Mittwoch, 27. Juni 2018

Wandertag II - Molden und Nigardsbreen Gletscher

Nach einer langen und guten Nacht haben wir beide voller Tatendrang am Frühstückstisch gesessen. Das mussten wir heute auch. Am heutigen Wandertag stand nämlich nicht nur eine Wanderung an – nein heute sollten es deren zwei sein.

Die Erste führte uns natürlich auf den Molden. Nachdem wir uns gestern nicht mehr aufraffen konnten, musste der Gipfel dieses kleinen Berges heute dran glauben. Der Weg startete ja wirklich unmittelbar vor der Haustüre. Und so zogen wir auch früh los. Ein Trampelpfad stieg langsam durch den dichten Tannenwald empor. Schon bald wurde der Weg breiter und verlief auch nicht mehr so steil. Ein erster Aussichtspunkt liess unsere Blicke ins Tal schweifen. Ausnahmsweise ein komplettes Tal ohne Wasser. Kein Fjord, kein See, kein Meer. Der Weg wurde wieder schmaler und steiler. Die Baumgrenze war schon bald erreicht und wir waren komplett durchgeschwitzt, als wir eine Hütte erreichten, welche uns zeigte, dass wir schon über die Hälfte der Distanz geschafft hatten. Doch an Höhe mussten wir noch gewinnen. Und dies begann auch gleich nach der Hütte. Im rechten Winkel schnitten wir die Höhenlinien auf unserem Navi. Die Hitze staute sich in uns. Und trotzdem war es wundervoll. Denn immer mehr tauchte der Fjord wieder unter uns auf und verzauberte uns mit seiner Farbe. Türkis wie das Meer auf den Fotos aus der Karibik. Einfach wundervoll. Auch die Ruhe hier oben und eine Wanderung zu unternehmen, welche nicht tausende von Menschen jede Saison unternehmen, war eine willkommene Abwechslung. Oben angekommen, trugen wir uns ins Gipfelbuch ein und schossen Fotos. Der Rückweg ging dann um einiges besser. Viele Wanderer kreuzten unseren Weg und bestätigten, dass die Norweger eben einfach erst sehr spät starten. Nach knappen 2 Stunden 45 Minuten waren wir wieder beim Womo angelangt. Die 9,5 Kilometer mit 750 Höhenmetern waren aber doch knackiger als gedacht. 




Egal. Nach einem herzhaften Mittagessen packten wir unsere sieben Sachen, entfernten den Stromanschluss des Womos und machten uns auf den Weg. Die Fahrt dauerte länger als sie auf der Karte den Anschein machte, führte jedoch durch schöne Landschaften und war daher sehr kurzweilig. Das nächste Ziel, der Nigardsbreen, erwartete uns in einem Tal, dessen Befahrung alleine über 40 Minuten in Anspruch nahm. Wir ersparten uns einen Teil der Wanderung, indem wir an der Mautstation am Besucherzentrum die 60NOK (nicht ganz 8 Franken) bezahlten und 3,5 Kilometer auf einer Privatstrasse uns dem Gletscher näherten.

Auf dem Parkplatz die erste Überraschung. Ein Thurgauer Wohnmobil auf dem Parkplatz. Wir hatten schon allerlei Schweizer aber noch keine Thurgauer. Doch Moment! Das blaue Mobil mit bekannten, aus Frauenfeld stammenden, Aufklebern kennen wir doch. Da standen doch tatsächlich das Gefährt von Lui und Steffi von comewithus2.com. Die beiden Blogger aus unserer Heimat haben es sich zum Ziel gesetzt sämtliche Europäischen Länder zu bereisen und schreiben darüber in ihrem Blog. Auch wir haben bei der Vorbereitung unserer Reise ein paar Mal auf ihrer Homepage herumgestöbert. Die Beiden waren nicht bei ihrem Mobil und wir hinterliessen ihnen einen Gruss mittels Visitenkarte. Nun machten wir uns aber auf den Weg zum grauen Riesen am anderen Ende des Gletschersees. Das Boot, welches uns für ebenfalls 60NOK pro Person über den See und zurück schippern würde, sparten wir uns aber. Ein wenig wandern wollten wir ja doch noch.

