Samstag, 22. September 2018

Ein nachdenklicher Tag in Auschwitz

Früh klingelte heute der Wecker. Früh heisst mittlerweile 07:00 Uhr bei uns. Doch wir hatten ja einen guten Grund, den Wecker so früh zu stellen. Ohne zu frühstücken zogen wir schnell eine Hose und einen Pullover über und machten uns auf den Weg zum Haupteingang. Dort hofften wir in einem Kassenhäuschen noch Tickets zu erhalten. Schon als wir in der Schlange standen, sahen wir auf dem grossen Bildschirm, dass für die Führung auf Deutsch um 10:30 Uhr noch 8 Plätze verfügbar waren. Die Hoffnung war gross und wir wurden nicht enttäuscht. Als wir an der Reihe waren, waren noch immer sechs Tickets unverkauft. Knapp 10 Franken kostete uns das Ticket für die dreistündige Führung. Der Eintritt in die Stätte ist kostenlos, jedoch sehr beschränkt. Deshalb bräuchte man auch für einen kostenlosen Eintritt ein Ticket, welches man definitiv Wochen zuvor online bestellen sollte. Doch für geführte Touren scheint es um 07:30 Uhr noch immer hie und da Plätze zu haben, welche jedoch schnell weg sind.

Wir wanderten gemütlich zurück zu unseren Womos und nutzten die zwei Stunden bis zur Führung mit Arbeiten. Ich schrieb Tagebuch und loggte endlich einmal alle Caches, welche wir seit dem 12. September gefunden hatten. Schlussendlich war die Zeit beinahe zu kurz und ich konnte mir gerade noch die Regenjacke überziehen, ehe wir abermals zum Eingang spazierten. Dort angekommen war erst nicht klar, wo wir nun hin mussten. Doch die netten Angestellten wussten uns zu helfen und erklärten uns den Weg. Am Eingang standen wir dann noch in einer langen Schlange vor der Sicherheitskontrolle. Wie am Flughafen mussten alle metallischen Gegenstände abgelegt werden und man durchlief einen Metalldetektor. Taschen, welche grösser als das Format A4 waren, mussten hier sogar abgegeben werden. Nach der Kontrolle erhielten wir einen Kopfhörer und ein Empfangsgerät um unseren Guide auch immer optimal zu verstehen. Es war schon 10:33 Uhr und die Führung schon im Gange. Wir entdeckten die kleine Blondine mit der deutschen Gruppe aber schnell im Innenhof und stiegen in die Führung ein.

Was wir in den folgenden Stunden im Konzentrationslager Auschwitz erlebten, ist schwer zu beschreiben. Ich schoss zu Beginn zwei Fotos vom Innenhof, danach verging mir das Fotografieren an diesem Ort. Gestattet wäre es. Doch es erging den Meisten so. In unserer Gruppe waren etwa 20 Leute. Doch wir trafen immer wieder auf andere Gruppen. Und obwohl sich so viele Menschen hier befanden, war es bedrückend ruhig auf dem Gelände und in den Gebäuden. Wir besichtigten Orte, welche einem auf schrecklichste Weise vor Augen führte, was hier in Auschwitz zu der Zeit der Nazis passierte. In einem riesigen Raum, hinter einer Glasscheibe auf der ganzen Länge einsehbar, wurden über zwei Tonnen (von insgesamt 7 Tonnen) Haare gelagert, welche allen gleich nach der Ankunft abgeschnitten wurden. Aus den persönlichen Habseligkeiten blieben Kleider und Schuhe liegen. Auch solche von Kleinkindern. Denn hier in Auschwitz wurden auch Frauen und Kinder umgebracht. Wer sich als nicht arbeitsfähig herausstellte, wurde in diesem Lager keine drei Tage alt. Somit traf es die Frauen und Kinder sehr schnell. Wir wechselten nach der Führung durch den Kern von Auschwitz auch noch in das Konzentrationslager Birkenau II. Die Busfahrt dorthin liess einem wieder ein wenig Luft. Doch dort angekommen ging es gleich schrecklich weiter. Das eindrücklichste für mich war die Tatsache, dass in den vier Hochöfen von Auschwitz täglich 4'000 tote Menschen verbrannt wurden – doch das war weitaus zu wenig. Die Nazis mussten anfangen die Leichen unter freiem Himmel zu verbrennen. 4'000 Menschen pro Tag und doch zu wenig. Man stelle sich vor: die Bevölkerung der Stadt Frauenfeld wäre innerhalb sechs Tagen ausgelöscht. Auch hier in Birkenau II schoss ich lediglich Fotos der Aussenanlage. Wir haben zwar schon Dachau und Oranienburg besucht. Doch Auschwitz schaffte es wirklich noch brutaler zu sein als diese beiden KZ. Nachdem wir das Bettenlager besichtigten, indem sich 800 Häftlinge in 180 Betten quetschen mussten, beendeten wir die Führung im Gedenken an alle Menschen, welche hier ihr Leben lassen mussten.

