Mittwoch, 12. September 2018

Ein Abstecher nach Weissrussland

Heute klingelte der Wecker für einmal wieder ein wenig früher. Doch heute machte uns das gar nichts aus, da wir uns sehr über das anstehende Tagesprogramm freuten. Nach einem sehr ausgiebigen Frühstück machten wir uns auch voller Vorfreude auf die Fahrt zurück in den Ortskern. Wir parkten unsere Wohnmobile für 6 Zloti (1.50 Franken) und begaben uns zu dem deutsch sprechenden Guide, welcher sich um unsere „Visa“ kümmerte. Wir wurden freundlich begrüsst und bekamen mehrere Dokumente in die Hand gedrückt. Ein Passierschein, eine Buchung von touristischen Leistungen (Voraussetzung für den Besuch von Weissrussland) und eine Bestätigung, der abgeschlossenen Krankenversicherung für Weissrussland. Ebenfalls wurden wir hier mit Tipps versorgt und hätten auch noch eine Karte erhalten, welche wir jedoch nicht kauften, da ich doch wirklich auch für Weissrussland eine OSM-Karte heruntergeladen hatte, welche ich auf unser GPS geladen hatte. Nun brauchten wir nur noch ein Fahrrad für Jonas, welches gleich auf der anderen Strassenseite für ein paar Euros übernommen werden konnte. Und so waren wir startklar für unser nächstes Abenteuer.

Wir radelten gemütlich durch das kleine Dorf, bogen wie geplant an der Tankstelle links ab und fuhren danach auf direktestem Wege auf den Grenzposten zu. Schon von Weitem bemerkten wir, dass dies nicht einfach irgend eine Grenze ist. Alles war mit Zäunen befestigt, die Armee stand bereit und allgemein machte es den Eindruck, als würde man ein Gefängnis betreten. Die Überquerung der Grenze mit dem Auto an diesem Grenzübergang ist nicht möglich. Nur zu Fuss oder mit dem Fahrrad. Somit waren wir ganz alleine auf weiter Flur in dem grossen, polnischen Teil des Geländes. Eine polnische Zollbeamtin kontrollierte unsere Pässe und liess uns nach dieser kurzen Prozedur passieren. Zwei Schlagbäume und Zäune später befanden wir uns dann am weissrussischen Zoll. Hier wehte wie erwartet schon wieder ein anderer Wind. Ein streng blickender, uniformierter Beamte, der ausser Russisch keine andere Sprache sprach, musterte uns und unsere Pässe mit viel Misstrauen. Er drückte minutenlang auf der Tastatur seines Computers umher, betrachtete vor allem unsere russischen Stempel in den Pässen, ehe er sie uns wieder aushändigte. Wir wollten das Gebäude gerade verlassen, als er uns schroff auf russisch hinterher rief. Wir blieben sofort stehen und mussten bemerken, dass die Prozedur noch lange nicht vorbei war. Die Sicherheitskontrolle stand noch an. Wir mussten unsere Rucksäcke komplett auspacken und sogar die Sandwiches aus der Alufolie nehmen. Nachdem der Beamte uns mit einem Metalldetektor absuchte, widmete er sich noch unseren Fahrrädern, welche auch ausgiebig kontrolliert wurden. Scheinbar war er mit allem zufrieden, denn er verschwand im Häuschen und war nicht mehr zu sehen. Der junge Soldat am Schlagbaum weiter vorne öffnete uns nett grüssend die Schranke und wir betraten wirklich weissrussischen Boden. 



Die erste Reise führte uns zum Infocenter des Nationalparks, welches nur gerade 100 Meter hinter der Grenze steht. Eine Dame nahm uns auf der Strasse schon in Empfang. Sie sprach nur russisch, sodass wir kein Wort verstanden. Doch wir wussten vom deutsch sprechenden Guide ja zum Glück, dass wir hier Eintritt bezahlen mussten. Die touristische Leistung eben. Diese bestand aus Tickets zu drei verschiedenen Attraktionen des Nationalparks. Wir hatten sowieso vor diese Orte zu besuchen und so waren die paar Euro auch völlig okay für uns. Nachdem die Dame uns die Kreditkarte und die Tickets in die Hand drückte konnten wir uns wirklich auf den Weg durch Weissrussland machen.

