Sonntag, 17. Juni 2018

Alte Häuser, leuchtende Häuser und unterirdische Häuser

Gestern Abend passierte bei uns nicht mehr viel. Es war schon spät als wir uns vom Railbike-Parkplatz verabschiedeten und noch bis zum nächsten guten Übernachtungsplatz fuhren. Dieser befand sich bei einer Kirche am Dorfrand, wo wir niemanden störten und umgekehrt auch nicht.

Heute früh bemerkte ich, dass ja Sonntag ist und die Leute sicher in die Kirche kommen und wir auf dem Parkplatz wohl im Weg stehen. Doch die Kirche hat hier entweder nicht so viele Besucher oder findet erst später statt. Wir machten uns auf alle Fälle wieder auf den Weg ins Gebirge. Über einige Serpentinen erreichten wir das erste Tagesziel.

Helleren heisst die alte und gut erhaltene Siedlung zwischen Ana-Sira und Haueren. Die beiden Häuser aus dem 18. Jahrhundert stehen unter einem Felsvorsprung und sind so vor der Witterung geschützt worden und haben die Jahre überdauert. Die kleinen Behausungen haben nicht einmal richtige Dächer, da sie dies wegen dem Fels über ihnen gar nicht brauchen. Seit 1921 sind die Häuser unbewohnt und zu unserer Überraschung konnte man die Häuser auch betreten und völlig frei erkunden. Doch die vielen Besucher hinterlassen ihre Spuren in den 200 Jahre alten Häuser und eine Renovation steht gemäss Infotafeln kurz bevor. Wir konnten sie gerade noch im völlig originalen Zustand begutachten.




Nur eine kurze Fahrt war es von Helleren zu unserem nächsten Stopp. Dieser klang weniger spektakulär, doch faszinierend war diese Begegnung doch ein wenig. Der Ruggestein ist in Norwegen ein sehr bekanntes und beliebtes Ausflugsziel. Dieser Stein eröffnete die Liste der schützenswerten geologischen Orte in Norwegen. Doch wieso wurde genau dieser Stein als Erstes auf diese Liste genommen? Nun ja. Es ist schwer zu erklären. Der Stein wiegt geschätzt um die 70 – 80 Tonnen und besteht aus für die Gegend üblichem Granitgestein. Das spezielle ist, dass er auf einem andern Fels liegt und das nur mit einer kleinen Auflagefläche. Rüttelt man nun an diesem Felsblock, kann man ihn in Schwingungen versetzen. Wir versuchten das natürlich gleich einmal und sobald man die Hände an den riesigen Felsblock legt und merkt, dass er sich wirklich bewegt, kommt doch ein kleines Lächeln auf. So einen riesigen Brocken merklich und auch sichtlich zu bewegen ist doch schon ein wenig speziell.


Nach dem Mittagessen wollten wir den Nachmittag mit einem Besuch des Eigeroy fyr beginnen. Dieser Leuchtturm soll einer der grössten in Norwegen sein und das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Am Parkplatz dann aber die erste Ernüchterung: der Leuchtturm lag 45 Minuten Fussmarsch entfernt und kann nur wandernd besucht werden. Na so dachten wir uns das aber nicht. Doch wir machten uns trotzdem auf den Weg. Böse Zungen werden behaupten, dass wir dies nur wegen den 10 Caches auf dem Weg dorthin machten – doch wir wären auch so zum Leuchtturm spaziert. Die Wanderung war gar nicht so beschwerlich und die unglaublich tolle Landschaft lenkte die Aufmerksamkeit auch von der Zeit oder der Strecke. Sogar ein kleiner Lost-Place in Form einer verlassenen alten Wärterhütte fanden wir vor. Doch die Landschaft war es, welche uns immer mehr in den Bann zog, je näher das Ziel der Reise rückte. Wir schossen Fotos, machten Videos und konnten uns gar nicht sattsehen. Pünktlich als wir beim Turm waren rissen auch die Wolken noch komplett auf, die Sonne kam hervor und schon bald standen wir unter einem wolkenlosen, tiefblauen Himmel. Eine sehr schöne Wanderung, welche sich wirklich gelohnt hat.




