Dienstag, 22. Mai 2018

Die Insel Föhr

Früh klingelte heute der Wecker im grünen Nirgendwo. Heute mussten wir dann auch wirklich raus, denn ein langer Tag erwartete uns. Nach dem öffnen der Fenster hatten wir aber schon wieder Angst, verschlafen zu haben. Doch alles war in Ordnung. Die Sonne hier im Norden ist merklich länger am Himmel als Zuhause. Morgens um 6 Uhr ist es schon sonnig und auch jetzt um 21:15 steht die Sonne noch am Himmel, wenn auch nur noch ein wenig. Aber auch wenn die Sonne einmal untergegangen ist, bleibt es noch Stunden hell. Um 23 Uhr kann man noch ohne Probleme ohne Licht einen Spaziergang über den Stellplatz zum Deich machen.

So. Nun aber zu heute. Wir nahmen ein schnelles Frühstück zu uns und machten uns dann schon bald auf den Weg nach Dagebüll. Von diesem Dagebüll verkehren die Fähren zu den Nordseeinseln Föhr und Amrum. Erst war der Plan, heute Föhr zu besuchen und morgen Amrum. Doch da Amrum relativ klein ist und fast nur aus einem Sandstrand besteht, kam die Überlegung auf, beiden Inseln heute einen Besuch abzustatten. So könnten wir morgens mit dem Fahrrad über Föhr düsen und uns am Nachmittag an den Sandstrand in Amrum legen.

Das Womo stellten wir auf dem Festland, auf dem sogenannten Inselparkplatz, ab. Das Womo muss seinen Tag hier verbringen, wird jedoch bestimmt auch genügend Sonne abbekommen. Der Herr am Fahrkartenschalter empfahl uns, ein Ticket nach Amrum zu lösen. Mit diesem könnten wir die Reise in Föhr unterbrechen und irgendwann weiter nach Amrum. Dies klang super und wir kauften zwei Tickets für uns und zwei für unsere Fahrräder. Die Fähre legte schon bald ab und aus den Liegestühlen genossen wir die Sicht aufs Meer und das Festland, welches immer mehr am Horizont verschwand.


Bis Melanie die Idee hatte, den Fährplan zu studieren. Die nächsten Fähren von Föhr nach Amrum fuhren um 10:40 und 16:00. 10:40 war ja schon 2 Stunden nach der Ankunft auf Föhr und somit viel zu früh. Die 16:00-Fähre erreicht Amrum um 17:00, welches sie 17:25 als letzte Fähre des Tages auch wieder verlässt. Na super! Das heisst, dass es uns gar nicht möglich ist, beide Inseln am selben Tag zu besuchen. Darum wohl auch der Hinweis wir könnten die Verbindungen IRGENDWANN nutzen. Naja... so bezahlten wir anstelle von 39 Euro eben 55 Euro. Das fuchste uns aber doch ein wenig. So verliessen wir die Fähre und begaben uns gleich zum Tourismusbüro von Föhr. Die nette Dame da erkannte unsere Misere sofort und bezahlte uns kommentarlos die Differenz von 16 Euro aus und stellte uns neue Tickets für die Heimreise am Abend aus. Das war nun also wieder gerettet und die Fahrradtour konnte losgehen.

Erst besichtigten wir das schöne Dörfchen Wyk auf Föhr. Eine typische Touristenhochburg mit schmucken Gässchen, schönen Grünflächen und einer Promenade an der sich Restaurants und Souvenirläden aneinanderreihen. Wirklich schön hier doch für die Uhrzeit (es war schon beinahe 10 Uhr) war es hier überraschend ruhig. Wir kauften noch kurz bei Edeka ein paar Brötchen ein um unsere mitgebrachte Salami und den Käse damit als Mittagessen geniessen zu können. Und so machten wir uns auf den Weg im Gegenuhrzeigersinn um die Insel zu fahren. Das Ziel war die Insel komplett zu umrunden (durch den Wegfall von Amrum hatten wir ja Zeit) und noch ein bisschen Zeit zu haben um uns am Strand in die Sonne zu legen.


Die Fahrt begann super und führte uns durch schöne Ebenen im Landesinnern. Hier gibt es schöne kleine Seen und eine unglaubliche Vielfalt an Tieren. Gänse, Enten, etliche Vogelarten und sogar einige Hasen begegneten uns auf der Fahrt. Neben den tausenden von Schafen natürlich. Diese bewirtschaften auch hier auf Föhr den Deich. Die armen Schafe schwitzen mit ihren dicken Wolle bei den Temperaturen und dem Fehlen von jeglichem Wind. Das ist so ein Ding, welches ich noch recherchieren muss. Die Schafe hier auf den Deichen sind den ganzen Tag draussen, haben keinen Schattenplatz (wirklich gar keinen) und auch wenn man viele Kilometer fährt, haben sie keine Wasserstelle. Die Schafe liegen herum, spenden sich abwechslungsweise gegenseitig Schatten und atmen wie bekloppt. Auch wenn man mit dem Fahrrad nur Zentimeter neben ihnen durchbraust, fliehen sie keinen Meter. Naja. Irgendwie schaut das krass aus. Auf alle Fälle folgten wir bald wieder dem Deich und so sah es auch hier ein wenig so aus wie überall hier im Norden von Deutschland. Die langsam einsetzende Ebbe hinterliess ein riesiges Watt, welches auch hier nicht anders war als auf dem Festland.




