Sonntag, 24. Juni 2018

Ein regnerischer Tag in Bergen

Spontan überkam mich gestern Abend noch die Lust nach Sport. Dem muss man immer nachgeben und so fand ich mich schon bald in meinen Sportklamotten wieder, während Melanie im Womo blieb. Ich lief durch das schöne Dorf, immer weiter bergauf. Dort angekommen wollte ich auf einen Trampelpfad wechseln, der jedoch mit AlpineT3 angegeben und definitiv zu rutschig war. Also zurück ins warme Womo und ab unter die Dusche. Den Rest des Abends verbrachten wir beide im Bett, immer in der Hoffnung aus dem Fenster die Feuer zu entdecken. Leider war am ganzen Fjord kein Einziges auszumachen. Ob das an der Waldbrandgefahr lag können wir nicht sagen aber es könnte sein. Wir zogen schon bald unsere Schlafmasken auf und kuschelten uns unter die Decke.

Stockdunkel war es als heute früh der Wecker erklang. Dieses Gefühl hatte ich schon Ewigkeiten nicht mehr. Man kann definitiv ohne Schlafmaske schlafen, man gewöhnt sich schnell an das Helle, aber mit war es einfach besser. Ein Blick aus dem Fenster zeigte, dass auch heute durchzogenes Wetter zu erwarten ist und so beeilten wir uns nicht besonders vom Platz wegzukommen.

Wir folgten weiter dem Fjord und schwebten schon bald über die Fykesundbrua. Die einspurige Hängebrücke war nicht die kostengünstigste. So hielten wir dahinter wenigstens an, fotografierten die Brücke und den vor uns liegenden Fjord. Langsam näherten wir uns so dem Ziel, welches ich morgens ins Navi programmiert hatte. An dieser Entsorgungsstelle wollten wir das Abwasser leeren und Wasser nachfüllen – nach dem Duschen gestern Abend wohl nötig. Wir fanden uns am Parkplatz einer Kirche wieder. Melanie bemerkte schnell, dass ich eine Linie verrutscht war, wir uns an einem Übernachtungsplatz befinden und die Entsorgungsstelle schon lange passiert war. Naja – ich hoffte, dass bald die Nächste kommt. Hier in Norwegen sind die ja vielzählig 



So lenkte ich unser Womo eben zuerst zum Steindalsfoss. Unser Reiseführer pries diesen Wasserfall als „kleinen“ Wasserfall an, welcher noch toll wäre, da man hinter ihm durchgehen kann. Das klang irgendwie süss und romantisch. An den Koordinaten angekommen aber wieder das bekannte Bild. Riesiger Parkplatz voller Reisecars, Besucherzentrum und eine Menschentraube welche sich um den schönen Wasserfall versammelte. Da es auch gerade regnete blieben wir noch kurz im Womo. Und plötzlich waren immerhin die Cars und Menschen wie verschwunden. So konnten wir den Wasserfall – der übrigens gar nicht so klein war – in Ruhe geniessen. Hinter dem fallenden Wasser durchzugehen und die Gewalt eines solchen Sturzes zu spüren ist schon etwas ganz spezielles. Wir schossen Fotos, suchten und fanden einen Geocache und stöberten ein wenig im Souvenirladen. Wir waren schon zurück am Womo als wieder der Regen einsetzte. Super Timing um weiterzureisen. 




Wir bewegten uns in Richtung Osoyro. Diesen Südzipfel der Halbinsel merkten wir uns einfach als Wegpunkt um auf dem richtigen Wege nach Bergen zu kommen. Das Städtchen war grösser als gedacht und so bot es auch eine Entsorgungsstelle, womit ich meinen Fehler wiedergutmachen konnte. Während dem Entsorgen bemerkten wir zudem, dass die Stadt hier ein offenes WLAN bietet. Das freute uns sehr, denn so konnten wir einige Dinge erledigen. Unser spezieller Trip, welchen wir später auf unserer Reise noch vor uns haben, wollte geplant werden. Aber auch weitaus unangenehmere Dinge standen auf der To-Do-Liste. So mussten im E-Finance die Rechnungen bezahlt und vor allem die VISA wieder aufgeladen werden.

Ein weiterer Halt führte uns zum Lysekloster. Viel ist von dem Kloster aus dem Jahre 1146 nicht mehr vorhanden. Erst 1930 wurde das vergessene Kloster neu entdeckt und restauriert. Ein paar Bogen des Laubenganges, diverse Mauerrest und ein paar wenige Gräber zeugen jedoch heute noch von dem imposanten Bauwerk, welches hier einmal gestanden haben muss. Wir besichtigten die Stätte und fragten uns wie und ob die heidnischen Wikinger wohl zum katholischen Kloster bekehrt wurden. 



