Mittwoch, 26. September 2018

Der erste Tag in der Slowakei - der letzte Tag mit Jonas

Heute früh erwachten wir beide erst, als neben uns eine Schiebetür zugeworfen wurde und das Auto neben uns wegfuhr. Häää? Das musste doch Jonas sein. Schnell aus dem Fenster gesehen und entdeckt, dass es wirklich Jonas war, welcher sein Womo an die Sonne stellte, um dessen Batterien per Solarzellen auf dem Dach wieder zu laden. Doch was sollte denn das so früh morgens? Mit einem Blick auf den Wecker mussten wir feststellen, dass dieser seinen Dienst heute verweigerte und wir verschlafen hatten. Normalerweise wären wir trotzdem bei Zeiten aufgewacht. Doch nach dieser Nacht wollten unsere Körper nur noch schlafen, schlafen und nochmals schlafen. Ich glaube ich hatte seit Monaten nicht mehr so tief geschlafen wie letzte Nacht. Ich nahm gar nichts mehr wahr. Nun mussten wir aber in die Gänge kommen, zumal wir heute ein wenig Schwung in die Sache bringen wollten. Heute sollte nämlich wirklich unser letzter Tag mit Jonas werden und zu diesem Anlass wollten wir noch die nahegelegene Stadt Kosice ansehen.

Schnell hatten wir gefrühstückt und machten uns auf die anderthalbstündige Fahrt. Wir hatten uns im Vorfeld ja überhaupt nicht mit der Slowakei auseinandergesetzt. Wir wollten ja nach Krakau über Prag und München nach Hause reisen. Ein klein wenig erfuhren wir über dieses Reiseland erneut von comewithus2 und waren vor allem schockiert über ihre Anspielungen zur Roma-Problematik in der Slowakei. Wir alle kennen ja die Romas in der Schweiz und auch mit einigen Vertretern in Belgien hatten wir so unsere Mühe. Abfall und Fäkalien begleiteten uns damals durch einen LostPlace in der Nähe einer solchen Wohnwagensiedlung. Eine solche suchten wir nun auch überall an der Strasse, welche uns nach Kosice führte. Plötzlich bemerkten wir, dass nur noch Menschen mit sommerlich gebräunter Haut unterwegs waren. Kurz später entdeckten wir auch warum. Die Romas lebten hier am Rande einer Kleinstadt auf dem Lande zu tausenden in selbst gebastelten Holzhütten in einem riesigen Ghetto. Anders kann man die Landschaft nicht nennen. Die Bretterbuden standen inmitten riesiger Mengen von Abfall und Unrat. Jeder der schon einmal Bilder der USA nach einem Hurrican im Fernsehen sah, weiss auch wie ein Roma-Ghetto in der Slowakei aussieht. Und überall auf den Strassen standen die Bewohner. Sie standen einfach nur da. Keiner machte irgendwas oder sprach gross mit anderen. Alle standen nur da und betrachteten uns beim Vorbeifahren. Irgendwie bedrückend und beklemmend. Natürlich beschäftigte uns dies auch noch länger, da es doch wirklich sehr krass war dies mit eigenen Augen zu sehen. Wir diskutierten später noch eine Weile über das Thema und suchten Infos zusammen. Romas in der Slowakei wird garantiert ein Thema sein über welches wir uns Zuhause informieren werden. Hat man dies einmal gesehen lässt es einem nicht mehr so schnell los.

Wir erreichten auf alle Fälle schon bald die Stadt Kosice. Wir parkten unsere Wohnmobile inmitten der Stadt, bezahlten ein paar Euros am Parkautomat und hofften, dass das Womo mitsamt Inhalt noch dort ist, wenn wir später zurückkommen werden. Die Stadt empfing uns dann mit einigermassen warmen Sonnenstrahlen, so dass es auch angenehm war durch die Stadt zu bummeln. Kaum war die Sonne kurz weg bemerkte man aber schnell wieder die Kälte des Herbstes, welcher langsam Einzug hält. Wir schlenderten durch die Stadt und betrachteten viele schöne Plätze von Kosice. Optisch hatte die Stadt wirklich einige Leckerbissen auf Lager. Vom Flair her waren wir jedoch in Gedanken noch viel zu fest in Lviv und mit dieser lebensfrohen Stadt kann so schnell eben Niemand mehr mithalten. Wie schon erwähnt sollten sich heute ja die Wege von Jonas und uns trennen. Dies jedoch erst nachdem wir noch ein letztes Mal zusammen essen waren. Eine kleine Brauerei mit Restaurant zog uns ins Innere und wir alle bestellten uns ein 400 Gramm Wienerschnitzel mit Kartoffelsalat. Dieses war wirklich lecker, wenn auch gigantisch gross. Wir rollten wieder mehr zurück zu den Womos als dass wir spazierten. Plötzlich rief Jonas einem Pärchen zu und auch wir erkannten die Beiden nach einem zweiten Blick. Die beiden Berliner, welche in Auschwitz neben uns geschlafen hatten, flanierten durch die Strassen der Altstadt. Was für ein Zufall. Wir unterhielten uns noch kurz ehe wir uns erneut verabschiedeten. Wer weiss wann man sich das nächste Mal trifft.








