Samstag, 16. Juni 2018

Von Festungen und Eisenbahnstrecken

Nach dem Absenden des Blogs gestern Abend wollten wir nicht mehr aus dem Womo und machten es uns gemütlich. Gegen 23:00 machte uns ein ungewöhnlich schöner Sonnenuntergang einen Strich durch die Rechnung. Die Kulisse des Leuchtturmes und der dahinter gelegenen Ebene vor dem orange gefluteten Himmel wollten wir uns nicht entgehen lassen. So spazierten wir die paar Meter und schossen ein paar Fotos. Danach war aber wirklich Nachtruhe.




Heute früh begann der Tag nach dem Frühstück mit einem erneuten Gang zum Leuchtturm. Den Cache dort vergassen wir gestern Abend und wer keinen Kopf hat...

Danach ging es aber los. Wir verabschiedeten uns von unseren Nachbarn im Rentenalter, die gerade auf der Wiese am Parkplatz mit Gymnastik beschäftigt waren, und nahmen Kurs auf Lista. Lista ist einer der wenigen Orte, die während der Eiszeit nicht von Eis überzogen war und deshalb eine Art Oase bot. Menschen und Tiere zog es hierhin um diese kalte Epoche zu überleben. Dementsprechend finden sich auch Zeugen dieser Siedlungszeit hier wie zum Beispiel Felsritzereien, Hügelgräber und Kultstätten. Wir betrachteten die interessante Lokalität und machten uns zu Fuss auf den weiteren Weg zum Nordberg Fort. Dieses liegt nur einen Kilometer entfernt auf einem Hügel. Mit drei Geschützen schützten sich die Deutschen mit dieser Stellung, welche zum berühmten Atlantikwall gehört, welcher sich bis Spanien hinunter zieht. 




Eine zweite solche Stellung, Varnes Fort, war unser nächstes Ziel der Reise. Doch dieses mussten wir uns verdienen. Erst wähnten wir uns auf einem falschen Weg und wendeten unser Wohnmobil. Doch ein Blick auf Wandernavi, Smartphone und Strassennavi sagte, dass wir genau dort durch müssen. 4 Kilometer Schotterstrasse führten zum Parkplatz des Forts. 4 Kilometer welche an schöne Höhenwanderwege in den Schweizer Bergen erinnern – und das mit dem Womo. Melanie musste sogar zwei Mal aussteigen um ein Viehgatter zu öffnen, welches die Weiterfahrt versperrte. Doch wir schafften es heil an den Parkplatz und mussten nun nur noch ein bisschen bergab um zu den Betonelementen im Berg zu gelangen. Eine der drei 10,5cm Kanonen steht sogar noch immer in ihrer Kasematte und zielt auf das Meer hinaus. Auf 16'000 Meter Distanz konnte sie einst Gegner bekämpfen, wurde jedoch nie im Ernstfall gebraucht. Wir besichtigten die Stellungen, die unterirdischen Gänge und auch die unterirdische Strasse, welche diesen Berg komplett aushöhlt. Die 150 russischen Kriegsgefangenen leisteten hier ganze Arbeit beim Bau dieser Anlage. 







Der Rückweg führte natürlich wieder über die Schotterpiste (die übrigens Teil der Route unseres Reiseführers für Wohnmobile ist, also mit einem 8-Meter-Ding kommt da keiner durch), ehe wir wieder auf der rettenden Hauptstrasse waren. Wir kauften noch schnell fürs Wochenende ein und beschlossen kurzfristig uns an einem FTF in 15 Minuten Entfernung zu versuchen. Die Wanderung sollte in einem halben Tag zu schaffen sein und das Wetter war auch prima. Am Parkplatz angelangt stand da aber ein verdächtiges Fahrzeug. Auf der Armatur lag ein Bleistift mit dem Aufdruck: official Geocaching Logpen. So wussten wir, dass wir uns die Wanderung sparen konnten und programmierten die nächsten Koordinaten aus dem Reiseführer ins Navi.

