Dienstag, 31. Juli 2018

Vom Knivskjellodden bis nach Trollholmen

Kurz nach dem Blog von gestern Abend ereignete sich wieder einmal eine Geschichte, welche nur von Touristen geschrieben werden kann. Wir sassen gerade in unseren Liegestühlen und gönnten uns nach dem leckeren Nachtessen vom Grill, die zweite Ladung Prosecco. Da kam eine junge Frau zu uns zugerannt und fragte uns, ob wir Trinkwasser hätten. Sie sah verzweifelt aus und bot uns an die Flasche für Geld zu erwerben. Doch so knausrig sind wir dann doch nicht und wir gaben ihr eine Flasche Wasser, welche uns knapp einen Franken kostet im Spar. Sie trank gierig und verschwand mit dem restlichen Inhalt zum Ende des Wanderweges zum Knivskjellodden, welches gleich an unserem Parkplatz lag. Dort nahm sie ihre Familie in Empfang. Alle durchgeschwitzt und mit roten Köpfen. Alle mit Turnschuhen. Der Vater sogar noch im chicen Sonntagshemd. Rucksack oder so? Fehlanzeige. Die Wanderung zum Knivskjellodden ist 18 Kilometer lang. Mitten durchs Fjell über einen nicht einfach zu begehenden Wanderweg. Und diese Familie nahm diese Wanderung von ca. 6 Stunden in Angriff ohne einen Tropfen Wasser oder Nahrung mitzuführen. Bei über 30°C. Ein Wunder, dass sie den Rückweg überhaupt schafften. Solch verantwortungslose Touristen sahen wir hier in Norwegen leider immer wieder. Man überschätzt sich gerne und ist sich nicht bewusst, dass es hier einfach gar nichts gibt. Keine Berghäuser, keine Brunnen – nichts. Wir sahen noch mehr Wanderer, welche völlig fertig den Parkplatz erreichten, freuten uns schon auf unsere Wanderung morgen und machten uns um 22:00 Uhr auf den Weg ins Bett.

Das erste Mal erwachte ich um 01:00 Uhr in der Nacht als der Franzose (was denn sonst!) vom Nachbarwomo zum hundertsten Mal seine Drohne über dem Parkplatz schweben liess. Ein tolles Spielzeug hat der bekommen – nur das nervige Surren nachts um eins hatte beinahe zur Folge, dass ich das Womo kurzzeitig verliess um ihm die Meinung zu sagen. Ich freute mich aber insgeheim schon auf den Morgen, wenn ich laut unsere Türen zuwerfen und laut singend an seinem Womo vorbeimarschieren konnte. Um 05:00 Uhr klingelte dann der Wecker und ich war schon wieder wach. Das Wetter draussen war bewölkt, windig und frisch. Der Grund für das frühe Aufstehen war natürlich um noch vor der Hitze zum Knivskjellodden aufbrechen zu können. Dies sah nun nicht mehr so akut aus und wir dösten nochmals eine Stunde. Um 07:00 Uhr waren wir jedoch bereit. Ich schloss die Türe leise und spazierte auch ruhig über den Parkplatz. Die anderen mitleidenden Womo-Genossen sollten ja nach der Drohnen-Aktion nun nicht auch noch von mir geweckt werden, wären sie ja dann doppelt gemobbte Kameraden.

Es war erst sieben Uhr doch in Norwegen vergisst man das schnell. Die Helligkeit verhiess schon wieder etwas um Mittag. Die Wolken hatten sich verzogen doch der kühle Wind liess es eine gemütliche Wanderung werden. Über das Fjell zogen wir immer weiter gegen Norden, stiegen hinab in eine wundervolle Bucht um kurz darauf auf die letzte Erhebung zu steigen. Und dann waren wir da. Am Knivskjellodden hatten wir eine traumhafte Aussicht auf das Meer und das Nordkapp welches ein paar Kilometer südöstlich von uns lag. Moment – SÜDöstlich? Wie soll das gehen? Ja ganz einfach: beim Vermessen des Nordkapps ist den Geologen damals ein folgenschwerer Zahlendreher passiert und so steht das Nordkapp, welches seinen Namen gar nicht verdient, an der falschen Stelle. Die Weltkugel, das Besucherzentrum – alles falsch. Das wahre Nordkapp ist der Knivskjellodden, 1450,6 Meter nördlicher als das Nordkapp. Und dort standen wir nun am „nördlichsten Punkt Europas“, loggten zwei Caches und signierten das Gästebuch. Wir schossen noch einige Fotos ehe wir uns nach fast einer Stunde Aufenthalt (ohne einen anderen Menschen gesehen zu haben) wieder auf den Rückweg machten. Für den Anmarsch brauchten wir keine 2 Stunden. Doch auf dem Rückweg liess der Wind langsam nach, zudem führte der Weg nun meist bergauf. Wir hatten zum Glück viel Wasser dabei, welches wir auch brauchten. Wie die Familie das gestern überstanden hat – keine Ahnung. Kurz vor dem Ziel trafen wir dann noch auf zwei Bündner, mit welchen wir uns noch eine kleine Weile unterhielten. Immer wieder interessant hier oben Leute von Zuhause zu treffen und etwas über ihre Reise und ihr Reisefieber zu erfahren. 








So waren wir um 12 Uhr schon wieder am Wohnmobil. Viel früher als gedacht. Wir hatten noch kein Mittagessen, weswegen wir dies gleich als ersten Punkt nachholten. Schnell mussten wir danach aber weiterfahren. Die Hitze auf dem Parkplatz war zu gross um einfach so zu sitzen und wir verliessen das Nordkapp in Richtung Süden. Ein wenig wehmütig waren wir auf der kurzen Fahrt nach Skarsvag. Zum Einen lag das Nordkapp hinter uns – einen Ort auf welchen wir uns sehr lange gefreut hatten. Einfach wegen der Symbolik. Zum Anderen fuhren wir bisher seit dem 24. April immer in Richtung Nordkapp. Nun fuhren wir – nach Hause. Klar liegt noch viel, sehr viel, vor uns, doch die allgemeine Richtung ist nach Hause.