Durch einen eben solchen Zufall hatten wir in Lettland auch Jonas wieder angetroffen. Doch anders als beim ersten Mal hiess es beim zweiten Treffen nicht schon so bald wieder: „Tschüss und gute Reise“. Nein dieses Mal dauerte es 26 Tage. 26 Tage in denen wir zusammen die wildesten Abenteuer erlebten, lachten, wanderten, fuhren, assen, Vollleiii-Ball spielten und vor allem viel Spass hatten. Wir bereisten Lettland, Litauen, Polen, Weissrussland, die Ukraine und die Slowakei. Besonders die spezielleren Reisen nach Weissrussland und in die Ukraine werden wir so schnell nicht vergessen. Und wir hoffen Jonas wird auch uns so schnell nicht vergessen. In ihm haben wir einen wundervollen Reisegenosse und Freund gefunden. Wir hoffen wirklich, dass wir mit ihm den Kontakt halten können, zumal er gar nicht so weit von uns entfernt wohnt. Jonas, falls du das liest: du bist ein „huere“ geiler Typ und es war eine geniale Zeit mit dir.







Mit einer Umarmung verabschiedeten wir Jonas am Parkplatz und wünschten unserem Freund alles Gute für seine Weiterfahrt und Heimreise. Wir selbst liessen unser Womo noch ein wenig stehen und spazierten weiter ins Shoppingcenter in der Nähe. Wir entdeckten dort nämlich erneut einen Pull&Bear und wollten dort einkaufen. Mit dem melancholischen Gefühl des Abschiedes kam jedoch keine wirkliche Shopping-Laune auf und wir verliessen den Laden ohne einen einzigen gekauften Artikel. Jonas hätte seine wahre Freude an uns gehabt. Auch den Bershka verliessen wir mit leeren Händen, welche sich dann später im NewYorker doch noch füllten. Zurück am Womo trafen wir dann erneut auf die beiden Berliner und quatschten noch eine kleine Weile. Sie gaben uns Tipps zur Übernachtung und Wanderung im Nationalpark Paradies, welchen wir besuchen wollten und sie gerade eben erst verlassen hatten. So wussten wir in welche Richtung wir die Stadt zu verlassen hatten und starteten unsere Fahrt. Gerne wären wir noch durch das grösste Roma-Ghetto Osteuropas gefahren, welches sich am Stadtrand von Kosice befindet. Im Internet wurde jedoch vor der Begehung und Befahrung mehrfach abgeraten. Am Rande der Strasse entdeckten wir aber auch auf unserer Fahrt immer wieder die eine oder andere verdreckte Bretterbude. Ein Thema, welches uns in der Slowakei wohl nicht mehr loslassen wird.

Wir erreichten unseren Schlafplatz nach fast zwei Stunden Autofahrt. Am Ende eines Tales, mitten im Grünen, keine Menschenseele. Und kein Handyempfang. Null. Kein Netz. Anfangs war mir das ziemlich egal. So haben wir einen ruhigen Abend dachte ich mir. Doch dann erinnerte ich mich daran, dass ich mit meiner Mutter über die Roma-Problematik diskutierte und sie dann doch etwas besorgt war, dass wir inmitten dieser Szenerie am herumreisen waren. Und nun sollte sie erst morgen früh wieder von uns hören? Ich wusste, dass sie sich da wohl grosse Sorgen machen würde, da sie die Person ist, welche immer weiss wo wir sind, immer up to date ist und somit als erstes merken würde wenn etwas nicht stimmt. Also wurden alle Fensterverdunkelungen wieder geöffnet und wir fuhren gegen 6 Minuten aus dem Tal, bis wieder Empfang vorhanden war. Nachdem das WhatsApp endlich draussen war, begaben wir uns wieder auf den Platz im Grünen. Dort verbrachten wir den Abend in Zweisamkeit und erledigten ein paar Arbeiten, welche länger schon liegen geblieben waren. Gerade 5°C zeigte das Aussenthermometer als wir uns im geheizten Womo schlafen legten. Jetzt beginnt die Zeit, in welcher wir wohl froh sein werden, dass wir die Heizung in Tromso hatten reparieren lassen.

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