Eine knappe halbe Stunde vor dem Ziel passierten wir eine Info-Bucht. Vor jeden Ortschaft, jeder Region, jedem Kanton – ja vor jeder nur erdenklichen Grenze findet man einen Parkplatz mit einer Infotafel, welche einem die Sehenswürdigkeiten, Wanderungen und Spezialitäten des Ortes/Kantons/Gebietes aufzeigen. Sehr selten haben wir an so einer einen Stopp eingelegt, da wir uns einfach an den Reiseführer hielten und der bietet uns schon genügend Material um unsere Zeit zu verbringen. Keine Ahnung weshalb aber hier hielten wir an. Wir trafen auf 3 Wohnmobile mit deutschen Kennzeichen. Die beiden Mietfahrzeuge aus Lörrach wurden jedoch von Schweizern gesteuert. Die sind echt überall. Auf der Infotafel entdeckte ich dann aber etwas was mein Abenteurerherz höher schlagen liess. „Railway Bike Tour“ stand da und auf dem Foto sah man eine Familie, die auf einer Art Tandem-Seitenwagen-Konstruktion auf den Geleisen einer stillgelegten Eisenbahnlinie durch die Landschaft kurvt. Das kannte ich so nur aus Filmen und so machten wir uns im Internet schlau.

Nicht lange Zeit später standen wir am Bahnhof in Flekkefjord und bestaunten die vielen roten Wägelchen. Eine Tafel verriet uns, dass man nur um 12:00 und 16:00 auf die 4-stündige Tour starten kann. Man muss denselben Weg wieder zurück wie man schon hin fuhr und damit sich nicht alle auf einem Gleis in die Quere kommen, ist 12:00 bis 14:00 nordwärts und 14:00 bis 16:00 wieder südwärts die Bahn geöffnet. Es war 15:00 und wir beschlossen uns die Stunde zu warten. Ab 15:30 war der Empfang geöffnet, wir bezahlten unsere 50 Franken, wurden mit Helm, Leuchtweste und Stirnlampe ausgerüstet und bekamen Instruktionen zu der Fahrt.

Kurz vor 16 Uhr entliess man uns dann ins dunkle Loch, welche gleich am Ende des Bahnhofs unter dem Dorf hindurchführt. Als wir den Tunnel wieder verliessen, waren wir in einer anderen Welt. Am Rande des Fjords mit bester Aussicht und mitten in der Natur fuhren wir auf eisernem Wege in den Norden. Immer wieder überquerten wir Brücken und tauchten in die Tiefen des Berges ein. Die Tunnels waren doch sehr kühl und wir waren froh, dass man mit Treten doch ein wenig Wärme erzeugte. Nachdem wir den längsten Tunnel (1175 Meter) durchquerten, waren wir schon bald am Ende der 17 Kilometer langen Strecke angelangt. Es war auch schon beinahe 17.30 Uhr. Und eine Regel besagte: Punkt 18 Uhr muss man das Gefährt anheben, um 180 Grad wenden und wieder auf die Schiene setzen. Denn ab nun ging es zurück. Wir waren die Einzigen am Endbahnhof und mussten merken, dass das Gefährt zu zweit ganz schön schwer ist. Wir wendeten also und besuchten auf dem Rückweg noch den einen oder anderen Cache an der stillgelegten Bahnlinie. Da es in südlicher Richtung beinahe nur bergab ging waren wir schon nach unwesentlich mehr als einer Stunde wieder in Flekkefjord und gaben unsere roten Flitzer zurück. Wirklich ein geniales Erlebnis, welches wir hier per Zufall entdeckten. Das war jetzt einmal was komplett anderes, eine neue Art die Natur zu entdecken und das Gefühl einfach so auf den Gleisen zu fahren ist unbeschreiblich. Auch die in den Fels geschlagenen Tunnels zu betrachten, all die Wartehäuschen, welche von der Natur Stück für Stück zurückerobert werden. Wirklich unvergesslich und toll. Diese 50 Franken sind wahrlich gut investiert gewesen.







Nun wollten wir doch noch zum Stellplatz aufbrechen. Auf dem Rückweg mit den Gleisfahrdingern (Draisinen sind es ja nicht oder?) begann es zu regnen und nach 19 Uhr war es ja auch schon. Genau richtig um einen Platz für die Nacht aufzusuchen. Doch halt – die Railbikevermietung hat ja ein offenes WLAN. Perfekt um den Blog zu schreiben und hochzuladen, während Melanie uns ein leckeres Nachtessen kocht. Für die kurze Fahrt zum Stellplatz bleibt auch danach noch genügend Zeit.

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