Zuerst besuchten wir mit Skarsvag das nördlichste Fischerdorf der Welt. Besonders interessiert waren wir dort aber an der Kirkeporten. Anders als der Name sagt, handelte es sich dabei jedoch nicht einfach um die Kirchentüre. Die Kirkeporten ist ein sogenanntes Felsenfenster, welches sich jedoch vom Parkplatz aus auf der anderen Seite eines Hügels befand. Unsere Füsse taten weh, die Hitze war enorm und trotzdem taten wir uns die Wanderung an, welche uns doch wieder 20 Minuten lang über den Hügel führte. Erst steil bergauf, nur um auf der anderen Seite wieder ans Meer hinabzusteigen. Doch das Fenster war traumhaft und gross. Wir konnten dabei sogar Fotos schiessen, auf welchen man durch das Fenster den Nordkappfelsen (also den falschen) sah. Der Rückweg wurde dann nochmals zu einer richtigen Qual und wir waren froh als wir endlich am Womo waren. Schluss für heute schworen wir uns, kurbelten die Fenster runter und brausten in den Süden. Durch den sieben Kilometer langen Unterwassertunnel verliessen wir die Insel in Richtung Festland. Auch die Fahrradfahrer müssen durch diesen schlecht beleuchteten Tunnel und sind dafür dann auch schon mal gerne zwei Stunden bei 14°C und 10 Prozent Steigung in der Röhre unterwegs. Die Meisten spazieren die Steigung hoch und schieben ihr geliebtes Rad. Alles auf der Fahrbahn, denn für einen Radstreifen reichte es natürlich nicht mehr. 





Wir folgten nun dem wunderschönen Fjord, genossen hier und da die Aussicht, machten einen kleinen Halt für das nördlichste Schwimmen auf unserer Reise, brachten jedoch auch wieder viel Weg hinter uns. Wir bremsten erst wieder, als uns der Hunger und eine kleine Attraktion auf einen Hügel bei Lakselv trieb. Unser Reiseführer pries diesen Übernachtungsort als wunderschön einsam und romantisch an. Und sie versprachen nicht zu viel. Wir grillten (hier in Norwegen darf man das auch mit Holzkohle noch) und genossen ein wenig die Sonne. Zwei andere Schulz-Verfolger fanden auch noch den Weg hierhin und so standen wir plötzlich nicht mehr so alleine mit den vielen Schafen und dem Rentier, welches die kühle Abendbrise auf dem Feld am Meer genoss. 



Wir machten uns nach dem Essen noch auf einen kleinen Abendspaziergang. Dieser führte uns an einen besonderen Ort auf der Trollholmen-Halbinsel auf welcher unser Wohnmobil steht. Auf dieser Halbinsel konnte nämlich zum ersten Mal die Existenz Norwegischer Trolle nachgewiesen werden. Viele schieben die Trolle ins Reich der Fabeln und Sagen ab, doch für Norwegische Kinder gehören die Trolle dazu wie für unsere Kinder die Zwerge und Riesen. Doch Trolle sind eher tollpatschig, dumm und haben das Problem, dass ein einziger Sonnenstrahl sie zu einer Steinsäule erstarren lässt. Und genau dies ist hier acht Trollen geschehen und so stehen sie als Steinsäulen für ewig hier. Ein unwissender Fiesling, wer den Kindern erzählen will, dass es sich hierbei um magnesiumcarbonathaltiges Dolomitgestein handelt. Die Trolle hatten immerhin das Glück in einer traumhaften Umgebung für die Ewigkeit gefangen genommen worden zu sein. Die 20minütige Wanderung zu den Trollen gehörte für uns landschaftlich zu einer der interessantesten und schönsten in ganz Norwegen. Wirklich wundervoll. Die Trolle standen dann auch wirklich versteinert am Wasser und liessen sich von uns fotografieren. Konnten sich ja nicht wehren. Wir fingen gleich noch die letzten Sonnenstrahlen ein, bevor eine grosse Wolke die Sonne verbannte. Wir machten uns deshalb schnell auf den Rückweg und sperrten uns im Womo ein. Denn wer weiss ob die Gegend hier sicher ist, wenn die Sonne untergegangen ist. 






Montag, 30. Juli 2018

Am Wendepunkt angekommen - das Nordkapp

Es war schon nach 23:00 Uhr als die Sonne gestern Abend wieder hinter dem einen Berg auftauchte. Den ganzen Himmel hatte sie dabei dunkelorange gefärbt und das Schauspiel der Mitternachtssonne zog uns vollends in den Bann. Kurz vor Mitternacht berührte sie das Wasser, ging jedoch nicht unter. Wirklich nur eine feine Berührung ehe sie ihren Weg wieder hinauf in den Himmel fand um den neuen Tag einzuläuten. Das Beobachten der Mitternachtssonne ist mehr als einfach die Sonne, welche eben auch um Mitternacht scheint. Die Farben in der Natur erlebt man ansonsten nur bei einem sehr schönen Sonnenuntergang. Wir schossen viele Fotos ehe wir uns um 00:30 Uhr ins Bett begaben. Die Sonne schien schon wieder durch jede Ritze in das Innere unseres Womos. 




Knapp 07:00 Uhr war es als wir heute erwachten. Schuld war nicht der Wecker sondern die Hitze. Hier direkt am Fjord schien die Sonne nun eben seit Mitternacht wieder auf unser Blech und die Temperaturen fielen wohl auch in der Nacht nicht tief. Uns war es recht, hatten wir heute doch eine sehr lange Fahrt vor uns. Wir fuhren schnell zu Rema um frisches Brot zu kaufen und frühstückten dort auf dem Parkplatz. Wir waren das einzige Auto auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums in Hammerfest. Totenstille an diesem Montagmorgen. Nach dem Essen ging es dann aber wirklich los. 3,5 Stunden Weg fehlte uns noch bis zum Nordkapp. Und diesen Weg wollten wir am Stück fahren, zumal es unterwegs keine Sehenswürdigkeiten gab.

Wir verliessen die Insel wieder über die Brücke mit den vielen Rentieren. Die waren auch schon früh morgens hier um ankommende Gäste zu begrüssen – oder um uns zu verabschieden. Nachdem wir wieder auf der E6 waren folgten wir dieser für eine kurze Zeit in Richtung Kirkenes, ehe der Abstecher zum Nordkapp angezeigt war. Dieser wird beinahe 2 Stunden pro Weg in Anspruch nehmen, ist es jedoch definitiv wert. Das Nordkapp kann man einfach nicht auslassen. Die Landschaft änderte sich schon bald und wir überquerten ein Fjell. Mit dem Fahren dort ist es wie mit den Fjellwanderungen. Sehr interessant, wenn auch eintönig. Nach vielen Auf und Ab unterquerten wir das Meer zur Insel Mageroya durch den fast sieben Kilometer langen Unterwassertunnel. 9% Gefälle, gefühlte 50 Meter geradeaus und danach 9% Steigung ehe man mit total beschlagenen Scheiben und Spiegeln wieder im Freien stand. Doch wir waren tatsächlich auf der Nordkappinsel angekommen. Weiter folgten wir der Strasse, welche hier am Fjord entlang in den Fels gehauen wurde, verschwinden ab und an in Tunnels. 6 Kilometer vor dem Nordkapp erreichten wir einen Parkplatz, welcher für die Wanderer gedacht ist, welche zum Knivskjellodden wandern. Wir schwenkten unser Womo auf den Parkplatz und fanden gleich einen freien Platz. Hier war für heute Schluss. Ihr fragt euch vielleicht warum das denn? Die Antwort ist simpel: der Eintritt ans Nordkapp kostet 275 NOK pro Person (nicht pro Auto) und liegt somit bei zwei Personen bei umgerechnet ca. 70 Franken. Dafür bekommt man eine Parkmöglichkeit für 24 Stunden (übernachten erlaubt), Eintritte ins Kino, Ausstellungen, Museen und ans Nordkapp selbst. Tja... wir sind eben wieder bei touristischen Attraktionen angelangt und das kostet. Ausnahme: alle welche mit dem Fahrrad ans Nordkapp fahren, erhalten freien Eintritt zu jeglichen Räumlichkeiten und Aktivitäten. Und jetzt wisst ihr, was unser Plan war.

