Heute klingelte der Wecker für
einmal wieder ein wenig früher. Doch heute machte uns das gar nichts
aus, da wir uns sehr über das anstehende Tagesprogramm freuten. Nach
einem sehr ausgiebigen Frühstück machten wir uns auch voller
Vorfreude auf die Fahrt zurück in den Ortskern. Wir parkten unsere
Wohnmobile für 6 Zloti (1.50 Franken) und begaben uns zu dem deutsch
sprechenden Guide, welcher sich um unsere „Visa“ kümmerte. Wir
wurden freundlich begrüsst und bekamen mehrere Dokumente in die Hand
gedrückt. Ein Passierschein, eine Buchung von touristischen
Leistungen (Voraussetzung für den Besuch von Weissrussland) und eine
Bestätigung, der abgeschlossenen Krankenversicherung für
Weissrussland. Ebenfalls wurden wir hier mit Tipps versorgt und
hätten auch noch eine Karte erhalten, welche wir jedoch nicht
kauften, da ich doch wirklich auch für Weissrussland eine OSM-Karte
heruntergeladen hatte, welche ich auf unser GPS geladen hatte. Nun
brauchten wir nur noch ein Fahrrad für Jonas, welches gleich auf der
anderen Strassenseite für ein paar Euros übernommen werden konnte.
Und so waren wir startklar für unser nächstes Abenteuer.
Wir radelten gemütlich durch das
kleine Dorf, bogen wie geplant an der Tankstelle links ab und fuhren
danach auf direktestem Wege auf den Grenzposten zu. Schon von Weitem
bemerkten wir, dass dies nicht einfach irgend eine Grenze ist. Alles
war mit Zäunen befestigt, die Armee stand bereit und allgemein
machte es den Eindruck, als würde man ein Gefängnis betreten. Die
Überquerung der Grenze mit dem Auto an diesem Grenzübergang ist
nicht möglich. Nur zu Fuss oder mit dem Fahrrad. Somit waren wir
ganz alleine auf weiter Flur in dem grossen, polnischen Teil des
Geländes. Eine polnische Zollbeamtin kontrollierte unsere Pässe und
liess uns nach dieser kurzen Prozedur passieren. Zwei Schlagbäume
und Zäune später befanden wir uns dann am weissrussischen Zoll.
Hier wehte wie erwartet schon wieder ein anderer Wind. Ein streng
blickender, uniformierter Beamte, der ausser Russisch keine andere
Sprache sprach, musterte uns und unsere Pässe mit viel Misstrauen.
Er drückte minutenlang auf der Tastatur seines Computers umher,
betrachtete vor allem unsere russischen Stempel in den Pässen, ehe
er sie uns wieder aushändigte. Wir wollten das Gebäude gerade
verlassen, als er uns schroff auf russisch hinterher rief. Wir
blieben sofort stehen und mussten bemerken, dass die Prozedur noch
lange nicht vorbei war. Die Sicherheitskontrolle stand noch an. Wir
mussten unsere Rucksäcke komplett auspacken und sogar die Sandwiches
aus der Alufolie nehmen. Nachdem der Beamte uns mit einem
Metalldetektor absuchte, widmete er sich noch unseren Fahrrädern,
welche auch ausgiebig kontrolliert wurden. Scheinbar war er mit allem
zufrieden, denn er verschwand im Häuschen und war nicht mehr zu
sehen. Der junge Soldat am Schlagbaum weiter vorne öffnete uns nett
grüssend die Schranke und wir betraten wirklich weissrussischen
Boden.
Die erste Reise führte uns zum
Infocenter des Nationalparks, welches nur gerade 100 Meter hinter der
Grenze steht. Eine Dame nahm uns auf der Strasse schon in Empfang.
Sie sprach nur russisch, sodass wir kein Wort verstanden. Doch wir
wussten vom deutsch sprechenden Guide ja zum Glück, dass wir hier
Eintritt bezahlen mussten. Die touristische Leistung eben. Diese
bestand aus Tickets zu drei verschiedenen Attraktionen des
Nationalparks. Wir hatten sowieso vor diese Orte zu besuchen und so
waren die paar Euro auch völlig okay für uns. Nachdem die Dame uns
die Kreditkarte und die Tickets in die Hand drückte konnten wir uns
wirklich auf den Weg durch Weissrussland machen.
Geteerte Strassen führten uns
von Anbeginn an durch den schönen Wald, der sich auch auf der
weissrussischen Seite über eine riesige Fläche erstreckte. Die
Strassen waren komplett leer und als wir nach etwa 15 Minuten an
einem wunderschönen See angelangt waren, hatten wir noch keinen
einzigen Menschen gesehen. Wir schossen Fotos und fuhren danach
weiter durch den Wald. Schon bald machten wir einen Abstecher über
eine Schotterpiste zu einer ganz speziellen Eiche. Hier, im fast
letzten verbliebenen Urwald von Europa, stehen natürlich viele alte
Bäume. Doch die 600 Jahre alte und 32 Meter hohe Eiche gehört zu
den ganz Grossen. Um die Eiche mit zwei Metern Durchmesser zu
Umfassen bräuchte es fünf Leute. Diese fünf Menschen könnten dann
auch gleich in dem schönen Haus wohnen, welches sich komplett aus
dem Holz des Kolosses anfertigen lassen würde. Wir betrachteten den
Riesen, welchem auch ein Blitzeinschlag nur ein kleiner Kratzer
zufügen konnte, schossen Fotos und machten uns auf die Weiterreise.
