Als wir heute früh aus dem
Fenster schauten, bemerkten wir, dass unser Übernachtungsplatz doch
schöner war als wir bei Dunkelheit dachten. Wir standen mitten im
Grünen und relativ direkt am See. Nachts sah das alles anders aus.
Der Grund weshalb wir normalerweise auch bei Tageslicht unseren
Schlafplatz suchen. Wir frühstückten gemütlich und ausgiebig, da
wir wussten, dass uns wieder eine lange Fahrt bevorstand. Heute
machte Jonas die Spitze, während wir ihm folgten.
Wir legten lediglich einen Halt
an der Tankstelle ein um unsere durstigen Wohnmobilenzu befüllen.
Ansonsten fuhren wir über teils miserable Strassen immer in Richtung
Marienburg. Es war beinahe 12:30 Uhr als wir uns dort auf die Suche nach
einem Parkplatz begaben. Die touristischen Parkplätze vor der
Marienburg kosteten 3 Euro die Stunde, was für polnische
Verhältnisse mehr als nur überteuert ist. Park4Night zeigte uns
jedoch einen Parkplatz, welcher nur 50 Meter von den touristischen
entfernt war und nicht annähernd so viel kosten sollte. Wir
bezahlten vier Zloti (ca. 90 Rappen) und zogen ein Ticket, welches
uns das Parken bis Montag 09:47 Uhr erlaubte. Also über zwei Tage. Wir
beschlossen gleich im Womo noch zu essen ehe wir uns zur
Marienburg begaben.
Im 13. Jahrhundert wurde die
Marienburg vom deutschen Orden erbaut. 1309 bis 1454 war sie der Sitz
der Hochmeister des Deutschordenstaats. Später gehörte sie bis 1722
zu Polnisch-Preussen und diente als Sitz der polnischen Könige. Nach
der Teilung von Polen fiel die Burg Preussen zu. Im zweiten Weltkrieg
wurde die Burg arg in Mitleidenschaft gezogen, jedoch nicht zerstört.
Fortan gehörte die Burg wieder zu Polen und kann seither von der
Öffentlichkeit besucht werden. Die Marienburg, benannt nach der
heiligen Jungfrau Maria, wurde ins UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen
und gilt als grösste und am besten erhaltene mittelalterliche Burg
Europas.
Gespannt stellten wir uns an der
Kasse an und nahmen nur kurz später unsere Eintrittstickets
entgegen. Umgerechnet zahlten wir pro Person ungefähr 11 Franken.
Ein fairer Preis, vor allem wenn man bedenkt, dass ein deutscher
Audioguide in dem Preis inbegriffen war. Dieser Audioguide gilt es
dann auch besonders hervorzuheben. Ohne diesen wäre der Rundgang
nicht annähernd so spannend. Die angenehme und perfekt Deutsch
sprechende Stimme führte uns durch das Schloss und wartete überall
mit kurzen aber interessanten Infos auf. Untermalt wurde das ganze
mit Soundeffekten und passender Musik. Wo es weiter ging war
ebenfalls immer klar. Der Audioguide besass einen Bildschirm auf
welchem immer der Weg beschrieben war, was dank GPS auch bestens
funktionierte. Lief man bestimmte Zonen an, geschahen passende
Sachen. Den Geocachern unter den Lesern wird diese Art wohl von
Wherigos bekannt sein. Der Audioguide „Jakob“ und sein Helfer
„Thomas“ waren mein persönliches Highlight. Definitiv der beste
Audioguide, welchen wir jemals sahen.
Wir begannen unsere Rundreise im
Vorhof, betrachteten Gebäude wie Kaserne, Stallungen, Personalhäuser
und Handwerksbetriebe von Aussen. Wir durchschritten die Strassen,
welche damals vor Leben gesprüht haben mussten. Heute war es hier
überraschend ruhig. Wir betraten kurz danach das Vorschloss, in
welchem sich ein wunderschöner Innenhof befand. Dieser war auch
immer wieder Ausgangspunkt von vielen Erkundungen mit Jakob und
Thomas. Immer wieder tauchten wir ins Innere und betrachteten die
Krankenstation, die Gemächer des Hochmeisters, Festsäle und
Esssäle. Auch wurden immer wieder interessante Ausstellungen
gezeigt, bei denen Jakob uns das Wichtigste in Kürze erzählte, uns
danach aber alleine auf Erkundungstour entliess. Nach einer
Ausstellung über Schmuck und Kunst aus dem hier typischen Bernstein, entschlossen wir uns eine Pause zu halten. Wir genossen einen Drink im
burgeigenen Restaurant, ehe wir wieder in den Hof traten.
Weiter ging es im Hauptschloss.
Hier befand sich das Kloster der Marienburg und somit auch alle Räume
der Geistlichen und Gläubigen. Wir entdeckten riesige Räume, die
Küche, den Bankettsaal und natürlich auch die Kirche. Die Kirche
wurde im zweiten Weltkrieg am heftigsten getroffen und stand viele
Jahre zerstört im inneren der Festung. Um den Zerfall zu stoppen war
man jedoch gezwungen die Kirche zu restaurieren und den zerstörten
Teil zu ergänzen. Diese Arbeit war 2008 abgeschlossen worden und so
ist die Kirche nun wieder zu bestaunen. Der neue Teil wurde dabei
absichtlich in verputztem Weiss gehalten, während der alte Teil in
hier üblicher Ziegelsteinoptik belassen wurde. Dies um klar
abzugrenzen, was noch aus dem Mittelalter stammt. Allgemein wurde
hier alles relativ der Zeit überlassen. Die Räume der Marienburg
sind nicht renoviert und restauriert um zu zeigen, wie es damals
aussah. Die Farben sind überall verblichen und man sieht, dass der
Zahn der Zeit schon lange an der Burg nagt. Dies jedoch in einem
super Rahmen. Uns gefiel die Burg auf diese Art wesentlich besser.
Als wir uns von Jakob und Thomas
verabschiedeten, hatten die Beiden uns über 4 Stunden lang durch die
Marienburg geführt. Hier legt man einige Kilometer zurück, besteigt
einige Treppen und hört viele interessante Geschichten. Ein wirklich
spannender Rundgang, welcher sich mehr als nur gelohnt hatte. Wir
tauchten hier völlig ins Mittelalter ab und bekamen alle wichtigen
Infos um uns das Leben in der Burg so gut wie möglich vorstellen zu
können.
Zurück beim Wohnmobil
beschlossen wir, noch ein kleines Stück in Richtung Gdansk zu
fahren. Obwohl wir bis Montag hätten parken dürfen, wollten wir
natürlich vorwärts kommen. Es war schon wieder am dämmern als wir
auf einer Wiese bei einem Fährhafen unsere Wohnmobile parkten und
für die Nacht vorbereiteten. Nach einem sonnigen Tag war es frisch
geworden und wir verlegten das Nachtessen in unser Wohnmobil. Jonas
hatte sich in der Wolfsschanze noch eine Zecke eingefangen, welche
wir noch gemeinsam entfernten, bevor wir bei einem gemütlichen Bier
den Tag ausklingen liessen.
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