Wir luden also die Räder von unserem Wohnmobil. Das erste Mal seit Bergen. So musste noch ein wenig Luft in die Reifen und WD40 an die Schaltung ehe es losging. Die sechs Kilometer waren ein ewiges Auf und Ab. Mit sehr knackigen Steigungen dazwischen – die Eine sogar wirklich lange. Die Temperatur heute lag dabei trotz Wolken irgendwo zwischen 25°C und 30°C. So waren wir am Ende – und wir meinen nicht am Ende von Europa. Wir erreichten das Kassenhäuschen und wurden durchgewunken. Die Freude gerade bei einem knackigen Training 70 Franken gespart zu haben überwog nun. Und natürlich die Freude am Nordkapp angelangt zu sein. Am äussersten Zipfel von Festlandeuropa, am nördlichsten Punkt unserer Reise mit dem Womo. Und hey – wir können nun immer erzählen, dass wir mit dem Fahrrad zum Nordkapp gefahren sind. Ist nicht gelogen.

Natürlich machten wir uns zuerst auf den Weg zum Nordkapp selbst. Zur wohl jedem bekannten Weltkugel, welche seit etlichen Jahren an diesem Kap die Stellung hält. Wir hatten Glück und es waren fast keine Menschen an dem Monument und wir begannen Fotos zu schiessen. Lange dauerte es natürlich nicht, ehe die Leute über den Ort herfielen und im Gegensatz zu Trolltunga zum Beispiel, stellte sich hier niemand hinten an. Jeder läuft einfach hin, allen Anderen ins Bild und regt sich auf, dass Andere dasselbe machen. Es war sowieso gleich 14:00 Uhr und wir machten uns auf den Weg ins Kino, da dort die Vorstellung eines Panoramafilmes zu jeder vollen Stunde begann. Der Film im dritten Untergeschoss des Pavillons war wirklich sehr imposant und wunderschön gemacht. Kurzweilig wurde einem das Kapp in den vier Jahreszeiten präsentiert. Die Bilder waren eine Wucht. Noch tiefer hinab führte einem dann der Zeit-Tunnel mit der Geschichte des Kaps an welchen die nördlichste Kapelle der Welt anknüpfte, sowie ein Thailändisches Museum und eine neue Ton, Licht und Bildinstallation welche einem die vier Jahreszeiten am Nordkapp präsentierte – ja genau, schon wieder. Aber es war alle sehr gut gestaltet und eingerichtet und vor allem war es kühl dort unten.





Oben angekommen war die Hitze noch immer da. Sogar noch heftiger, da sich die Wolken öffneten. So nutzten wir das gute Licht für gute Fotoaufnahmen mit der Spiegelreflex und der Polaroid, wobei wir nun wieder alleine an der Weltkugel standen. Natürlich machten wir uns auch noch auf die Suche nach einem Geocache, wobei dieser nun anders als geplant, nicht unseren nördlichsten Fund darstellen wird. Dieser war ja in Spitzbergen. Wir betrachteten auch noch weitere Monumente von welchen es hier im Umfeld wirklich viele gab. Auch besuchten wir noch den Souvenirshop, welcher aber genau den gleichen Ramsch anbot wie alle Anderen in Norwegen auch. Nur etwas kauften wir, was aber schon vor der Reise klar war. Wir halten beide nichts von hunderten Stickern auf dem Wohnmobile, doch ein Nordkapp-Aufkleber ziert nun unser Heck. Nachdem wir im TB-Hotel noch den TB von Melanies Chef ausgesetzt hatten, machten wir uns mit den Rädern auf den Rückweg, welcher natürlich genau gleich hoch und runter führte. 





Am Womo angekommen: totale Hitze. Es war beinahe nicht auszuhalten und so luden wir die Räder auf und schmissen uns in unsere Badebekleidung, holten die Stühle raus und setzten uns in den Schatten hinter dem Wohnmobil. Viel trinken soll man ja bei der Hitze auch und zur Feier des Tages hakten wir diesen Punkt mit einem Prosecco ab, welcher uns von Freunden auf die Reise mitgegeben wurde. Sich bei der Hitze auf nüchternen Magen eine Flasche Prosecco zu genehmigen, hinterliess leichte Spuren. Wir führten noch einen langen Schwatz mit den neuen Nachbarn und setzten uns dann an den Grill. Noch immer knallte die Sonne vom Himmel und so sassen wir am Nordkapp, bei 30 Grad, in Badehose und Bikini. So haben wir uns das nicht vorgestellt – aber wir sind zufrieden.

Hier verbringen wir nun den Abend, gehen früh schlafen und starten morgen bei Zeiten die Wanderung zum Knivskjellodden.

Sonntag, 29. Juli 2018

Auf dem Weg nach Hammerfest

Gestern wollte es mit der Mitternachtssonne nicht mehr klappen. Schon um 22:00 Uhr war die Sonne hinter dem Berg verschwunden und auch bis Mitternacht wollte sich dies nicht ändern. So war es zwar hell – aber keine Sonne am Himmel als wir uns kurz nach Mitternacht schlafen legten.

Erholt wachten wir auf und machten uns nach einem Frühstück gleich auf die Weiterfahrt. Auch heute erwartete uns wieder eine Wanderung, zu welcher wir aber noch beinahe zwei Stunden Anfahrtsweg hatten. Diese Anfahrt verlief zu Beginn entlang der E6, zweigte dann eine halbe Stunde vor dem Ziel nach Osten ab und wurde immer schmaler. Die letzten paar Kilometer legten wir dann auf einer schmalen und teilweise sehr steilen Schotterpiste zurück, welche vom letzten Regen tief ausgewaschene Rinnen hatte. Das Womo kam ein wenig an sein Limit, doch die Bergziege erreichte den Parkplatz hoch oben auf dem Fjell.

