Nach
der Entscheidung von heute Früh und dem Zwischenpost, machten wir
uns wieder an den Rückweg in die Zivilisation. Diese führte uns
wieder durch das Gebirge welches mit traumhafter Natur und einer
interessanten Tierwelt auf uns wartete. Wir trafen zwar heute keinen
Elch an, dafür aber viele Schafe (dieses Mal nicht im Lastwagen) und
ein riesiges Schwein. Klingt komisch, ist aber so. Wir begegneten
auch noch stehengelassenen Schneemobilen und diversem anderen
komischen Zeugs. Doch hauptsächlich befanden wir uns einfach in der
Natur und waren eins mit der geschlängelten Strasse.
Nach
gut 40 Minuten waren wir wieder gleich weit wie gestern Abend schon
und starteten also wirklich in den Tag. Die erste Unterbrechung
unserer Fahrt war die Fähre von Hjelmeland nach Nesvik (nicht zu
verwechseln mit dem Schokodrink) welche uns in gut 10 Minuten über
den Fjord schipperte. Heute mussten wir zum ersten Mal ein paar
Münzen mehr bezahlen, da unser Womo zwar auf unter 6 Meter geschätzt
wurde, doch mit dem Fahrradträger seien es dann eben auch bei den
5,99 Meter langen Womos über 6 Meter. Hier sind sie anscheinend
knallhart. Aber auch so kostete die Überfahrt nicht viel und wir
machten uns schon bald wieder auf den Weg den Fjorden und Seen
entlang in nördliche Richtung.
Der
Regen wurde immer heftiger und wir freuten uns, dass wir den Tag
nicht an einem rutschigen Stein verbrachten, sondern einen Fahrtag
einziehen durften. Kilometer um Kilometer trieb es uns in den Norden.
Nach Erfjord beschlossen wir, einen kleinen Abstecher zu machen. Im
Reiseführer wird dieser als Alternative angegeben und es wurde ein
schmuckes Dorf versprochen. Nein sogar das idyllischste Dorf
Rogalands soll Jelsa sein. Wir machten uns also gespannt auf den Weg.
Die
Strasse zu diesem Dorf war schmal. Kreuzen unmöglich und das auch in
den Tunnels. Doch viel Verkehr gab es auch nicht und so konnten wir
uns ein paar wenige Male an einer Ausweichstelle an den Autos vorbei
quetschen. Nach einigem auf und ab fanden wir uns am Parkplatz an der
Kirche wieder. Das viele Fahren hat hungrig gemacht und wir machten
uns etwas zu Mittag. Dabei beobachteten wir ein Reisecar, welcher
eine grosse Gruppe an Leuten an der Kirche absetzte. Wir machten uns
kurz darauf auf den Weg durch einen Teil des alten Dorfes, welches
durchaus zu gefallen wusste, jedoch auch nicht mehr als jedes andere
Dorf hier in Norwegen. Die Häuser waren alt aber gut erhalten –
das sah man und die Verzierungen waren vielleicht ein wenig reicher
als woanders. Geendet hat dieser Spaziergang am Fjord bei einem Haus.
Da hier im Dorf noch immer nicht jeder selber so etwas besitzt, gibt
es hier Waschmaschine, Tumbler und eine warme Dusche. Sehr speziell.
Wir machten uns zurück zur Kirche wo die grosse Reisegruppe gerade
wieder in den Bus stieg und sich herzlich von ihrem Führer, welcher
ihnen die Kirche zeigte verabschiedeten.
Dieser
Führer sah uns vor der Kirche vorbeischleichen und kam unserer Frage
zuvor. Ob wir die Kirche begutachten möchten fragte er uns und uns
war noch nicht bewusst was wir gerade für einen Glücksgriff
gelandet hatten. Denn die Kirche ist für Besucher generell nicht
zugänglich. Der nette, ältere Herr ist aber hier im Dorf
aufgewachsen. Vor vielen Jahren. Er ist mittlerweile pensioniert und
arbeitete bei einer Bank in Stavanger. Diese Bank machte heute einen
Firmenausflug und er organisierte mit der Denkmalpflege einen Besuch
für seine ehemaligen Kollegen. Als wirklich rare Ausnahme. Doch nun
stand der alte Herr vor uns und auf unsere Frage ob es dann möglich
sei die Kirche zu besichtigen meinte er mit einem Lächeln auf den
Zähnen: „Eigentlich nein. Aber ich habe hier den Schlüssel“.
