den Parkplatz. Dachten wir zumindest. Ein Schild wies uns vor einigen Kilometern in diese Sackgasse und ansonsten war hier nichts. Auch am Parkplatz selbst – kein Hinweis auf die Marmorschlucht. Selbstbewusst begaben wir uns über den einzigen Trampelpfad auf den Weg. Selten hatten unsere Füsse Bodenkontakt. Immer wieder führten uns hölzerne Stege über den matschigen Untergrund. Nach 10 Minuten endlich ein Schild, welches uns die Richtigkeit unserer Wanderung bestätigte. 500 Meter und einen Abstieg später standen wir dann da: in der Marmorschlucht.

Wir hatten einen Moment ehe wir unsere Begeisterung in Worte fassen konnten. Ein grosser, türkisfarbener Fluss hat sich hier über tausende von Jahren durch den Marmor gefressen. Hinterliess dabei die fantastischsten Spuren und schliff den Marmor spiegelglatt. Am ersten Ort, den wir entdeckten war der Marmor noch ein wenig gräulich. Weiter oben schimmerte er jedoch schneeweiss. Die typischen Strukturen und Schichten waren klar zu erkennen und wir waren begeistert. Das Wasser schimmerte durch die Sonne und den marmorweissen Boden des Flusses in einer Farbe, welche sich nicht beschreiben lässt. Ein traumhafter Ort. Wir verbrachten einige Zeit hier mit dem Bestaunen der Felsen und dem Schiessen einiger Fotos ehe wir uns mit dem klappernden Womo auf den Rückweg machten. Ein genialer Tipp, welchen wir hier bekommen haben. Falls ihr mitliest: Vielen Dank!!!







Nun hatten wir Hunger und machten uns auf zum Parkplatz, an welchem wir auch schon übernachtet hatten. Dieser war nur ein Katzensprung vom Ende der Schotterstrasse entfernt. Hier stellten wir uns hin und meldeten uns nochmals bei Truma – der Nachteil unseres Ausflugs: wir hatten dort des öfteren kein Handyempfang und natürlich rief der Techniker genau in dieser Zeitspanne an. Wir baten also um erneuten Rückruf. Die Zeitspanne konnten sie auch dieses Mal nicht nennen. Wir verbrachten also die Zeit ein wenig an der Sonne. Melanie duschte in der Hoffnung die Sonne habe das Wasser im Tank ein wenig erwärmt, erfror jedoch dabei fast. Ich entschloss mich den Blog bis hierhin schon einmal zu verfassen. 2 Stunden warten wir nun bald auf den Rückruf, wissen noch immer nicht ob wir uns doch schon auf den Weg gegen Norden wagen sollen. Die Heizung brauchen wir die nächsten Tage ja nicht unbedingt und man könnte die auch erst im Norden reparieren. Falls uns Truma aber ins Servicecenter schickt, wäre es ärgerlich noch weiter in den Süden fahren zu müssen. Wir werden sehen – die Geschichte bremst uns zwar aus. Doch es bringt nichts sich nun zu ärgern. Wir haben ja ein wenig Zeit, das Wetter ist super und so machen wir das Beste daraus.

Zwei Stunden später hatten wir aber keine Lust mehr auf diesem Parkplatz herumzustehen. Wir machten uns auf die Weiterreise. Die Werkstatt im Norden wird es schon richten und ansonsten müssen wir eben eine andere Lösung finden. Wir rollten auf alle Fälle wieder und das sogar in Richtung Norden. Die E6, welche wir hierzu folgten, war hier eine einzige Baustelle. Und dies über eine Distanz von an die 100 Kilometern. Die neue Hauptstrasse wird auch hier vorangetrieben und das Passieren zum jetzigen Zeitpunkt ist zeitaufwändiger als gedacht. Wir legten gegen 16 Uhr noch eine Pause ein, riefen nochmals bei Truma an. Wir entschieden kurzerhand noch weiter zu fahren. Weiter zu unserem nächsten grossen Ziel. Dem Polarkreis.