Wir starteten also unsere Wanderung hoch oben auf einem Fjell. Das ist immer praktisch, denn wenn die Hochebene erst einmal erreicht ist, geht es nicht mehr aufwärts und abwärts. Der Nachteil: das Fjell liegt über der Baumgrenze und bei den momentanen Temperaturen ist eine Wanderung an der Sonne eine Qual. Der leichte Wind machte es jedoch heute sehr erträglich und wir mussten lediglich darauf achten, uns regelmässig mit Sonnencreme einzucremen. Ansonsten war die Wanderung wieder wie eine typische Fjellwanderung. Interessant und man muss es einmal gemacht haben – aber eigentlich sehr eintönig und langweilig. Aber man kann sich dabei jedenfalls bestens miteinander unterhalten und gute Ideen aushecken. Heute wanderten wir jedoch nicht einfach so dem Fjell entlang. Nein, wir hatten ein Ziel und zwar die grösste Schlucht Nordeuropas, der Alta-Canyon. Diesen erreichten wir nach knapp anderthalb Stunden und 7 Kilometern. Ein steiler Weg führte die letzten Meter zum Aussichtspunkt und dann wurden wir inmitten dieser langweiligen Landschaft von einem wunderschönen und atemberaubenden Canyon überrascht. Vor uns ging es senkrecht in die Schlucht und wir konnten ungehindert mehrere Kilometer weit in den Canyon blicken und uns in aller Ruhe an der Natur sattsehen. Wir setzten uns hin, verspeisten unsere Brote und schossen Fotos. Der Rückweg war dann wieder die Fjellwanderung und ausser einem kleinen Canyon auf dem Wege, war nichts spektakuläres auszumachen.









Wir steuerten also das Wohnmobil wieder die Schotterpiste und die schmale Teerstrasse zurück zur E6. Die aufgestaute Hitze mochte fast nicht aus dem Wohnmobil weichen. 29°C zeigte es an – in voller Fahrt. Im Stillstand schafften wir sogar beinahe 40°C – und wir waren zu dem Zeitpunkt noch knapp 200 Kilometer vom Nordkap entfernt! Das haben wir uns hier im Norden anders vorgestellt – doch wir freuen uns natürlich über den unverhofften Sommer, den wir schon abgeschrieben hatten. Doch um es auszuhalten mussten wir nun wirklich einen Badeplatz aufsuchen. Zum Glück führt unser Reiseführer diese sogar hier im hohen Norden auf und wir besuchten den Badeplatz der Stadt Alta. Badeplatz + Stadt + Sonntag + 29°C = riiiiiesen Chaos. Die Autos parkten überall an der Strasse und der Strand war überlaufen mit Badenden. Das Wasser war dann aber wirklich sehr erfrischend und nach einer kurzen Abkühlung verliessen wir den überfüllten Ort schnell wieder und steuerten auf der E6 nordwärts. 



Eine lange Fahrt stand nun wieder an, welche nur von kurzen Pausen unterbrochen wurde. Bevor wir jedoch beinahe schon ans Nordkap fuhren, legten wir noch einen Abstecher in den Westen ein. Dort erwartete uns die Stadt Hammerfest und auf dem Weg dorthin eine Luxus-Wohnmobilentsorgung. Sämtliche Womo-Klos kann man dort in eine Maschine stecken, welche einem das Klo leert, ausspült, mit ein wenig Wasser und einem Chemie-Tab wieder befüllt und die Kassette wieder ausgibt. Und das auch wieder gratis. Ein super Ding. Nur leider war das Klo auch nach zwei Durchläufen eher mit der „Davor-Flüssigkeit“ als der gewünschten „Danach-Flüssigkeit“ gefüllt und wir mussten später an einer konventionellen Entsorgung noch einen Halt einlegen.

Wir erreichten die Insel, auf welcher sich Hammerfest befindet, über eine riesige Hängebrücke. Dort wurden die Autoren unseres Reiseführers von den Rentieren in Empfang genommen und so war es auch bei uns. Wir mussten die vielen Rentiere beinahe von der Brücke stossen um auf die Insel zu gelangen. Die Insel schien dann auch von den plüschigen Tieren völlig in Beschlag genommen worden zu sein. Alleine bis Hammerfest entdeckten wir locker an die 100 Tiere – eine Zahl welche sich bis zum Übernachtungsort noch verdoppeln würde.




Wir machten eine kleine Fahrt durch die Stadt Hammerfest, welche als nördlichste Stadt der Welt gilt. Zudem hat die Stadt 1891 von Thomas Alva Edison einen Apparat gekauft – heute würde man ihn Generator nennen – und damit als erste Europäische Stadt elektrisches Licht besessen. Kein Wunder wenn man bedenkt, dass hier im Winter zwei Monate lang totale Finsternis herrscht. Wir fuhren auch noch kurz auf einen Hügel nahe der Stadt um die historische Stadt zu überblicken, ehe wir uns auf den Weg zu unserem Übernachtungsplatz machten, welcher nochmals ein wenig nördlicher lag. Wieder ein Ort an dem man die wunderbare Mitternachtssonne geniessen können sollte. Wir fanden noch einen Platz direkt am Wasser und stellten sofort unsere Stühle raus. Dort genehmigten wir uns auch ein feines Gulasch mit Spiralnudeln und liessen uns von der Sonne wärmen. Auch nun um 20 Uhr ist es noch warm und wir werden wohl nochmals ins Wasser steigen. Morgen soll dann ein wenig Abkühlung folgen und wir werden auch nochmals ein wenig nördlicher sein – am Nordkap. 





Samstag, 28. Juli 2018

Zwischen Tromso und Alta

Eine ruhige Nacht mitten in der Natur lag hinter uns als heute früh der Wecker klingelte. Nachts wurde ich nur einmal geweckt – durch ein anderes Klingeln. Die Schafe der Gegend schienen gegen 2 Uhr früh einen Spaziergang zu machen, welcher an unserem Womo vorbeiführte. Auch dies eine Auswirkung dessen, dass es hier einfach 24 Stunden am Tag sonnig ist. Die Tiere sind praktisch durchgehend auf den Beinen. Aber lieber die süssen Schafe als die komischen Möwen.