Der
Mann stellte sich sofort als Christoph vor und bot uns nicht nur den
Zugang zu der Kirche sondern auch gleich eine persönliche Führung
an. Diese startete er vor der Türe in perfektem Englisch. Als wir
kurz darauf in die Kirche eintraten blieben unsere Münder weit offen
stehen. Niemals hätten wir hier in diesem kleinen Dorf so eine
Kirche erwartet. Die Kirche ist sehr aufwändig gestaltet, mit vielen
Holzschnitzereien und Gemälden verziert und bestens erhalten.
Christoph erzählte uns von der Kirche welche seit 1650 so hier steht
und die Stabkirche von Jelsa ablöste. Zur Zeit des Baus der Kirche
gehörte Norwegen noch zum Königreich Dänemark und so ziert auch
das königliche Wappen das Kirchenschiff. Doch die Königsfamilie war
damals sehr unbeliebt und so wurde ein spezielles Gemälde gefertigt,
welches genau über dieses Wappen gehängt werden konnte. Dieses
hängt nun aber weiter unten. Man sieht jedoch wie es das Wappen
genau verdecken könnte. Die Kirche liegt in der Mitte des riesigen
Fjords und war somit damals zentrale Anlaufstelle für Gläubige und
eine der wichtigsten Kirchen von Norwegen, als welche sie heute noch
gilt und deshalb unter sehr speziellem Schutz steht. 1945 wurde die
Kirche zudem komplett in weiss ausgestrichen. Man wollte den Blick
der Gemeinde auf Gott und das wesentliche richten. 1955 wurde dieser
riesige Fehler erkannt und die Kirche aufwändig in den
Originalzustand versetzt. Die Restauration, besonders die der
Gemälde, dauerte über 5 Jahre. 1963 erhielt Jelsa eine Strasse. Und
auch die Strassen im Umland wurden immer besser ausgebaut. Der
Wasserweg verlor an Bedeutung und die grossen Strassen führten weit
am Dorf vorbei. Dies führte zur Abwanderung beinahe der gesamten
Dorfbevölkerung. Heute leben nicht mehr viele Menschen in dem Dorf.
Die Häuser sind nur zur Ferienzeit von ihren Besitzern bewohnt. Dies
erklärte uns Christoph bei einem kleinen Rundgang durch das Dorf ehe
er sich nach einer Stunde Führung am Parkplatz von uns
verabschiedete.
Wir
hatten eine Weile bis wir die Eindrücke der wunderschönen und
imposanten Kirche, die Freundlichkeit von Christoph uns einfach so zu
führen und das Glück diesen Moment erwischt zu haben verarbeitet
hatten. Und dann fuhren wir weiter.
An
einem riesigen Steinbruch vorbei, immer weiter dem Fjord entlang,
schlang sich unsere Strasse gegen Norden nach Sand. Hier besuchten
wir das Laksestudio. Dabei handelt es sich um eine Fischtreppe,
welche gebaut wurde um den Lachsen die Reise ins Laichgebiet zu
erleichtern. Die Lachse, welche hier fast alle um die 7 Kilogramm
wiegen, wandern im Mai, was bedeutete, dass wir neben den Bauwerk
nicht viel sichteten. Der grösste hier je gefangene Lachs war
übrigens 34 Kilo schwer und es dauerte 12 Stunden um ihn an Land zu
ziehen. Er zog das Boot mit den Fischern mehrere Kilometer in den
Fjord.
Nach
einigen Kilometern in südlicher Richtung und der Besichtigung der
einzigen Salzwasserschleuse Norwegens (war relativ langweilig, klein
und wie jede andere Schleuse auch die hier ja zu tausenden
herumstehen) kamen wir an unserem Tagesziel an. Hier in New York
stehen wir nun in der Upper Bay des Hudson Rivers, schauen auf die
Freiheitsstatue und kochen unser Nachtessen. Immerhin die
Freiheitsstatue steht hier an unserem Übernachtungsort wirklich –
weshalb erfahrt ihr morgen.
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