Ruhig
war die Nacht am Polarkreis. Und sie war trotz ausgefallener Heizung
relativ warm. Das ist der Vorteil, wenn praktisch 24 Stunden die
Sonne auf das Blech des Wohnmobils scheint. Nur das kalte Wasser am
Morgen war auch heute gewöhnungsbedürftig. Doch da jammern wir auf
hohem Niveau. Nach dem Frühstück machten wir uns nochmals auf den
Weg ins Polarcirclecenter um ein T-Shirt zu kaufen, in welches sich
Melanie gestern ein wenig verliebt hatte. Nach diesem kleinen Einkauf
machten wir uns dann aber auf die Weiterfahrt. Wir wussten, dass uns
heute eine lange Fahrt bevorstehen wird. Nicht so lang jedoch wie die
unserer Schweizer Nachbarn von gestern Abend.
Die
Geschichte muss ich noch kurz erzählen. Die beiden Schweizer hatten
ein deutsches KN (Konstanz) Kennzeichen und ein gemietetes Wohnmobil.
Dem Dialekt an stammten sie auch aus unserer Region. So kamen wir ins
Gespräch und sie fragten, seit wann wir denn unterwegs seien. Die
Verblüffung konnten die Beiden nicht verstecken, als wir erzählten,
dass wir seit dem 21. April on Tour seien. Nur ungern erwähnten die
Beiden, dass sie seit Freitag (Heute ist Mittwoch – also seit 6
Tagen) auf dem Weg seien. Ihr Ziel sind die Lofoten, wo sie zwei
Wochen verbringen und dann wieder in einer Woche nach Hause rollen.
Krasses Programm.
Ja
wir nahmen es nun ein wenig gemütlicher und waren immer noch leicht
säuerlich wegen dem Service der Firma Truma und der Tatsache dass
eben unsere Heizung noch immer defekt ist. Bei unserem ersten Halt
bemerkten wir jedoch plötzlich etwas sehr verwirrendes. Mein Handy
konnte nicht telefonisch erreicht werden. Ausgehende Anrufe und
Internet kein Problem – doch ankommen konnten keine Anrufe.
Dasselbe bei Melanies Handy. Kann ja nicht sein. Also telefonierten
wir mit der UPC. Der Support war wirklich Spitzenklasse – hier
wurde uns beiden sofort geholfen und wir fanden heraus, dass der
Norwegische Partneranbieter wohl ein Problem haben muss. Wir
wechselten das Netz auf einen anderen Anbieter und schon klappte
alles wieder bestens. Hut ab vor so einem freundlichen und guten
Kundendienst. Doch das relativierte auch den schlechten Dienst der
Firma Truma. Die haben uns beide schlichtweg nicht erreicht – man
hätte eine Mail schreiben können, doch das wollen wir der Firma
jetzt nicht gross anlasten.
Fürs
Erste war uns das jedoch egal. Wir machten uns auf eine angepriesene
Wanderung. Ein Spaziergang traf es eher. Ein wundervoller Weg führte
uns in die Junkersura. Ein kleines, grünes, wildes Tal, welches von
einem Tankstellenparkplatz erwandert werden konnte. Den Anfang machte
eine wirklich spektakuläre Hängebrücke. Das was ihr an Höhe
fehlt, macht sie durch Wackeligkeit wieder gut. Immer nur eine Person
aufs Mal durfte auf das Bauwerk und diese wurde ordentlich hin und
her geworfen. Das Tal gefiel uns dann sehr. Wir waren wieder komplett
alleine hier und stapften frohen Mutes vorwärts. Immer öfters
kreuzten grosse Felsblöcke unseren Weg, welche von den steilen
Felsen bis auf den Wanderweg hinuntergestürzt waren. Dabei
hinterliessen sie kleine Schneisen im Wald. Das war uns irgendwie
nicht so ganz geheuer, zumal man wegen dem tosenden Fluss auch
keinerlei Geräusche hören konnte. Als die herumliegenden Blöcke
immer mehr wurden, entschieden wir uns umzudrehen. Der Spaziergang
war kurz, jedoch sehr entspannend und gemütlich. Er liess uns die
Sache mit der Heizung vergessen und auch die Tatsache, dass ich vor
der Wanderung beim Tanken noch den äusseren Tankdeckel abgerissen
hatte und wir da einen neuen organisieren müssen.