Wir gönnten uns mal wieder ein Womo-Frühstück - welches aus Nutellabrot und einem Naturjoghurt mit selbst zusammengestelltem Müsli besteht – um gestärkt auf eine der Wanderungen zu starten, welche am Infoschild angeschlagen waren. Wir entschieden uns gegen die Mine (hatten wir in Spitzbergen genügend) und das Brückenbauwerk (zu weit weg) und steuerten eine Schlucht an. Die Infotafel bewarb sie sogar als tiefste Schlucht Nordeuropas. Wir waren jedenfalls gespannt.

Nach etwas mehr als 10 Minuten erreichten wir das Freiluftmuseum Ankerlia. Hier standen einst die Gebäude in welchen das Erz aus den umliegenden Kupferminen gesammelt und verarbeitet wurde. Mehr als ein paar Mauerresten und verrostete Metallteile waren aber nicht mehr übrig. Alles weit verstreut, wie ein Lost-Place eben. Was daran ein Freiluftmuseum sein sollte, fanden wir nicht heraus. Wir steuerten den nächsten Wegweiser an, um uns über den weiteren Verlauf der Route zu informieren als uns plötzlich zwei Knopfaugen anstarrten. Ein kleiner, süsser Hund schaute erwartungsvoll zu uns hinauf. Zu sehen war aber kein Mensch. Auch keine Rufe waren zu hören. Wir kannten den Kleinen jedoch und wussten, dass er den Tschechen gehört, welche ihr Womo ebenfalls auf dem Parkplatz stehen hatten. Wir warteten 10 Minuten doch es kam niemand. Wir konnten den Kleinen ja jetzt nicht einfach alleine hier zurücklassen. Also machten wir uns mit ihm auf den Rückweg. Er nahm sofort die Witterung auf und fand den Weg eigentlich alleine. Immer sprang er quirlig voraus und an jeder Kreuzung wählte er, die Nase tief am Boden, den richtigen Weg. Doch er schaute auch immer zurück. Blieben wir stehen kam er sofort zu uns zurück. Er kannte also den richtigen Weg, war aber einfach zu ängstlich ihn alleine zu gehen. Kurz vor dem Parkplatz kam uns dann auch die völlig aufgelöste Tschechin entgegen und weinte vor Freude, als sie ihren geliebten „Trip“ wieder in die Arme schliessen konnte. Ihr Mann war spazieren und der Kleine erschrak und lief davon. Nach erfolgloser Suche holte ihr Mann am Parkplatz Hilfe bei der restlichen Familie – aber diese erübrigte sich nun zum Glück. Die Dame hat sich hundert Mal bei uns bedankt und mit Trip den Rückweg angetreten.




Wir wagten danach einen zweiten Versuch die Schlucht zu erreichen. Nach der Kreuzung, an welcher wir Trip antrafen, hatten wir nur noch einen kurzen Weg zum Eingang der Schlucht. Doch dort war der Weg einfach zu Ende. Ein kleines Schild wies die Schlucht als Sorbmegorsa-Canyon aus und ein Picknicktisch wartete auf Besucher. Mehr nicht. Wir begaben uns also über den einzig möglichen Weg in die Schlucht: das Bachbett. Dieses war beinahe ausgetrocknet und teilweise floss das Wasser sogar tief unter den vielen Steinen und unter unseren Füssen hindurch. Man sah keinen Tropfen des Baches, hörte ihn jedoch in der Tiefe rauschen. Wir wanderten über eine halbe Stunde in die immer enger werdende Schlucht. Hier war es heute immerhin nicht so heiss. Der Schatten und ein leichtes Lüftchen machten die Wanderung angenehm. Die grossen Steinblöcke erschwerten sie jedoch. Nachdem wir an einem schönen Platz eine kleine Pause einlegten, machten wir uns auf den Rückweg. 



Am Parkplatz angekommen wurden wir gleich von Trips Familie abgefangen. Man bedankte sich erneut bei uns und reichte uns eine sehr spezielle tschechische Schokolade. Eine ganze Tafel Schokolade – so etwas hatte ich schon seit Monaten nicht mehr im Kühlschrank. Die Freude bei mir war dementsprechend gross. Wir kamen mit den Tschechen ins Gespräch und bemerkten, dass sie die selbe Reise wie wir unternehmen – einfach in die andere Richtung. Sie starteten in Tschechien und bahnten sich ihren Weg durch die baltischen Staaten und Finnland bis zum Nordkapp und zu diesem Parkplatz. Die ganze Reise wurde akribisch genau auf der Rückseite ihres Wohnmobiles nachgeführt – genial! Solch eine Karte hatten wir noch nicht gesehen. Wir bemerkten dann, dass wir auf unserem Weg ebenfalls durch Tschechien reisen werden. Die Familie holte darauf sofort Zettel und Schreiber und beschrieb das Papier mit Mailadresse, Adresse und Handynummer. Wir wären in ihrer Familie jederzeit herzlich willkommen und könnten bei ihnen Wohnen. Auch wenn wir einmal nach Prag reisen und nicht mit dem Womo unterwegs seien – ihre Türe stände immer für uns offen. So herzlich. Wir freuten uns wirklich sehr über diese berührende Geste der Familie und hoffen, sie wirklich kurz in Tschechien besuchen zu können.

Während die Familie den Tag weiterhin in dem schönen Tal genoss, machten wir uns auf die Weiterfahrt, denn es war auch schon wieder Mittag. Wir fuhren weiter auf der E6 nordwärts ehe wir eine Stunde später kurz vor Storslett einen Essenshalt an einem schönen Hafen einlegten. Die Hitze drückte schon wieder ins Wohnmobil und so war schnell klar: wir müssen wieder einen Badeplatz aufsuchen. Und nachdem wir uns fürs Wochenende mit Lebensmitteln versorgten, taten wir dies auch.

Wir fanden unseren Badeplatz auf einem kleinen Abstecher in Steinsvik. Ein wunderschöner Sandstrand erwartete uns dort. Doch an einem Samstag und bei den Temperaturen sah es dort aus als wären wir gerade in Ibiza angekommen. Autos benutzten jeden Quadratmeter und die Strasse wurde dadurch teilweise fast unpassierbar eng. Wir mussten unser Womo relativ weit vom Strand entfernt parken – wollten aber unbedingt auch hier ans Wasser. Wir wanderten also in Badebekleidung an den Fjord und bemerkten, dass hier am Wasser gar nicht mehr so heiss war. Trotzdem wagten wir uns ins Wasser in dem alle planschten und tobten – ebenfalls wie in Ibiza. Dann aber der Schock: das Wasser war eiskalt. Keine Ahnung was wir am 70. Breitengrad erwarteten – aber die Leute hier schienen das Wasser so zu geniessen wie wir jeweils im Italien-Urlaub. Doch wir konnten das hier oben definitiv nicht. Es war ein kurzer Besuch im Wasser. Aber wir waren komplett drin. Nachdem wir ein wenig gelesen hatten, ging es dann auch auf die Weiterfahrt. 




