Gestern
Abend passierte bei uns nicht mehr viel. Es war schon spät als wir
uns vom Railbike-Parkplatz verabschiedeten und noch bis zum nächsten
guten Übernachtungsplatz fuhren. Dieser befand sich bei einer Kirche
am Dorfrand, wo wir niemanden störten und umgekehrt auch nicht.
Heute
früh bemerkte ich, dass ja Sonntag ist und die Leute sicher in die
Kirche kommen und wir auf dem Parkplatz wohl im Weg stehen. Doch die
Kirche hat hier entweder nicht so viele Besucher oder findet erst
später statt. Wir machten uns auf alle Fälle wieder auf den Weg ins
Gebirge. Über einige Serpentinen erreichten wir das erste Tagesziel.
Helleren
heisst die alte und gut erhaltene Siedlung zwischen Ana-Sira und
Haueren. Die beiden Häuser aus dem 18. Jahrhundert stehen unter
einem Felsvorsprung und sind so vor der Witterung geschützt worden
und haben die Jahre überdauert. Die kleinen Behausungen haben nicht
einmal richtige Dächer, da sie dies wegen dem Fels über ihnen gar
nicht brauchen. Seit 1921 sind die Häuser unbewohnt und zu unserer
Überraschung konnte man die Häuser auch betreten und völlig frei
erkunden. Doch die vielen Besucher hinterlassen ihre Spuren in den
200 Jahre alten Häuser und eine Renovation steht gemäss Infotafeln
kurz bevor. Wir konnten sie gerade noch im völlig originalen Zustand
begutachten.
Nur
eine kurze Fahrt war es von Helleren zu unserem nächsten Stopp.
Dieser klang weniger spektakulär, doch faszinierend war diese
Begegnung doch ein wenig. Der Ruggestein ist in Norwegen ein sehr
bekanntes und beliebtes Ausflugsziel. Dieser Stein eröffnete die
Liste der schützenswerten geologischen Orte in Norwegen. Doch wieso
wurde genau dieser Stein als Erstes auf diese Liste genommen? Nun ja.
Es ist schwer zu erklären. Der Stein wiegt geschätzt um die 70 –
80 Tonnen und besteht aus für die Gegend üblichem Granitgestein.
Das spezielle ist, dass er auf einem andern Fels liegt und das nur
mit einer kleinen Auflagefläche. Rüttelt man nun an diesem
Felsblock, kann man ihn in Schwingungen versetzen. Wir versuchten das
natürlich gleich einmal und sobald man die Hände an den riesigen
Felsblock legt und merkt, dass er sich wirklich bewegt, kommt doch
ein kleines Lächeln auf. So einen riesigen Brocken merklich und auch
sichtlich zu bewegen ist doch schon ein wenig speziell.
Nach
dem Mittagessen wollten wir den Nachmittag mit einem Besuch des
Eigeroy fyr beginnen. Dieser Leuchtturm soll einer der grössten in
Norwegen sein und das wollten wir uns natürlich nicht entgehen
lassen. Am Parkplatz dann aber die erste Ernüchterung: der
Leuchtturm lag 45 Minuten Fussmarsch entfernt und kann nur wandernd
besucht werden. Na so dachten wir uns das aber nicht. Doch wir
machten uns trotzdem auf den Weg. Böse Zungen werden behaupten, dass
wir dies nur wegen den 10 Caches auf dem Weg dorthin machten – doch
wir wären auch so zum Leuchtturm spaziert. Die Wanderung war gar
nicht so beschwerlich und die unglaublich tolle Landschaft lenkte die
Aufmerksamkeit auch von der Zeit oder der Strecke. Sogar ein kleiner
Lost-Place in Form einer verlassenen alten Wärterhütte fanden wir
vor. Doch die Landschaft war es, welche uns immer mehr in den Bann
zog, je näher das Ziel der Reise rückte. Wir schossen Fotos,
machten Videos und konnten uns gar nicht sattsehen. Pünktlich als
wir beim Turm waren rissen auch die Wolken noch komplett auf, die
Sonne kam hervor und schon bald standen wir unter einem wolkenlosen,
tiefblauen Himmel. Eine sehr schöne Wanderung, welche sich wirklich
gelohnt hat.