Der nächste Halt war natürlich
einer der Wichtigsten für einen Cacher. In Weissrussland befinden
sich nicht viele Caches. Doch genau hier im Nationalpark befand sich
eine einzige Dose, welche uns den Länderpunkt bringen sollte. Wir
mussten nicht lange suchen, ehe wir die Tupperdose in einem
Baumstrunk am Wegesrand entdeckten und uns zum ersten Mal in einem
weissrussischen Logbuch eintrugen.
Schon bald konnten wir unser
erstes Ticket zücken, als wir vor einem grossen verschlossenen
Holztor standen. Hier ist jemand ganz besonderes Zuhause und wir
machten uns nun daran ihn zu besuchen. Die hölzerne Türe wurde
geöffnet und wir standen im Innenhof des speziellen Ortes. Viele
Holzstatuen standen auf den grünen Wiesen, welche sich zwischen den
vielen hölzernen Häusern befanden. Das erste Haus war gleich das
prächtigste und auch die Heimat des berühmten Einwohners. Doch
einfach nur so sein Haus anzusehen war uns zu langweilig. Wir standen
davor und riefen zögerlich er solle doch bitte aus dem Haus treten.
Verstand er kein Englisch oder wollte er uns einfach nicht sehen?
Zwei Russen kamen gerade auch am Haus an und begannen sogleich in
enormer Lautstärke den Bewohner zu rufen. Nach dem dritten Rufen
öffnete sich wirklich die Türe und er trat hinaus. Väterchen Frost
höchst persönlich. Die russische Version vom Weihnachtsmann,
erschien traditionell hell gekleidet und begrüsste uns. Er sprach
nur russisch, doch die Russin sprach fliessend englisch und konnte so
alles für uns übersetzen. Väterchen Frost stellte uns noch ein
Rätsel, schoss ein Foto mit uns und verabschiedete sich dann wieder
in sein Haus. Wir durchschritten mit seiner Erlaubnis dann noch
seinen Vorgarten, in welchem neben seinem Schlitten auch noch die
magische Windmühle, die glückliche Brücke und diverse andere Orte
zu finden waren. Die Sonne schien heiss vom Himmel als wir uns in dem
Park hinsetzten und unsere Brotzeit genossen. Danach besuchten wir
noch den Stuhl vom Grossmütterchen Frost, lichteten uns darauf ab,
ehe wir zum Schluss noch das versprochene Geschenk in Empfang nehmen
durften. Worum es sich handelte verraten wir hier natürlich nicht.
Dafür müsst ihr Väterchen Frost schon selbst besuchen.
Weiter ging es durch den endlos
scheinenden Wald. Immer wieder begegneten uns riesige Bäume und
dichte Waldabschnitte. Die ebenen Teerstrassen führten uns jedoch
schnell und gut durch diesen Wald. Es war kein sehr spektakulärer
Wald. Vielleicht nicht so, wie man sich ein Urwald vorstellt. Doch
wir genossen die Stille in dem riesigen Gebiet und die Unberührtheit
der Natur. So radelten wir einfach immer weiter. Bis wir das nächste
Ziel erreichten.
Dieses Ziel sollte in Tierpark
innerhalb des Nationalparks sein, welches einheimische Tiere
beherbergte. Doch schon bald mussten wir bemerken, dass der Osten
auch in einem Nationalpark eine komplett andere Auffassung von
Tierhaltung hat als wir. Als Gegner von Tierparks und Zoos wurde ich
erst vor ein paar Monaten in Schweden dank dem Kolmarden Tierpark ein
wenig vor dieser Ablehnung befreit. Doch je länger wir durch diese
Gehege schritten, desto mehr kam sie zurück. Die meisten Tiere hier
wurden ganz okay gehalten. Mehr aber auch nicht. Sie sahen gesund und
gut genährt aus, hatten grosse Gehege, waren jedoch in diesen
permanent ausgestellt. Doch die Bären, der Luchs und ein Raubvogel
wurden in Gehegen gehalten, die den Begriff beinahe nicht verdienten.
Das Herz weinte als ich die wunderschöne Raubkatze in ihrem kleinen
Holzverschlag betrachtete, die in der Natur in riesigen Revieren
umherstreift. Wütend war ich vor allem, dass ich diesen Park mit
meiner touristischen Leistung noch finanziell unterstützt hatte.
