Wir müssen wohl nicht erwähnen,
dass es gestern Abend mit Steffi, Lui und Jonas spät wurde. Es war
sogar schon heute früh, als wir uns nach einem lustigen und
interessanten Abend ins Bett legten. Steffi und Lui verabschiedeten
sich zum Glück kurz nach Mitternacht, da sie ja heute morgens bei
Zeiten nach Weissrussland wollten. Ansonsten wären wir wohl bei
Sonnenaufgang noch draussen gesessen. Natürlich zeigte die Uhr heute
schon nach 9 Uhr als wir uns langsam aus der Bettdecke schälten.
Comewithus2 waren natürlich schon weg und vielleicht standen sie
sogar schon an der weissrussischen Grenze vor dem streng
dreinblickenden Grenzbeamten. Wir frühstückten und machten uns
irgendwann nach 10 Uhr auf die Weiterreise.
Knappe 4 Stunden waren wir von
der polnischen Grenze in den Süden in diesen Nationalpark gefahren.
Sogar noch ein bisschen länger sollte unsere heutige Fahrt zurück
in den Norden dauern. Wir liessen uns den Nationalpark einige
Kilometer kosten, möchten den tollen Tag gestern jedoch nicht
missen. Ein wenig verfluchten wir die Gegend nur zu Beginn der Fahrt,
als wir die Odyssee mit den Baustellenampeln wiederholen durften.
Heute fuhr Melanie, da ich einen längeren Tagebucheintrag zu
verfassen hatte und immerhin regte sie sich nach zwei oder drei
Ampeln ebenso auf wie ich vorgestern an gleicher Stelle. Der arme
Jonas musste die Ampelpassage sogar zum zweiten Mal als Fahrer
ertragen. Heute verloren wir nicht ganz so viel Zeit auf der Strecke
und kurz später zogen wir auch schon ein wenig mehr westwärts als
die Strasse, auf der wir die Gegend erreicht hatten.
Der erste Halt heute war ein
Besuch im Supermarkt. Wir entdeckten einen Kaufland, welcher uns eine
riesige Auswahl bot. Die Preise brachten uns auch heute wieder zum
Staunen. Die meisten Artikel sind hier in Polen beinahe kostenlos.
Für ein Snickers bezahlte ich z.B. ein bisschen weniger als 50
Rappen, für 200 Gramm Schinkenaufschnitt knappe 1.20 Franken, für
400 Gramm Lätta Margarine 82 Rappen. Das abgepackte Fleisch sah
jedoch auch im Kaufland nicht besonders schmackhaft aus. Wir kauften
uns jedoch fünf wunderschöne Schweins-Plätzli an der Offentheke –
für unter 2 Franken. Wer denkt er hätte in Deutschland ein
günstiges Land gefunden, kennt Polen nicht. Sogar unser deutscher
Mitreisender konnte es manchmal kaum glauben.
Der obligate Halt zur Brotzeit
stellte sich an unserer Route heute schwierig dar. Keine Rastplätze,
keine Picknickplätze, keine Abfahrten. Schlussendlich endeten wir
zwischen der vielbefahrenen Strasse und einem Friedhof. Die Brötchen
schmeckten jedoch trotzdem und stärkten uns für die nächsten 2,5
Stunden Autofahrt. Diese unterbrachen wir dann nochmals kurz um unser
Klo zu leeren, fuhren ansonsten jedoch durch. Als nächstes besuchten
wir einen Ort, der geschichtsträchtiger nicht sein könnte und
dessen Vergangenheit hier den Tagebucheintrag sprengen würde.
Wir standen schon bald auf dem
Parkplatz des sogenannten Führerhauptquartiers, der Wolfsschanze.