Diese führte uns eine lange Strecke der E6 entlang. Nur zwei kurze Halte gab es auf der Strecke. Ein Mal um Wasser nachzufüllen und ein Mal um den traumhaften Blick von einem Fjell über den Fjord schwenken zu lassen. Wenn sich die Strasse nicht gerade über ein Fjell schlängelte, dann verfolgte sie den Langfjord. In unseren Augen einer der schönsten Fjorde, welche wir hier in Norwegen bisher sehen durften. Die Stimmung, um bei diesem Wetter eine solche Strasse befahren zu können, war einfach perfekt. So verging die Zeit auch schnell und als wir bei unserem nächsten Ziel nahe Bognelv ankamen war auch schon wieder Zeit um Nachtessen zu kochen.

Im Gegensatz zu den anderen Tagen hatten wir heute nach dem Nachtessen noch einiges vor. Für den ersten Punkt konnten wir das Womo stehen lassen. Wir folgten dem Schild, wessen Zeichnung man als See oder Hot-Pot hätte missverstehen können. Dank Reiseführer wussten wir jedoch schon vor dem 15 minütigen Fussmarsch, dass uns oben am Berg eine Quelle erwarten wird. Bubbel'n nennen die Norweger diese Art des Quelltopfs oder der Karstquelle. Der Weg zur Quelle war steil und mit diversen Seilen versehen. Bei den Temperaturen war es auch wirklich eine anstrengende Angelegenheit. Doch die wundervolle und vor allem grosse Quelle überraschte und entschädigte uns. Das Wasser aus der Quelle teilte sich gleich nach dem Topf und ein Bach führte über einen Wasserfall direkt ins Tal, während der andere sich gemütlich durch das Birkenwäldchen nach unten schlängelte. Auch wir machten uns auf den Abstieg, nachdem wir den Cache an der Quelle einfach nicht finden konnten. 





Wieder beim Womo starteten wir dieses und steuerten es noch 30 Minuten weiter in den Norden. Hier möchten wir heute nochmals einen Versuch zur Mitternachtssonne starten. Letztes Mal um Mitternacht schien sie ja zwar auch, aber doch ein klein wenig durch Wolken verdeckt. Heute hat es weit uns breit keine Wolken und die Sicht in Richtung Norden ist von dem jetzigen Standort völlig frei. Wir werden sehen. Die letzte Chance wird sich uns dann am Nordkapp bieten, welches wir in den nächsten zwei Tagen wohl auch erreichen werden. Diesen Übernachtungsplatz hatten wir dann aber gut erreicht, nachdem wir mehrmals unsere Fahrt verlangsamen mussten. Ganze Herden von Rentieren spazieren hier auf den Strassen umher und sind teilweise echt schlecht sichtbar. Einige tragen einen GPS-Peilsender. Man hätte ihnen besser gleich auch noch eine Leuchtweste angezogen.


 

Freitag, 27. Juli 2018

Wir rollen wieder im Womo

Eine ruhige Nacht verbrachten wir in unserem schönen Hotelzimmer, wobei Melanie schon um 04:30 Uhr wieder wach wurde und nicht mehr schlafen konnte. Nachdem sie ein wenig las, konnte jedoch auch sie nochmals kurz dösen. Auch ich wachte um 04:30 Uhr auf, schaute aus dem Fenster im siebten Stock und sah eine Stadt, von der Sonne total erhellt und angestrahlt. So sieht es in Frauenfeld normalerweise um 14:30 Uhr auf und nicht mitten in der Nacht. Doch ich drehte mich um, zog meine Schlafmaske tief ins Gesicht und weilte weiter im Reich der Träume.

Der Wecker riss uns aus dem Schlaf und natürlich hätten wir beide jetzt noch länger schlafen können. Doch wir zogen uns an und fanden uns am Frühstücksbuffet ein. Dieses überraschte uns wirklich. So ein Frühstücksbuffet habe ich noch selten in einem Hotel erlebt. Alles war da. Wirklich alles. So startete ich mit leckerem Honigbrot, Frühstücksspeck und Rührei, und fand mich über ein Croissant mit Nutella bei den vielen Früchten ein. Ein wundervoller Melonensalat, eine leckere Orange und die beste frische Ananas, welche ich je gegessen hatte, machten den Abschluss. Ja wir schlemmten wie die Könige.

Der nächste Ort, welchen wir besuchten, war ein Juwelier. Nein, Melanie gefällt der Ring und sie wollte auch keinen Neuen. Aber ein klein, klein wenig zu locker sass das Schmuckstück aus Weissgold und einem Diamanten. Uns wurde der Goldschmied in Fussdistanz zum Hotel schon in Spitzbergen empfohlen und die nette Frau dort erklärte sich auch bereit den Ring bis 15:00 Uhr zu verkleinern. Wir freuten uns sehr darüber und begaben uns zurück ins Hotel.

Dort machten wir es uns im Bett gemütlich, schrieben Tagebuch, bearbeiteten Fotos und duschten nochmals ausgiebig. Erst wirklich knapp vor 12:00 Uhr checkten wir aus dem Hotel aus und bestellten uns ein Taxi. Dieses war beinahe schneller vor Ort als wir vor der Tür. Keine Ahnung wie die das hier machen. Jedenfalls fuhr uns der nette Herr direkt zu unserem Wohnmobil. Wir betraten die Garage und die Spannung stieg. War die Heizung repariert? Ja oder nein? Und ja sie will. Sorry: Ja sie war. Der wiederum sehr freundliche Werkstattleiter erklärte uns alles und stellte uns eine Rechnung aus. Hier waren wir das zweite Mal gespannt und wurden nicht so geschockt wie erwartet. Knappe 300 Franken teurer als eine Reparatur in der Schweiz und zieht man die 100 Franken ab, welche wir für einen Parkplatz am Flughafen einsparten, dann waren es sogar nur 200 Franken. Zufrieden kauften wir uns im Shop noch eine Fliegenklatsche und zwei Sektgläser aus Kunststoff und machten uns daran, unser Reisegepäck zurück in die Schränke zu räumen.

Schnell war es 15:00 Uhr und wir machten nochmals eine Runde durch die Innenstadt, um den Ring wieder abzuholen. Die Juwelierin musste ein kleines Stück aus dem Ring entfernen und ihn neu zusammenfügen. Doch man kann den Ring drehen und wenden wie man will, man entdeckt nichts. Nichtmal ein klein wenig.

