Mittwoch, 20. Juni 2018

Viele Kilometer und ein ganz spezieller Besuch in Jelsa

Nach der Entscheidung von heute Früh und dem Zwischenpost, machten wir uns wieder an den Rückweg in die Zivilisation. Diese führte uns wieder durch das Gebirge welches mit traumhafter Natur und einer interessanten Tierwelt auf uns wartete. Wir trafen zwar heute keinen Elch an, dafür aber viele Schafe (dieses Mal nicht im Lastwagen) und ein riesiges Schwein. Klingt komisch, ist aber so. Wir begegneten auch noch stehengelassenen Schneemobilen und diversem anderen komischen Zeugs. Doch hauptsächlich befanden wir uns einfach in der Natur und waren eins mit der geschlängelten Strasse.





Nach gut 40 Minuten waren wir wieder gleich weit wie gestern Abend schon und starteten also wirklich in den Tag. Die erste Unterbrechung unserer Fahrt war die Fähre von Hjelmeland nach Nesvik (nicht zu verwechseln mit dem Schokodrink) welche uns in gut 10 Minuten über den Fjord schipperte. Heute mussten wir zum ersten Mal ein paar Münzen mehr bezahlen, da unser Womo zwar auf unter 6 Meter geschätzt wurde, doch mit dem Fahrradträger seien es dann eben auch bei den 5,99 Meter langen Womos über 6 Meter. Hier sind sie anscheinend knallhart. Aber auch so kostete die Überfahrt nicht viel und wir machten uns schon bald wieder auf den Weg den Fjorden und Seen entlang in nördliche Richtung.

Der Regen wurde immer heftiger und wir freuten uns, dass wir den Tag nicht an einem rutschigen Stein verbrachten, sondern einen Fahrtag einziehen durften. Kilometer um Kilometer trieb es uns in den Norden. Nach Erfjord beschlossen wir, einen kleinen Abstecher zu machen. Im Reiseführer wird dieser als Alternative angegeben und es wurde ein schmuckes Dorf versprochen. Nein sogar das idyllischste Dorf Rogalands soll Jelsa sein. Wir machten uns also gespannt auf den Weg.

Die Strasse zu diesem Dorf war schmal. Kreuzen unmöglich und das auch in den Tunnels. Doch viel Verkehr gab es auch nicht und so konnten wir uns ein paar wenige Male an einer Ausweichstelle an den Autos vorbei quetschen. Nach einigem auf und ab fanden wir uns am Parkplatz an der Kirche wieder. Das viele Fahren hat hungrig gemacht und wir machten uns etwas zu Mittag. Dabei beobachteten wir ein Reisecar, welcher eine grosse Gruppe an Leuten an der Kirche absetzte. Wir machten uns kurz darauf auf den Weg durch einen Teil des alten Dorfes, welches durchaus zu gefallen wusste, jedoch auch nicht mehr als jedes andere Dorf hier in Norwegen. Die Häuser waren alt aber gut erhalten – das sah man und die Verzierungen waren vielleicht ein wenig reicher als woanders. Geendet hat dieser Spaziergang am Fjord bei einem Haus. Da hier im Dorf noch immer nicht jeder selber so etwas besitzt, gibt es hier Waschmaschine, Tumbler und eine warme Dusche. Sehr speziell. Wir machten uns zurück zur Kirche wo die grosse Reisegruppe gerade wieder in den Bus stieg und sich herzlich von ihrem Führer, welcher ihnen die Kirche zeigte verabschiedeten.



Dieser Führer sah uns vor der Kirche vorbeischleichen und kam unserer Frage zuvor. Ob wir die Kirche begutachten möchten fragte er uns und uns war noch nicht bewusst was wir gerade für einen Glücksgriff gelandet hatten. Denn die Kirche ist für Besucher generell nicht zugänglich. Der nette, ältere Herr ist aber hier im Dorf aufgewachsen. Vor vielen Jahren. Er ist mittlerweile pensioniert und arbeitete bei einer Bank in Stavanger. Diese Bank machte heute einen Firmenausflug und er organisierte mit der Denkmalpflege einen Besuch für seine ehemaligen Kollegen. Als wirklich rare Ausnahme. Doch nun stand der alte Herr vor uns und auf unsere Frage ob es dann möglich sei die Kirche zu besichtigen meinte er mit einem Lächeln auf den Zähnen: „Eigentlich nein. Aber ich habe hier den Schlüssel“.

