Die
Nacht war nicht ganz so erholsam wie ihre Vorgänger. Der Platz war
ruhig und keine Menschenseele störte uns hier oben über Oslo. Doch
ich wurde von der Sonne geweckt, welche genau durch ein kleines Loch
am Rande des Rollos an der Frontscheibe, einen Weg in mein Gesicht
fand. Ich stand auf und sah dabei noch auf die Uhr – es war 03:20
Uhr. Und die Sonne schien wirklich ganz tief und rot durch einen
Taleinschnitt auf unseren Parkplatz. Trotz der Helligkeit konnte ich
irgendwann aber wieder einschlafen und war beim Erklingen des Weckers
einigermassen ausgeschlafen.
Der
erste Halt sollte heute nicht weit entfernt sein. Auf dem Weg vom
Holmenkollen runter, kamen wir gar nicht an der riesigen
Skisprungschanze vorbei. Gigantisch thront dieser riesige Stahlbau am
Hang und beherrscht das Bild des Berges. Klar kennt man die Schanze
aus dem Fernsehen. Doch steht man dann da und betrachtet in welchen
Schlund sich die Sportler hier stürzen – sehr imposant. Wir
spazierten durch das Stadion und machten uns auf den Weg nach oben
zum Beginn des Landehangs. Kaum vorzustellen wie steil diese Landung
ist und wie anstrengend es ist, diesen an der Seitentreppe zu
erklimmen. Bis ganz oben schafften wir es nicht, da es mal wieder
viel zu teuer war. Doch wir konnten uns im Mittelteil unter der
Schanze alte Fotos und Geschichten ansehen. Wirklich interessant wie
sich diese Schanze und die Sportart entwickelten. 1892 stellte Arne
Ustvedt den ersten Schanzenrekord auf. Und dies mit 21 Meter 50. Der
aktuelle Schanzenrekord von Andreas Kofler mit 141 Meter zeigt die
Entwicklung. Natürlich wurde die Schanze in der Zwischenzeit auch 14
Mal baulich vergrössert.
Wir
verabschiedeten uns damit von Oslo und machten uns auf den Weg in
Richtung Drammen. Auf dem Weg erledigten wir noch einige Dinge. Der
erste Einkauf in Norwegen stand zum Beispiel an. Wir suchten uns
einen Rema 1000 (DER Discounter in Norwegen; welcher auch alle
Lidlstandorte übernommen hatte) und machten uns auf Einkaufstour.
Kommt man aus Deutschland oder eben auch Schweden, dann sitzt der
Schock erstmals tief. Doch beginnt man dann die Preise mit deren der
Heimat zu vergleichen, dann merkt man schnell, dass das gar nicht so
brutal überteuert ist hier. Manche Dinge sind bei uns günstiger zu
bekommen und bei anderen Sachen denkt man sich, dass es doch wieder
relativ günstig ist. Es gibt nur drei Arten von Artikeln, die man
hier wirklich im Regal stehen lassen muss, will man nicht sehr tief
in den Geldbeutel langen.
- Alles mit viel Zucker – darunter fällt natürlich auch Schokolade, Nutella, Kekse
- Alles mit viel Fett – also keine Chips
- Alles mit Alkohol – ein Halbliter Bier kostet auch im Laden über 6 Franken!
Der
nächste Stopp wurde mit Spannung erwartet, auch wenn ich mir nicht
so viel Hoffnung gemacht habe, dass dieser klappen wird. Unser Womo
ist mit 2 Gasflaschen-Plätzen ausgerüstet, doch wir haben nur eine
mitgenommen. Wären beide nämlich leer und wir müssten eine
Ausländische kaufen, wohin dann mit der leeren von Zuhause? Und die
haben ja ein richtig hohes Depot drauf. Also fuhren wir, bereits in
Drammen, eine Stelle der norwegischen Firma LPG an, welche
Gasflaschen füllt und Flüssiggasautos betankt. Wir fragten, ob sie
dann auch Schweizer Flaschen füllen könnten. Und oh wunder: ohne
Probleme! Für 22 Franken füllte uns der nette Herr unsere
Gasflasche auf und ich konnte sie gleich wieder anschliessen. Mit Gas
sind wir also wieder versorgt und LPG besitzt auch ein sehr
flächendeckendes Netz bis zum Nordkap und durch ganz Finnland
hindurch.