Und so waren wir kurz nach 15 Uhr auch wirklich wieder „ON THE ROAD!“. Mit einem funktionierenden Womo, einem passenden Ring, sonnigem Wetter und dementsprechend allerbesten Laune. Der Weg führte uns nun nordwärts in Richtung Hammerfest und Nordkapp. Wir folgten wieder der E8, welche uns wieder nach Nordkjosbotn brachte, wo wir schon auf dem Weg nach Tromso übernachtet hatten. Doch kurz vor diesem Übernachtungsplatz schwenkten wir nun links und folgten den Wegweisern „Kirkenes“. Die Natur hier schmerzte beinahe in den Augen. Die vielen Farben waren wir uns von Spitzbergen gar nicht mehr gewohnt. Das tiefe blau, das satte grün und allgemein das Vorhandensein von Bäumen. Einen zusätzlichen Farbschock erhielten wir an unserem ersten Ziel. Auf dem Piggstein verewigen sich seit vielen Jahren die vielen Nordfahrer auf ihrem Weg zum Nordkap. Möglichst bunt und mit möglichst viel Farbe ist hier die Devise und wir wunderten uns, wie viele Schichten Farbe hier wohl schon übereinander gelegt sind. Wir selbst verewigten unseren Besuch lieber im Logbuch des nahen Geocaches, ehe wir weiterzogen. 



Nun verfolgten wir für beinahe anderthalb Stunden den Storfjord. Einer der schönsten Fjorde, welchem wir hier in Norwegen bisher folgen durften. Ein bisschen weiter und geöffneter stehen hier die Berge und ragen hoch in den Himmel. Vielleicht hatten wir auch einfach zu lange jetzt keinen solchen Fjord mehr gesehen. Jedenfalls verliessen wir den Fjord erst bei Birtavarre wieder. Dort befuhren wir eine immer schlechter werdende Teerstrasse, welche in einen Schotterweg überging, welcher mit sehr vielen Schlaglöchern aufwartete, die umschifft werden mussten. Nach ein paar Kilometern erreichten wir aber das wunderschöne Ziel. Ein Kiesplatz in einem Tal, ruhig und mitten in der grünen Natur. Ein internationales Treffen bahnte sich hier auch schon an, im Moment stehen hier je ein Womo aus Tschechien, Holland, Belgien, Frankreich und der Schweiz. Die vielen Wandervorschläge auf der Tafel liessen wir für heute aber bleiben. Morgen früh werden wir aber sicherlich einen oder zwei der Vorschläge erwandern. 



Wir genehmigten uns ein leckeres Nachtessen, einen kleinen Dessert und machten uns einen gemütlichen Abend hier in der Natur. Das Womo-Leben ist wieder voll zurück. Und wir lieben es schon wieder sehr.




Donnerstag, 26. Juli 2018

Der letzte Tag auf Spitzbergen

Nach einer kurzen aber erholsamen Nacht erwartete uns heute der letzte Tag in Spitzbergen. Der Tag der Abreise. Unser Transferbus war auf 12:45 Uhr angemeldet und wir mussten bis 11:00 Uhr ausgecheckt haben. Das war jedoch kein Problem. Nach dem Frühstück und dem Packen konnten wir unser Gepäck im Hotel lagern und uns noch auf einen letzte Wanderung begeben.

Diese führte uns in die Stadt. Dort warteten noch ein paar Geocaches auf uns, welche wir wegen dem leeren Akku letztes Mal nicht aufspüren konnten. Wir wählten heute einen anderen Weg, welcher über Schotter am Berghang entlangführte. Wir hatten ja Zeit und wollten einfach noch ein letztes Mal diesen wundervollen und sehr speziellen Ort geniessen. Die speziellen Berge, die Landschaft, die Häuser, das charmante Chaos einer Minen- und Forschungsstadt. Ich musste mich jedoch konzentrieren, überhaupt ein Wort mit Melanie zu wechseln, um meine innere Nervosität zu verbergen. Wer mich kennt weiss, dass ein ruhiger Sandro immer bedeutet, dass etwas im Busch ist. Und das sollte ja niemand merken.

Wir besuchten nochmals den Ort, an dem die Kirche der kleinen Stadt steht. Dort befindet sich nämlich auch ein anderer sehr spezieller Ort. Die „Gamla Sykehustrappa“. Langsam sind wir einigermassen des Norwegischen mächtig und wussten darum auch, dass es sich dabei um die „alte Krankenhaustreppe“ handelte. Mitten im Nirgendwo auf einer kleinen Wiese, zwischen Kirche und Farmhaus, stand sie dann auch und erwartete uns. Eine Treppe mit ein paar Stufen, welche ins nirgendwo führte, da sich das Krankenhaus schon seit vielen Jahren in der Stadtmitte befindet. Doch seit vielen vielen Jahren fanden sich jedes Jahr am 8. März die Bewohner von Longyearbyen hier auf dieser Treppe ein um ein riesiges Fest zu feiern. Denn an diesem 8. März kann man hier jeweils zum ersten Mal nach vier Monaten Dunkelheit, die Sonne sehen. Als die „Regierung“ das Krankenhaus abriss, liefen die Bewohner Sturm. Sie wollten ihre Krankenhaustreppe zurück! Nachdem es sogar zu Drohungen dem Gouverneur der Insel gekommen war, beschloss man diese Treppe nachzubauen – und so feiern die Einwohner auch heute noch auf dieser kleinen Treppe, welche immerhin den Kindern der Stadt Platz bietet. 



Als nächstes wanderten wir nochmals zu der Zentralstation der Minenseilbahn, welche, wie wir am Vortag lernten, völlig ohne Energiezufuhr funktionierte. Die kohlegefüllten Gondeln befanden sich auf dem Weg nach unten und das Gewicht zog die leeren auf der anderen Seite locker wieder hoch. Man musste die Wägelchen eher bremsen. Hier an dieser Zentralstation hat man wundervoll seine Ruhe und kann wunderschön die Stadt, den Hafen und den Fjord überblicken. Ein traumhafter Ort, welcher uns sehr gefiel. Und darum suchte ich mir auch diesen Ort aus...