Nun waren wir aber bereit uns nach Bergen zu begeben. Wir näherten uns der Stadt von Süden und machten uns auf den Weg zum Hafen. Dort in der Nähe hatten wir Hoffnung auf einen Parkplatz. An Sonntagen sind diese kostenlos und oftmals auch nicht überfüllt. Der Verkehr in der Stadt war aber auch heute eher mühsam und wir kämpften uns durch viele Autos und noch mehr Reisecars über die katastrophalen Strassen der Stadt. Die zweitgrösste Stadt Norwegens (beinahe 300'000 Einwohner) ist zugleich auch die regenreichste Stadt des Landes, was sie uns gleich bei Erreichen des Hafens demonstrierte. Wir fanden immerhin einen Parkplatz und luden unsere Räder vom Träger. Wir starteten in Richtung Altstadt um uns dort umzusehen. Die Läden waren natürlich alle geschlossen und die Altstadt nicht wirklich gut besucht. Das war uns jedoch sowieso lieber. Shopping liegt nicht drin und wenig Leute hat uns noch nie gestört. Wir entdeckten vor allem viele Restaurants, was unser Hungergefühl in die Höhe schnellen liess. Doch wir gaben nicht nach und stapfen weiter durch den Regen-Nebel-Mix. Wir besichtigten Parks, Seen und Gebäude ehe wir uns an den wohl bekanntesten Teil der Stadt wagten.






Dieser Teil nennt sich Bryggen und besteht aus den 1343 errichteten Hansekontoren der Hanse. Der korrekte Name des Quartiers, welches ein UNESCO Weltkulturerbe darstellt, wäre eigentlich Tyskebryggen – deutsche Brücke. Doch nach der Besetzung der Deutschen im zweiten Weltkrieg waren (oder sind?) die Deutschen nicht sehr beliebt in Norwegen. Deshalb wird das Quartier nur noch Bryggen genannt. Noch knapp über 60 Gebäude stehen in diesem Stadtteil und als wir Bryggen betraten, fühlten wir uns in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt. Klar – jeder kennt Altstädte. Die von Zürich. Bern, Luzern und vielleicht auch ein paar bedeutende in Europa. Doch dies hier ist komplett eine andere Welt. Die schiefen Holzhäuser schreien die Geschichten in die schmalen Durchgänge. Kein McDonalds, kein H&M und kein Primark – nur traditionelles Handwerk bietet hier seine Waren und Dienstleistungen an. Der Boden besteht aus Holzdielen. Die Häuser sind alle im Originalzustand. Ja es ist wirklich ein Ort wie wir ihn noch nie erlebten. Wir erkundeten jede Gasse des geschichtsträchtigen Teils von Bergen. Es dauerte eine Weile ehe wir an den alten Hafen heraustraten und Bryggen von vorne betrachteten. Die Häuserfassaden sind weltbekannt und schmücken jedes Souvenir und jede Postkarte von Bergen. Doch die Fassaden mögen nicht mit dem Inneren mithalten. Obwohl sie wunderschön sind. Doch solche Fassaden sind für Norwegen typisch und sieht man des öfteren. Was hinter der Fassade schlummert ist jedoch unvergleichbar. 






Nach der Besichtigung des Hansekontors (Bryggen war nie eine Hansestadt, sondern Lübeck unterstellt) waren wir langsam so richtig durchfroren. Die neuen Regenjacken hielten immerhin zuverlässig die Nässe fern – doch so richtig Lust hatten wir nun keine mehr. Auch hier zu essen schien uns nun unnötig und dies obwohl die Restaurants hier erstaunlich günstig waren. Wir machten uns zum Womo und traten in die warme Stube. Immer wieder ein geniales Gefühl. Da noch genügend Zeit war und die Nacht auf dem Stellplatz in Bergen beinahe 20 Franken kosten würde, entschlossen wir uns noch eine Stunde weiter auf unserer Route zu reisen. So stehen wir nun nördlich von Bergen bei einer Kirche auf dem Hügel. Ein Platz mit traumhafter Aussicht – so steht es im Reiseführer. Wir sehen leider nur Nebel. Doch auch so werden wir den Abend geniessen und den Sonntag bei einem Bierchen und Gemütlichkeit ausklingen lassen.

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