In der Zeit von 1940 bis 1945 wurden 1'300'000 Menschen nach Auschwitz deportiert.
1'100'000 Juden
140'000 Polen
23'000 Sintis und Romas
15'000 Sowjetische Kriegsgefangene
25'000 Asoziale und Angehörige anderer ethnischen Gruppen

1'100'000 Menschen starben.






Nach dieser sehr harten Kost sassen wir alle drei bedrückt in unserem Wohnmobil. Durch die späte Uhrzeit war der Hunger immerhin so gross, dass wir etwas essbares hinunter brachten. Wir entschlossen uns nach dem Essen, dass wir noch weiter nach Krakau fahren und dort die Stadt besichtigen möchten.

Nachdem wir unterwegs den einen oder anderen Halt einlegten, parkten wir auf einem Parkplatz, auf welchem wir für 24 Zloti (6 Franken) fast 48 Stunden parken könnten. Wir zogen uns kurz um und machten uns auf den Weg in die Stadt. Wir spazierten etwa 15 Minuten, ehe wir die Innenstadt erreichten. Hier schien heute auch echt etwas los zu sein. Viele Menschen bevölkerten die Strassen, überall wurde Musik gespielt und die Restaurants waren gut gefüllt. Wir blieben an einer Bühne hängen, wo ein polnisches Trio typische Volksmusik präsentierte. Wir schlenderten durch einen Markt, über den Hauptplatz der Stadt und durch den einen oder anderen Laden. Es wurde dunkel in der Stadt und die Menschen zog es langsam in die Restaurants. So auch uns. Wir entschieden uns, heute polnisch essen zu gehen. Google empfahl uns ein Restaurant, bei welchem laut Rezensionen das Preis- Leistungsverhältnis am Besten stimmen sollte. Die Schlange vor dem Restaurant liess ebenfalls vermuten, dass dieses Lokal sehr beliebt zu sein scheint. Wir mussten nicht so lange warten wie vermutet und wurden an einen Tisch geführt. Dort begann dann das grosse Warten. 30 Minuten bis jemand unsere Bestellung aufnahm. Eine Stunde bis Getränke und Vorspeise auf dem Tisch standen. Wir waren schon ein wenig genervt, als das Essen dann aber kam, war alles vergessen. Ein polnischer Grillteller in diesem Lokal besteht aus einem Kilogramm Fleisch. Mit Reis, Kartoffeln und Kraut als Beilage. Zum Glück hatten wir uns den Teller zu dritt bestellt. Doch die Vorspeise war schon gross und so kämpften wir uns eine ganze Weile durch den Teller, ehe wir völlig überfüllt das Restaurant wieder verliessen. Ein super Lokal mit genialem, polnischem Ambiente. Das Essen war richtig lecker und die Portionen riesig. Lediglich die Wartezeit könnte man kritisieren. Wir bezahlten dann schlussendlich aber für drei warme Vorspeisen (eine Art Ravioli), einen riesigen Grillteller, einen Hugo, einen Apfelsaft, drei Biere und einen Espresso umgerechnet 46 Franken und 35 Rappen.







Müde und mit vollen Bäuchen machten wir uns auf den Heimweg, legten uns in unsere Betten und schliefen auf der Stelle ein. Ein anstrengender Tag mit vielen Eindrücken lag hinter uns. Vor uns liegt morgen dann dafür der letzte Tag mit Jonas, welcher nach Krakau die Heimreise antreten wird. So werden sich nach einem knappen Monat gemeinsamen Reisens unsere Wege wieder trennen.



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