In der Einöde, irgendwo 6 Kilometer von Wyk entfernt, begegnete uns das gefühlt 20ste Tor auf dieser Fahrt (die Tore und die Zäune halten die Schafherden auseinander). Doch dieses Tor hatte eine Spezialität auf Lager. Ein Schlagloch. Klein und gemein genau dort, wo man halten muss um es zu öffnen. Melanie schaffte es mit dem Fuss halbwegs in das Loch zu stehen, sich den Knöchel zu überdrehen und sich mitsamt Fahrrad ordentlich auf die Fresse zu legen. Meine erste Reaktion war die jedes liebenden Freundes – ich musste ordentlich Lachen. Doch als ich ihr schmerzverzerrtes Gesicht am Boden sah, wusste ich, dass dies jetzt nicht so optimal war. Hier 6 Kilometer vom nächsten Dorf weg sich den Fuss zu verstauchen ist nicht die beste Option. Wir machten eine ausgiebige Pause und wer Melanie kennt, weiss, dass ihr Kopf es ihr nicht erlaubte danach nicht weiterzufahren. Sie versicherte, dass es mit Radfahren relativ in Ordnung ist und nachdem zwei Schweizerinnen, welche wir unterwegs anquatschten, sie mit einer Schmerztablette versorgt hatten war alles wieder einigermassen zu ertragen.

Bald waren wir im Norden der Insel, wo erste Sandbänke das triste Watt aufwerteten. Wir beschlossen uns dort unsere Mittagspause abzuhalten und fanden dazu eine traumhafte Bank mit Aussicht auf eine ebendieser Sandbänke. Bald radelten wir weiter und bemerkten, dass der Norden der Insel und danach vor allem der Westen wesentlich interessanter sind als der Osten. Hier erstreckten sich weite Strände und schöne Dünenlandschaften zogen an uns vorbei. Hier war dementsprechend auch mehr los als an der Ostküste. Diese Küste war auf Plänen fein säuberlich eingeteilt. Es gab für jeden mehrere Strandabschnitte. Bewacht, unbewacht, zum Drachen steigen lassen, für Hundehalter, für Familien und für Naturisten. Wir verfolgten die Küste und blieben erst 3 Kilometer vor Wyk stehen. Hier fanden wir einen super Strand. Es hatte freie Liegestühle an der Strandbar und diese versorgte uns dann auch gleich mit einem einheimischen Bier und einem leckeren Hugo. Wir sonnten uns noch ein wenig ehe wir hier den Platz räumten und uns einen Platz mit Aussicht in den nahen Dünen suchten. Dieser Strandabschnitt – der FKK- Abschnitt – war praktisch ohne Besucher und wir konnten ungestört auf unseren Tolinos lesen und uns sonnen. Zwei mal kühlten wir uns im Meer ab, welches langsam wieder näher zum Strand kam, jedoch auch dann noch immer nur zu den Knien reichte.




Plötzlich mitten im Lesen bemerkte ich, dass es schon beinahe 18 Uhr war und die letzte Fähre die Insel um 18:40 verlässt. Nun mussten wir uns aber ordentlich beeilen. Schnell zogen wir uns an, rannten (oder humpelten) zu unseren Rädern und machten uns auf den Weg zum Hafen. Diesen erreichten wir ohne Probleme noch vor der Abfahrt und machten uns an Deck der letzten Fähre. Was für ein Tag auf dieser tollen Insel. Die Umrundung war stolze 50,7 Kilometer lang und nun auf der Fähre merkten wir das auch in den Beinen. Wir waren froh, wartete unser Womo an Land auf uns. Nach einem kurzen Halt bei Lidl stehen wir nun auf einem Stellplatz in der Nähe von Dagebüll. Es ist bereits 22 Uhr und wir sind müde von diesem Tag. Doch es war wirklich super. Wundervolle Natur, tolle Landschaften, abwechslungsreich und wirklich speziell. Föhr ist definitiv eine Reise wert und man könnte hier auch mal ein oder zwei Tage länger bleiben. Wir ziehen jedoch weiter und haben morgen wieder einiges vor.






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