Freitag, 8. Juni 2018

Von Oslo nach Drammen

Die Nacht war nicht ganz so erholsam wie ihre Vorgänger. Der Platz war ruhig und keine Menschenseele störte uns hier oben über Oslo. Doch ich wurde von der Sonne geweckt, welche genau durch ein kleines Loch am Rande des Rollos an der Frontscheibe, einen Weg in mein Gesicht fand. Ich stand auf und sah dabei noch auf die Uhr – es war 03:20 Uhr. Und die Sonne schien wirklich ganz tief und rot durch einen Taleinschnitt auf unseren Parkplatz. Trotz der Helligkeit konnte ich irgendwann aber wieder einschlafen und war beim Erklingen des Weckers einigermassen ausgeschlafen.

Der erste Halt sollte heute nicht weit entfernt sein. Auf dem Weg vom Holmenkollen runter, kamen wir gar nicht an der riesigen Skisprungschanze vorbei. Gigantisch thront dieser riesige Stahlbau am Hang und beherrscht das Bild des Berges. Klar kennt man die Schanze aus dem Fernsehen. Doch steht man dann da und betrachtet in welchen Schlund sich die Sportler hier stürzen – sehr imposant. Wir spazierten durch das Stadion und machten uns auf den Weg nach oben zum Beginn des Landehangs. Kaum vorzustellen wie steil diese Landung ist und wie anstrengend es ist, diesen an der Seitentreppe zu erklimmen. Bis ganz oben schafften wir es nicht, da es mal wieder viel zu teuer war. Doch wir konnten uns im Mittelteil unter der Schanze alte Fotos und Geschichten ansehen. Wirklich interessant wie sich diese Schanze und die Sportart entwickelten. 1892 stellte Arne Ustvedt den ersten Schanzenrekord auf. Und dies mit 21 Meter 50. Der aktuelle Schanzenrekord von Andreas Kofler mit 141 Meter zeigt die Entwicklung. Natürlich wurde die Schanze in der Zwischenzeit auch 14 Mal baulich vergrössert. 




Wir verabschiedeten uns damit von Oslo und machten uns auf den Weg in Richtung Drammen. Auf dem Weg erledigten wir noch einige Dinge. Der erste Einkauf in Norwegen stand zum Beispiel an. Wir suchten uns einen Rema 1000 (DER Discounter in Norwegen; welcher auch alle Lidlstandorte übernommen hatte) und machten uns auf Einkaufstour. Kommt man aus Deutschland oder eben auch Schweden, dann sitzt der Schock erstmals tief. Doch beginnt man dann die Preise mit deren der Heimat zu vergleichen, dann merkt man schnell, dass das gar nicht so brutal überteuert ist hier. Manche Dinge sind bei uns günstiger zu bekommen und bei anderen Sachen denkt man sich, dass es doch wieder relativ günstig ist. Es gibt nur drei Arten von Artikeln, die man hier wirklich im Regal stehen lassen muss, will man nicht sehr tief in den Geldbeutel langen.
  1. Alles mit viel Zucker – darunter fällt natürlich auch Schokolade, Nutella, Kekse
  2. Alles mit viel Fett – also keine Chips
  3. Alles mit Alkohol – ein Halbliter Bier kostet auch im Laden über 6 Franken!

Der nächste Stopp wurde mit Spannung erwartet, auch wenn ich mir nicht so viel Hoffnung gemacht habe, dass dieser klappen wird. Unser Womo ist mit 2 Gasflaschen-Plätzen ausgerüstet, doch wir haben nur eine mitgenommen. Wären beide nämlich leer und wir müssten eine Ausländische kaufen, wohin dann mit der leeren von Zuhause? Und die haben ja ein richtig hohes Depot drauf. Also fuhren wir, bereits in Drammen, eine Stelle der norwegischen Firma LPG an, welche Gasflaschen füllt und Flüssiggasautos betankt. Wir fragten, ob sie dann auch Schweizer Flaschen füllen könnten. Und oh wunder: ohne Probleme! Für 22 Franken füllte uns der nette Herr unsere Gasflasche auf und ich konnte sie gleich wieder anschliessen. Mit Gas sind wir also wieder versorgt und LPG besitzt auch ein sehr flächendeckendes Netz bis zum Nordkap und durch ganz Finnland hindurch.

Was nun folgte, war ein Punkt auf den wir uns schon lange freuten. Seit Jahren hören wir die Geschichten von diesem Ort. Thomas und Iris erzählten uns schon so oft davon, dass wir schon fast glaubten selbst einmal dagewesen zu sein. Und doch kribbelte es heute im Bauch als wir am Ortsrand von Drammen vor einem Tunneleingang standen. Angeschrieben ist dieser mit Spiralen und führt in ein Bergwerk. Um an das wertvolle Innere dieses Berges zu kommen musste er eigentlich abgebaut werden. Aber das geht am Stadtrand ja nicht. Viel zu gefährlich und laut. Also musste man den Berg aushöhlen. Dazu arbeitete man sich in einer immerwährenden ansteigenden Linkskurve durch den Berg, bis man oben angelangt war. Was übrig blieb war ein Tunnel der in sechs 360° Umdrehungen auf den Berg führte. Diesen baute man aus und erweiterte das Angebot auf dem Hausberg um einen grossen Parkplatz und ein Restaurant. Wir zogen uns also für 35NOK (4 Franken) ein Ticket und fuhren mit unserem Womo in den Tunnel. Durch ewige Dunkelheit schraubt man sich hier nach oben. Selten muss das Steuerrad überhaupt bewegt werden – die 90° Neigung kann man schön so lassen bis man den Ausgang erreicht hat. Und oben angekommen: traumhafte Aussicht über Drammen und den Drammenselva – den Fluss der das Tal teilt.



Wir belegten uns ein paar Brote, welche wir an Ort und Stelle noch verspiesen. Vor uns stand eine lange Wanderung zum Landfalltjern bevor. Über vier Kilometer waren es durch eine wunderschöne Waldlandschaft bis zu diesem Badesee. Man hätte von Drammen her auch hinfahren können doch wir wanderten lieber. Durch die Tatsache, dass man hochfahren kann, war der See sehr gut besucht. Das störte aber gar nicht und wir verbrachten den ganzen Nachmittag dort mit lesen und baden, ehe wir den Heimweg antraten.



Endlich wieder beim Womo angekommen meldete sich schon der Hunger. Es war schon spät und nachdem wir das Womo noch an einen besseren Ort gestellt hatten, begannen wir mit dem grillen und kochen. Nebenbei erfuhren wir noch von den Unwettern, welche Frauenfeld heimgesucht hatten. Alles unter Wasser. Der süsse Stadtbach neben unserem Haus stieg zu einem Stadtfluss an – doch unser Haus ist ja zum Glück genügend weit oben. Auch Schulen, die Passage, das Feuerwehrdepot – alles unter Wasser. Sogar unsere CrossFit-Box wo vor ein paar Wochen noch unser Abschiedsfest stattgefunden hatte, hat es erwischt. Und wir sitzen hier oberhalb Drammen in der Sonne. Verrückt.


Wir haben das Nachtessen vor dieser genialen Kulisse sehr genossen und werden uns nun noch ein wenig sportlich betätigen. Eine Art Vitaparcours wartet hier gleich neben unserem Womo auf uns. Ich hoffe ich schaffe es noch rechtzeitig wieder zurück um bei Sonnenuntergang hier eines meiner letzten Bierchen zu schlürfen, welche ich noch aus Schweden mitgebracht habe.

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