Doch wer weiss wie es den Tieren hier ergehen würde, wenn dieser
Pflichtbeitrag von jedem Nationalparkbesucher auch noch ausbleiben
würde. Wir verweilten nicht besonders lange in dem Park und zogen
schon bald weiter.
Die dritte Attraktion, für
welche wir Tickets besassen, war das Naturkundemuseum auf der anderen
Strassenseite. Wir betraten das Gebäude und trafen auf eine junge
Dame, welche unsere Tickets kontrollierte und uns anwies: „Two
floor. Don't touch animals“. Wir begaben uns also einen Stock höher
und betrachteten die vielen ausgestopften Tiere, welche in mehreren
aufwändig gestalteten Räumen ausgestellt waren. Es war interessant
die Tiere aus der Nähe anzusehen. Doch leider waren sämtliche Infos
nur auf russisch und so waren wir auch hier schon bald wieder durch.
Wir hatten schon viele Kilometer
mit dem Fahrrad zurückgelegt und beschlossen darum, uns langsam auf
die Rückfahrt zu begeben. Wir mussten schliesslich auch bis
spätestens 20:00 Uhr das Land verlassen haben und durch den
Zeitzonenwechsel wurde uns ja bei der Einreise schon eine Stunde
geraubt. Kurz nachdem wir losfuhren streikte jedoch plötzlich Jonas
geliehenes Fahrrad. Die Kette hatte sich total aus dem Kettenspanner
gelöst und eine Weiterfahrt war nicht möglich. So standen wir
mitten im weissrussischen Wald und hatten natürlich kein Werkzeug
dabei. Dies hatten wir alle im Wohnmobil gelassen um an der Grenze
keinen Ärger zu riskieren. So mussten wir uns eben selbst helfen.
Mit dem Sattel und der Feststellschraube dessen schafften wir es nach
etwa 20 Minuten das Problem in den Griff zu bekommen und konnten
weiterfahren. Es waren viele Kilometer ehe wir wieder an dem kleinen
Infohäuschen standen. Wir hatten noch ein wenig Zeit und
entschlossen uns darum dort noch kurz nach rechts abzubiegen und uns
ins Kerngebiet des Urwaldes zu begeben. Dieses begutachteten wir
wiederum von der Strasse. Ein unaufgeräumter, sehr dichter Wald in
welchem wirklich überdurchschnittlich viele grosse Bäume standen.
Nach zwei Kilometer wendeten wir, froh jedoch diesen kurzen Abstecher
noch gemacht zu haben.
An der Grenze wurden wir vom
freundlichen Soldaten am Schlagbaum mit „Guten Abend“ begrüsst.
Er meinte er hätte uns sprechen gehört und spreche selbst auch
einige Brocken Deutsch. Nach dem kurzen Gespräch landeten wir dann
wieder beim gleichen Zollbeamten, welcher uns schon in das Land
eingelassen hatte. Wir dachten uns, dass es ja super ist, wenn der
uns schon kennt. Falsch gedacht. Hier an der weissrussischen Grenze
verlief alles nach Vorschrift. So wurden die Pässe wieder akribisch
kontrolliert und auch die Rucksäcke und Fahrräder wurden erneut
unter die Lupe genommen. Nur 100 Meter weiter bei der Einreise nach
Polen stand uns dann dasselbe nochmals bevor. Wieder Rucksäcke
auspacken, Pässe kontrollieren, warten. Wir schienen aber kein
Risiko darzustellen und durften wieder nach Polen einreisen. Nach
genau 60 Kilometern mit dem Fahrrad erreichten wir den Fahrradverleih
und Jonas konnte sein Rad zurückgeben, welches nach der Reparatur
wieder bis zum Schluss bestens funktionierte. Wir setzten uns in
unsere Mobile und machten uns auf den Weg zum gleichen Parkplatz, wo
wir auch letzte Nacht übernachtet hatten.
Nicht ganz überraschend trafen
wir dort auf zwei Bekannte. Schon am Vorabend tauschten wir Infos
aus, um ihnen den Stress mit stundenlangem Googeln und Herumsitzen
beim Tourist-Center zu ersparen. Und nur einen Tag später waren sie
dann auch schon da. Lui und Steffi von Comewithus2 erwarteten uns
schon auf dem Parkplatz und wir freuten uns sehr die Beiden wieder zu
sehen. Wir parkten unsere Mobile zusammen und machten Tische, Stühle
und den Grill bereit für den Einsatz. So endete ein spannender Tag
in Weissrussland mit ebenso spannenden Gesprächen und ausgelassener
Stimmung. Interessant einmal hinter die Fassade der aufwändigen
Arbeit zu sehen, welche die Beiden jeden Tag erledigen. Es war super
sie nochmals zu sehen, ehe sich unsere Reiserouten an diesem Punkt
definitiv trennen werden. Wir werden die Zwei jedoch sicherlich auch
in Zukunft auf Instagram und www.comewithus2.com verfolgen.
Die verkehrstafle isch ja geil 😂😂😂🙈🙈🙈
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