Nun
ging die Fahrerei aber erst richtig los. Wir folgten noch eine Weile
der E6 nordwärts ehe unser Navi diese Hauptstrasse verlassen wollte,
um die nächsten Ziele anzufahren. Wir wurden über ein wirklich
wunderschönes Fjell geführt, welches an Idylle kaum zu übertreffen
war. Ganz oben auf dem Fjell entdeckten wir die Ljosenhammer
Ziegenalm. Eine Ansammlung typischer norwegischer Bauten und eine
riesige Ziegenherde, welche vor den Gebäuden graste. Doch lange
konnten wir uns diese Herde nicht ansehen. Eine andere Herde
belagerte wieder die Strasse – Schafe. Einige legten sich
genüsslich hin als wir uns mit dem Wohnmobil einen Weg durch die
weissen Fellknäuel bahnen wollten. Melanie musste sogar aussteigen
um Schafe von der Fahrbahn zu stossen. Im Gegensatz zum Wohnmobil
schien Melanie jedoch bedrohlicher zu wirken und so konnte sich jedes
Schaf doch noch alleine aufraffen. Immer wieder mussten wir auf
dieser Strecke abbremsen und uns mit den mähenden Schafen
auseinandersetzen.
Nach
dem Fjell tauchte endlich wieder einmal ein Fjord vor uns auf. Dies
freute uns sehr und wir wussten auch, dass an diesem Fjord etwas ganz
speziell ist. Der Fjord ist an einer Stelle in seiner Mitte sehr
schmal. Dies bedeutet, dass beim Wechsel der Gezeiten sich der ganze
Fjord über diesen engen Teil leeren oder füllen muss. Dadurch
entsteht ein sogenannter Gezeitenstrom und hier nicht irgendeiner
sondern der Grösste der Welt. Der Fjord kann sich hier innert
Stunden zu einer Art Fluss entwickeln mit Fliessgeschwindigkeiten bis
40 Kilometern die Stunde. 400 Millionen Kubikmeter Wasser wechseln
hier bei Ebbe und bei Flut jeweils die Seiten. Dabei entstehen hier
am Saltstraumen gerne auch riesige Strudel. Ein Mahlstrom, welcher
alles in die Tiefe reisst was ihm in den Weg kommen würde. Wir
parkten unser Womo und spazierten auf die riesige Brücke, welche den
Fjord hier überspannt. Viel war nicht zu erkennen. Es fühlte sich
an, als ob ein Fluss unter einem durchführen würde und es war
schwer zu begreifen, dass dies nur ein Gezeitenstrom ist. Die
Strömung war auch nicht gerade so stark, sodass wir nur vereinzelt
kleine Strudel entdecken konnten. Doch wir haben immerhin welche
gesehen!
So.
Nun war Mittag durch und die lockere Zeit des Geniessens sollte ein
Ende haben. Wir rollten auf den Platz einer langersehnten
Wohnmobilgarage. Ein riesiges Zentrum mit 45 Jahren Berufserfahrung.
Unsere Hoffnung war gross hier Hilfe zu finden. Und wir wurden bitter
enttäuscht. Immerhin schickte sich einmal jemand an wenigstens ins
Womo zu schauen und ein paar Worte mit uns zu reden – doch von
Dieselheizungen hätten sie hier leider keine Ahnung. Er empfahl uns
jedoch zu einer anderen Garage zu fahren, welche nur 40 Autominuten
entfernt sei. Die seien noch ein wenig grösser und hätten
vielleicht einen Techniker. Wir folgten dem Aufgebot und standen
schon bald in einer weiteren Garage. Doch dieser Herr hier wollte uns
nicht helfen. Er habe keine Leute, keine Ahnung von Heizungen und
keine Zeit für uns. Keine 5 Minuten liess er sich auf uns ein. Und
für das waren wir 40 Minuten gefahren. Super. Wir hätten da wohl
besser erst angerufen anstelle einfach blind hinzufahren. Also sahen
wir unsere einzige Hoffnung wieder in Truma. Schon beim ersten
Klingeln ging eine Dame an das Telefon. Und siehe da: die Dame setzte
sich ausserordentlich für uns ein. Auch wenn sie kein Techniker war.