Der Mann stellte sich sofort als Christoph vor und bot uns nicht nur den Zugang zu der Kirche sondern auch gleich eine persönliche Führung an. Diese startete er vor der Türe in perfektem Englisch. Als wir kurz darauf in die Kirche eintraten blieben unsere Münder weit offen stehen. Niemals hätten wir hier in diesem kleinen Dorf so eine Kirche erwartet. Die Kirche ist sehr aufwändig gestaltet, mit vielen Holzschnitzereien und Gemälden verziert und bestens erhalten. Christoph erzählte uns von der Kirche welche seit 1650 so hier steht und die Stabkirche von Jelsa ablöste. Zur Zeit des Baus der Kirche gehörte Norwegen noch zum Königreich Dänemark und so ziert auch das königliche Wappen das Kirchenschiff. Doch die Königsfamilie war damals sehr unbeliebt und so wurde ein spezielles Gemälde gefertigt, welches genau über dieses Wappen gehängt werden konnte. Dieses hängt nun aber weiter unten. Man sieht jedoch wie es das Wappen genau verdecken könnte. Die Kirche liegt in der Mitte des riesigen Fjords und war somit damals zentrale Anlaufstelle für Gläubige und eine der wichtigsten Kirchen von Norwegen, als welche sie heute noch gilt und deshalb unter sehr speziellem Schutz steht. 1945 wurde die Kirche zudem komplett in weiss ausgestrichen. Man wollte den Blick der Gemeinde auf Gott und das wesentliche richten. 1955 wurde dieser riesige Fehler erkannt und die Kirche aufwändig in den Originalzustand versetzt. Die Restauration, besonders die der Gemälde, dauerte über 5 Jahre. 1963 erhielt Jelsa eine Strasse. Und auch die Strassen im Umland wurden immer besser ausgebaut. Der Wasserweg verlor an Bedeutung und die grossen Strassen führten weit am Dorf vorbei. Dies führte zur Abwanderung beinahe der gesamten Dorfbevölkerung. Heute leben nicht mehr viele Menschen in dem Dorf. Die Häuser sind nur zur Ferienzeit von ihren Besitzern bewohnt. Dies erklärte uns Christoph bei einem kleinen Rundgang durch das Dorf ehe er sich nach einer Stunde Führung am Parkplatz von uns verabschiedete.



Wir hatten eine Weile bis wir die Eindrücke der wunderschönen und imposanten Kirche, die Freundlichkeit von Christoph uns einfach so zu führen und das Glück diesen Moment erwischt zu haben verarbeitet hatten. Und dann fuhren wir weiter.

An einem riesigen Steinbruch vorbei, immer weiter dem Fjord entlang, schlang sich unsere Strasse gegen Norden nach Sand. Hier besuchten wir das Laksestudio. Dabei handelt es sich um eine Fischtreppe, welche gebaut wurde um den Lachsen die Reise ins Laichgebiet zu erleichtern. Die Lachse, welche hier fast alle um die 7 Kilogramm wiegen, wandern im Mai, was bedeutete, dass wir neben den Bauwerk nicht viel sichteten. Der grösste hier je gefangene Lachs war übrigens 34 Kilo schwer und es dauerte 12 Stunden um ihn an Land zu ziehen. Er zog das Boot mit den Fischern mehrere Kilometer in den Fjord.

Nach einigen Kilometern in südlicher Richtung und der Besichtigung der einzigen Salzwasserschleuse Norwegens (war relativ langweilig, klein und wie jede andere Schleuse auch die hier ja zu tausenden herumstehen) kamen wir an unserem Tagesziel an. Hier in New York stehen wir nun in der Upper Bay des Hudson Rivers, schauen auf die Freiheitsstatue und kochen unser Nachtessen. Immerhin die Freiheitsstatue steht hier an unserem Übernachtungsort wirklich – weshalb erfahrt ihr morgen.

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