Geteerte Strassen führten uns von Anbeginn an durch den schönen Wald, der sich auch auf der weissrussischen Seite über eine riesige Fläche erstreckte. Die Strassen waren komplett leer und als wir nach etwa 15 Minuten an einem wunderschönen See angelangt waren, hatten wir noch keinen einzigen Menschen gesehen. Wir schossen Fotos und fuhren danach weiter durch den Wald. Schon bald machten wir einen Abstecher über eine Schotterpiste zu einer ganz speziellen Eiche. Hier, im fast letzten verbliebenen Urwald von Europa, stehen natürlich viele alte Bäume. Doch die 600 Jahre alte und 32 Meter hohe Eiche gehört zu den ganz Grossen. Um die Eiche mit zwei Metern Durchmesser zu Umfassen bräuchte es fünf Leute. Diese fünf Menschen könnten dann auch gleich in dem schönen Haus wohnen, welches sich komplett aus dem Holz des Kolosses anfertigen lassen würde. Wir betrachteten den Riesen, welchem auch ein Blitzeinschlag nur ein kleiner Kratzer zufügen konnte, schossen Fotos und machten uns auf die Weiterreise. 





Der nächste Halt war natürlich einer der Wichtigsten für einen Cacher. In Weissrussland befinden sich nicht viele Caches. Doch genau hier im Nationalpark befand sich eine einzige Dose, welche uns den Länderpunkt bringen sollte. Wir mussten nicht lange suchen, ehe wir die Tupperdose in einem Baumstrunk am Wegesrand entdeckten und uns zum ersten Mal in einem weissrussischen Logbuch eintrugen.

Schon bald konnten wir unser erstes Ticket zücken, als wir vor einem grossen verschlossenen Holztor standen. Hier ist jemand ganz besonderes Zuhause und wir machten uns nun daran ihn zu besuchen. Die hölzerne Türe wurde geöffnet und wir standen im Innenhof des speziellen Ortes. Viele Holzstatuen standen auf den grünen Wiesen, welche sich zwischen den vielen hölzernen Häusern befanden. Das erste Haus war gleich das prächtigste und auch die Heimat des berühmten Einwohners. Doch einfach nur so sein Haus anzusehen war uns zu langweilig. Wir standen davor und riefen zögerlich er solle doch bitte aus dem Haus treten. Verstand er kein Englisch oder wollte er uns einfach nicht sehen? Zwei Russen kamen gerade auch am Haus an und begannen sogleich in enormer Lautstärke den Bewohner zu rufen. Nach dem dritten Rufen öffnete sich wirklich die Türe und er trat hinaus. Väterchen Frost höchst persönlich. Die russische Version vom Weihnachtsmann, erschien traditionell hell gekleidet und begrüsste uns. Er sprach nur russisch, doch die Russin sprach fliessend englisch und konnte so alles für uns übersetzen. Väterchen Frost stellte uns noch ein Rätsel, schoss ein Foto mit uns und verabschiedete sich dann wieder in sein Haus. Wir durchschritten mit seiner Erlaubnis dann noch seinen Vorgarten, in welchem neben seinem Schlitten auch noch die magische Windmühle, die glückliche Brücke und diverse andere Orte zu finden waren. Die Sonne schien heiss vom Himmel als wir uns in dem Park hinsetzten und unsere Brotzeit genossen. Danach besuchten wir noch den Stuhl vom Grossmütterchen Frost, lichteten uns darauf ab, ehe wir zum Schluss noch das versprochene Geschenk in Empfang nehmen durften. Worum es sich handelte verraten wir hier natürlich nicht. Dafür müsst ihr Väterchen Frost schon selbst besuchen. 









Weiter ging es durch den endlos scheinenden Wald. Immer wieder begegneten uns riesige Bäume und dichte Waldabschnitte. Die ebenen Teerstrassen führten uns jedoch schnell und gut durch diesen Wald. Es war kein sehr spektakulärer Wald. Vielleicht nicht so, wie man sich ein Urwald vorstellt. Doch wir genossen die Stille in dem riesigen Gebiet und die Unberührtheit der Natur. So radelten wir einfach immer weiter. Bis wir das nächste Ziel erreichten.

Dieses Ziel sollte in Tierpark innerhalb des Nationalparks sein, welches einheimische Tiere beherbergte. Doch schon bald mussten wir bemerken, dass der Osten auch in einem Nationalpark eine komplett andere Auffassung von Tierhaltung hat als wir. Als Gegner von Tierparks und Zoos wurde ich erst vor ein paar Monaten in Schweden dank dem Kolmarden Tierpark ein wenig vor dieser Ablehnung befreit. Doch je länger wir durch diese Gehege schritten, desto mehr kam sie zurück. Die meisten Tiere hier wurden ganz okay gehalten. Mehr aber auch nicht. Sie sahen gesund und gut genährt aus, hatten grosse Gehege, waren jedoch in diesen permanent ausgestellt. Doch die Bären, der Luchs und ein Raubvogel wurden in Gehegen gehalten, die den Begriff beinahe nicht verdienten. Das Herz weinte als ich die wunderschöne Raubkatze in ihrem kleinen Holzverschlag betrachtete, die in der Natur in riesigen Revieren umherstreift. Wütend war ich vor allem, dass ich diesen Park mit meiner touristischen Leistung noch finanziell unterstützt hatte. Doch wer weiss wie es den Tieren hier ergehen würde, wenn dieser Pflichtbeitrag von jedem Nationalparkbesucher auch noch ausbleiben würde. Wir verweilten nicht besonders lange in dem Park und zogen schon bald weiter. 