Was
nun folgte, war ein Punkt auf den wir uns schon lange freuten. Seit
Jahren hören wir die Geschichten von diesem Ort. Thomas und Iris
erzählten uns schon so oft davon, dass wir schon fast glaubten
selbst einmal dagewesen zu sein. Und doch kribbelte es heute im Bauch
als wir am Ortsrand von Drammen vor einem Tunneleingang standen.
Angeschrieben ist dieser mit Spiralen und führt in ein Bergwerk. Um
an das wertvolle Innere dieses Berges zu kommen musste er eigentlich
abgebaut werden. Aber das geht am Stadtrand ja nicht. Viel zu
gefährlich und laut. Also musste man den Berg aushöhlen. Dazu
arbeitete man sich in einer immerwährenden ansteigenden Linkskurve
durch den Berg, bis man oben angelangt war. Was übrig blieb war ein
Tunnel der in sechs 360° Umdrehungen auf den Berg führte. Diesen
baute man aus und erweiterte das Angebot auf dem Hausberg um einen
grossen Parkplatz und ein Restaurant. Wir zogen uns also für 35NOK
(4 Franken) ein Ticket und fuhren mit unserem Womo in den Tunnel.
Durch ewige Dunkelheit schraubt man sich hier nach oben. Selten muss
das Steuerrad überhaupt bewegt werden – die 90° Neigung kann man
schön so lassen bis man den Ausgang erreicht hat. Und oben
angekommen: traumhafte Aussicht über Drammen und den Drammenselva –
den Fluss der das Tal teilt.
Wir
belegten uns ein paar Brote, welche wir an Ort und Stelle noch
verspiesen. Vor uns stand eine lange Wanderung zum Landfalltjern
bevor. Über vier Kilometer waren es durch eine wunderschöne
Waldlandschaft bis zu diesem Badesee. Man hätte von Drammen her auch
hinfahren können doch wir wanderten lieber. Durch die Tatsache, dass
man hochfahren kann, war der See sehr gut besucht. Das störte aber
gar nicht und wir verbrachten den ganzen Nachmittag dort mit lesen
und baden, ehe wir den Heimweg antraten.
Endlich
wieder beim Womo angekommen meldete sich schon der Hunger. Es war
schon spät und nachdem wir das Womo noch an einen besseren Ort
gestellt hatten, begannen wir mit dem grillen und kochen. Nebenbei
erfuhren wir noch von den Unwettern, welche Frauenfeld heimgesucht
hatten. Alles unter Wasser. Der süsse Stadtbach neben unserem Haus
stieg zu einem Stadtfluss an – doch unser Haus ist ja zum Glück
genügend weit oben. Auch Schulen, die Passage, das Feuerwehrdepot –
alles unter Wasser. Sogar unsere CrossFit-Box wo vor ein paar Wochen
noch unser Abschiedsfest stattgefunden hatte, hat es erwischt. Und
wir sitzen hier oberhalb Drammen in der Sonne. Verrückt.
Wir
haben das Nachtessen vor dieser genialen Kulisse sehr genossen und
werden uns nun noch ein wenig sportlich betätigen. Eine Art
Vitaparcours wartet hier gleich neben unserem Womo auf uns. Ich hoffe
ich schaffe es noch rechtzeitig wieder zurück um bei Sonnenuntergang
hier eines meiner letzten Bierchen zu schlürfen, welche ich noch aus
Schweden mitgebracht habe.
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