Zum Glück sind wir gut zu Fuss. Ansonsten wäre die Variante Boot doch die Bessere gewesen. Über rutschige, vom Gletscher abgeschliffene, Steine wanderten wir und wanderten wir. Der Gletscher schien aber kein bisschen näher zu kommen. Auch als wir das Ende des Sees erreicht hatten, änderte sich daran nichts. Dem rauschenden Bach folgten wir immer weiter bergauf, bis wir endlich am Eis angelangten. Sah dieses von weitem noch blau und schmutzig aus, so strahlte es von hier aus in wunderschönem Blau. Wir hatten das Glück und in einem winzigen Bächlein trieb gerade ein Stück Eis an uns vorbei. Wir packten uns das faustgrosse Stück und begannen das Stück Gletscher zu fühlen und nuckelten sogar daran. Ein wundervolles Erlebnis. Wir schossen viele Fotos von der sehr imposanten Abbruchkante, welche leider immer weiter zurück weicht. Viele grosse Brocken lagen abgebrochen am Boden. Der Vorgang war teilweise auch hörbar, wenn man nahe am Gletscher stand. Zum Glück waren nur ganz wenige Leute am Nigardsbreen und so konnten wir den Gletscher in vollen Zügen geniessen. Ein wirklich besonderes Erlebnis, welches uns sehr faszinierte.






Der Weg zurück war dann wieder mühsam und das Womo, von Beginn an sichtbar, blieb immer in gleicher Entfernung von uns fern. Irgendwann gab es sich jedoch geschlagen und tauchte vor uns auf. Lui und Steffi hatten uns nun ebenfalls einen Gruss hinterlassen und sich auf die Weiterreise begeben. Wir wollten es ihnen gleich tun und programmierten die Koordinaten des Startpunktes der morgigen Wanderung ins Navi. Über 3 Stunden Fahrt? Wie bitte? So weit sah das aber wieder überhaupt nicht aus. Wir erkannten bald, dass eine richtige Passstrasse der Grund für die lange Reisedauer zu sein scheint. Viele Serpentinen quälen wir uns von Meereshöhe auf über 1400 Meter über Meer. Das ist für unsere Verhältnisse nicht viel – doch für Norwegen recht krass. Wir merkten, dass wir es so heute nicht mehr bis Lom schaffen. Vor allem nicht bis das Fussballspiel Schweiz – Costa Rica beginnt und wir eventuell einmal eine Bar gefunden hätten welche das Spiel überträgt. 



Der Zufall wollte es, dass wir kurz vor der Passhöhe wieder auf ein Wohnmobil aus dem Thurgau trafen. Wir kamen mit dem älteren Ehepaar ins Gespräch und waren sehr froh über einige Tipps hier in der Gegend, welche wir noch nicht kannten. Sie sind zudem stolze Besitzer einen Satelliten-TV-Anlage in ihrem Wohnmobil. Wir hatten das Glück und durften so während dem Spiel ein wenig auf ihren Bildschirm schauen. Wir haben während dem Spiel zwar mehr gequatscht als Fussball geschaut – doch die Torszenen konnten wir uns immerhin ansehen. Wir freuten uns natürlich sehr, dass unsere Jungs sich für das Achtelfinal qualifizieren konnten. Zu laut jubeln durften wir jedoch nicht – es hatte noch einige Deutsche auf dem Platz und deren Elf hatte inzwischen wohl schon das Ticket in die Heimat am Schalter gebucht. Ein paar böse Blicke nahmen wir jedoch auf uns und hofften, morgens noch Luft in den Reifen zu haben. Wir machten uns also in dieser traumhaften Bergwelt auf den Weg ins Bett. Mit dem Wissen, dass Morgen der König auf uns wartet. 


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