Von hier aus leiteten Adolf Hitler und sein Stab ab 1941 die
taktischen Belange des zweiten Weltkrieges. 2100 Personen lebten und
arbeiteten in den Bunkern inmitten des preussischen Waldes, darunter
auch die Spitzen der NSDAP und der SS. Mit 6 bis 8 Meter dicken
Betondecken, einem 10 Kilometer langem Stacheldrahtzaun und einem 150
Meter breiten Minengürtel galt die Anlage als eine der sichersten in
Deutschland. Doch die Anlage schützte nicht von Angriffen, welche
von Innen kamen. Am 20. Juli 1944 verübte Oberst Claus Schenk Graf
von Stauffenberg während einer Lagebesprechung das berühmte
Bombenattentat auf Adolf Hitler. Durch die Tatsache, dass an diesem
Tag überraschenderweise Benito Mussolini erwartet wurde, blieb von
Stauffenberg jedoch zu wenig Zeit um beide Bomben scharf zu machen,
ehe er das Gelände der Wolfsschanze verliess. So detonierte nur eine
Sprengladung und der Zufall, dass Adolf Hitler sich gerade über den
massiven Tisch beugte um den Norden der Karte zu betrachten, führte
zu einem Misserfolg des Anschlages. Es wurden von den 24 Anwesenden
Personen deren vier getötet, drei schwer verletzt und diverse,
darunter auch Adolf Hitler, leicht verletzt. Dieser begrüsste nur
drei Stunden später den italienischen Ministerpräsidenten und
freute sich bester Gesundheit. Von Stauffenberg und seine drei
Komplizen wurden gleich nach der Ankunft in Berlin festgenommen und
noch am selben Tag in der deutschen Hauptstadt erschossen. Im
Zusammenhang mit dieser Operation Walküre wurden in den Monaten nach
dem Anschlag noch über 200 Personen hingerichtet, welchen
vorgeworfen wurde, sich an der Verschwörung zum Sturz von Adolf
Hitler beteiligt gewesen zu haben. Die Wolfsschanze wurde noch weiter
genutzt, im Januar 1945 drückte die Rote Armee jedoch so fest gegen
die Grenzen, dass die Deutschen sich zurückzogen. Dies jedoch nicht
ohne die Bunker und Gebäude zuvor zu sprengen, um sie für den Feind
unbrauchbar zu machen.
So standen wir hier also in dem
Gebiet, welches vor allem aus Betonruinen bestand. Bunker, welche
gesprengt und überwuchert waren. Da hatten wir definitiv schon
bessere Bunker gesehen. Doch niemals konnten die Betonwände so viele
Geschichten erzählen wie diese hier. Führung auf Deutsch fand heute
leider keine mehr statt und so etwas wie Infoschilder oder so gab es
ebenfalls nicht. Wozu wir Eintritt bezahlen mussten erschloss sich
uns nicht. Aber war ja auch egal. Denn die Touristen verliessen
gerade allesamt die historische Stätte und immer weniger Menschen
begegneten uns in dem weitläufigen Gebiet. Es war ein sehr
spezielles Gefühl am Fundament der Baracke zu stehen, in welchem das
Attentat auf Adolf Hitler gescheitert war. Noch spezieller war es
dann im Bunker 13, dem persönlichen Bunker von Hitler. Mit seinen
Füssen auf dem Boden zu stehen, auf dem auch dieser Mensch schon
stand, den er ein wenig als sein Zuhause ansah – sehr sehr
eindrücklich. Natürlich waren die Bunker alle mit „Betreten
verboten“ - Schilder versehen. Dabei schien es jedoch mehr um die
Haftung zu gehen als um sonst etwas. Sogar die Tourenguides führten
ihre Kunden durch die letzten Überbleibsel und so taten wir es ihnen
gleich. Wir erkletterten die eingestürzten Dächer der Anlage, von
wo aus wir erstaunt über die Ruinen blickten. Zwischen 6 und 8 Meter
dick waren die Betondecken der Bunker, welche mit teilweise bis zu 8
Tonnen Sprengstoff gesprengt wurden. Unglaubliche Kräfte mussten
hier gewirkt haben. Es wurde immer dunkler in dem Wald der
Wolfsschanze und wir waren bald froh, unsere Taschenlampen dabei zu
haben. Irgendwann war es stockdunkle Nacht und wir noch als einzige
Besucher in der Anlage. Wir besichtigten Bunker um Bunker und
schossen hunderte von Fotos. Punkt 20 Uhr fuhren wir durch die
Ausgangsschranke, welche gleich nach uns durch den Parkwächter für
die Nacht verriegelt wurde.
Wir hatten keine Lust mehr weit
zu fahren. Zwei Kilometer waren es bis zum nächsten Parkplatz aus
unserer App. Kein spezieller Ort, doch für eine erholsame Nacht
sollte es reichen. Wir kochten ein einfaches Nachtessen und waren
wirklich müde von der langen Fahrt und der Besichtigung der
interessanten Stätte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen