Nach einem erneut langen Abend
ging es auch gestern nicht lange, ehe wir im Bett die Augen schlossen
und sofort einschliefen. Morgens waren wir trotzdem bestens
ausgeschlafen und blinzelten aus dem Womo der Sonne entgegen. Jonas
und Jasmin hörten nachts einen Zug, welcher sie längere Zeit um den
Schlaf brachte. Komischerweise hörte ich nichts davon. Wir
frühstückten alle zusammen ehe wir uns auf unsere heutige Reise
begaben. Heute standen vor allem viele Kilometer auf dem Plan.
Litauen sollte von der Mitte des Nordens bis in den östlich
gelegenen Aukstaitija Nationalpark durchquert werden. Eine
beträchtliche Strecke, welche wir natürlich nicht an einem Stück
fahren wollten.
Nachdem wir die Köpfe
zusammensteckten, war der erste Halt auch schon bald festgelegt. Auf
dem Weg dorthin sorgten wir jedoch in erster Priorität noch dafür,
dass wir auch ein paar Tage im Nationalpark mit unseren Womos stehen
könnten, wenn wir dies denn so möchten. So wurde Abwasser
abgelassen, die Klos geleert und natürlich ganz viel Wasser
nachgeladen. So ging es dann über gute Strassen, welche in ewigen
Geraden durch die Landschaft führten. Die letzten Kilometer legten
wir auf einer Schotterpiste zurück, welche immer mehr zu einem
Feldweg mutierte. Doch eine Umkehr kam nicht in Frage. Wir
manövrierten unsere Womos durch die Landschaft und parkten schon
bald vor einer Kapelle. Die Niurkoniai Kapelle befand sich inmitten
eines kleinen Wäldchens, welches auf einer Wiese im Nirgendwo
gewachsen war. Seit vielen Jahren ist das Bauwerk aus dem 19.
Jahrhundert verlassen und zerfällt. Ein LostPlace also und genau
deshalb waren wir nun hier. Wir wanderten durch den Vorgarten, dessen
Tor offen stand, vorbei am externen Glockenturm, bis hin zum Eingang
der riesigen Kapelle. Eine Eisen- und eine Holztüre sicherten den
Eingang in das Innere. Doch beide waren offen. Die letzte, hölzerne,
Türe zu öffnen war schon ein wenig gruselig. Muffig, feucht und
dunkel lag das Innere vor uns. Frei von Müll und Vandalismus
verzauberte uns der LostPlace schon bald. Wir erkundeten jeden
Winkel, schossen Fotos und entdeckten sogar die alte, metallene
Plakette, welche dieses Gebäude einst als wichtige Sehenswürdigkeit
auswies. Ein wirklich interessanter Ort, welchen wir hier wieder
entdecken durften.
Ein wenig nagte der Hunger an
uns, wir entschlossen uns jedoch zuerst noch eine halbe Stunde zu
fahren. Ziemlich genau nach diesen 30 Minuten entdeckten wir auch ein
kleines, lauschiges Plätzchen am See. Hier holten wir wieder unsere
Decke raus und trafen uns darauf zu einer längeren Brotzeit. Wir
quatschten über alles mögliche, ehe wir uns auf die zweistündige
Fahrt begaben.
Unterbrochen wurde diese nur von
einem kleinen Zwischenhalt, bei dem wir uns kurz die Beine vertraten
und einen Geocache suchten. Doch auch der nächste Halt sollte ein
Geocache sein. Ein spezieller. Seit zwei Tagen wartete ein Geocache
an einem verlassenen Spielplatz nämlich auf seinen ersten Finder.
Und wiedereinmal nahmen wir uns dessen an und standen so schon bald
mit allen drei Fahrzeugen auf dem Basketballplatz, welcher schon
länger keinen Ball mehr gesehen hatte. Die Örtlichkeit der Dose war
schnell entdeckt und ich machte mich an die Bergung. Das Logbuch war
wirklich noch leer und wir konnten auch in Litauen einen FTF
verbuchen. Freudig fuhren wir danach noch die letzte Viertelstunde zu
unserem Schlafplatz im Nationalpark.
Es war heute ausnahmsweise noch
nicht so spät als wir unsere Fahrzeuge in Form eines „U“ an den
See stellten. So hatten wir noch etwas vom Abend. Die Mädels
entschlossen sich einen Beauty-Abend einzulegen, was auch wir Männer
tun wollten. Doch da fiel mir auf der Karte ein weiterer Cache auf,
welcher noch nicht gefunden wurde. Nur ein Kilometer entfernt. So
sattelten Jonas und ich die Fahrräder und machten uns auf den Weg zu
diesem Cache. Ewigkeiten stocherten wir danach mit Hint und
Spoilerbild im Wald herum und fanden einfach keine Dose. Doch ohne
Fund nach Hause zu den Mädels konnten wir nicht. Das hätten wir
noch ewig gehört. Freudig rief Jonas nach einer Weile durch den
Wald: „Ich hab den gefunden!“. Und auch hier reichte es noch für
den FTF. Wir radelten mit geschwollener Brust zurück zu den Mädels,
welche unsere grosse Errungenschaft nicht so zu würdigen wussten wie
wir uns das dachten. So machten wir uns eben ohne Lobeshymnen, Wein
und erholende Massagen an das Schneiden von Jonas Haaren.
Dass ich kein Profi an der
Maschine bin, machte ich Jonas von Beginn an klar. Doch wir alle vier
fanden das Ergebnis meiner Arbeit wirklich sehr ordentlich. Leider
begann es langsam zu regnen und wir mussten meinen Termin
verschieben. Zudem sollten wir ja auch noch unser Nachtessen
nachholen, welches bisher irgendwie vergessen ging. Wir setzten uns
zu viert in unser Womo und speisten, was wirklich gut klappte. Ein
Gewitter bewegte sich mittlerweile über unseren Standort und Blitze
zuckten am Himmel, ehe der Donner das Blech zum vibrieren brachte.
Schon bald verabschiedeten wir uns voneinander und jeder genoss noch
ein wenig die prasselnden Tropfen in seinem eigenen, kleinen Zuhause.
Wir schauten noch ein wenig in unsere Tolinos, ehe auch uns die Augen
zu fielen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen