Mein Kopf war schwerer, als auch
schon, als ich heute früh aus dem Womo ins Freie trat. Andere
Camping-Bewohner schienen sich ebenfalls so zu fühlen und winkten
beinahe apathisch zu unserem Womo hinüber. So hatten wir auch keine
Eile mit dem Frühstück und beschlossen uns, zuerst die
Fahrtüchtigkeit des Womos wiederherzustellen. Melanie füllte
Wasser, während ich mich um die Toilette kümmerte. Melanie war
plötzlich weg und kurz später wurde auch ich gerufen. Der Grund
waren zwei kleine Lämmchen, welche in der letzten Nacht das Licht
der Welt erblickten. Unglaublich wie süss die Beiden auf ihren
wackligen Beinen über die Wiese stolperten. Steffi, Dani und Melanie
waren sofort im Innenhof und knuddelten die Lämmchen unter der
strengen Beobachtung der Mutter. Die Kleinen wurden auf die Namen Lui
und Steffi getauscht. Lui (der Mensch) spazierte auch gerade vorbei
und ich rief ihn, dass er sich doch auch Lui (das Schaf) und Steffi
(das Schaf) ansehen möchte, welche gerade von Steffi (dem Mensch)
geknuddelt wurden. Lui (der Mensch) und ich betrachteten das Ganze
eine Weile, ehe wir Lui (das Schaf) und Steffi (das Schaf) wieder der
Mutter überliessen. Unglaublich süss die Beiden.
Später frühstückten wir noch,
während sich Lui und Steffi (die Menschen) leider schon
verabschiedeten. Die Beiden machten sich auf den Weg nach Wien,
während unser Weg uns wohl zuerst noch über eine andere Stadt
führen wird. Wieder war es toll die zwei Nachbarn von Zuhause zu
treffen und wir konnten die Beiden hier wieder ein wenig besser
kennenlernen. Das nächste Mal treffen wir uns dann zum ersten Mal in
unserer Heimat und nicht tausende Kilometer von dort entfernt. Auch
wir verabschiedeten uns kurz später noch von Ralf und Dani, um doch
noch bei Zeiten in Budapest anzukommen, welches das Ziel des Tages
markieren sollte. Die beiden Berliner machten sich gleichzeitig auf
den Weg und fuhren gleich vor uns die Schotterpiste entlang. Wir
winkten dem Camping Lazy zu, welcher langsam immer kleiner wurde. Der
Bauernhof ist uns in den zwei Tagen echt ans Herz gewachsen und sucht
seinesgleichen. Wir würden diesen Ort definitiv als besten
Campingplatz aller Zeiten bezeichnen. Wer jemals in der Slowakei
unterwegs ist: unbedingt hinfahren. Wenn nicht: selber schuld.
Im Steilhang lief uns dann
plötzlich noch Lola entgegen. Diese Ziege ist mehr Mensch als Ziege
und fühlt sich in ihrer Herde nicht annähernd so wohl wie in der
Nähe von Menschen. Sie wollte sich wohl noch unbedingt von uns
verabschieden. Doch leider musste Ralf so sein Womo im Steilhang
anhalten und kam danach nicht mehr vom Fleck. Beinahe vier Tonnen,
davon wohl 75% auf der Hinterachse und das mit Vorderradantrieb und
ohne jegliche Differenzialsperren – da ist eben einfach einmal
Schluss. Der Ford war eingebuddelt und wir standen dahinter. Es half
alles nichts – der Traktor des Hofes musste her. Dieser stand auch
schon bald vor dem Womo und begann dieses den Hügel hochzuziehen.
Doch plötzlich ging auch mit zwei Motoren nichts mehr. Genau
genommen ging ein Motor nicht mehr. Erst dachten wir, dass der Diesel
des Traktors alle war, doch nachdem dieser nachgefüllt war, mussten
wir bemerken, dass der Traktor einfach nicht mehr will. Nun stand
dieser auch noch im Wege. Irgendwann lief der alte Fiat aber wieder
und auch Ralf schaffte es, am nun flacheren Hügel, sein Womo auf der
Piste fortzubewegen. Wir erreichten die Teerstrasse dann zwar
ebenfalls mit viel Mühe aber zum Glück ohne Hilfe. Nun
verabschiedeten wir uns endgültig von dem Hof und reisten in
Richtung Ungarn.
Zwei Stunden führte uns die
wunderschöne Strasse durch die slowakische Landschaft. Schon bald
überquerten wir die Grenze zu Ungarn. Ein Übertritt, welchen wir in
der Folge noch zwei Mal wiederholten, da wir irgendwie immer zwischen
den Ländern pendelten. Kurz vor dem einprogrammierten Ziel bemerkten
wir jedoch leider, dass sich wohl ein Zahlendreher eingeschlichen
hatte, als wir die Koordinaten in unser TomTom programmierten. Dieser
Umweg kostete uns zwar eine halbe Stunde, aber dafür sahen wir mehr
vom ungarischen Hinterland, welches im Übrigen wirklich schön war.
Wir erreichten Budapest kurz nach Mittag und fanden trotzdem noch
einen freien und vor allem kostenlosen Parkplatz inmitten der Stadt.
Unglaublich, dass es solche Dinge noch gibt. Wir zogen unsere
Stadtklamotten an und begaben uns ins Gewühl.
Nach zwei Tagen auf einem
abgelegenen Bauernhof war die Stadt doch ein kleiner Schock.
Stinkender Verkehr, lärmende Strassenbahnen, verstopfte Gehwege und
überall lagen Obdachlose auf den Strassen herum. Ein komplett
anderes Bild. Doch nach einer kurzen Akklimatisierung fühlten wir
uns in der Stadt ziemlich wohl. Wir mussten immer aufpassen, die
Stadt nicht zu sehr mit Lviv zu vergleichen, denn sie hätte in allen
Punkten nur den zweiten Platz belegt. Wie jede andere Stadt wohl
auch. Doch Budapest hatte einige schöne Plätze zu bieten, welche
wir vor allem dank den Geocaches auch finden konnten. Vor allem im
jüdischen Bezirk gab es einiges zu entdecken. Ein 2014 errichtetes
Denkmal an den zweiten Weltkrieg erschien uns relativ schnell ein
wenig geschmacklos. Und tatsächlich waren die angebrachten Tafeln
und Schriften, welche wir natürlich nicht lesen konnten, sehr
abschätzige Parolen des Volkes. Darauf wiesen Infotafel auf der
anderen Strassenseite in vielen Sprachen hin. Überall lagen
Gegenstände von verschleppten Juden ausgelegt und ein Proteststand
war auch heute, wie an jedem Tag seit der Enthüllung im Jahre 2014,
von Demonstranten besetzt. Wir hoffen, dass das Volk hier einmal ein
Monument erhält, welches die Geschichte des zweiten Weltkrieges
gebührender darstellt. Ebenfalls im jüdischen Bezirk betrachteten
wir die grosse und wunderschöne Synagoge. Jedoch nur von Aussen. Das
Highlight war dann aber wieder ein Ort (oder wäre es nun das Ort?),
welcher (/welches) uns comewithus2 empfohlen hatten. Das alternatives
Zentrum mit dem Namen Szimpla Kert erwartete uns mit einer
heruntergekommenen Fassade und viel bunten Lichtern. Im Innern was
das Gebäude dann einfach nur der absolute Hammer. Bars und Lounges
füllten den Innenhof und sämtliche Räume des Gebäudes. Überall
war Platz für Kunst. Bühnen und Flächen für Kreativität an allen
Ecken. Ein absolut einmaliger Ort, welchen wir auch jedem unbedingt
empfehlen würden.
Nach einer kurzen, aber nicht
ergiebigen, Shoppingtour in der Innenstadt war dann aber der Hunger
gross. Wir wollten noch einmal auf dieser Reise zum Italiener und
suchten einen solchen auf. Wir hofften bei Vendetta nicht einer
solchen zum Opfer zu fallen und bestellten. Schnell bemerkten wir das
Fehlen von Melanies Handy. Dieses hatten wir kurz zuvor im Pull&Bear
in die abschliessbare Ladebox gelegt. Und dort war es nun noch immer.
Da der Pull&Bear bald seine Tore schloss, rannte Melanie kurz
durch die Altstadt und holte das geliebte Elektronikteil. Heute war
wohl wirklich ein kleiner Pannentag. Doch beim Nachtessen lief dann
alles glatt. Das Essen und der Wein waren super lecker und die
Rechnung angenehm klein. In der Schweiz werden uns die Preise dann
wohl wieder umhauen und dafür sorgen, dass uns der Hunger im
Restaurant vergeht.
Wir wanderten gemütlich zurück
zum Womo und bemerkten dort angekommen, dass die beiden Berliner mit
dem weissen VW Bus, welche wir in Auschwitz und Kosice schon trafen,
nun gerade im Szimpla Kert sassen. So weit wollten wir aber nicht
mehr zurück und fuhren gut 20 Minuten aus der Stadt hinaus. Dort, am
Rande eines Wildparkes, standen wir auf dem menschenleeren Parkplatz
und schlugen unser Nachtlager auf.
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