Mittwoch, 11. Juli 2018

Morgens sonnig - Nachmittags bewölkt

Ruhig war die Nacht am Polarkreis. Und sie war trotz ausgefallener Heizung relativ warm. Das ist der Vorteil, wenn praktisch 24 Stunden die Sonne auf das Blech des Wohnmobils scheint. Nur das kalte Wasser am Morgen war auch heute gewöhnungsbedürftig. Doch da jammern wir auf hohem Niveau. Nach dem Frühstück machten wir uns nochmals auf den Weg ins Polarcirclecenter um ein T-Shirt zu kaufen, in welches sich Melanie gestern ein wenig verliebt hatte. Nach diesem kleinen Einkauf machten wir uns dann aber auf die Weiterfahrt. Wir wussten, dass uns heute eine lange Fahrt bevorstehen wird. Nicht so lang jedoch wie die unserer Schweizer Nachbarn von gestern Abend.

Die Geschichte muss ich noch kurz erzählen. Die beiden Schweizer hatten ein deutsches KN (Konstanz) Kennzeichen und ein gemietetes Wohnmobil. Dem Dialekt an stammten sie auch aus unserer Region. So kamen wir ins Gespräch und sie fragten, seit wann wir denn unterwegs seien. Die Verblüffung konnten die Beiden nicht verstecken, als wir erzählten, dass wir seit dem 21. April on Tour seien. Nur ungern erwähnten die Beiden, dass sie seit Freitag (Heute ist Mittwoch – also seit 6 Tagen) auf dem Weg seien. Ihr Ziel sind die Lofoten, wo sie zwei Wochen verbringen und dann wieder in einer Woche nach Hause rollen. Krasses Programm.

Ja wir nahmen es nun ein wenig gemütlicher und waren immer noch leicht säuerlich wegen dem Service der Firma Truma und der Tatsache dass eben unsere Heizung noch immer defekt ist. Bei unserem ersten Halt bemerkten wir jedoch plötzlich etwas sehr verwirrendes. Mein Handy konnte nicht telefonisch erreicht werden. Ausgehende Anrufe und Internet kein Problem – doch ankommen konnten keine Anrufe. Dasselbe bei Melanies Handy. Kann ja nicht sein. Also telefonierten wir mit der UPC. Der Support war wirklich Spitzenklasse – hier wurde uns beiden sofort geholfen und wir fanden heraus, dass der Norwegische Partneranbieter wohl ein Problem haben muss. Wir wechselten das Netz auf einen anderen Anbieter und schon klappte alles wieder bestens. Hut ab vor so einem freundlichen und guten Kundendienst. Doch das relativierte auch den schlechten Dienst der Firma Truma. Die haben uns beide schlichtweg nicht erreicht – man hätte eine Mail schreiben können, doch das wollen wir der Firma jetzt nicht gross anlasten.

Fürs Erste war uns das jedoch egal. Wir machten uns auf eine angepriesene Wanderung. Ein Spaziergang traf es eher. Ein wundervoller Weg führte uns in die Junkersura. Ein kleines, grünes, wildes Tal, welches von einem Tankstellenparkplatz erwandert werden konnte. Den Anfang machte eine wirklich spektakuläre Hängebrücke. Das was ihr an Höhe fehlt, macht sie durch Wackeligkeit wieder gut. Immer nur eine Person aufs Mal durfte auf das Bauwerk und diese wurde ordentlich hin und her geworfen. Das Tal gefiel uns dann sehr. Wir waren wieder komplett alleine hier und stapften frohen Mutes vorwärts. Immer öfters kreuzten grosse Felsblöcke unseren Weg, welche von den steilen Felsen bis auf den Wanderweg hinuntergestürzt waren. Dabei hinterliessen sie kleine Schneisen im Wald. Das war uns irgendwie nicht so ganz geheuer, zumal man wegen dem tosenden Fluss auch keinerlei Geräusche hören konnte. Als die herumliegenden Blöcke immer mehr wurden, entschieden wir uns umzudrehen. Der Spaziergang war kurz, jedoch sehr entspannend und gemütlich. Er liess uns die Sache mit der Heizung vergessen und auch die Tatsache, dass ich vor der Wanderung beim Tanken noch den äusseren Tankdeckel abgerissen hatte und wir da einen neuen organisieren müssen. 




