Heute früh erwachten wir beide
erst, als neben uns eine Schiebetür zugeworfen wurde und das Auto
neben uns wegfuhr. Häää? Das musste doch Jonas sein. Schnell aus
dem Fenster gesehen und entdeckt, dass es wirklich Jonas war, welcher
sein Womo an die Sonne stellte, um dessen Batterien per Solarzellen
auf dem Dach wieder zu laden. Doch was sollte denn das so früh
morgens? Mit einem Blick auf den Wecker mussten wir feststellen, dass
dieser seinen Dienst heute verweigerte und wir verschlafen hatten.
Normalerweise wären wir trotzdem bei Zeiten aufgewacht. Doch nach
dieser Nacht wollten unsere Körper nur noch schlafen, schlafen und
nochmals schlafen. Ich glaube ich hatte seit Monaten nicht mehr so
tief geschlafen wie letzte Nacht. Ich nahm gar nichts mehr wahr. Nun
mussten wir aber in die Gänge kommen, zumal wir heute ein wenig
Schwung in die Sache bringen wollten. Heute sollte nämlich wirklich
unser letzter Tag mit Jonas werden und zu diesem Anlass wollten wir
noch die nahegelegene Stadt Kosice ansehen.
Schnell hatten wir gefrühstückt
und machten uns auf die anderthalbstündige Fahrt. Wir hatten uns im
Vorfeld ja überhaupt nicht mit der Slowakei auseinandergesetzt. Wir
wollten ja nach Krakau über Prag und München nach Hause reisen. Ein
klein wenig erfuhren wir über dieses Reiseland erneut von
comewithus2 und waren vor allem schockiert über ihre Anspielungen
zur Roma-Problematik in der Slowakei. Wir alle kennen ja die Romas in
der Schweiz und auch mit einigen Vertretern in Belgien hatten wir so
unsere Mühe. Abfall und Fäkalien begleiteten uns damals durch einen
LostPlace in der Nähe einer solchen Wohnwagensiedlung. Eine solche
suchten wir nun auch überall an der Strasse, welche uns nach Kosice
führte. Plötzlich bemerkten wir, dass nur noch Menschen mit
sommerlich gebräunter Haut unterwegs waren. Kurz später entdeckten
wir auch warum. Die Romas lebten hier am Rande einer Kleinstadt auf
dem Lande zu tausenden in selbst gebastelten Holzhütten in einem
riesigen Ghetto. Anders kann man die Landschaft nicht nennen. Die
Bretterbuden standen inmitten riesiger Mengen von Abfall und Unrat.
Jeder der schon einmal Bilder der USA nach einem Hurrican im
Fernsehen sah, weiss auch wie ein Roma-Ghetto in der Slowakei
aussieht. Und überall auf den Strassen standen die Bewohner. Sie
standen einfach nur da. Keiner machte irgendwas oder sprach gross mit
anderen. Alle standen nur da und betrachteten uns beim Vorbeifahren.
Irgendwie bedrückend und beklemmend. Natürlich beschäftigte uns
dies auch noch länger, da es doch wirklich sehr krass war dies mit
eigenen Augen zu sehen. Wir diskutierten später noch eine Weile über
das Thema und suchten Infos zusammen. Romas in der Slowakei wird
garantiert ein Thema sein über welches wir uns Zuhause informieren
werden. Hat man dies einmal gesehen lässt es einem nicht mehr so
schnell los.
Wir erreichten auf alle Fälle
schon bald die Stadt Kosice. Wir parkten unsere Wohnmobile inmitten
der Stadt, bezahlten ein paar Euros am Parkautomat und hofften, dass
das Womo mitsamt Inhalt noch dort ist, wenn wir später zurückkommen
werden. Die Stadt empfing uns dann mit einigermassen warmen
Sonnenstrahlen, so dass es auch angenehm war durch die Stadt zu
bummeln. Kaum war die Sonne kurz weg bemerkte man aber schnell wieder
die Kälte des Herbstes, welcher langsam Einzug hält. Wir
schlenderten durch die Stadt und betrachteten viele schöne Plätze
von Kosice. Optisch hatte die Stadt wirklich einige Leckerbissen auf
Lager. Vom Flair her waren wir jedoch in Gedanken noch viel zu fest
in Lviv und mit dieser lebensfrohen Stadt kann so schnell eben
Niemand mehr mithalten. Wie schon erwähnt sollten sich heute ja die
Wege von Jonas und uns trennen. Dies jedoch erst nachdem wir noch ein
letztes Mal zusammen essen waren. Eine kleine Brauerei mit Restaurant
zog uns ins Innere und wir alle bestellten uns ein 400 Gramm
Wienerschnitzel mit Kartoffelsalat. Dieses war wirklich lecker, wenn
auch gigantisch gross. Wir rollten wieder mehr zurück zu den Womos
als dass wir spazierten. Plötzlich rief Jonas einem Pärchen zu und
auch wir erkannten die Beiden nach einem zweiten Blick. Die beiden
Berliner, welche in Auschwitz neben uns geschlafen hatten, flanierten
durch die Strassen der Altstadt. Was für ein Zufall. Wir
unterhielten uns noch kurz ehe wir uns erneut verabschiedeten. Wer
weiss wann man sich das nächste Mal trifft.
