Erneut verbrachten wir eine
ruhige Nacht am Parkplatz in Adrspach. Diese Nacht gesellten sich
doch einige Wohnmobile zu uns auf den Parkplatz, was der Ruhe jedoch
keinen Abbruch tat. Heute hatten wir keine Wanderung mehr vor und
schliefen ein wenig länger. So konnten wir während dem Frühstück
schon zusehen, wie sich der Wanderparkplatz stetig füllte und auch
die ersten Reisebusse ihre Insassen in den Park entliessen. Wir
setzten uns hinters Steuer und begaben uns auf eine Fahrt, welche ein
wenig mehr als eine Stunde dauerte. Für mich perfekt um den
Tagebucheintrag von gestern zu verfassen und online zu stellen.
Das erste Ziel war eine Kapelle,
welche in deutscher Sprache „Schädelkapelle“ genannt wird. Wir
parkten nur unweit der Kapelle auf einem kostenlosen Parkplatz, um
uns die 7 Zloti zu sparen, welche man gleich vor dem Eingang der
kleinen Attraktion bezahlen sollte. Von diesem Parkplatz aus
wanderten wir über den bunten Friedhof. Die Polen schmücken und
pflegen die Gräber in nie gesehener Blumenpracht. Alles blüht hier
und die letzten Ruhestätten sind sehr schön anzusehen. Kurz nach
dem Friedhof erreichten wir die Kirche von Czermna. Diese wartete mit
einem reichlich verzierten Inneren auf und lud zu einer längeren
Besichtigung ein. Der Hauptgrund unseres Besuches war jedoch um
einiges kleiner und stand gleich neben der Kirche. Momentan war
gerade eine Führung im Gange und wir waren gezwungen auf die Nächste
zu warten. Schon bald erschien jedoch eine Ordensfrau, welche uns ein
sehr kleines Eintrittsgeld gegen eine Karte tauschte und uns in die
Kaplica Czaszek entführte. Als wir durch die Türe traten befanden
wir uns plötzlich in einem Raum mit 23'000 Menschen. Schlimmer noch:
mit 23'000 toten Menschen, oder besser gesagt deren Gebeinen. Die
Wände bestanden aus lauter Oberschenkelknochen und vielen Schädeln.
Auch an der Decke über unseren Köpfen hingen Schädel und andere
Knochen, welche keinesfalls künstlich waren. Nein. Der Raum der
Kapelle besteht tatsächlich aus Schädeln und Knochen von 3'000
verstorbenen Menschen. Die Überresten von weiteren 20'000 Menschen
befanden sich unter unseren Füssen in den Katakomben, welche wir im
Rahmen der Führung durch eine Bodenluke betrachten durften. Die
Kapelle wurde von Pfarrer Czasezek erbaut, welcher im Umfeld der
Kirche auf ein altes Massengrab gestossen war, indem sich die Opfer
von Pest, Cholera und dem kalten Krieg befanden. Die Ordensfrau
konnte die Führung (an welcher natürlich noch andere Besucher
teilnahmen) nur auf Polnisch anbieten, stattete uns jedoch mit einem
Zettel aus, auf welchem immerhin die wichtigsten Infos in Deutsch
vermerkt waren. Fotos und Videos waren leider nicht gestattet. So
greife ich hier ausnahmsweise auf Fotos aus dem Internet zurück,
welche nicht von mir geschossen wurden (siehe Quellenangaben).
Quelle: Wikipedia
Quelle: globetrotter poland
Nach diesem speziellen Erlebnis
starteten wir wieder unsere Motoren und programmierten unsere Navis
wiederum mit einem Ziel in einiger Entfernung. Nach einem kleinen
Einkauf bei Lidl war die Priorität Nummer eins jedoch das
Mittagessen. Dieses nahmen wir an einem wundervollen See zu uns, an
welchem die Sonne so heiss schien, dass wir uns in den Schatten
setzen mussten. Für ein Bad in dem See konnten wir uns jedoch
trotzdem nicht begeistern und fuhren weiter. Auf der Autobahn fuhren
wir leider noch in den Stau einer Baustelle. Da die Autobahn hier
Maut kostete, würde Jonas jetzt sagen, dass wir mehr fürs Geld
bekommen hätten und uns doch freuen sollten. Wir waren jedoch
erfreuter, als wir in St. Annaberg unser Wohnmobil auf den Parkplatz
stellten.
Dieses kleine Dorf mit wenigen
Einwohnern wartet mit vielen Sehenswürdigkeiten auf. Die Erste,
welche wir besuchten, war das riesige Amphitheater St. Annaberg. In
einem ehemaligen Vulkankrater, welcher danach als Steinbruch diente,
wurde 1930 ein riesiges Freilichttheater für christliche
Aufführungen errichtet. Das Theater bot platz für 30'000 Menschen
und nutzte man umliegende Wiesenflächen noch, konnten 50'000
Menschen die Festspiele betrachten. Später benutzten vor allem die
Nazis das nahe an Auschwitz gelegene Theater. Leider für ganz andere
Vorstellungen. Heute steht die Ruine noch immer gut gepflegt an
diesem Ort, wird jedoch nicht mehr genutzt. Nur ein Hochzeitspaar
nutzte die Kulisse heute um Fotos zu schiessen. In einer Kulisse mit
solcher Vergangenheit – ich weiss nicht ob ich das das Richtige für
mich finden würde.
Weiter ging es zu
Sehenswürdigkeit Nummer zwei. Oder zumindest einen Teil davon. Denn
St. Annaberg besitzt auch mehrere Naturreservate. In vielen Geotopen
kann man hier in der Geschichte der Erde lesen und sich mit den
Spuren der Vergangenheit befassen. Als Cacher könnte man dies auch
mit einem der 12 hier vorhandenen EarthCaches tun, von denen wir
immerhin knapp die Hälfte lösten, was bei Jonas grösstenteils
höchstens Kopfschütteln auslöste. Ja unser Hobby ist manchmal echt
schwierig zu verstehen.
Zum Schluss das Beste dachten wir
uns und machten uns noch auf den Weg zur berühmtesten
Sehenswürdigkeit. Dies ist in St. Annaberg die wunderschöne Kirche
mit angeschlossenem Kloster. Wir folgten der Jakobsmuschel, welche
den Pilgerweg an diese Stätte markierte, und fanden uns schon bald
im kleinen Innenhof wieder. Wir betraten die Kirche und blieben mit
offenen Mündern stehen. Diese Kirche hier war nicht nur reichlich
sondern wirklich auch wunderschön verziert. Die Gemälde an der
Decke, die vielen hölzernen Figuren, der riesige Altar und eine
aufwändig verzierte Orgel machten das Innere zu einem wahren
Augenschmaus. Wir konnten uns beinahe nicht an der tollen Kirche
sattsehen und verbrachten doch einige Zeit in ihrem Inneren.
Wieder am Tageslicht angekommen,
machten wir uns auf den Weg zum Wohnmobil. Für morgen planten wir
den Besuch der Gedenkstätte Auschwitz und wollten auch schon dorthin
fahren. Tickets für das Lager I sollte man sich am besten schon
Monate im Voraus sichern, was wir jedoch nicht wussten und auch wenn
– auf unserer Reise konnten wir niemals so weit voraus planen. Wir
standen also bald schon auf dem kostenlosen Parkplatz am
Hintereingang des Museums und machten uns über unser Sushi her. Wir
werden es morgen in der Früh einmal versuchen und sehen, ob wir noch
irgendwie zu Tickets und einer Führung durch die interessante Stätte
kommen.
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