Nun ging die Fahrerei aber erst richtig los. Wir folgten noch eine Weile der E6 nordwärts ehe unser Navi diese Hauptstrasse verlassen wollte, um die nächsten Ziele anzufahren. Wir wurden über ein wirklich wunderschönes Fjell geführt, welches an Idylle kaum zu übertreffen war. Ganz oben auf dem Fjell entdeckten wir die Ljosenhammer Ziegenalm. Eine Ansammlung typischer norwegischer Bauten und eine riesige Ziegenherde, welche vor den Gebäuden graste. Doch lange konnten wir uns diese Herde nicht ansehen. Eine andere Herde belagerte wieder die Strasse – Schafe. Einige legten sich genüsslich hin als wir uns mit dem Wohnmobil einen Weg durch die weissen Fellknäuel bahnen wollten. Melanie musste sogar aussteigen um Schafe von der Fahrbahn zu stossen. Im Gegensatz zum Wohnmobil schien Melanie jedoch bedrohlicher zu wirken und so konnte sich jedes Schaf doch noch alleine aufraffen. Immer wieder mussten wir auf dieser Strecke abbremsen und uns mit den mähenden Schafen auseinandersetzen.

Nach dem Fjell tauchte endlich wieder einmal ein Fjord vor uns auf. Dies freute uns sehr und wir wussten auch, dass an diesem Fjord etwas ganz speziell ist. Der Fjord ist an einer Stelle in seiner Mitte sehr schmal. Dies bedeutet, dass beim Wechsel der Gezeiten sich der ganze Fjord über diesen engen Teil leeren oder füllen muss. Dadurch entsteht ein sogenannter Gezeitenstrom und hier nicht irgendeiner sondern der Grösste der Welt. Der Fjord kann sich hier innert Stunden zu einer Art Fluss entwickeln mit Fliessgeschwindigkeiten bis 40 Kilometern die Stunde. 400 Millionen Kubikmeter Wasser wechseln hier bei Ebbe und bei Flut jeweils die Seiten. Dabei entstehen hier am Saltstraumen gerne auch riesige Strudel. Ein Mahlstrom, welcher alles in die Tiefe reisst was ihm in den Weg kommen würde. Wir parkten unser Womo und spazierten auf die riesige Brücke, welche den Fjord hier überspannt. Viel war nicht zu erkennen. Es fühlte sich an, als ob ein Fluss unter einem durchführen würde und es war schwer zu begreifen, dass dies nur ein Gezeitenstrom ist. Die Strömung war auch nicht gerade so stark, sodass wir nur vereinzelt kleine Strudel entdecken konnten. Doch wir haben immerhin welche gesehen!





So. Nun war Mittag durch und die lockere Zeit des Geniessens sollte ein Ende haben. Wir rollten auf den Platz einer langersehnten Wohnmobilgarage. Ein riesiges Zentrum mit 45 Jahren Berufserfahrung. Unsere Hoffnung war gross hier Hilfe zu finden. Und wir wurden bitter enttäuscht. Immerhin schickte sich einmal jemand an wenigstens ins Womo zu schauen und ein paar Worte mit uns zu reden – doch von Dieselheizungen hätten sie hier leider keine Ahnung. Er empfahl uns jedoch zu einer anderen Garage zu fahren, welche nur 40 Autominuten entfernt sei. Die seien noch ein wenig grösser und hätten vielleicht einen Techniker. Wir folgten dem Aufgebot und standen schon bald in einer weiteren Garage. Doch dieser Herr hier wollte uns nicht helfen. Er habe keine Leute, keine Ahnung von Heizungen und keine Zeit für uns. Keine 5 Minuten liess er sich auf uns ein. Und für das waren wir 40 Minuten gefahren. Super. Wir hätten da wohl besser erst angerufen anstelle einfach blind hinzufahren. Also sahen wir unsere einzige Hoffnung wieder in Truma. Schon beim ersten Klingeln ging eine Dame an das Telefon. Und siehe da: die Dame setzte sich ausserordentlich für uns ein. Auch wenn sie kein Techniker war. Sie hörte sich unser Problem an, schlug Fehlermeldungen nach und meinte, dass ein Techniker nur so am Telefon nichts machen könne. Da müssten wir in eine Garage. Welche wusste sie auch nicht, gab uns aber die Nummer des Norwegischen Generalimporteurs der Truma Heizungen. Ja so geht doch Kundenservice auch wenn dank der teuren Servicenummer die Zusatzkosten nun von 64 auf 92 Franken anstiegen. Wenn einem wenigstens geholfen wird sind die 28 Franken ja noch einigermassen zu verkraften. Dieser Generalimporteur war dann auch super freundlich, machte uns jedoch nicht viel Hoffnung in Norwegen jemanden zu finden, welcher sich mit Wohnmobilheizungen auskennt. Er konnte uns jedoch eine Garage in Bodo nennen – 10 Minuten von der ersten Garage welche wir heute als erstes anfuhren. Wieso hatte uns der Herr dort nur 40 Minuten durch die Pampa geschickt anstelle uns an die am nächsten gelegene Garage zu verweisen. Nun waren wir wieder eine Garage weiter und auch dort: kein Personal – keine Zeit. Doch der Werkstattchef erbarmte sich unser und gab uns einen Termin für Freitag 12 Uhr. Also übermorgen. Das ist voll okay so. Er werde die Dieselpumpe prüfen und sonst noch ein zwei Dinge – mehr könne er jedoch auch nicht tun.