Sie hörte sich unser Problem an, schlug Fehlermeldungen nach und
meinte, dass ein Techniker nur so am Telefon nichts machen könne. Da
müssten wir in eine Garage. Welche wusste sie auch nicht, gab uns
aber die Nummer des Norwegischen Generalimporteurs der Truma
Heizungen. Ja so geht doch Kundenservice auch wenn dank der teuren
Servicenummer die Zusatzkosten nun von 64 auf 92 Franken anstiegen.
Wenn einem wenigstens geholfen wird sind die 28 Franken ja noch
einigermassen zu verkraften. Dieser Generalimporteur war dann auch
super freundlich, machte uns jedoch nicht viel Hoffnung in Norwegen
jemanden zu finden, welcher sich mit Wohnmobilheizungen auskennt. Er
konnte uns jedoch eine Garage in Bodo nennen – 10 Minuten von der
ersten Garage welche wir heute als erstes anfuhren. Wieso hatte uns
der Herr dort nur 40 Minuten durch die Pampa geschickt anstelle uns
an die am nächsten gelegene Garage zu verweisen. Nun waren wir
wieder eine Garage weiter und auch dort: kein Personal – keine
Zeit. Doch der Werkstattchef erbarmte sich unser und gab uns einen
Termin für Freitag 12 Uhr. Also übermorgen. Das ist voll okay so.
Er werde die Dieselpumpe prüfen und sonst noch ein zwei Dinge –
mehr könne er jedoch auch nicht tun.
Mit
dieser Info in der Tasche machten wir uns vom Gelände und
besichtigten erstmals die Stadt Bodo. Die zweitgrösste Stadt in
Nordnorwegen wartet mit 30'000 Besuchern und einem schönen Hafen,
einigen grossen Einkaufszentren und einer toller Kirche.
Diskussionsthema Nummer eins blieb natürlich das Garagendesaster von
Norwegen. Hier will einem irgendwie einfach keiner zuhören oder
geschweige dann helfen. Wir fuhren weiter in Richtung Fauske, die 40
Minuten Strecke, welche wir heute schon zwei Mal zurücklegten. Denn
dort in der Nähe möchten wir morgen wandern bevor wir Freitag die
Strecke wieder zurückfahren zu der Garage. Während Melanie
Nachtessen kochte, hielt ich es jedoch nicht mehr aus. Ich kroch
unter das Womo und baute die Dieselpumpe ab. Nach Diesel stinkend
hatte ich nun die Erkenntnis, dass die Leitung nach der Pumpe
praktisch leer war. Also kriegt die Heizung wirklich kein Diesel
mehr. Jetzt ist die Frage, ob die Dieselpumpe defekt ist, oder ob sie
von der Steuerung der Heizung gar nicht angesteuert wird. Dazu müsste
ich messen ob Spannung anliegt, hatte jedoch kein Messgerät dabei.
Das wurmte mich natürlich wieder. Doch so schnell lässt sich keines
Auftreiben. Mein Plan besagt nun, dass wir morgen zu der
unfreundlichen Garage fahren und uns ein Multimeter ausleihen (das
wird doch wohl auch hier in Norwegen möglich sein) um die Pumpe zu
messen. Falls diese Spannung erhält ist sie wohl defekt und wir
können uns überlegen wie wir hier in der Pampa einen Ersatz dafür
auftreiben. Wird sie nicht angesteuert liegt es an der Elektronik und
wir können noch auf eine Garage 6 Autostunden nördlich von hier
hoffen. Die einzige Garage in Nordnorwegen mit einem Truma
Diagnosegerät. Doch falls es kein einfacher Fehler sei, könne er
uns auch nicht helfen, meinte der nette Herr dort heute in bestem
Deutsch am Telefon – er habe ein Diagnosegerät aber von der
mechanischen Reparatur eines solchen Gerätes keine Ahnung.
Nun
stehen wir am Rande von Fauske an einem Badeplatz. Hier konnten wir
unseren Wasservorrat noch ein wenig auffüllen und die Abendsonne
geniessen. Es ist schon spät und wir gehen bald schlafen. Das Hin
und Her heute hat Kraft gekostet und uns müde gemacht. Wir hoffen
auf mehr Zuversicht morgen und wie gesagt wäre eine Weiterreise ohne
Heizung und Warmwasser zwar nicht so luxuriös aber durchaus
durchführbar.
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