Die dritte Attraktion, für welche wir Tickets besassen, war das Naturkundemuseum auf der anderen Strassenseite. Wir betraten das Gebäude und trafen auf eine junge Dame, welche unsere Tickets kontrollierte und uns anwies: „Two floor. Don't touch animals“. Wir begaben uns also einen Stock höher und betrachteten die vielen ausgestopften Tiere, welche in mehreren aufwändig gestalteten Räumen ausgestellt waren. Es war interessant die Tiere aus der Nähe anzusehen. Doch leider waren sämtliche Infos nur auf russisch und so waren wir auch hier schon bald wieder durch.





Wir hatten schon viele Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt und beschlossen darum, uns langsam auf die Rückfahrt zu begeben. Wir mussten schliesslich auch bis spätestens 20:00 Uhr das Land verlassen haben und durch den Zeitzonenwechsel wurde uns ja bei der Einreise schon eine Stunde geraubt. Kurz nachdem wir losfuhren streikte jedoch plötzlich Jonas geliehenes Fahrrad. Die Kette hatte sich total aus dem Kettenspanner gelöst und eine Weiterfahrt war nicht möglich. So standen wir mitten im weissrussischen Wald und hatten natürlich kein Werkzeug dabei. Dies hatten wir alle im Wohnmobil gelassen um an der Grenze keinen Ärger zu riskieren. So mussten wir uns eben selbst helfen. Mit dem Sattel und der Feststellschraube dessen schafften wir es nach etwa 20 Minuten das Problem in den Griff zu bekommen und konnten weiterfahren. Es waren viele Kilometer ehe wir wieder an dem kleinen Infohäuschen standen. Wir hatten noch ein wenig Zeit und entschlossen uns darum dort noch kurz nach rechts abzubiegen und uns ins Kerngebiet des Urwaldes zu begeben. Dieses begutachteten wir wiederum von der Strasse. Ein unaufgeräumter, sehr dichter Wald in welchem wirklich überdurchschnittlich viele grosse Bäume standen. Nach zwei Kilometer wendeten wir, froh jedoch diesen kurzen Abstecher noch gemacht zu haben. 



An der Grenze wurden wir vom freundlichen Soldaten am Schlagbaum mit „Guten Abend“ begrüsst. Er meinte er hätte uns sprechen gehört und spreche selbst auch einige Brocken Deutsch. Nach dem kurzen Gespräch landeten wir dann wieder beim gleichen Zollbeamten, welcher uns schon in das Land eingelassen hatte. Wir dachten uns, dass es ja super ist, wenn der uns schon kennt. Falsch gedacht. Hier an der weissrussischen Grenze verlief alles nach Vorschrift. So wurden die Pässe wieder akribisch kontrolliert und auch die Rucksäcke und Fahrräder wurden erneut unter die Lupe genommen. Nur 100 Meter weiter bei der Einreise nach Polen stand uns dann dasselbe nochmals bevor. Wieder Rucksäcke auspacken, Pässe kontrollieren, warten. Wir schienen aber kein Risiko darzustellen und durften wieder nach Polen einreisen. Nach genau 60 Kilometern mit dem Fahrrad erreichten wir den Fahrradverleih und Jonas konnte sein Rad zurückgeben, welches nach der Reparatur wieder bis zum Schluss bestens funktionierte. Wir setzten uns in unsere Mobile und machten uns auf den Weg zum gleichen Parkplatz, wo wir auch letzte Nacht übernachtet hatten.

Nicht ganz überraschend trafen wir dort auf zwei Bekannte. Schon am Vorabend tauschten wir Infos aus, um ihnen den Stress mit stundenlangem Googeln und Herumsitzen beim Tourist-Center zu ersparen. Und nur einen Tag später waren sie dann auch schon da. Lui und Steffi von Comewithus2 erwarteten uns schon auf dem Parkplatz und wir freuten uns sehr die Beiden wieder zu sehen. Wir parkten unsere Mobile zusammen und machten Tische, Stühle und den Grill bereit für den Einsatz. So endete ein spannender Tag in Weissrussland mit ebenso spannenden Gesprächen und ausgelassener Stimmung. Interessant einmal hinter die Fassade der aufwändigen Arbeit zu sehen, welche die Beiden jeden Tag erledigen. Es war super sie nochmals zu sehen, ehe sich unsere Reiserouten an diesem Punkt definitiv trennen werden. Wir werden die Zwei jedoch sicherlich auch in Zukunft auf Instagram und www.comewithus2.com verfolgen. 



1 Kommentar: