Donnerstag, 13. September 2018

Eine Reise zurück in die Vergangenheit

Wir müssen wohl nicht erwähnen, dass es gestern Abend mit Steffi, Lui und Jonas spät wurde. Es war sogar schon heute früh, als wir uns nach einem lustigen und interessanten Abend ins Bett legten. Steffi und Lui verabschiedeten sich zum Glück kurz nach Mitternacht, da sie ja heute morgens bei Zeiten nach Weissrussland wollten. Ansonsten wären wir wohl bei Sonnenaufgang noch draussen gesessen. Natürlich zeigte die Uhr heute schon nach 9 Uhr als wir uns langsam aus der Bettdecke schälten. Comewithus2 waren natürlich schon weg und vielleicht standen sie sogar schon an der weissrussischen Grenze vor dem streng dreinblickenden Grenzbeamten. Wir frühstückten und machten uns irgendwann nach 10 Uhr auf die Weiterreise.

Knappe 4 Stunden waren wir von der polnischen Grenze in den Süden in diesen Nationalpark gefahren. Sogar noch ein bisschen länger sollte unsere heutige Fahrt zurück in den Norden dauern. Wir liessen uns den Nationalpark einige Kilometer kosten, möchten den tollen Tag gestern jedoch nicht missen. Ein wenig verfluchten wir die Gegend nur zu Beginn der Fahrt, als wir die Odyssee mit den Baustellenampeln wiederholen durften. Heute fuhr Melanie, da ich einen längeren Tagebucheintrag zu verfassen hatte und immerhin regte sie sich nach zwei oder drei Ampeln ebenso auf wie ich vorgestern an gleicher Stelle. Der arme Jonas musste die Ampelpassage sogar zum zweiten Mal als Fahrer ertragen. Heute verloren wir nicht ganz so viel Zeit auf der Strecke und kurz später zogen wir auch schon ein wenig mehr westwärts als die Strasse, auf der wir die Gegend erreicht hatten.

Der erste Halt heute war ein Besuch im Supermarkt. Wir entdeckten einen Kaufland, welcher uns eine riesige Auswahl bot. Die Preise brachten uns auch heute wieder zum Staunen. Die meisten Artikel sind hier in Polen beinahe kostenlos. Für ein Snickers bezahlte ich z.B. ein bisschen weniger als 50 Rappen, für 200 Gramm Schinkenaufschnitt knappe 1.20 Franken, für 400 Gramm Lätta Margarine 82 Rappen. Das abgepackte Fleisch sah jedoch auch im Kaufland nicht besonders schmackhaft aus. Wir kauften uns jedoch fünf wunderschöne Schweins-Plätzli an der Offentheke – für unter 2 Franken. Wer denkt er hätte in Deutschland ein günstiges Land gefunden, kennt Polen nicht. Sogar unser deutscher Mitreisender konnte es manchmal kaum glauben.

Der obligate Halt zur Brotzeit stellte sich an unserer Route heute schwierig dar. Keine Rastplätze, keine Picknickplätze, keine Abfahrten. Schlussendlich endeten wir zwischen der vielbefahrenen Strasse und einem Friedhof. Die Brötchen schmeckten jedoch trotzdem und stärkten uns für die nächsten 2,5 Stunden Autofahrt. Diese unterbrachen wir dann nochmals kurz um unser Klo zu leeren, fuhren ansonsten jedoch durch. Als nächstes besuchten wir einen Ort, der geschichtsträchtiger nicht sein könnte und dessen Vergangenheit hier den Tagebucheintrag sprengen würde.