Dieser begrüsste uns mit einem riesigen Parkplatz und einem Besucherzentrum auf dessen Dach die grossen Zahlen 66°33' prangten. Der Wissenschaftliche Name des Polarkreises: 66 Grad, 33 Minuten, Nördliche Breite. Wir hatten Glück und noch nicht viele Wohnmobile waren auf dem Parkplatz. Wir schnappten uns den Parkplatz in der vordersten Reihe mit der Türe und dem Blick auf die zwei kleinen Bergen im Westen. Ansonsten nur Einöde. Die letzten Bäume entdeckten wir vor ein paar Kilometern. Wie aus Ehrfurcht scheinen sie von diesem Ort hier fernzubleiben. Im Winter soll es hier ja auch richtig kalt zu und her gehen. Die Geleise verschwinden hier immer wieder in einer Art langgezogener Garage. Dort können im Winter ganze Züge Schutz vor den Schneestürmen suchen. Die parken dann einfach ein paar Stunden da. Doch heute bei 22°C war daran nicht zu denken. Wir genossen den Polarkreis indem wir im T-Shirt auf unseren Campingstühlen vor dem Womo sassen. Ein paar Klamotten gingen noch in die Wäsche, es wurde gegessen und auch ein Bier aus dem Kühlschrank wurde noch aufgetischt. Geniessen in vollen Zügen. Schon bald stellte sich ein weiteres Womo neben uns und wir wurden in bekanntem „Sali zäme“ begrüsst. So haben wir wieder Nachbarn aus der Heimat.

Nachdem der Wind ein klein wenig auffrischte, machten wir uns doch noch auf den Weg zum Zentrum selbst. Wir spazierten die paar Meter gemütlich in Richtung des Gebäudes. Ein Denkmal zum Gedenken an die ersten Erbauer der E6 zog jedoch unsere Aufmerksamkeit auf sich. Die „Blutstrasse“ wird sie manchmal genannt. Tausende Kriegsgefangene aus Russland, Jugoslavien und Polen mussten die Strasse in der Zeit der Deutschen Besetzung bauen. Schuften bis man tot umfiel war das Motto in dieser dunkeln Zeit. Wir trafen an diesem Monument auf Abraham. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte uns, dass seine Reise in Luzern startete und sie auch dort enden wird. Er ist aus Kanada, aber seine Tochter studiert in Luzern. Und die war er besuchen ehe er auf einen Roadtrip ans Nordkapp startete. Nachdem wir uns von ihm verabschiedeten, und das Monument hinter uns liessen, waren wir am berühmten Hügel angekommen, an dem sich jeder verpflichtet fühlt, sich mit einem Steinmännchen zu verewigen. So ist es hier fast unmöglich sich zu bewegen ohne etwas umzuwerfen. Wir schossen Fotos und machten uns noch auf einen kleinen Rundgang durchs Polarsirkelzenter um die ausgestopften Tiere zu betrachten. Eisbär, Polarfuchs, Robbe, Wolf, Elch und Luchs begrüssten uns in Lebensgrösse. Und die ist bei Eisbären und Elchen grösser als man denkt. 






Wir machten uns zurück ins Womo und waren froh, als wir dieses noch immer in der Sonne und somit völlig aufgeheizt vorfanden. Truma hat sich natürlich noch immer nicht gemeldet und so steht uns eine weitere Nacht ohne Heizung bevor. Doch es ist heute doch einiges wärmer als gestern noch und so sehen wir dem Ganzen gelassen entgegen – es wäre nur schön doch einmal noch etwas von dieser Firma zu hören.

1 Kommentar:

  1. Super dass ihr das Marmorslottet bei schönem Wetter gefunden habt. Schilder gibt's eben nicht so häufig. Schade, dass ihr dadurch nicht in der Svarthammerhola wart. Über die Strasse hinweg gibt's einen Weg, am Anfang recht undeutlich, danach aber besser. Wir waren da auch noch mal auf dem Rückweg und es war wieder fantastisch. Wir kamen sogar unter den Gletscher und ein Guide mit Familie war auch dort, also nicht so gefährlich mit der bröseligen Decke.
    Wir hatten noch einen super Urlaub und wieder jede Menge Geheimtipps für euren nächsten Urlaub hier!
    Liebe Grüsse von den deutsche Auswander-Nachbarn von der Setergrotte.
    Axel

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