Über 10 Jahre ist es nun her, seit ich Melanie am Bahnhof in Dübendorf zum ersten Mal traf. Einige Jahre zuvor hatten wir uns in einem Chat (das war damals noch voll cool) kennengelernt und seither immer Kontakt gehalten. Mal mehr mal weniger. Alleine schon durch die Distanz zwischen dem Zürcher Weinland und dem Bündner Oberland, hatten wir uns jedoch nie gesehen. Bis eben an diesem Tag. Ich hatte Fak.-Ausgang während der Offiziersschule der Schweizer Armee und Melanie liess einen Hockeymatch des EHC Kloten sausen. Nachdem wir dies einige Wochen später wiederholten, verbrachten wir kurz vor Weihnachten 2007 dann ein paar Tage bei mir Zuhause in Trin. Wunderschön eingeschneit (nicht einmal die Postautos fuhren mehr) mummelten wir uns in der Wärme ein und bemerkten, dass da mehr ist. Bald schon fand ich den Weg von Trin ins Zürcher Weinland. Ich wurde von Melanies Familie herzlichst empfangen und durfte die Wochenende jeweils unter ihrem Dach verbringen, sogar die siebenwöchige Zwischenzeit zwischen Offiziersschule und Abverdienen durfte ich dort verbringen, was nicht selbstverständlich ist und ich sehr schätzte. Melanie schaffte es mich dann im Unterland zu halten, ich suchte mir eine Wohnung in Diessenhofen, einen Job und schon bald zog Melanie auch mehr und mehr bei mir ein. 2010 wechselten wir den Standort in die Kantonshauptstadt Frauenfeld, wo wir heute noch sind. Mit Melanie verbindet mich viel mehr als nur die Liebe zueinander. Wir haben so viele Gemeinsamkeiten. Können uns beim Geocaching, beim Sport, bei den Spartan Races, bei Eishockeyspielen und in der Feuerwehr begleiten und jeder hat Freude und Spass. Die Freude am Reisen trieb uns zudem schon in viele Abenteuer, welche ich mit niemandem anderen als dieser Frau lieber erlebt hätte. Und sind wir ehrlich: eine Frau, mit welcher man sich auch nach 10 Jahren noch immer so glücklich fühlt wenn man sie in einem wortlosen Moment ansieht, welche sich mit deiner Mutter versteht, deren Familie bereits ein Teil der eigenen Familie wurde und welche für jedes Abenteuer mit einem zu haben ist – die darf man nie mehr gehen lassen. Und darum ging ich an diesem Ort vor dieser Frau auf die Knie und bat sie, mich zu heiraten. 




Warum sie diesem Unterfangen zustimmte, kann ich euch leider nicht erklären. Doch sie tat es und so zierte ein Ring in Weissgold mit einem Diamanten kurz später ihren linken Ringfinger. Natürlich waren wir beide nun in einer leicht anderen Welt, welche wir dem Leser hier jetzt ein wenig ersparen möchten. Nach einem Moment, welchen wir noch an dem Ort verweilten, machten wir uns auf den Weg in die Stadt. Wir mussten uns noch Sandwiches fürs Mittagessen kaufen und gönnten uns auch gleich noch einen Svalbard-Prosecco um Abends anstossen zu können. Danach mussten wir schon wieder zum Motel wandern. Dort hatten wir noch eine Stunde ehe der Bus uns abholte. Zuerst wurden natürlich unsere Eltern über die Neuigkeit informiert, ehe wir die Bombe auf WhatsApp und Facebook platzen liessen. Wir waren echt überwältigt von all den Reaktionen und Glückwünschen, welche bei uns im Sekundentakt eintrafen. So war die Stunde schnell vorbei und Melanie nutzte noch auf dem Weg zur Busshaltestelle gegenüber, die letzten WLAN-Strahlen aus. 



Am Flughafen angekommen war der Check-In schnell erledigt. Hier waren anstelle der Computer wieder Menschen am Werk. Und das obwohl nur unser Flugzeug heute die Insel verliess. Auch an der Sicherheitskontrolle ging alles flott. Was diese vielen Sicherheitsbeamten wohl ausserhalb der zwei Stunden des Tages machen, an denen hier kurz mal was los ist? Wir wissen es nicht. Am einzigen Gate, welches es am Flughafen Longyearbyen gibt, konnten wir wieder im WLAN den Verlauf des Lauffeuers in WhatsApp und Facebook beobachten. Die Nachricht schien nun überall angekommen zu sein. Ein Feuer schien es jedoch auch plötzlich am Flughafen zu geben. Ein lauter Alarm erklang und eine Computerstimme verkündete uns (ausschliesslich auf Norwegisch) ruhig und geordnet das Flughafengebäude zu verlassen. Und das 30 Minuten vor Abflug. Mir war sofort klar: wenn jetzt alle raus müssen, müssen danach alle wieder durch die Sicherheitskontrolle und dann wird das nichts mit pünktlichem Abflug. Das wussten auch die Sicherheitsbeamten und verriegelten kurzerhand alle Türen, damit niemand das Gebäude verlassen konnte. Der Alarm wurde abgestellt und die Leute standen da wie bestellt und nicht abgeholt. Niemand informierte uns und so sassen nach und nach die Leute wieder auf die Stühle. Boarding und Abflug fanden dadurch pünktlich statt und schon bald schwebten wir an der Sonne wieder Norwegen entgegen.




Anderthalb Stunden später landeten wir in Tromso und machten uns gleich auf den Weg zum Taxistand. Wir schnappten uns ein Taxi, welches uns in die Stadt zu unserem Hotel brachte. Die Kosten von Taxi und Hotel trägt der ETI-Schutzbrief des TCS und wir waren gespannt auf unser Hotel. Das Clarion The Edge empfing uns mit einer sehr schön gestalteten Lobby und einem freundlichen Mitarbeiter am Check-In. Wir nahmen die Schlüsselkarten an uns und machten uns in den siebten Stock. Mit seitlicher Sicht über den Hafen erwartete uns ein schönes, modernes Zimmer mit einem sehr edlen Bad. Wir freuten uns sehr über das schöne Hotelzimmer und legten uns immerhin kurz hin.

Das kleine Abendprogramm starteten wir dann in der Sky-Lounge des Hotels im elften Stock. Über den Dächern von Tromso genehmigten wir uns einen kleinen Aperitiv ehe wir zum Nachtessen aufbrachen. Wir begutachteten viele Restaurants, welche alle eine gute Auswahl präsentierten. Doch schlussendlich landeten wir bei einem Italiener. Seit Monaten regiert die Lust nach Pizza und anstelle eines über-chicen Nachtessens gönnten wir uns heute diese Pizza. Und die war ausgesprochen lecker. Nach diesem Abendessen begaben wir uns wieder zurück ins Hotel, wo wir den Tag bei einer Flasche Svalbard-Prosecco ausklingen liessen. Ein sehr spezieller Tag für uns beide und ein Tag an dem nicht so viele Fotos geschossen wurden wie sonst. Man möge es mir nachsehen.