Mit dieser Info in der Tasche machten wir uns vom Gelände und besichtigten erstmals die Stadt Bodo. Die zweitgrösste Stadt in Nordnorwegen wartet mit 30'000 Besuchern und einem schönen Hafen, einigen grossen Einkaufszentren und einer toller Kirche. Diskussionsthema Nummer eins blieb natürlich das Garagendesaster von Norwegen. Hier will einem irgendwie einfach keiner zuhören oder geschweige dann helfen. Wir fuhren weiter in Richtung Fauske, die 40 Minuten Strecke, welche wir heute schon zwei Mal zurücklegten. Denn dort in der Nähe möchten wir morgen wandern bevor wir Freitag die Strecke wieder zurückfahren zu der Garage. Während Melanie Nachtessen kochte, hielt ich es jedoch nicht mehr aus. Ich kroch unter das Womo und baute die Dieselpumpe ab. Nach Diesel stinkend hatte ich nun die Erkenntnis, dass die Leitung nach der Pumpe praktisch leer war. Also kriegt die Heizung wirklich kein Diesel mehr. Jetzt ist die Frage, ob die Dieselpumpe defekt ist, oder ob sie von der Steuerung der Heizung gar nicht angesteuert wird. Dazu müsste ich messen ob Spannung anliegt, hatte jedoch kein Messgerät dabei. Das wurmte mich natürlich wieder. Doch so schnell lässt sich keines Auftreiben. Mein Plan besagt nun, dass wir morgen zu der unfreundlichen Garage fahren und uns ein Multimeter ausleihen (das wird doch wohl auch hier in Norwegen möglich sein) um die Pumpe zu messen. Falls diese Spannung erhält ist sie wohl defekt und wir können uns überlegen wie wir hier in der Pampa einen Ersatz dafür auftreiben. Wird sie nicht angesteuert liegt es an der Elektronik und wir können noch auf eine Garage 6 Autostunden nördlich von hier hoffen. Die einzige Garage in Nordnorwegen mit einem Truma Diagnosegerät. Doch falls es kein einfacher Fehler sei, könne er uns auch nicht helfen, meinte der nette Herr dort heute in bestem Deutsch am Telefon – er habe ein Diagnosegerät aber von der mechanischen Reparatur eines solchen Gerätes keine Ahnung. 





Nun stehen wir am Rande von Fauske an einem Badeplatz. Hier konnten wir unseren Wasservorrat noch ein wenig auffüllen und die Abendsonne geniessen. Es ist schon spät und wir gehen bald schlafen. Das Hin und Her heute hat Kraft gekostet und uns müde gemacht. Wir hoffen auf mehr Zuversicht morgen und wie gesagt wäre eine Weiterreise ohne Heizung und Warmwasser zwar nicht so luxuriös aber durchaus durchführbar.


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