Auf
dem Parkplatz zurück entdeckte ich im Fjord neben unserem Wohnmobil
völlig begeistert das glasklare Wasser. Das Wasser schien hier fast
durchsichtig zu sein und wie bei einem sauberen Fenster fragte man
sich, ob denn da überhaupt etwas ist. Mit einem zweiten Blick in das
klare Nass bemerkte ich auch die Bewohner dieses tollen Ortes.
Hunderte Quallen liessen sich von der leichten Strömung treiben und
schwebten im Nichts. Wir setzten uns vor unser Womo und schauten dem
Treiben zu, entdeckten noch ein paar Fische und einen grossen Krebs.
Wir nutzten das tolle Wetter zudem um unsere Regenjacken und
Wanderschuhe zu imprägnieren. Auch dies war an der Sonne eine
angenehme Sache. Ein paar Schweizer grüssten uns mit einem „Sali
zäme“ und machten sich auf den Weg zum Leuchtturm – wir taten
das Gegenteil und machten uns auf die Weiterreise.
Diese
führte uns nicht weit ins Landesinnere zu einem Badeplatz, welcher
auch gut übernachtungsgeeignet sein soll. Doch halt! Im
Landesinneren zogen die Wolken zu, wurden dunkel und liessen sogar ab
und an einen Tropfen fallen. Schnell wendeten wir und fuhren wieder
an die Küste. Mit dem Resultat eines wolkenlosen Himmels. So
entschlossen wir uns, doch noch nach Sirevag zu fahren. Zum
Nachtessen parkten wir in der Nähe des Hafens auf einem ausgedienten
Fahrradweg und grillten unser Fleisch und unsere Maiskolben. Doch
dafür waren wir natürlich nicht nach Sirevag gefahren. Der Grund
war wieder eine Festung der Deutschen aus dem zweiten Weltkrieg,
welche sie sich von russischen Gefangenen erbauen liessen. Diese
Festung erstreckt sich über ein grosses Gebiet und vor allem
unterirdisch. Oberirdisch sah man ausser dem getarnten Kommandoposten
und den vielen Geschützstellungen nichts. Die Infotafel am Parkplatz
ermahnte uns, die Taschenlampen nicht zu vergessen und da wir dieser
Empfehlung Folge leisteten, konnten wir nun auch durch die langen
Tunnelsysteme wandern. Tief unter der Erde kann man sich hier gut
verlaufen und einige hundert Meter Fussmarsch zurücklegen. Aber auch
die Aussicht vom Kommandoposten war nicht zu verachten.
Nach
diesem Besuch war aber schon sehr spät uns wir mussten uns nun
wirklich auf die Suche nach einem Platz für die Nacht machen. Die
Sonne steht zwar noch hoch am Himmel – doch das täuscht. Die Uhr
zeigt nämlich schon halb 9. Wir fuhren weiter Nordwärts und suchten
nebenbei noch ein offenes WLAN für das WM-Spiel Schweiz –
Brasilien sowie eine Möglichkeit unser WC zu entleeren. Irgendwie
mussten wir kurz aufs Handy, Navi oder sonst etwas gesehen haben –
doch plötzlich waren sie weg. Alle Felsen und Steine. Links und
rechts der Strasse grüssen saftig grüne Felder, Bauernhöfe und
Ebenen. Alles flach. Von jetzt auf jetzt eine total andere
Landschaft. In dieser fanden wir auch eine wundervolle kleine Kirche
mit Friedhof und Parkplatz am Meer. Sehr idyllisch gelegen und mit
einem WC, wo wir unser Klo leeren konnten. Ein WLAN wurde uns nicht
vergönnt und so erfuhren wir vom sensationellen Remis unserer
Nationalmannschaft nur aus diversen Whats-App Chats und Gruppen. Wir
geniessen noch die Abendsonne und machen uns dann auf den letzten Weg
des Tages – den ins Bett.
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