Durch einen eben solchen Zufall
hatten wir in Lettland auch Jonas wieder angetroffen. Doch anders als
beim ersten Mal hiess es beim zweiten Treffen nicht schon so bald
wieder: „Tschüss und gute Reise“. Nein dieses Mal dauerte es 26
Tage. 26 Tage in denen wir zusammen die wildesten Abenteuer erlebten,
lachten, wanderten, fuhren, assen, Vollleiii-Ball spielten und vor
allem viel Spass hatten. Wir bereisten Lettland, Litauen, Polen,
Weissrussland, die Ukraine und die Slowakei. Besonders die
spezielleren Reisen nach Weissrussland und in die Ukraine werden wir
so schnell nicht vergessen. Und wir hoffen Jonas wird auch uns so
schnell nicht vergessen. In ihm haben wir einen wundervollen
Reisegenosse und Freund gefunden. Wir hoffen wirklich, dass wir mit
ihm den Kontakt halten können, zumal er gar nicht so weit von uns
entfernt wohnt. Jonas, falls du das liest: du bist ein „huere“
geiler Typ und es war eine geniale Zeit mit dir.
Mit einer Umarmung
verabschiedeten wir Jonas am Parkplatz und wünschten unserem Freund
alles Gute für seine Weiterfahrt und Heimreise. Wir selbst liessen
unser Womo noch ein wenig stehen und spazierten weiter ins
Shoppingcenter in der Nähe. Wir entdeckten dort nämlich erneut
einen Pull&Bear und wollten dort einkaufen. Mit dem
melancholischen Gefühl des Abschiedes kam jedoch keine wirkliche
Shopping-Laune auf und wir verliessen den Laden ohne einen einzigen
gekauften Artikel. Jonas hätte seine wahre Freude an uns gehabt.
Auch den Bershka verliessen wir mit leeren Händen, welche sich dann
später im NewYorker doch noch füllten. Zurück am Womo trafen wir
dann erneut auf die beiden Berliner und quatschten noch eine kleine
Weile. Sie gaben uns Tipps zur Übernachtung und Wanderung im
Nationalpark Paradies, welchen wir besuchen wollten und sie gerade
eben erst verlassen hatten. So wussten wir in welche Richtung wir die
Stadt zu verlassen hatten und starteten unsere Fahrt. Gerne wären
wir noch durch das grösste Roma-Ghetto Osteuropas gefahren, welches
sich am Stadtrand von Kosice befindet. Im Internet wurde jedoch vor
der Begehung und Befahrung mehrfach abgeraten. Am Rande der Strasse
entdeckten wir aber auch auf unserer Fahrt immer wieder die eine oder
andere verdreckte Bretterbude. Ein Thema, welches uns in der Slowakei
wohl nicht mehr loslassen wird.
Wir erreichten unseren
Schlafplatz nach fast zwei Stunden Autofahrt. Am Ende eines Tales,
mitten im Grünen, keine Menschenseele. Und kein Handyempfang. Null.
Kein Netz. Anfangs war mir das ziemlich egal. So haben wir einen
ruhigen Abend dachte ich mir. Doch dann erinnerte ich mich daran,
dass ich mit meiner Mutter über die Roma-Problematik diskutierte und
sie dann doch etwas besorgt war, dass wir inmitten dieser Szenerie am
herumreisen waren. Und nun sollte sie erst morgen früh wieder von
uns hören? Ich wusste, dass sie sich da wohl grosse Sorgen machen
würde, da sie die Person ist, welche immer weiss wo wir sind, immer
up to date ist und somit als erstes merken würde wenn etwas nicht
stimmt. Also wurden alle Fensterverdunkelungen wieder geöffnet und
wir fuhren gegen 6 Minuten aus dem Tal, bis wieder Empfang vorhanden
war. Nachdem das WhatsApp endlich draussen war, begaben wir uns
wieder auf den Platz im Grünen. Dort verbrachten wir den Abend in
Zweisamkeit und erledigten ein paar Arbeiten, welche länger schon
liegen geblieben waren. Gerade 5°C zeigte das Aussenthermometer als
wir uns im geheizten Womo schlafen legten. Jetzt beginnt die Zeit, in
welcher wir wohl froh sein werden, dass wir die Heizung in Tromso
hatten reparieren lassen.
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