Auf dem Parkplatz zurück entdeckte ich im Fjord neben unserem Wohnmobil völlig begeistert das glasklare Wasser. Das Wasser schien hier fast durchsichtig zu sein und wie bei einem sauberen Fenster fragte man sich, ob denn da überhaupt etwas ist. Mit einem zweiten Blick in das klare Nass bemerkte ich auch die Bewohner dieses tollen Ortes. Hunderte Quallen liessen sich von der leichten Strömung treiben und schwebten im Nichts. Wir setzten uns vor unser Womo und schauten dem Treiben zu, entdeckten noch ein paar Fische und einen grossen Krebs. Wir nutzten das tolle Wetter zudem um unsere Regenjacken und Wanderschuhe zu imprägnieren. Auch dies war an der Sonne eine angenehme Sache. Ein paar Schweizer grüssten uns mit einem „Sali zäme“ und machten sich auf den Weg zum Leuchtturm – wir taten das Gegenteil und machten uns auf die Weiterreise.


Diese führte uns nicht weit ins Landesinnere zu einem Badeplatz, welcher auch gut übernachtungsgeeignet sein soll. Doch halt! Im Landesinneren zogen die Wolken zu, wurden dunkel und liessen sogar ab und an einen Tropfen fallen. Schnell wendeten wir und fuhren wieder an die Küste. Mit dem Resultat eines wolkenlosen Himmels. So entschlossen wir uns, doch noch nach Sirevag zu fahren. Zum Nachtessen parkten wir in der Nähe des Hafens auf einem ausgedienten Fahrradweg und grillten unser Fleisch und unsere Maiskolben. Doch dafür waren wir natürlich nicht nach Sirevag gefahren. Der Grund war wieder eine Festung der Deutschen aus dem zweiten Weltkrieg, welche sie sich von russischen Gefangenen erbauen liessen. Diese Festung erstreckt sich über ein grosses Gebiet und vor allem unterirdisch. Oberirdisch sah man ausser dem getarnten Kommandoposten und den vielen Geschützstellungen nichts. Die Infotafel am Parkplatz ermahnte uns, die Taschenlampen nicht zu vergessen und da wir dieser Empfehlung Folge leisteten, konnten wir nun auch durch die langen Tunnelsysteme wandern. Tief unter der Erde kann man sich hier gut verlaufen und einige hundert Meter Fussmarsch zurücklegen. Aber auch die Aussicht vom Kommandoposten war nicht zu verachten.




Nach diesem Besuch war aber schon sehr spät uns wir mussten uns nun wirklich auf die Suche nach einem Platz für die Nacht machen. Die Sonne steht zwar noch hoch am Himmel – doch das täuscht. Die Uhr zeigt nämlich schon halb 9. Wir fuhren weiter Nordwärts und suchten nebenbei noch ein offenes WLAN für das WM-Spiel Schweiz – Brasilien sowie eine Möglichkeit unser WC zu entleeren. Irgendwie mussten wir kurz aufs Handy, Navi oder sonst etwas gesehen haben – doch plötzlich waren sie weg. Alle Felsen und Steine. Links und rechts der Strasse grüssen saftig grüne Felder, Bauernhöfe und Ebenen. Alles flach. Von jetzt auf jetzt eine total andere Landschaft. In dieser fanden wir auch eine wundervolle kleine Kirche mit Friedhof und Parkplatz am Meer. Sehr idyllisch gelegen und mit einem WC, wo wir unser Klo leeren konnten. Ein WLAN wurde uns nicht vergönnt und so erfuhren wir vom sensationellen Remis unserer Nationalmannschaft nur aus diversen Whats-App Chats und Gruppen. Wir geniessen noch die Abendsonne und machen uns dann auf den letzten Weg des Tages – den ins Bett.

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