Wir standen schon bald auf dem Parkplatz des sogenannten Führerhauptquartiers, der Wolfsschanze. Von hier aus leiteten Adolf Hitler und sein Stab ab 1941 die taktischen Belange des zweiten Weltkrieges. 2100 Personen lebten und arbeiteten in den Bunkern inmitten des preussischen Waldes, darunter auch die Spitzen der NSDAP und der SS. Mit 6 bis 8 Meter dicken Betondecken, einem 10 Kilometer langem Stacheldrahtzaun und einem 150 Meter breiten Minengürtel galt die Anlage als eine der sichersten in Deutschland. Doch die Anlage schützte nicht von Angriffen, welche von Innen kamen. Am 20. Juli 1944 verübte Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg während einer Lagebesprechung das berühmte Bombenattentat auf Adolf Hitler. Durch die Tatsache, dass an diesem Tag überraschenderweise Benito Mussolini erwartet wurde, blieb von Stauffenberg jedoch zu wenig Zeit um beide Bomben scharf zu machen, ehe er das Gelände der Wolfsschanze verliess. So detonierte nur eine Sprengladung und der Zufall, dass Adolf Hitler sich gerade über den massiven Tisch beugte um den Norden der Karte zu betrachten, führte zu einem Misserfolg des Anschlages. Es wurden von den 24 Anwesenden Personen deren vier getötet, drei schwer verletzt und diverse, darunter auch Adolf Hitler, leicht verletzt. Dieser begrüsste nur drei Stunden später den italienischen Ministerpräsidenten und freute sich bester Gesundheit. Von Stauffenberg und seine drei Komplizen wurden gleich nach der Ankunft in Berlin festgenommen und noch am selben Tag in der deutschen Hauptstadt erschossen. Im Zusammenhang mit dieser Operation Walküre wurden in den Monaten nach dem Anschlag noch über 200 Personen hingerichtet, welchen vorgeworfen wurde, sich an der Verschwörung zum Sturz von Adolf Hitler beteiligt gewesen zu haben. Die Wolfsschanze wurde noch weiter genutzt, im Januar 1945 drückte die Rote Armee jedoch so fest gegen die Grenzen, dass die Deutschen sich zurückzogen. Dies jedoch nicht ohne die Bunker und Gebäude zuvor zu sprengen, um sie für den Feind unbrauchbar zu machen.

So standen wir hier also in dem Gebiet, welches vor allem aus Betonruinen bestand. Bunker, welche gesprengt und überwuchert waren. Da hatten wir definitiv schon bessere Bunker gesehen. Doch niemals konnten die Betonwände so viele Geschichten erzählen wie diese hier. Führung auf Deutsch fand heute leider keine mehr statt und so etwas wie Infoschilder oder so gab es ebenfalls nicht. Wozu wir Eintritt bezahlen mussten erschloss sich uns nicht. Aber war ja auch egal. Denn die Touristen verliessen gerade allesamt die historische Stätte und immer weniger Menschen begegneten uns in dem weitläufigen Gebiet. Es war ein sehr spezielles Gefühl am Fundament der Baracke zu stehen, in welchem das Attentat auf Adolf Hitler gescheitert war. Noch spezieller war es dann im Bunker 13, dem persönlichen Bunker von Hitler. Mit seinen Füssen auf dem Boden zu stehen, auf dem auch dieser Mensch schon stand, den er ein wenig als sein Zuhause ansah – sehr sehr eindrücklich. Natürlich waren die Bunker alle mit „Betreten verboten“ - Schilder versehen. Dabei schien es jedoch mehr um die Haftung zu gehen als um sonst etwas. Sogar die Tourenguides führten ihre Kunden durch die letzten Überbleibsel und so taten wir es ihnen gleich. Wir erkletterten die eingestürzten Dächer der Anlage, von wo aus wir erstaunt über die Ruinen blickten. Zwischen 6 und 8 Meter dick waren die Betondecken der Bunker, welche mit teilweise bis zu 8 Tonnen Sprengstoff gesprengt wurden. Unglaubliche Kräfte mussten hier gewirkt haben. Es wurde immer dunkler in dem Wald der Wolfsschanze und wir waren bald froh, unsere Taschenlampen dabei zu haben. Irgendwann war es stockdunkle Nacht und wir noch als einzige Besucher in der Anlage. Wir besichtigten Bunker um Bunker und schossen hunderte von Fotos. Punkt 20 Uhr fuhren wir durch die Ausgangsschranke, welche gleich nach uns durch den Parkwächter für die Nacht verriegelt wurde. 















Wir hatten keine Lust mehr weit zu fahren. Zwei Kilometer waren es bis zum nächsten Parkplatz aus unserer App. Kein spezieller Ort, doch für eine erholsame Nacht sollte es reichen. Wir kochten ein einfaches Nachtessen und waren wirklich müde von der langen Fahrt und der Besichtigung der interessanten Stätte.

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