Es
war schon nach 23:00 Uhr als die Sonne gestern Abend wieder hinter
dem einen Berg auftauchte. Den ganzen Himmel hatte sie dabei
dunkelorange gefärbt und das Schauspiel der Mitternachtssonne zog
uns vollends in den Bann. Kurz vor Mitternacht berührte sie das
Wasser, ging jedoch nicht unter. Wirklich nur eine feine Berührung
ehe sie ihren Weg wieder hinauf in den Himmel fand um den neuen Tag
einzuläuten. Das Beobachten der Mitternachtssonne ist mehr als
einfach die Sonne, welche eben auch um Mitternacht scheint. Die
Farben in der Natur erlebt man ansonsten nur bei einem sehr schönen
Sonnenuntergang. Wir schossen viele Fotos ehe wir uns um 00:30 Uhr
ins Bett begaben. Die Sonne schien schon wieder durch jede Ritze in
das Innere unseres Womos.
Knapp
07:00 Uhr war es als wir heute erwachten. Schuld war nicht der Wecker
sondern die Hitze. Hier direkt am Fjord schien die Sonne nun eben
seit Mitternacht wieder auf unser Blech und die Temperaturen fielen
wohl auch in der Nacht nicht tief. Uns war es recht, hatten wir heute
doch eine sehr lange Fahrt vor uns. Wir fuhren schnell zu Rema um
frisches Brot zu kaufen und frühstückten dort auf dem Parkplatz.
Wir waren das einzige Auto auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums in
Hammerfest. Totenstille an diesem Montagmorgen. Nach dem Essen ging
es dann aber wirklich los. 3,5 Stunden Weg fehlte uns noch bis zum
Nordkapp. Und diesen Weg wollten wir am Stück fahren, zumal es
unterwegs keine Sehenswürdigkeiten gab.
Wir
verliessen die Insel wieder über die Brücke mit den vielen
Rentieren. Die waren auch schon früh morgens hier um ankommende
Gäste zu begrüssen – oder um uns zu verabschieden. Nachdem wir
wieder auf der E6 waren folgten wir dieser für eine kurze Zeit in
Richtung Kirkenes, ehe der Abstecher zum Nordkapp angezeigt war.
Dieser wird beinahe 2 Stunden pro Weg in Anspruch nehmen, ist es
jedoch definitiv wert. Das Nordkapp kann man einfach nicht auslassen.
Die Landschaft änderte sich schon bald und wir überquerten ein
Fjell. Mit dem Fahren dort ist es wie mit den Fjellwanderungen. Sehr
interessant, wenn auch eintönig. Nach vielen Auf und Ab unterquerten
wir das Meer zur Insel Mageroya durch den fast sieben Kilometer
langen Unterwassertunnel. 9% Gefälle, gefühlte 50 Meter geradeaus
und danach 9% Steigung ehe man mit total beschlagenen Scheiben und
Spiegeln wieder im Freien stand. Doch wir waren tatsächlich auf der
Nordkappinsel angekommen. Weiter folgten wir der Strasse, welche hier
am Fjord entlang in den Fels gehauen wurde, verschwinden ab und an in
Tunnels. 6 Kilometer vor dem Nordkapp erreichten wir einen Parkplatz,
welcher für die Wanderer gedacht ist, welche zum Knivskjellodden
wandern. Wir schwenkten unser Womo auf den Parkplatz und fanden
gleich einen freien Platz. Hier war für heute Schluss. Ihr fragt
euch vielleicht warum das denn? Die Antwort ist simpel: der Eintritt
ans Nordkapp kostet 275 NOK pro Person (nicht pro Auto) und liegt
somit bei zwei Personen bei umgerechnet ca. 70 Franken. Dafür
bekommt man eine Parkmöglichkeit für 24 Stunden (übernachten
erlaubt), Eintritte ins Kino, Ausstellungen, Museen und ans Nordkapp
selbst. Tja... wir sind eben wieder bei touristischen Attraktionen
angelangt und das kostet. Ausnahme: alle welche mit dem Fahrrad ans
Nordkapp fahren, erhalten freien Eintritt zu jeglichen Räumlichkeiten
und Aktivitäten. Und jetzt wisst ihr, was unser Plan war.
Wir
luden also die Räder von unserem Wohnmobil. Das erste Mal seit
Bergen. So musste noch ein wenig Luft in die Reifen und WD40 an die
Schaltung ehe es losging. Die sechs Kilometer waren ein ewiges Auf
und Ab. Mit sehr knackigen Steigungen dazwischen – die Eine sogar
wirklich lange. Die Temperatur heute lag dabei trotz Wolken irgendwo
zwischen 25°C und 30°C. So waren wir am Ende – und wir meinen
nicht am Ende von Europa. Wir erreichten das Kassenhäuschen und
wurden durchgewunken. Die Freude gerade bei einem knackigen Training
70 Franken gespart zu haben überwog nun. Und natürlich die Freude
am Nordkapp angelangt zu sein. Am äussersten Zipfel von
Festlandeuropa, am nördlichsten Punkt unserer Reise mit dem Womo.
Und hey – wir können nun immer erzählen, dass wir mit dem Fahrrad
zum Nordkapp gefahren sind. Ist nicht gelogen.
Natürlich
machten wir uns zuerst auf den Weg zum Nordkapp selbst. Zur wohl
jedem bekannten Weltkugel, welche seit etlichen Jahren an diesem Kap
die Stellung hält. Wir hatten Glück und es waren fast keine
Menschen an dem Monument und wir begannen Fotos zu schiessen. Lange
dauerte es natürlich nicht, ehe die Leute über den Ort herfielen
und im Gegensatz zu Trolltunga zum Beispiel, stellte sich hier
niemand hinten an. Jeder läuft einfach hin, allen Anderen ins Bild
und regt sich auf, dass Andere dasselbe machen. Es war sowieso gleich
14:00 Uhr und wir machten uns auf den Weg ins Kino, da dort die
Vorstellung eines Panoramafilmes zu jeder vollen Stunde begann. Der
Film im dritten Untergeschoss des Pavillons war wirklich sehr
imposant und wunderschön gemacht. Kurzweilig wurde einem das Kapp in
den vier Jahreszeiten präsentiert. Die Bilder waren eine Wucht. Noch
tiefer hinab führte einem dann der Zeit-Tunnel mit der Geschichte
des Kaps an welchen die nördlichste Kapelle der Welt anknüpfte,
sowie ein Thailändisches Museum und eine neue Ton, Licht und
Bildinstallation welche einem die vier Jahreszeiten am Nordkapp
präsentierte – ja genau, schon wieder. Aber es war alle sehr gut
gestaltet und eingerichtet und vor allem war es kühl dort unten.
Oben
angekommen war die Hitze noch immer da. Sogar noch heftiger, da sich
die Wolken öffneten. So nutzten wir das gute Licht für gute
Fotoaufnahmen mit der Spiegelreflex und der Polaroid, wobei wir nun
wieder alleine an der Weltkugel standen. Natürlich machten wir uns
auch noch auf die Suche nach einem Geocache, wobei dieser nun anders
als geplant, nicht unseren nördlichsten Fund darstellen wird. Dieser
war ja in Spitzbergen. Wir betrachteten auch noch weitere Monumente
von welchen es hier im Umfeld wirklich viele gab. Auch besuchten wir
noch den Souvenirshop, welcher aber genau den gleichen Ramsch anbot
wie alle Anderen in Norwegen auch. Nur etwas kauften wir, was aber
schon vor der Reise klar war. Wir halten beide nichts von hunderten
Stickern auf dem Wohnmobile, doch ein Nordkapp-Aufkleber ziert nun
unser Heck. Nachdem wir im TB-Hotel noch den TB von Melanies Chef
ausgesetzt hatten, machten wir uns mit den Rädern auf den Rückweg,
welcher natürlich genau gleich hoch und runter führte.
Am
Womo angekommen: totale Hitze. Es war beinahe nicht auszuhalten und
so luden wir die Räder auf und schmissen uns in unsere
Badebekleidung, holten die Stühle raus und setzten uns in den
Schatten hinter dem Wohnmobil. Viel trinken soll man ja bei der Hitze
auch und zur Feier des Tages hakten wir diesen Punkt mit einem
Prosecco ab, welcher uns von Freunden auf die Reise mitgegeben wurde.
Sich bei der Hitze auf nüchternen Magen eine Flasche Prosecco zu
genehmigen, hinterliess leichte Spuren. Wir führten noch einen
langen Schwatz mit den neuen Nachbarn und setzten uns dann an den
Grill. Noch immer knallte die Sonne vom Himmel und so sassen wir am
Nordkapp, bei 30 Grad, in Badehose und Bikini. So haben wir uns das
nicht vorgestellt – aber wir sind zufrieden.
Hier
verbringen wir nun den Abend, gehen früh schlafen und starten morgen
bei Zeiten die Wanderung zum Knivskjellodden.
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